Die Migräne
Paul Julius Möbius
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NeuroloflKMil Untt
Boston City Ho«»lt^
Boston, MasMoliusotti
Neurolog'oal
Boston City Ho«i*ita|
BoBton. Maseaonusette
\ ,
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SPECIELLE
Pathologie und Therapie
hrrati«segeben von
HOFRATH PROF. D5; HERMANN NOTHNAGEL
nnier Mitwirknng von
Prof. l)r. H. Bernhardt in Koriin, Prof Dr. 0. Binswanger in Jona. Prof I)r.
R. Cbrobak in Wien, (ioli. .Moil.-R. Prof I>r. H. Corachmann in Loipzip. Prof Dr.
P Ehrlich in Ki-rlin. l*rof I>r. Ewald in Koriin, I>»o. Dr. L. t. Frankl -Hochwart
in Wien, Prof Dr. P. Förbringer in K<‘rlin, tioh. Mod.-l{. Prof Dr. K. Oerhardt
in Koriin. Staliaarzt Prir.-Doo. Ih*. Ooldscheider in Koriin, Doh. H. Prof Dr. F. A.
Hoiimann in Loipzip. Prof Dr. R. t. Jaksch in Prac. l*rof Dr. H. Immermann
in Basol. Prof Dr. Th. v. Jürgenaen in Tübingen, ITof Dr. H. Käst in Breslau,
l>oe. Dr. 0. Klemperer in Koriin, Prof Dr. F. v, Korinyi in Kmlaiwst, Hofr. Piof
Dr. V. Kraiit'Ebing in Wien, Prof Dr. Fr. Kraus in M ion. Prof Ib'. O. Leichten-
stem in Köln. (loh. .Mod.-K. Prof Dr. E. Leyden in Koriin, Prof Dr. L. Lichtheim
in Königsberg, Prof Dr. K. r. Liebermeister in Tübingen, Prof Dr. H. Litten in
Koriin. l*riv.-D«o. Dr, H. Lorenz in Wien, Prof Dr. L. Hauthner in Wien, Dr,
Mendelsohn in Koriin. Dr. P. J. Möbius in Leipzig, (ioli. .Mod.-li. Prof. Dr. F. Mosler
in tireifawald, l’rof Dr. B. Naunyn in Strassburg. Hofr. Prof Dr. H. Nothnagel in
Wien. Prof Dr. Oser in Wien, Prof Dr. E. Peiper in (iroil'swald, Kog.-K. Prof Dr.
A. PHbram in Prag. Doli. Mod.-K. Prof Dr. H. Quincke in Kiel. (ioh. Mod.-K. Prof
Dr. F. Riegel in Oiossen, Prof Dr. 0. Rosenbach in Kroslaii. Prof Dr. A. T. Rosthom
in Prag, Prof Dr. L. v. Sehrötter in Wien, Doh. Mod.-K. Prof Dr. H. Senator in
Koriin, Prof Dr. Stoerk in Wien, Prof Dr. 0. Vierordt in Heidolliorg, Hofr. l’rof
Dt. H. Baron Widerhoier in Wien.
XII. BAND.
... i
III. THEIL. I. ABTHEILUNG.
DIE MIGRÄNE.
Von
Dr. P. J. MÖBIUS.
WIEN 1894.
ALFRED HOLDER
K. U. K. HOK- ÜNI> UN IVERSITÄTS-BUrilllÄN DLEK
I KorilF.STIU'UMSTKASSC 15.
Digitizec
Meurolovloaj
City
“®**on> MassaohuMttB
I)1p:
MIGRÄNE.
VON
D" P, .1. MÖBIUS
IN L?:il>ZIG.
WIEN 1894.
ALFRED HOLDER
K. U. K. IIOK- UND UNIVERSITÄTS-nrcHHÄNDLKR
I. K0THEKTR|:RM8TKAS.9K 18.
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ALLK KBCHTE, INSBBSONDtiKB AUCH DA8 DEK ÜEHERSETZUN'U, VOKBBHALTE:«.
üruch v«u Kil«4iUlii In Wl«n.
BOSTON MEDICAL LIBRARY
IN THE
FRANCIS A. COUNTWAY
UBRARY OF MEWCINE
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I iihaltsverzeich i liss.
9ctie
(joechiehllichen und llibliograyihinchg« 1
Hogriffsliciitimmiing 11
1. I^ybor ilie VrsHchon »Icr MigrftHC 12
1. lifBi llli'i llt 12
2. Slan't 12
3. Li-lx-naallfr 13
i. KrMi>:hkcit ■ ■ . lA
<i) (il«‘ii'hartigi> Yi-rPrluing 14
4) Amli'rwi^itiüP NeiTonkranklii-ilon il<*r Vrrniiinltt'n 16
ö, Aml<Ti‘ Kranklifiti-n litM d(>n Jligräm'kratiticn iinil iliron Wrwandton ... 17
6. Indiviiliiffllo l’raiiclipn iler Migrinf 1!)
11. l>pr Anfall 22
1. Vorliiul'er-Ersc-hoimingi*ii 22
2. Dk‘ Aura 23
Din viüUflle Aura 23
t) Andere Foniicn dpr Aura 27
3. I>fr .\nfall »dlist 30
0) I>er Kopfschmerz 30
1) l)ii‘ ln>sl<‘iti'inU-n Krsi’lioiniingi ‘11 35
a) I clu-romptinJIk-hkcit 35
ß) Soolisclic Stiiriingen 37
y) Kinigi* »ollonf Krüi-hi*iniingen .SB
i) iJic licfiiSKToriinjeriingpn 38
c) Siclitliarc Verätideriins<-n aiii AiiKt* 41
C) Dit* Magi'ti-l>arniorsi-lieiniing('n ■ 42
■l. Hfjiinn, l)iiii<'r, Verlauf dos Anfallfs 46
5, rnvullstänilige AntUlle 48
I». Die rrüachfn don Anfallt'« , , 52
III. »er Veriauf der Krankheit fifi
IV. l'<‘lnT ilii- Hyniptomati.srhi ‘11 Misrilneanfalli’ iiml ilit» Diagnow ilor
■Ali^fffliif 63
V. t’i-lici' ilic PniCTow- <l(*r ^litfrttne 85
VI. l)i<‘ l{(‘hainUimg ili-r .Miicrtlnc 87
\’ll. Tli<-i»i'etiyflu‘?i 9j
Xiif;litrng 107
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Niu-h Thomas') hat xuerst Arotaous i-iiu* (ll•utlil•h^■ Ui‘S(‘luvil)iiiifr der
Mifrräm' gogabon. Er inMiiit sic HcU'roknuiic und bczciclinct als ilirc Kciin-
/.cichcii die Halljscitigkeit und das Aiitlrctcii in Anfällen, die durch läiigeri'
laler klirxen' freie Z<üten getrennt sind. Zuweilen beginnt sie Fi1lh. hört
Jlittags auf: .sie kann die Stirn oder den Hinterkopf einnehinen. in die
Schläfe und in die Augenhöhle ausstrahlen. Immerhin .sollen manche
Hemerkiingen des Aretaeus zeigen. das.s er die Migräne nicht genflgend
von den Xeiimlgiim und von den groben fiehirnerknmkungen ahtrennte.
(ialeii soll eine gute Heschreibung der .Migräne geben, zugleich aber
eine ’l'heorie aufsteilen. »Im gesunden Zustamh* gibt es Verbindungen
zwischen .den tiefa.s.sen innerhall) und aii.sserhalb des Schädels, durch die
ilie tibermiVssigeii Dlinsti* uml Flil.ssigkeiU'ii nach aussen entweichiui können.
Ist id)er die Verbindung gestört, so schicken gewisse Körpertlnüli“ dem
tiehini mit ilem Klub“ Flftssigkeitiui oder Dlfiiste .schlechter Art.«
C'aelius Aurelianus gebe die Heschreihung iles Ari-taeus wieder
uml enveitere sie. Die .Migräne kommt besonders lau' \Veibi*rn vor und
kann ilurch Erkältung. Erhitzung. Niu-htwaclien entstehen.
Alexander von Tralli's hal)e den tialen abge.schrielHUi. da.s.selbe
gelte von den übrigen Hyzatntini'rn.
Unter den Aral)erii wird Serapion liervorgehobmi. Der l'ebersetzer
gebe (ialeii's lichre wieder, tilge aber hinzu, dass der Darm der l'rsprung
des l'ebels sei; da ent.stehi‘n ilie kalten od<>r warimui inei)hiti.scheii Dünste,
die unter die Schädeldeeke .steigen.
Nach iter Kenai.ssanci- hat Fi>rnel eine durch Klarheit ausgezeichnete
Hesprechiing der Migräne geliefert. Der Kopfschmerz ist nicht eini“ Krankheit,
soiidi'rti ein Symptom. .Man unterscheidet Cepimlalgia. Cephalaea und Hemi-
crania. Die .Migräne hat ihmi Silz im Hehim uml in den zu- und iddühremleii
') II» Ni'ifrunK iiml Zi’it in p-si liielitlii-licn |■nll'rslll•lllln);l'n aiir li'lilcn. sohlicsse
i' h niii-li in ilii’scni .\liHclinitti'. »mveit ilie alte Zeit in Frage knnniit, an die vortreffliche
.Mihamlliing von I)r. I<. TIioiiihk an (lai migraine; par le Dr. I«. Thomas. Siiis-I>ililiie
tlieeaire ä la faeiilte de .Mtsitsrine ile l*aris. |Prix t.'ivriimx, I88ti. | t*aris. Ihdabaye ä' K.
Lecrosnier, 1887. 8". 140 pp.). In Liveing's Werki’ sind die gesehiehtliehen .'lit-
theiliingim verstreut; er eitirt die alten Sehriftstidler /.am Theile vvörtlieh.
MAbitt«, l>bcr Micrin«*. }
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2
Mi^äno.
\Vcf(i*ii. An Stelle der Flflssigkeiteii mul der Dünste tritt die (iidle. »Diese
Kninklieit.« sagt ein S<-hüler Ferners, »entsteht dureh Svinpathie der
kranken Theile mit den Hypoehondrieu laler den Dilrinen; sie beginnt
gewfdiidieh mit einem heftigen Klopfen der Sehlüfeimrterien«. Fa-st immer
wurde von den gleichzeitigen S<-hriftstelleni die Migräne mit allen möglichen
Formen des Kopfschmerzes zusammengeworfen.
Im XVII. .lahrhmideil ist Ch. Lepois ausgezeichnet. Kr gab, ein
Vorbild ftlr V'iele. eine vorzügliche Schildening mudi Erfalirimgen an der
eigenen Person. Im Beginne .seines medicinischcn Studium wurde er von
heftigen Schmerzen in Stirn und Scheitel befallen, die mit Erbrechen
endigten. Vier.Iahre lang kehilen die .Vnrälle wieder, dann reiste Lepois
nach Italien und schien dort (iene.smig zu finden. Nach der Heimkehr in
das Vaterland und zu dem Studium kam auch die Migräne zurück, aber
schwächer und be.sonders bei Westwinden. Das Wesen der Krankheit soll
in einer serösen Ausschwitzung bestidien . die durch das Erbrechen
ausge.schiedeii wird.
Thomas ftlhrtZidilreicheS<-hriftstellerdesX VIII.. lahrhunderts an. deren
Arbeiten über die Migräne wesentlich in theoreti.schcn Erörterungen beslaiiilen
(Anhalt, Hoffrnunn. Egcr, Fordyce. Schobelt. Forestier u. A.).
Eine gewis.se Bedeutung hat Wepfer. Er betitle gegen 20 seiner lh*ob-
achtungen als Migräne, doch handle es sich nur bei 5- — 6 um wahre
Migräne. Auch bei ihm sei die .Migriine eine serösi- Ausschwitzung.
Warum aber nift das nährende, nützliche Blutserum Schmerzen in einer
Hälfte des Kopfes hervorV Weil es da .stagnirt. Damit beginnt das
Arteri(‘iiklopfen und je mehr Blut ziiflie.sst, umso grös.ser wird die örtliche
Stöning. Sind die (iefässc schlalT, so winl der Anfall besoiubws arg und
lang, denn dann ist die Aufsaugung des extravasirten Serum schwierig.
Der (’la.ssiker d(*r Migräne ist der Sclnveizer Tissot. Von ihm gehen
gewöhnlich die älteren Abhandlungen über Migräne aus und er hat that-
sächlich alle vor ihm envorbenen Kenntnisse in vortrefflicher Weise
zu.sammengefius.st. Es mag sein, da.ss er als Schriftsteller mehr Bedeutung
habe, deim als Beobachter, und da.ss seine Vielseitigkeit grösser sei als
seine (Jonserpieiiz, darum ist doch s«“in \'erdienst nicht gering. Nach
Tissot kommt die Migräne aus dem Magen. Die Beizung des Magens
ptlanzt sich auf die Nerven di-s Kopfes fort, wir kminen zwar den Weg
nicht, aber es bestehen ja die Anastomoseii der Nerven unil die (ies<‘tze
des Consensus der Organe. Der Magen irritirt den Nervus supmorbihdis
und wenn dessen Beizung den höchsten Grad erreicht hat. so wirkt sie
wieder auf den Magen und ruft das den Anfall beendende Erbrechen
hervor. Eigenthümlich ist Tissot die Gleichstellung der Migräne mit gewissen
Hautkrankheiten und .Abscheidungen, die man nicht unterdrücken dürfe.
Schwinden die Sehmcrzaidälle. so bleibt doch ihre l'rsiiche im .Magen
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Gi'nebichtUchc». 3
zurück und sie kann dann Störunjrai luTvornifcn. die scliliminer als die
Mi<rniue sind. Obwuld man also die Mifrräne eigentlich re.s(M*ctireii mu.s.s.
ist doch Tissot kein thenipenli.scher Nihilist, empfiehlt vielmehr weitherzisr
alle seiner Zeit hekannten .Mittel, natürlich au erster Stelle die Hehandhui”'
des Magens durch Diät und durch Medicamente.
In der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts kam man nicht weit ttlrer
Tissot hinaus. Der werthvolLste Gewimi war die Erweiterung der Symptomen-
kenntniss durch eingehendere Beschäftigung mit der Augenmigräne. In
dieser Hin-sicht machten sich engli.sche und französische Aerzte verdient.
M'enn auch schon Wepfer die Augenmigräne gekannt zu haheii scheint.
Vater und Hennicke einen Kall mitgetheilt hahen. Heherden sie kure
aber deutlich be.schreibt. l’lenck und Tissot sowohl das vorübergehende
Halbsehen als die vorübergehende Blindheit eines Auges kennen, stammt doch
die erste genauere Beschreibung von l’arrv, der ebenso wie Wol lasten
die eigenen Erfahrungen schilderte. M'enig später ei-schien die vorzügliche
Abhandlung Piorry's. die für lange Zeit den Oegenstand zu er.schöpfim
.schien und trotz der etwas gewagten Thi*orie iles Vertassers mit Kechi
viel bewundert wurde.
ln Deutschland wurde unterdessen nicht gerade viel geleistet, wenn
auch manche Meinungen geäu,s.sert wurden. Schön lein bezeichnete die
Migräne als >Hy,steria cephalica« und erklärte die Xn. frontalis und
temporalis ftlr ihren Sitz. Homberg nannte die Migräne »Xeunilgia
cerebralis« und darin dürfte man insofern einen Foilschritt sidieu. als das
Gehirn entg<'gen frühen-n und spätiuvn Auffa.ssiingen zum Sitze des L’ebels
gemacht wurde. Gegen (hm unpassenden Ausdruck Neuralgie wandte sich
F. Niemeyer. Erst dadurch, dass Duhois-Key mond auf den Einfall
kam. einen halbs(‘itigen Tetanus der Bhitgefäss(‘ als.l'rsache des .Migräne-
anfalles anzusehen, wandte sieh das idigemeini‘ Interes.se dem Gegen-
.stande zu. Dubois selbst hatte sich nur dahin ausgesprochen, diuss bei
.seiner Migräne i*in Tetanus im Gebiete des Halstheiles des rechten Sym-
jiathicu.s .statttinde. dass wahrscheinlich der Druck der krampfhaft zusammen-
gezogenen (»etä.ssmuskeln auf die (ierühlsnervcm I.T-sache des Schmerzes
sei, dass aber »in vielen, vielleicht den meisten Fällen wohl das WT'sen
der .Migräne nach wie vor in einer Neiindgie zu siiclnm« .sei. Trotz dieser
Zurückhaltung wurden Dul)ois' Angalam nusch vaunllgemeinert, die
»Hemicrania .sympathico-tonica« spielte von nun an eine grosse Holle uml
hald war kein Zweifel mehr, dass di»; Migräne überhaupt eine »vaso-
motorische Neurose«, eine Sympathieuskninkheit .sei. Als Möllendorf
dann seine Migräne beschrieb, bei d<>r die Sympathiciisfasern gelähmt zu
.sein schienen, wurde von den Zeitgenossen, gemäss der herrschenden
|ihysiologisirenden Hichtung, angenuinmen. die rrsache der Migräne sei
bald Knimpf. bidd Lähmung im Gebiete des Halssympathicus. man müsse
l«
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4
Tebor Mifn'iin«*.
vuii ili'r svmiiiitliico-tmiisfheii ilif an^io|mriilytisrlii‘ Fonii iiiitPrs<':lu»i<l<‘ii.
Dipse AuHhssuiij; vi'rtnit b<‘sou(U>rs Enlpiilnirjr. ili*r ilir "i'inäss nocli 1875
ilip Ahlmiidluufr über MigriiiiP in Zipiiisspn's Hiimibiiclip vprfiusst hat.
Ubwiibl einer kliniscliPn AufTit.Nsiinjr es nahe gele^pii hätte, aus dem \Vpp)is4*I
des Vorzeifhens der <!elä.<.serschpiniingpn den 8ehhis.s zu zielieii. da.ss die
Innenation der (iplä.s.se eine Nebensache sei. fand doeli di(> Hpini<Tania
vitsoinotoria in Deiitseldand fast allgeineine Anerkennung. Verschiedene
Heilpläne wurden auf ürund der Theorie entworfen und je nach dein
vorausgesetzten Zustande des Syinpathicus wechselte die Hchandlung. iler
selbstverständlich der Erfolg nicht fehlte.
Inzwischen war aber in England ein Huch l•rschienen, das eine
wichtige Epoche in der lieschiclite der Jligrüue bedeutet, das Werk
Eiveing's.') Der Verfasser hat seine Aufgabe in wahrhaft klinischem
Iteisb- aufgefasst und so vortrefflich gelöst, wie es unter den gegebeniui
Hedingungen möglich war. Auf eine vollendete Kenntniss der Eitemtur
einerseits, auf eigene Erlalmingen andererseits ge.sttttzt. Jiat er das voll-
ständigste und beste Hild der Krankheit godiefert, dius wir besitzen. In
theoretischer Hinsicht ist die Nebencinanderstcliung der Epileitsie und der
■Migräne ein wahrhafter Koi1si-hritt. Freilich hat Eiveing seinem Werke
durch die allzuweit ausgesponnenen Erörterungen über die >Nervensttirme«,
die viel rnbewiesenes enthalten, .selbst geschadet. Anderenseits ist seine
Kritik der früheren Hypothesen voraüglich und .seine Widerlegung der
»va.soiiiotorischen Thiwien« ist so gründlich, dass nur Nichtkenntniss oder
Mangel an Verstüiiilniss es erklärt, wie trotz Eiveing die Erörterungen
über die Henucrania vas<imoturia bis heute noch nicht verstummt sind.
Seit Eiveing sind zahlreiche weitere Arbeiten über .Migräne veröffentlicht
worden. V'iele, besonders die Mehrzahl der rein therapeutischen Abhiuid-
lungeii. sind ziemlich werthlos. Es genügt, wenn K'olgendes hervorgehoben
w ird. In Frankreich widimde man sich besonders dem Studium der Augen-
migräne. Ualezowski umlFere lieferten vortreffliche Arbeiten, wenn sie
auch nicht gerade niMie Thatsachen beibrachten. Eeider stifteten sie Ver-
wirrung dadurch, dass sie die Augenmigräne als eine selbständige Form
aurtus.sten. C'harcot empfahl dii^ methodische Hromhchandlung. Auch in
England (Airy, Eatham ii. A.) und in Deutschland '.besonders bei Augen-
ärzten: Eisting, Förster, .Mannhardt, Huete u. A.) hatti- in neuerer
Zeit die Augenmigräne Thcilnahme gefunden.
Die zusamnienfa.s.sen<le Arbeit des Dr. Thomas ist schon im Eingänge
rühmend erwähnt worden.
') On Megriai. Sick-Il«*ailai'lu" aml soiue alliisl diBiinlcrs, a eniitriliHtioii to tli<*
)>atli(>lug)' of nervp-stoniis; liv KilwarH Liveing. I.‘i|i(li>ii. I. anil .\. •'hun.'hill, 1873.
gr, 8". .\ amt 510 |bik.
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O^sohichtUclu'».
a
Di^r Hiun>tfjowinu der neuesten Zeit dürfte in di*r hessereu Kenntniss
der sviiiploinatiselieu Migräiielormen bestellen, besonders iler pandytisehen.
bezieliuuK-sweise tabisehen Migräne, uiii die sieh in Fr.inkreieli Churcol's
SeliOler, in Deutschlanil H. Oppenheim n. A. verdient mnchten. iJie
wiederkehrende Üculmnoloriiislähmung gab (ielegenheil. das V'erhällniss
zwisi-lien ihr und der Migräne zu erörtern. Erst in den letzten Jahren
sind die seliwierigen Beziehnngim zwischen .Migräne und Hysterie von
Gliarcot's Schillern be.sproehen worden.
Icli habe, ohne damals Liveing zukeuneu,lS85 die Migräneder Epilepsie
an die Seite gestellt und habe dabei als (iegen.stflek des Status epilepticus
den Status heniicniiiiims gest^hildert. Zur gleichen Auffassung ist neuerdings,
ohne niieh zu kennen. Pere gekommen.
Endlich wären die thenipeutischen Arbeiten, die iheils die Erprobumr
alter, theils die Eintilhning vieler neuen Mittel und .Methoden zum Gegen-
stände hatten, zu nennen. Doch würde ihre Aufzählung an dieser Stelle
zu weit führen. Die wichtigsten Fortschritte werden im Abschnitte
>Kehandlung< erwähnt.
Natürlieh enthalten alle Isdirbücher der .Medicin, beziehungsweisi’
der Nervenheilkunde eine Abhandlung über die Migräne. Als weitaus die
beste ist mir die von Gowers erschienen.
In Beziehung auf die Bibliographie ist zu sagen, da.ss die älteren
Arbeiten über Migräne in den Büchern von Liveing (1873) und Thomas
(1886) citirt sind. Die Bibliographie des »Index catalogue« reicht bis
1884. beziehungsweise 1885 (Der Artikel Headache .steht in dem 1884
erschienenen Bande, der Artikel Hemicninin in dem von 1885). Ich habe
mich hier begnügt, von den älteren Arbeiten seit Tissot die wichtigsten
anzuführen und erst die seit 1884 erschiemmen Arbeiten über Migriliie
zusammeiizustellen. Vollständigkeit ist natürlich nicht zu erreichen, ist
übrigens auch im Index catalogue ganz und gar nicht erreicht. Die vielen
Arbeiten, die über eins oder mehrere der neuen Nervina handeln und in
denen neben anderen Kninkhciten auch die Migräne als Heilobject genannt
wiril. sind hier übergangen. Auch die Arbeiten über periodische üculo-
moloriuslähmung. die zum Theilo unter dem Titel Migräne erschienen
sind, habeich mit Ausnahme der Arbeit Oharcol's nicht angeführt, weil,
wie später daraili'geii ist. die periodische Oculomotoriuslähmung wahr-
scheinlich keine Migräne ist.
Fothorgill. Kriiiarks i»n ^ick-liPadach«*. Med. ob«orv. an*l inquiru>.'<. 1778.
»Tissot. tJoiivrw Kd. I>iui8anne. T. XI. \k 112. Traito dos norfs et do
lenrs malaities. lif. Pari** 1783.
WoUuston, PhiioHo|»hi(*al Transuotions. 182-4. p. 222.
Parry, „CollMions fnuii the unpiddishod writing'* of 4>r. i\ II. P.** KdittM liy
bis s«m. 1. p. Ö57. 1825.
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6
Miffrän»-.
LabarraqiM*, Iv la miifrain«". de Parin. 1833. (Knnai siir ia < VplialaJjfie
et la Mi(;raine. Paris 1837.)
Le!»ert, Handbihd» d. j*ra)it. Med. II. p. ö70. 1860. — Traite pratüiiic des nialadiei
«mneereusfs. Paris 1851. |*. 778.
Sievekinj;, On ehronic and jsriodic'ftl heudaehe. Mcil. Time»*. II. p. 2ü0. 1854.
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Allbutt, T. (’lifford, On megrim. Mi*d. Times and Oaz. Kebr. 14. 1885.
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lii’Ri'hiehlliohos.
7
lirvsdalp, Alfr<"il, 1>W Migräm“. l’rm-titioniT. XXXIV. 4. p. 251. April 1885.
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[^‘giiffsbestiiniiiung.
B(‘i allen Darstellungen kann man entweder so zu Werke gelitm,
dass inan zuniielist das Thatsäehliche darlegt, die schon vorhandenen
Meinungen bespricht und nach Aussidialtung der anderen die eigene
Meinung als Frueht des Unternehmens auftischt, mler so, dass man
zuerst die eigene Meinung ausspricht und daun sie durch Hinweis auf
Thatsachen und IVherlegungeii begrilndet. Ich wähle hier den zweiten
Weg als den kürzeren. —
Die Krankheit Migräne ist gewöhnlich eine Form der
ererbten Entartung. Sie entsteht in der grossen Mehrzahl
der Fälle durch gleichartige Vererbung und ist eine krank-
hafte Veränderung d es tiehirns (hemikranische Veränderung),
vermöge deren der Kranke von Zeit zu Zeit bald ohne nach-
weisbare Veranlassung, bald auf diese oder .jene V'^eranlassung
bin Migräneanfälle bekommt.
Die Form der Migräneanfälle ist nicht immer dieselbe.
Allen gemeinsam ist nur. dass sie in ganz oder vorwiegend
einseitigen Parästhesien durch cerebrale Vorgänge bestehen.
Ein vollständiger Anfall besteht aus Vorläufererscheinungen,
Aura, Kopfschmerz und Erbrechen. Häufiger sind die unvoll-
ständigen Anfälle, bei denen bald nur Kopfschmerz oder nur
Kopfschmerz mit Erbrechen oder L'ebelkeit, bald nur die Aura
auftritt. oder doch das Hauptstück des Anfalles ausmacht. Die
Anfälle können gehäuft Vorkommen: Status hemicranieus.
Ausser als Symptom der Krankheit .Migräne, deren ein-
ziges Zeichen sie sind, können die .Migräneanfälle als Sym-
ptom anderer (iehirnkrankheiten neben den übrigen Zeichen
dieser beobachtet werden.
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I. IVImt die resaclieii der Mi;;räne.
I'm (ilier die Hcdiiifruiigeu. unter denen die K'ninklieit Migräne
rorkumnit. einigeriniiassen bestimmte Angidjen mneiien zu können, iiiibe
ieli aus meinen KrankenbOcliern 130 Migränelalle misgesehrieben, ohne
Auswahl, wie die Kranken gerade sieh einge.stellt liatten.
1. tieselilecht. Unter meinen Kninkeii waren 40'’'„ männlieh.
60'7o weil)licli. also 1:1-5. Dass die Migräne unter den Weihern liäuliger
sei als unter den Männern, wird allgemein aiigegi'heii. doeh wird oft das
Uebergewicht der Weiber zu sehr betont. Liveing (p. 22) hat ein Ver-
hältniss von 4 : 5 gefunden (41 Männer. 52 Weiber). Es handelt sieh
dabei um ausgewählte, zum Theil aus der Literatur zusammengestellte
Fälle. Er gibt an. da.ss Dr. Svnionds von Hristol unter 90 Kopfsehmera-
kranken 76 Weiber gezählt habe, ln 11 ensehen's Tabelle finden sich nur
15 Männer neben 125 AVeibern. Nach Thomas zählt*- Francis Warner
unter 58 migränekninken Kindern 25 männliche, 33 weibliche. Sicher
falsch ist die Angabe Eulenbiirg's. auf liinf Weiber komme ein Mann
(er bezieht sich dabei nur auf 15 Fälli*!). Auch (iowers betont, dass die
Ueberzahl der Weiber «dl sehr (ibi*rtrieb(*n angegeben werde.
2. Stanil. Von meinen 130 Kranki*n gehörten 26. das hei.sst
geniile lief filnttc Theil, den bemitlelt«*n ('lassen au. Die gros.sc Mehi-zahl
bestand aus sogenannt«*!! Handarbeitern. Handwerkern. Unl«*rbenmtcii.
beziehungsweise ihren Famili«*ngli«*dern. .Man kann wohl annehmen,
dass der Staml ohne wesentlich«* Hedeutung sei. Ob «*twa die B«*.sehälligmi};
im Frei«*!! einen gewissen Schutz g«*währe, lässt sich nicht mit B«*stimmt-
heit sagen, denn es versteht sich von .selbst, dass in der Stadt die
!n«*isten Leute vorwiegend itii gesehloss«*nen Kaum«* leben. Doch siiul
unt«*r den Kranken au«*h Er«larbeiter, Jlaiirer, ja Bauersleut«* un«l S«ildaten
fehl«*!! nicht.
Demnach halte ich es tlir falsch, zu behaupten, «lie .Migräne .s«*i
besonders d«*n sog«*naunt(*n ob(*r«*n Classeii «ügen. was zum Beispi«*!
Thomas thut. Auch «lie Behauptung, die Migräne befalle la somlers K«)pf-
arbeiter. ist nicht richtig. Zweif«*llos ist «li«* .Vi-t d«*r B«*sehättigung mul
«l«*r Ijeb«*nsweise tlir die Häufigkeit der Anfälle von Beih'Utmig. nicht ab«*r
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I'i'Iht ili>' T.'rMU’hi'n ilcr Misi'üni'.
VS
l'Or dus Vmimii<1i‘nsi>in iltT ln‘inikniiiisrli(‘n Wränilcnin^f. H(‘i di-r {Trossen
Hiin%keit der .Miirrilm* nberlmiipl ist ihre Hrtiifi;Tkeit aiKdi bei den Kopf-
iirbeit('ru wolil selbstverständlieh und die la‘l)ensfVdirmi{r dieser ist «reeifrnet,
die Anfälle besonders liäuti" und sehwc-r zu nmehen. Thatsiielilieli haben
viele bernhnite Ia»nfe an Migräne gelitten, wahrseheinlich viel mehr als
wir wissen, da allein unter den Aerzten soviele dureli das Tehel veranlasst
worden sind. si(;h selbst zu besehreihen. Die folgende laste enthält einige
der bekannteren Migränepatienten: (}. Airv. Hrewster, (Jhareot. Dubois-
Jh'vmond, Fordvee, Förster, Foth(‘rgill, Hall(>r, .1. Hiwhel, Ch. Lepois,
LebiMt. läiine, Listing, !Manz, Marinontel, Mirabeau, Pnrrv, Piorrv, die
Pompadour, Hilliet. Knete, Sehirmer. S|mlding, H. Travers, (i. V'oigt, VVol-
laston, Ziehender.
3. lielieiisalter. Bei einer Kninkheit. die niudi den Angaben Aller
litst immer in der .Jugend beginnt, hat es keinen Sinn, das Durchschnitts-
alter der Behandelten anzugelwn. Dagegen ist es beinerkenswerth, dass
nur 12 Kranke älter als 50 .Jahre waren. Die ältesten Patienten waren
zwei 62jährige Frauen.
Darüber, wann die ei-sten Anlälle aufgetreten sind, kann ich wenig
l)estimtntc‘s .sagen. Die Angaben der ungehihletea Leute sind <pir zu unzu-
verlässig. Am häutigsten hört man: »seit der Kintlheit«, ».seit der Schul-
zeit». »als ich ein junges Mädchen war». Viele sagen mit grosser Sicher-
heit: »seit ilrei .Inhreii», (xier »seit 10 .lahren« u. s. f. ; fragt man
genauer, so ergibt sich fast immer, dass zur angegebenen Zeit ein 1«»-
somlers starker .\nfall atifgetreten ist. wler da.ss seitdem die Anfälle
schlimmer geworden sind, dass aber schon viel früher einzelne (sler
leichtere Antalle vorgekommen sind. Ich habe den Kindruck gewonnen,
dass die Knuikheit um so frittier begonnen hat. je eindringlicher mau
fragt, (sler je gebildeter die Kninken sind. Als frühe.sten Beginn linde
ich S'^.lahre genannt. Dabei ist aber zuzugeben, da.ss in einzi’lnen Fällen
ilie Krankheit sich im reifen Alter zum ersten Male zeigen kann. Zum Bi'ispiel
gab eine 33jährige Arbeitersfnni mit grosser Bestimmtheit an. dass sie
vor zwei .lahnui. nach langem Stillen ihren ersten .\nfall gehabt habe:
ein Arzt behauptete, vor dem 30. .lahre nie einen .\nfall gehabt zu
haben; eine .54jährige Frau wollte vor der .Meno)Kinse ganz gesund
gewesen sein (?}.
Die mei.sten Autoren geben flbereinstimmend an. da.ss die .Migiüne
liist immer in der .lugend, oft in der Kindheit bi-ginne. Liveing fanti
unter 49 ausgesuchten Fälhui in 16 den Beginn vor dem 11. .lahre. in
19 zwischen dem 11. und dem 21. .Jahre, in 12 zwi.schen dem 21. und
dem 30. .lahre, in zwei nach dem 30. .lahre, und zwar als spätesten Beginn
ilas 36. .lahr. Er meint, ilass hauptsächlich 3 Termine von Bedeutung
seien, die zweite Zahnung, das Mannbanverilen, der Eintritt in die ,\rbeiten
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14
relM*r Migräne.
und Sorgen des (.eltens. Das klingt ja ganz einleuchtend, aber beweisen
lässt es sich kaum. Kliensowenig scheint mir die Angabe Bystrow’s
(Thomas, p. 71) bewies»*!! zu sein, naeli der die Schule einen gross»*!!
Kinllnss auf die Entwicklung »l»*r Migräne haben soll. Da in jedem
la*bensjahre zum ersten Male Migrän»*anfälle auftr»*t»*n. ist »*s natürlich,
dass in den höheren Schulclas.s»*n mehr an Migräne leidende Kinder ge-
fun»h*n w»*r»l»*ii. als in den unteren. Francis Warner macht (bei Thomas)
folg»*!!»!»* Angaben.
Der erste Anfall trat auf
lici münnlielion ln*i weiblichen
im
Alter
vou
3-
-4
•lahr»*!!
—
1
»
>
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5-
-6
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2
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-15
>
—
15
Nach »li»*ser Tabelh* ist die erste .M»*nstnmtion b»*»leutU!!gsvoll. Auch
ii-h habe sie »itt b»*.schul»ligen hören. Aber bei der N»*igung »l»*r W»»ib»*r.
iilhis mit »len V»>i*gäng»*n im (ieschli“cht.sli*bei! in Ib*ziehung zu s»*tz»*n.
sind gewiss viele solche Angaben unzuverlässig, ins»if»*rn als IHihere An-
lalle nicht berftcksi»-htigt sin»l.
tiowers sagt: In der Regel beginnt »lie Migräne in »1er »*rsti*n
la*b»“nshälfte. etwa in einem Dritt»*l »ler Fälle im später»*!! Kind»*salt»*!'.
zwi.schen b und 10, in etwa zwei Fünfteln zwischen 10 un»l 20 unil
iü! l'»*brigen zwischen 20 un»i 30. Di»* Periialen in der richtigen Reiheii-
folg»* sind: spät»*r»*s Kind»*salt»*r, Zeit »l»*r Pubertät, Z»*it nach il»*r
Pubertät.
4. Erblichkeit, a) (ileichartig»* Vererbung. Angaben über »lie
Frag»*, ob nähen* V»*r\vandt»* auch an Migräne g»*litt»*u haben, timle ich
in 127 K!‘a!ik»*ng»*.sehicl!t»*n. 30 Kninke konnten keine b»*stimmte Antwort
g»'ben, 10 erklärten b»*slimmt. ihre Angeh»’>rig»*n hätten k»*ine K»»pf-
.schmi*i7.»*n. 87 gab»*n an, eins »ler Eltern oder (»i'schwister hätti*n auch
an Migräne gelitten. Von diesen 87 halt»*!! 61 ein»» migrän»*kninke .Mutter.
17 ein»*u niigräuekrank»*!! Vater, bei 9 wurde nur a!!g»*g»*b»*n, dass
eins o»ler »*inige der (j»*schwist»»r Migräne hätten. Demnach fand sich,
wenn von den 30 U!!b(*.sti!!imten abgesehen wird, bei 90% der Kranken
Migrän»* unt»*r »len nächsten Angehörig»*!!. Man bedenke einen Ang»*!!-
blick. was die.se Zahl besagt. Es gibt einfach keine and»*re Krankln*it.
bei d(*r »lie gleichartige V»*n*rbung eine .solche Rolle spielte (etwa abg»*-
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Celior die rrsselien der Migräne. 15
sehen von der .Mjotonia eon<renitii iiinl eiiii<reii Selleiiheileii). (’li. Fer»-
fiiiid unter 308 eijileidiselieii .Männern 153 mit Epileptiselieii unter den
Venvaiidteii (a.-ieeiidaiits, eollateraux. diweendants), unter 2H6 eiiileptisrdien
Weiljern 136 mit epilepti.schen Verwandten, (iillesde la Tuuretle*). der
belianptet, es gäbe keine Nenenkraiiklieit, liei der dii- Heredite direete
eiim grö.s-sere Rulle spiele, als bei der Hysterie, gibt keine eigene
Statistik, .sondern tiezielit sich aid' dit> Angabe Hrii|Uet's, dass die HälUe
der hysterischen .Mttlter hysterische Kinder habe. Nach Hri(iuet waren
unter den 1103 nahen Verwandten von 351 Hysteiischeu 214 lly.sterische.
Höhere Zahlen hat Hammund; unter 209Hysteri.sclien hatten 131 hysteri.sche
.Mlitter, Tanten oder CirossmfUter. Rat nult tiind in der Salpetriere unter
100 hysterischen Mäiineru 77 erblich bela.stete und unter diesen 77 be-
stand bei 56 Heredite direete. Wie aus den angeführten Zalilen hervor-
geht, ist tiei der Epilepsie und bei der Hysterie, an die man zunächst
denkt, die gh'ichartige V'ererbung nicht (‘iitfernt so häutig, wie liei der
.Migräne. Ich muss aber zu den Zahlen noch Folgendes hinzufügen. Es
liegt in di*r Natur der Sache, dass die Stjitistik zu nieilrige Zidden liefert,
denn die meisten .Menschen, iliren guten Willen vorausgesetzt, wissen so
aus.serordeiitlich wenig von ihren Angehörigen. da,ss sie übi-r leichtere
Krankheihm nur wenig aussagen können. Wenn man es selbst .so und so
oft erlebt hat. dass die Kranken über ihre eigtmtm Erfahningen. sofern
dies*’ weit zurückliegen, ganz im [rrtlmmi’ siml. zum Hi-i.spiel Migräne-
antülle ableugneii, von denen ihre Kinder mit aller Restimintheit er-
zählen. so wundert man sich nicht nudir, wenn sie über ihre Angehörigim
nur höchst mangelhafte Angaben maclnm. .le gebildetiT ilie lamte siml.
um .so mehr wissen sie in tler Regel von di'r .Migriine in ihrer Familie
zu erzähhm. .Man mii.ss den Patienten Zeit la.ssen. sich zu la-sinnen uml
sich zu erkundigen; oft wird bei *ler ersten LTitersuchung alles idtge-
leugnet, während bei wiederhidter Ri’fragung mehr und mehr zu Tage
kommt. Wahrscheinlich sind die folgenden Reispieh- gir keiin> Selt*m-
heiten. Ein 35 jähriger Patient. des.sen ^fntter früh gestorben war. hatti-
sieben Schwestern, dii- alle auch an Migräne litten. Die 18jährige Toi-hter
eines ,-Vrzti‘s gab an, ihr V'ater uml alle ihre ftinf (<eschwist*‘r litl*m an
■Migräne. Eine 32jährige Arbeitersfrau, die s*dt früher Kindheit an
Migräne litt, erzählte, dass ihre Mutter und ileren .Mutter ebtniso wie
ihre sechs fie.schwister die gleiche Krankheit hätten. Ein 24jährigiT Mann
behauptete, .seine Poltern und tb'schwister seien ge.smid. id)er die Mutter
der .Mutter und sein dreijähriges Söhnchen hätten genau ilicselben Antälle
wii“ er. Die .Mutter und die (iro.ssmutter <-in*'S 42jährig*‘ii. seit der Kinilheit
!/*■« <‘pilo|wii'<. Paris 189Ü, |>. 241.
’l Traite de l'liysterie. Paris 1891, I. p. 37.
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1(5 PfliiT Mi^r;in<^
iiii .Mi^räiK“ ll■i<ll‘)llllMl SflialVncrs waivn krank jrt'wasi'ii. seine lieiileii
Tiiclitt'r waren el)enfalis seit tier Kimilieit krank. Am luinfifrsten liört
man: »ja. meim- .Mutter uml ihre .Mntti'r hatten es aneli.<
Die Antoren siml darOher eitiifr. dass die .Mifrräiie s(dir (dl vererbt
wird, aber di(' wenigsten jreben Zahlen an. liivein*r liind tiei 26 von
53 Kranken, dass di(! 3Ii|rräne eine Faniilienkninkheit war. Di(>se
26 Kranken lialten 40 nahe Verwandte mit Mifrrdiie. Nach Liveiiiff hat
Sy monds unter 90 Ko|dsclini('t7,kranken 40 gvd'miden. deren Ellern ebenso
:;elitten liathm. Naeli Thomas r.ühite Soula unt('r 64 Kranken 14mal
-Mifrräne hei den Eltern, hesehrieh Sarda .Mijrräne bei vier (i(‘neratinm*n.
(iower.s safrt: »Die Mitrrilne ist in hohem Oiiide erldieh. in mehr als der
Hälfte der Fälle kanndie Her(‘dität naeh{r(‘wiesi'n werden, und /.war meist eiiu!
direet(‘. das Indsst. dass andere (ilieder der P'arnilie isehr häutig Vater
oder Matter) eheiilalls an Heinikniine leiden.»
h) Anderweitifre Xerveiikrankheiten der Vi-rwandten. UelxT
solelie linde ich in meinen N'idizen wmii" anjrpfrehen. wa.s zmn
Theil meine ei<r('iie Selitdd sein nat". da (‘s mir vorwieg(*nd darauf
ankam. die Häntiirkeil der gleiehartifren Vererinmjj lestziistellen. i‘ine V(dl-
ständifre .\namnese aber nadir Zeit erfordert, als ich idl aiiziiweiiden halte.
Aas.s(‘r der häiilioer wi(‘derkehrendeii .\npihe. da.ss idns der Elmrii and
(iesehwi.sler od(>r andere Verwandte »neni'is« seien, wird mir <resa;rt. da.ss
die .Malter je einmal an Ejiileiisie. an Demenz, an Morbus Hasedowii litt.
In einijaren Fällen habe ich den Stanimhaum der »nenö.sen Familie» kimnen
za lernen gesiieht; ffewrdinliidi litten die migränekranken l’dii'der and
andere (.ilieder der Familie an den leiehlen Formen der Entartung: N(*r-
vosität. leichte Hysterie und Hy|ioehondrie. Zwangsvoralellangen ii. s. w.
Ergiehig(>r als meine Ertährungfui sind die anderer Autoren. Be-
.sonders merkwürdig siml die .\ngabeii über die Häaligkeit der .Migräne lad
den Venvandten der Ejiileiitisfhen. Dejerine'i sagt, da.ss unter den A.scmi-
denten von 350 E|iile|>tisehen Boariieville's 24'5"/„ an .Migräne. 212'’/,,
an Epile|(sie. 516'' „ an Alkohidismas litnoi. I nter den eigentlielnm N(>rveii-
kranklnüten der Verwandtem der E]>ilepti.sehen ülmrlmajd steht die ^ligräne
an der ersten Stelle. Bei Fi*re (I. e.) hat i'benfalls die .Migräne die griis.stpn
Zahlen, l'nler den Verwandten von 308 epilt»ptisehen Männern litten au
Migräne 88mal der Vater. Ilömal die Matter. lOOrual männliche. 132mal
weibliehe Seitemerwandte. 40nial Kinder. Bei 286 (‘jiileptisehen \Veib(*rn
waren die entsprechenden Zahlen .56.74.90.76.74. l.iveing führt unter
ilen .Migränekranken seiner Tabelle 12 an. in deren Familie andere
Nervenkrankheiten i Neuralgien, Irrsinn, Epilepsie) za Hanse wanm.
Wenn aach die meisten Autoren keine Zahlen angeben, so
stimmen sie doch darin überein, da.ss sie die Häufigkeit der indireclen.
’) «hijis !»•“ iimlsMlios du systiMiH* nf»rvo«x. Pari« 1880. |». Ilö.
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l'ebiT die l’rsaehen der Migräne.
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bezicbmi^swei.se inotaniorpbosirt>iub-u Vcivrbiinfr bei .Mij'iiiiie botimeii. Ho-
sondcrs Cluircot mui soiiic Schüler werden nicht müde, diirunf hinziiweisen.
dit.ss in der »Familie nevropatbique« ein Glied das andere vertreten könne.
da.ss die i>rerbte Anlage bald als Hysterie, bald ids Kpilepsie, bald als
Aligräne sich kuuilgel)eu könne. Wenn ich auch nach der snli a) gegebenen
Darlegung die.ser Atdtas.snng nicht zustiramen kann, .so bat sie doch offenbar
eine thatsächliche Unterlage insoweit, als in den Familien der .Migräiie-
kninken nicht s<dten andiTe Nervenkrankheiten Vorkommen.
5. Andere Krankheiten liei den Migränekranken und ihren
l'er wand teil. Ans eigener Kifahrung kann ich, abgesehen von dem Nach-
weise der Nervosität, nichts Wesentliches beibringi-n. Es gab unter den
l’atienten gros.se und kleine, dicke und dünne, blasst« und rotlie, und ich
glaube, dass die Migräne weder mit der sogenannten (.'onstitulion oder dem
Habitus, nocb mit anderen Kninkheilen irgend eine nachweisbare Keziehiing
habe. Nicht.sdesloweniger ist es nöthig. über den angeblichen Zusammen-
hang zwischen .Migräne und Gicht, beziehungsweise Rheumatismus, ein
paar IVorte zu .sagen. Englische und fninzösi.sche Aerzte haben über
diesen Zusaiiimenbang lange Erörterungen angestellt. Da mein«>r I cber-
zeugung nacb nichts an der Sache ist. verachte ich daraul'. .jene wieder-
zugeben. Herübmt geworden ist Trousseau's ebenso kühner wii« unrichtiger
Ausspruch: ».Migräne luid Gicht sind Schwestern.« Wenn in einem Lindi«
sowohl die .Migräne als die Gicht häiilig ist. hat es nichts reberiusehendes.
beide Krankheiten in derselben Familie oder bei ilemselbeii Menschen zu
treffen. Ehe man aber einen ursächlichen Zii.sanimenhang annahin, hätte
man sich imch den Verhälttiissen iti Ländern, wo tlie (iiclit seilen ist.
erkundigen sollen. Hei uns ist die Migriitie häiilig, die Gicht selten. Ich
habe niemals einen .Migränekranken geseheti. der Gicht gehabt oiler be-
kommen hatte, habe nie ein Wort von tiichl in der Familie gehört. Ein
einziges Mal tnd'en sie ziisammeti: da hatte der .Mann die Gicht, die Frau
die Migräne. Ganz ebenso grundlos wie die (liebt scheint mir der »Rheu-
matismus« mit -Migräne zusaminengebracht zu werden. Die Autoren be-
ziehen sich be.sonders auf zwei Formen, den chronischen Gelenk-
rheumatismus und den chronischen Muskelrheuniatisuius. Charcot .sprach
hauptsächlich vom Rhumatisme noiieii.v. Von 30 darati leidenilen allen
Weib(‘rn hatten 12 .Migräne, ferner hat er beobachtet, dass die .Migräiie-
antlille wegblieben, wenn die Gelenkschwelluiigmi auftraten. Ich bezweille
durchaus nicht, da.ss man in Siechenhäusern oft Arthritis deformans und
Migräne nebeneinander lindel. und sehe auch in dem zeitlichen V'erhäh-
ni.sse nichts Wumh'rbares, da doch überhaupt die Migräne in den .späteren
Jahren, in denen die Fingerknoten sich eniwiekehi. oft auniört. Aber
ich sehe nicht l•ill. w«aruin innere Hcziehungen zwi.schen .Mi.irräne und Ar-
thritis bestehen sollen. Ganz merkwürdige Angaben hat Henschen gemacht.
Mfibloi, lieber Mlirrinr. 9
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18
I.'i'liiT Migräni'.
Kr fiiiul lii'i 108 von 140 .Mijrräiiokrankon VcrilickiingHii miior ilor Hmit.
Kiliriisi' Knofon mlor Kniitr-lion sollen in mol iiuti’r der Haut des St-liädels.
des Xaekens. an den Muskeln und Selimui sitwii, gegen Dno'k sedir ein-
ptindlieh und rheiimatisr-hen I rsprungs sein. Man mflsse sie mit grosser
Sorgliilt suehen. Andere nordi.sehe Aer/.te, beziehungsweise Masseure haben
Aehldiehes beriehtet und neuerdings hat aueli It. Kosenbaeh zwar nicht
Knoten, aber doch scbinerzhal'te Stellen an den Ko|if- und Halsmuskeln
bei Migritne gelunden. <lie ihn zui' Aul'stelhing einer »myopathischeli Forme
der .MigräiO“ veranlasst haben. Ks ist mir bekannt, dass die .Masseure
eigiuitlich übendl Knoten limlen. trotzdem veistelo* ich i>s nicht, wie Hensc.hen
zu seinen Angaben gekiiinmen ist. Ich habe niemals etwas von Venlickungen.
Knoten, Knötchen, Striingen wahrnehmen können. Wenn während d<*s
Anlälles diese loler Jene Stelh* am Kopfe oder Halse empliiollich ist. was
w(dd vorkummt. .so haben wir es eben mit einer Wirkung des Anfalles,
nicht mit eimu' »rhi'umatischen« Veränderung, die I rsache der Anfälle
wäre, zu thun. Kurz, ich kann sowidd in ilej' rheumatischen als in der
gichtisfdien .Migräne nur ein Krgebniss vorgefasster Meinungen sehen und
leugne enfschietleii jeden tliatsärhlicheu Zusammenhang.
Dairegen ist von theoretisclo'iii und praktisi heiu Interesse die That-
sache, da.ss die meisten .Migränekranken »nervöse« Menschen sind. Es
hat wenig Sinn. Aber diese Dinge Ziihleiiangaben zu machen. Erst die
eingehendere Heschätligung mit den Kranken, die natiirlieli nur bt‘i einer
.Minderz.idil möglich ist. zeigt, da.ss fast immer dii* Migräne, ich will nicht
sagen auf dem lirunde der Xt'rvosilät i'rwäi-hst. alou’ mit den Ziddreichen
Zi'ichcn der angebia’i*nen Nervosität zusammen besi«dit. Da die .Migräm- eine
angi-borene nachtheilige .Abweichung vom Typus darstellt, ist sie selbst-
verständlich tMiie Form der Entartung, aber ihr fast ivgelmilssigi's Zii-
.simunentretfen iint diT häutigsten mol leii-htesten Form iler Entartutig.
das heisst eheti der Nervosität, zeigt einestheils. da.ss die .Migräio! nichts
für sich ist. sondern nur i'ito" Aliart der Nenosität. atolertitheils. dass in
der Hangordnung iler Entarteten die Migräneknmken in ilie obersteti
• 'lassen (DegeioM'es supretnes könnte man im .Ansi-hlusse ati .Magnans
Teruniodogie sagimi gehören. Es wird (dl der Kiliwalid geimodit, bei Ner-
vosität it. s. w. dürlle man doeb niebt von Entartung reden, dii'ser Ausdnick
passe blos Ijei Idiidie. Iiei dem sogenannten deg(‘uerativeti Irreseiti u. s. w.
.Nervosität. Migräm- mol äbidiehe Sio-hen kämen doch auch bei ».sonst
ganz gesmoleii Eeuteti« vor. Nun wird man allerdings aus (trfiioh-n der
Humaintät wohl thun. wenn man deti Kranken gegenülo-r ni('ht von Etit-
artung .spricht, weil i-s so schivcklicb klingt. Aber in wis.senschaftlicher
Vi'rhaioihtiig hat doch dergleiclom kein Hecht. Nur wer sich tiiehl besinnt,
kann (hm Zusammenhang zwischen (l(‘in Idi(disiuus mol den leichtesten
Formen der N(>rvosität verkennen. Die »ganz gesuiolen lamte«. auf die
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rt'ber <li<‘ l'rsÄi'lu-n <Ii‘r MiKriiiii'.
19
liiiip'\vi(>s<>ii winl. sind idu'ii siiiiimt und sondiM’s amdi in ;ri‘\vissi>in (inidn
l•nt^lrt<•t. Wnr von uns ist denn frnnz frfsnndy Dass 'wir alla. mit sclti'ncn
Ansnaliini'ii. lundi 7.11 <li'ii Di'frmn’res iridnircn, ist cini“ (thcriitis witddifra
Krki*nntniss. und kdi nifinc. dar Imt kaiiu* waiirlialt ürztlicdn* AufTassnii}?,
diT nur in dar Krankanstida' Knmka lindi't. Kin scddaj'andar Hawais für
dia alltraniaina Knlai1mi}>: ist. nalianhai frasafrt. liia nnsäfrlialia Hä-sslialikait
dar inaistan Mansctiaii, ain Signum da^'ananitionis. das inan idina Maasssiali
und Tastarzirkal waliriialiman kann.
(). Individnella l'rsaalian dar .Mij;riina. Dass Kinwirkniiaan auf
das Individmim ansraiidian. um .Mifrräna zu ar7,augan. lias wird wanijr.stans
Mir inügliidi fraimitan wardan mü.s.san. Ks fra<rl siali. widalia l'rsiKdian dar
Krankliait in daii Ffdian viirlatran. in danan aina arijlialia Anlasfa varnainl
wiirda. Von dan 10 Krankan, daran h'aniilia anaaliliidi oasnnd war. konntan
aini*ra (iliar dia I rsaalia ilirar Krankln-it <Lnir kaina An^aba nmalian. Kinar,
ain .S9 jälirijrar .Mann. ))a,salmldi*rta ainaii Stni7.. dan ar vor drai .laliran
arlittaii hatte. Kin .lalir naali dam Infalli* hatte sieh aina stets raahts
ailtlndallda Augen in i^rälia aingastallt. die alle vier bis saaliH Woahall
wiadarkidirta. Zaiahaii von Hysterie oder von einer groben NiU’Viuikrankliait
fahitaii. .Mahrara sahen in einer Jnfaatioiiskninkliait dan rrspriing ihres
l'abals. Kin Kdjiilirigar Arbaitarsidin liatta vor zwei .laliran Typhus galiabt
und litt saitdani wöahaiitliah an typisidiar Migräne. Aiiah ain ääjälirigar
Hriafträgar ln*zog sieh auf ain sahwares im 11. Kabansjahra ilurahgaiiiaalitas
• Xarvaiiliabar« : ain Jahr später sei dia .Migräne aufgatrataii. p]|idliah litt
dia 12jäliriga Toahlar eines Arbeiters seit dam vor i'iliam .lahiv ttliar-
standaiiaii tkdiarlaah an Migräne.
Auf ain Trauma wurde dia Migräne nur in Jaiiain ainaii Kalla bazogari.
dagagaii kahrtan dii‘ Angaben üliar ursäidiliaha infai-tionskrankhaitan aiiah
in solahan Källan wieder, in datiali dia arblirha Anlagi* \orhandaii war.
Iah gehl’ einige Hidspiala. Nr. 114. Idjährigar ladirling. daswn Mutter
und (irossnnittar an .Migräne litten: vor aalit .laliran Masern: seitdain alh^
vier W'oahan Migräne. Nr. 107. 27,jährigar S<dilos.ser. das.seii Mutter
an Migräne litt; im aahtan Jahre Saharlaah: sidtdain alle zwei bis drai
W'oahan Migräne. Iliar ist viidlaiaht folgandar P'all aiiziisaliliassaii. Nr. 21.
27jähriga P’raii. ilaran Mutter an .Mighine litt: im 19. -lahra .Uiortiis,
saitdani sahwara .Migii'ina. Nattirlicdi nanntan dia Kninkan galagaiitliah dia
l'insiända als rrsiudiaii di-r Krankheit, danan wir als rrsaahan dar Anlalla
wieder bagagnan wardan: dan vardorbanaii Magmi. rabaraiistrangung.
Aargar. Störungen dar .Manstmalion 11 . s. w. Iah will darauf hier niaht
weiter aingahaii. —
Aus den bisharigaii Erörtariingiui ergibt es sieh, da.ss die Migränu
aina sehr häiiliga. bei beiden (iasahlaahtam iiinl in allen Ständen vorkoininaiida
Krankheit ist, dia in der grossen Mehrzjihl dar Fälle in dar Kindheit oder
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I olM'r Mijrrano.
ohne naclnveisliiire iiiilividnelle l'rsiielie beginnt iinil ebenlalU in
der grossen Meliraihl der Falle bei den iiüehsten N'erwmidlen der Kranken
angetroffen wird. Ks ist daher der Sehhiss gereeht fertigt, dass fast iiniiier
die l'nsaehe der Krankheit in der Migrüiie der Aseendenten bestelle. Ich
glaube nicht, dass (Iber die grosse Ib'deutuiig der gleichartigen Vi-rerbiing
ein ernsthaller Zweifel bestehen könne. Die Schwierigkeit entsteht erst hei
der Fnige, ob dii* ererbte Anlage die conditio sine qim non s<‘i. Von
voriieherein könnte inan geneigt sein, diese Frage zu bejahen. Denn, wenn
man in acht oder nenn Fällen von zehn dieselbe Frsache einer Erscheinung
lindet. scheint es verilüntliger zu sein, sic auch in den unklar bleibenden
Eälleii voninsznsetzen. als anznnehiiieii. dass in der kleinen .Mindei7aihl
iler Fälle eine ganz ainlere l'rsache bestehe als in d(>r gros.s*-n Mehrzahl.
Aber hier, wo es sich um Vererbung handelt, liegt die Sache doch lUiders.
Die Vererbung ist nicht eine Schraube ohne Ende: das. was vererbt wird,
innss irgend einmal <-nt.standen .sein, entweder vom Individmim erworben
oder durch ein besonderes Verhält ii iss der Keinistofl'e zu einaniler benor-
geriifen worden sein. Freilich ist diese Erwägung sozusagen transscendeiit.
fnhrl nber die .Möglichkeit der Erfahrung hinaus. .Man kann .saireii. so
weit die Ih-obachtung reicht, ist die Migräne ererbt, was jenseits der
|{eid)aelitnng liegt, geht uns nichts an. Aber damit ist der Eüiwurf nicht
widerlegt: dass die Migräne einmal anfangen iiiiiss, bleibt (mii l’ostulat
der Verminll. Fnd weiterhin, es i.st gar nicht sicher, dass wir den .\nliing
der .Migräne nicht beobachten können. Nehmen wir an. ein Erwachsener
aus einer nachweisbar iiiigränefreieii Familie erkranke nach einer Ein-
wirkung. der man vernhnftigerwei.se. d. h. in rebereinstimmuug mit der
allgemeinen Pathologie, die Hervomifuiig der hemikranischen Vei-äiidenmg
Zutrauen darf so bliebe nur der Einwand, hier handle es sich nin eine
andere Art der (iehirnverändernng als hei der gewöhnlichen ererbten
.Migräne. Auch dieser Einwand würde sidir an Kraft verlieren, wenn tlie
erworbene Migfriine hei den Kindern des Erwerbers wiederkchrte und sich
in den l(ilgeiiden (iesi-hlechtern ganz so betrtlge wie die gi'Wöhnliche
.Migi-äiic. Itisher hat man sich allerdings die Sache zu leiclit genmeht.
Die meisten Autoren nehmen ohne Keileiiken an, die Migräne könne
bald ererbt, bald erworben sein, ja Viele scheuen sich gar nicht, als
I rsachcn der hemikranischcii N’eräiidening. gerade wie die Patienten
selbst, die nlltäglicbsteii Dinge, Erkältung, geistige .Anstrengung, die
Menstruation und was weiss ich. zu nennen. Es ist daher kein Wunder,
dass einwandfreie Heohachtmigeii kaum vorliegen. Solche könnten nur mit
gro.sser Mühe hi-s<diatft werden, und iliese Mühe wird sich iler nicht
geben, der die Schwierigkeit gar nicht anerkennt. .Man müsste sich zu-
nächst eine genaue Keniitniss der Familie des Kranken erwerben, ila
dessen blosse Versicherung, .seim- Verwandten seiim nicht migräneki'aiik.
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IVlicr «lio rrsa. h<‘n <lor Migräne.
21
iiielit •rcnn}:i'ii kiiiiii. Milli iiiOssti* zwi-iieiis g;laiiliharti> I '|■^ia(■llOll il(>r
l■|■w^>|•l«•ll«>n .Mijrriiiif iu‘niii-ii. lii jener Hiiisielit .sind iiieine vorliin an-
frellllirten Hi‘übae)itiin<ren niangeliiaft : ieli war auf ilie Anssairen der
Ki'aiiki'ii aiijrewieseii. Daeeireii selieint mir die in eiiiifren ineiiii'r FiUle
aii'ieg:eliime Ursaehi*. niimlieli die Xaidiwirkiiiifr einer liiteetionskniiikheit,
elaiddiatl zu st'in. .Man imiss sieli doeli. was sjiiiti-r 'riMiauer zu eröHern
ist. vorstelleii, da.ss die hemikniniseln* Verätidening eine gjinz uinselirieheiie
tieliiriilä.sion darstelli*. ( tlfentmr aber kann naeli iinseivr jetzigen Auffii.ssiing
eine solelie am ehesten diireli Toxim*. von denen wir wissen, dass sie zu
liestimmten Zellen eine Walilverwandtsehaft haben, zu Stande kuninien.
Wie eine Erkältung, wie geistige Thätigkeit. wie Störungen der Men.stnnition
und Veränderungen des Klutuiiilaufes bei einem bis dahin wirklieh gesunden
Mensehen eine so eigenthrimliche (iehirnläsiun bewirken sollten, da.s scheint
mir unbegreiflich, und ich verstehe nicht, da.ss man an .so tiibelhaften
Vorstellungen noch festhalten kann, ln meinen Fällen handelte es sieh
um TA’jdiu.s und Sehaiiaeli. Es ist nalCiiiieii nicht aiisgesehlosseii. da.ss
andere Infeetionskninklieiten ebenso wirken, tiowers envätint einen Fall.
Ul dem die .Migräne naeli .Malaria entstanden zu sein .schien. Die .Möglich-
keit einer liifection, die sieh nur durch die liemikninische Veränderung
kimdgübe, sei wenigstens erwähnt. Ob endlich dii- aii.selieineiid envorbene
.Migräne der ererbn-ii auch insoferne gleicht, als sie vererbbar ist. vermag
ich bis jetzt nicht zu sagen.
Die thimretisch animitheiide Vorstellung, dass die .Migi'äne entstehen
könne durch das Ziisauimentreden zweier K'eimstofl'e, vor denen einer laler
die beidim von der Norm abwichen, ohne doch 'IVager der liemikr.inischeii
Veränderung zu .sein, scheint mir noch der thatsächlielien rnterlage zu
entbehren. Die imgleicliartige oder iiiiiwandelntle Vererbung wird zwar
vielfach behauptet und als eine tsache angesehen, über die die Acten
abgeschlos.sen seien, aber soviel ich .sehe, sind die Autoren bei der all-
gemeinen V'ersicherimg, da.ss es .so sei, stehen gebliebiui. Ich selb.st habe
die l’mfornumg anderer iiervö.ser Störungen zur Migräne des Kindes
nicht mit Sicherhiüt beobachtet. Es kommt ja nicht nur daniiif an. zu
Zeigen, ila.ss diese oder jene .Neurosen in der Familie vorgekommen sind,
sondern auch daniiif, da.ss die Migräne selbst nicht vorgekommen ist.
•ledoch will ich das V'orkommeii di>r iimrleicliartigen Vererbung nicht
leugnen.
Es ist also die .Aetiologie iler Migräne kein fertiges Capitel. V'iel
ist noch zu thuii, aller manches kann erreicht werden, wenn man sich
mehr in die klinische I nlersiichiiiig des einzelnen Falles vi*rtieft. als man
i‘s bisher gelhan hat.
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II. Der Anfall.
1. Vurliiiircr-Krsflieimiiif'cu sind in iiiimclii'n Fällen vorlnimleii.
I'ehlen in iiniiereli ^niiiz. Miinelie l'atienten tlDlilen den Aididl Hin Tinre
vorher lieninnalieii. weil sie inOder. selilaffer als sonst «Hier iin^ewölinlieli
reizbar. zurnmiUhi^ sind. Maiielie sollen sieh iiii (te^entheile nnniittellmr
vor dem .-Vnl'alle Imsondei's leicht und hidiufrlich fiihlen. besser essen als
•sonst. Ferner werden Froslsehaner. Druck in der .Mafrenjregend, Ma^'eii-
iind laiiljschnierzen. das (iefühl eines aiifsteifreiiden Ktwas, nnerklärliehe
Anost. vereinzelte Stiche iin Kopfe frenaiint. Ein Kranker sagte, er tithli-
allemal am .Abend vorher ein Ziehen im (ieiiick und mns.se oft uiess<-n.
Hei der gewöhnlieh.steii Form der .Migräne entwickidt sich offenbar
während der Nacht der .Anfall. Oft ist in die.ser .Nacht der Schlaf aiif-
fallcMid tief, die Kimikeii sagen, sie hätten «wie todt« ge.schlafen. .Manche
hahen unangenehme Träume. Einer träumte, er habe ein Kaninchen ver-
.schluekt und die.ses wolle sieh durch die Magenwand henmsfri'ssen. Ich
selbst habe einigeinale in solchen Nächten weinen mns.sen. was mir
.son.st nie pas.siii. Kininal träumte mir. ich s«‘i in Heidelberg, uml als mir
einliel, am anderen .Alorgeii würde ich wieder in Ja-ipzig sein, bnich ich
in Thränen aus und wachte weinend auf. Am anderen Tage hatte ich
nrgi^ .Migifme.
Wenn der Anläll erst im Linie des Tages beginnt, dauern die
Vorläufer-F^rseheimingen zuweilen wenige Stunden und stellen sieh als
nnbe.stimnites rnbehagen laler sonstwie dar. Einzelnen Kranken kann
man den herannahenden .Anfall ansehen : das (iesieht hat einen müden
Au.sdruek. die Züge sind gedehnt, vielleicht hängt das eine obere l.id etwivs
heiub. Dabei brauchen die Falieiiten selb.st ikk-Ii gar nichts zu fühlen.
Ein anderer wahrnehmbarer Vorläufer ist ein eigenthüinlieh fader, »pappiger«
(ienieh ans dem .Munde, der zuweilen auch snbjectiv benierklich i.st.
In der .Mehrzahl der Fälle wissen die Kranken nichts von Voiiäiifer-
Erscheinnngeii. .Aber diese sind wahrscheinlich doch häutiger, als es
scheint, weil die meisten .Menschen in der Selbstbeobachtung nicht geübt
sind. Hervorzuhebim ist. dass die t'orläufer-Ei'scheinungen in den Fällen
mit deutlicher Aura gewöhnlich fehlen.
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IhT Anf»ll.
23
2. Dip Aiirii. Als Aiim bi-zpifliiip icli vcrschipilpiif Diuüsllicsicii.
die dpiii Kopfseliiiiprzp uninittplbnr voruiisgplii-n (misiiabiiipweisp folgi'in.
Abgesehen von einigen wenigen Kfdleii. in denen das (iebör oder ilie
anderen Sinne betbeiligt waren, handelt es sieli um (ii'siebtstiluselningen
und um Parästliesien des (iefnblsiiines, die getrennt oder zusammen anl-
tnden und mit gewissen sisdiselien Stöningen verknilpft sind. Der Ueber-
sichtlielikeit wegen mii.ss ich die Symptome zuerst einzr'ln bespreclieii
und kann erst ilann ihr Verbültniss zu einander erörtern.
a) Die visuelle Aura ist das am meisten besprocbeiie Symptom
der .Migräne, sie bat eine ganz«' liileratnr hervorgerufen und die Ansichten
lilier sie sind nicht mir in tinsiretischer Kichtung. .sondern auch in Hin-
sicht auf das That.süchliche getheilt.
Fast immer ist die Seh.sb'irung einseitig oder beginnt doch in eini-r
Hälfte des (iesiehtsfeldes. Es handi'lt .sich darum, dass rwhts o<ler links
von <ler .Mittellinie subjective Erscheinungen aultreten, die di«‘ Wahr-
nehmung mehr oder weniger hindern. Haid sehen die K'ranken Nebel,
bald wird «'in Theil des fiesioht.sfeldes scliwarz. Imid handelt es sieh um
li'uehtende. aber ganz «aler theilweise undurchsichtige Flecke, bald hemmt
«‘in Funki'uri'gen oder «>in aus tlimuii'rndem Stoffe gebildeter Schleier das
Sehen, habt ist nur «»in Scotom vorhanden, babl ist es von leuchteiuteii
od«‘r farbigen Figur«'ii umgi'tieii, ladd ist das tianze leuchtend. Bidd ent-
wickelt sicti die Ers«-lieimmg am re«-hten oder linken Aus.senninife «h-s
<ie.sichtsfeldes un«l wächst dann nach der .Mittellinii' zu. macht hi«'r Halt,
so dass eine Hälft«' des (JesichtsfeWes erfltllt ist, oiler schreitt't weiter nmt
nimmt das ganz«' th.'sicht.sfel«! «‘in. Haid gellt «las Scotom von d«'r N'ähe
«les Fixirpunktes aus und schlägt die Hichtiing nach aiissi'ii ein. Bald
endlich (wi«‘Wohl das sehr .selten ist) wird die olier«' Otter uiiti'r«' Hälfte
des (iesiehtsfeldes eingenomnien.
7aii‘rst und am häutigst«'!! heschrielieii ist das Flimnu.'i'scütom (Scotoiim
s«-intillaus. Teichopsia [Ausdruck Airy's. von tsi/o; = MaiU'r, weil di«'
h'iichtende H«'grenziing d«'s Scotoms an den Rand eiiu'i krpn«'Iirt«‘ii .Mauer
eriniu'rtj. Irisalgia na«-h l’iorry). Hierher sind wohl alle Fälle zu rechnen,
in «h'iien ein«' V('r«luuk«'lung mit l«'uchlend('ii od«'r farbig«‘ii Raiul-
«‘|•scll«‘inungen aiiftritt. Di'r («iiid der Verdunkelung ist vers«dii«'deii, schwarz,
gniubraun. grau, «'ine Wolk«-. ein Nebel, «'in Schh'ier. Der Rami ist «'in-
fach hell, wie d«'r hell«' Rami eim-r dunkeln Wolke, «uler »goldig tlimmermN.
«ah'r er bililet ein Spectrum. Er bildi't eiimn Bog«'n «ider häutiger «'ine
Zickzack-, i'ine Fortificati«>nslini«'. Nach Airy's b«'rilhint«‘r Ih'.schri'ibiing
trat etwas links von der Mitt«'llinie ein dunkler Fleck auf, <‘r wuchs iiml
umgab sieb mit einer F«irtilicationslinie in «h'ii Spectralfarlw'ii. bei weit«'reiii
Wachsthuin«' hellte sich das tVntriim «l«‘s Scotoms wieder auf und auch
di'r Rami si-hwaiid an der Aussens«-ite. so dass die linke Hälfte di-s
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I cKor Mici'iin'’.
(ii'sifhtsl'oldt's von eim'in micli missfri nffcneii Bo*ron erl'ftlll war. der aus
••iiHMii Walle mit dem frexaekteii farbigen Rande bestand. .Manz .schildert
das Phänomen als »ein tbeils relatives, theils absolutes Seotoiu, welches in
der Xilhe des Fixirpiinktes beginnt und von hier ans vorwiegend nach
einer Richtnng sieh ausbreitet als ein nielir («1er wenig(»r dftnner Schleier,
welcher stids von einer in verschiedenen Farl>en, besonders ab(*r goldig
Himmerucbm Zickzacklinie nach auss(*n begrenzt ist und. nachdem er die
(»reiizen des tiesichtsf(*ld(‘s nach aus.sen, oben und unten erreicht hat.
verschwindet « . beziehungsweise für kuro* Zeit (mihmi leichten Xelml ziirfick-
läs.st. l)ie Lichtersclieinungen m!hinen g(‘Wi)hnlich die Aufmerksamkeit
der Kranktm ganz in Anspruch, so da.ss sie geneigt sind, das Seotom.
besonders w(“iin es scliwacli laler durchbna lieu ist, zu (Ibei'sehen. Sie
sprechen dann von Illitzen, die sich ungemein rasch von oben nach unUm
bewegen, von tauz(‘nden Feuerrädeni oder glänzenden Kugeln u. s. w.
Es ist nicht immer leicht zu (*ntscheid(*n, ob die Lichterscheinuiuren
alles sind, und ((s mögen wohl FelM'rgänge bestehen zwischen dem
eigentlichen Flimnierscotom und den Fällen, in (hmen nur I.icht-
erscheinungen auftrel(‘ii. So wird angegeben, da.ss eine leuchtende Scheib(s
aiiftritt. di(“ das Sehen v(‘rhindei1, die aber, wenn si(“ (‘ine g(“wi.s.se Grösse
erreicht hat, durchbnM'hen wird, ein li'ucht(>nder Ring und dann ein an
den Grenzen d(;s Gesichtsfeldes zertiies.s(>nder Kreisbogen wird. Vielleicht
gehört hierher auch der von verschi(‘d(men Risibachtcrn gebrauchte Aus-
dnick: »es ist ganz, als ob man in die Sonne ge.sehen hätte«. Andere
Kranke (“rklären mit llestiimntheit, dass sie nur Hlitze, nur leuchtende
Kugeln, nur farbig(> lanieii sehen, die sie nicht mehr am Sehen behindern,
als ein Feuerwerk es thun würd(>. Relativ häufig scheint es vorzukomuieii,
dass die Krankim nur eine Anzahl leuchtender Punkte in o.siüllirender
llcwegung s»‘hen, die die Hälfte oder das ganze (iesichtsfeld eiunehimm.
»Es ist nur ein Flinimern«. hört man. »ich sehe weib'r etwas Dunkles,
noch leuchtende Figuren.«
Wie von dem Flimmei-scotoni nur das Flimimmi übrig bleilam
kann, so kann auch ein Seotom ohne Lichterscheinungen auftreten. Man
braucht .sehr verschiedene Ausdrücke. Unter Blind-headache verstehen die
Engländi'r alle Fonnen der Augenmigräm*. Galczowski untersclmidet
von dem Scotonie scintillant die Hemiopie pi-ri(«li()ue und die Amauros**
migntiiieusc. Fen* spricht von lli'miopie transiloiiv. Auch der Name
Amaurosis fugax ist in (iebrauch.
Ich würde es aus einem nachhi'r zu erwähnenden (iruiide vorziehen.
nur von dem .Migränescotoin zu ivdeii. ^laii kiuinte unterscheiden multiple,
cimtrale Scotome, das Hemiscotom und das totale Seotom. Das eiulache
Seotom kann wie das Flimmerscotoin in di>r Nähe des Fixirpuiiktes odtm
am Rand(‘ des (iesichlsfeldes eidstidieii und dann bis zu der ihm in jedem
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lir-r Anl'ull.
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Fallt' ziikoninii'iulfu (irijs«- wachsen. liäiili^n>i- aber sclieint es sich jilötzlich
eiiizustelleii. ili'niil. ilass die Knniken mit einem Mali; bemerken, dass
ihnen ein Theil di's (iesicht.sl’eltles verdeckt ist. Hesondt'rs das Hemiscotum
terhrdt .sich oft .so: plötzlich kann der Kranke ilie Dinire nur halb sehen,
sei es. ilass die rechte oder ilie linke, die obere oder ilie untere Hälfte
fehlt. Beim l/i‘si*n fi'hlt der Anfang oiler das Knde der Wörter, die lernte
haben nur halbe (ii'.sichti'r u. s. f. In selteneren Fällen fehlt es oben oder
unten. Eine meiner Kranken, die nicht hysterisch war, sagte; »Wenn
es kommt, haben die .Menschen alle keinen Kopf.« Zuweilen kommen
centnile Scotome vor. die natürlich ilie Kranki'ii sehr bi'lästigen iimi sie
vemnlas.sen. den Kojif zu tirehen und zu wendt'ii.*) Ebenfalls selten .sind
die zahlreichen Flecken. Eine Kranke (ialezowski's sah im Anfalle, wenn
sie lesen wollte, eine .Menge brauner, 20 ( Vntime.s-gros.ser Flecken auf
ilem l’apit'ri'. ln amleren Anfällt'ii war bei ihr das (jesiclitsleld von Tau-
senden tanzender Schneeflocken erfüllt. In einigen Fällen wiedi'r wurde das
(iesichtsfeld durch liius Scotom eoncentrisch i'ingesehrünkt. Berbez erzählt
von einem Kranken, der anfänglich genule noch seine LTir sehen konnte;
dann verschwand iler Rand mit den Zahlen und schliesslich .sah der Kranke
nichts mehr, ids die Stelle, wo die Zeiger befestigt siml. .Vm seltensten ist
wohl das totale Scotom. bei dem es zu vollständiger Blindheit kommt,
ein graui'r, dicker, imbi'weglicher Xebel alles Seht'ii unmöglich macht,
(ialezowski theilt mehrere Fülle die.ser .Vrt mit, theils ist nur von Blind-
heit die Kedi>, theils füllten leuchtende Ei-schi'inungeu das St'hfeld aus.
Bei demsellx'n Kranken könnim zu verschii'ileni'ii Zeitt'ii verschiedene
Formt'ii des Jligränenscotoms auftreten. Die Variationen iler visuellen
Aura sind so ziddreich, tlass ilie Beschreibung, wenn sie auf alle einginge,
kein Ende lande. Ueberdem sind Missverständnisse im Einzelnen nicht zu
venueiden. da man dwli immer auf die oll ungeschickten Schilderungen
der Kranken angewie.sen ist.
M'iehtiger als die Beschreibung aller Abarten des l’hänomens .scheint
mir eine Frage zu .sein, die von den Autoren nicht gi'iiügenil berück-
sichtigt wird. Die Meisten sprechen ohne Weiteres von der llemiopie oder
Hemianopsie bei Migräne und stellen sie der Hemianopsie bei groben liehirn-
krankheiten zurSeite, vergleichen überhaupt die Einsi-hräiikimgen des Gesichts-
feldes bei Aligräne mit den .sonst vorkommenden. Ich halte das nicht für zulä-ssig.
Weder aus den Schilderungen der Autoren, noch aus meiner Erfahrung
habe ich micli übei7,eugen können, dass (abge.sehen von ganz vereinzelten
Ausnahmen) jemals bei .Migräne ein wirkliches Nicht.sehen vorkummt.
KifiD rhareot^< wird :iIh »nasuli^ Ixv.i'iihnet. IVr
Krankt’ Kth in iiian<’]H‘n KuIIdii un ^and rond noir, iini I t‘m)KVhuit d<> voir cn
cn liii (toriiiottant do hien voir u ilroitf <>t u «In (‘liaiii[> vi'SiK'l. kann sieh um
♦•in Sfotoiii sohand»*lt balifii.
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2ß
I'i'lior Migräne.
Woiiii Hwii hei einem Kranken die Sidihahu im linken Hiuterlimi])tlapp<-n
dureil einen Erweieliuiiff.slierd iinterbroelien ist, so fehlen ihm die n*ehten
(iesiehtsfeldhfdflen, er .sieht mit den linken Hälften seiner Xetzhäute so
wenifr. wie er mit S4'iner Hand .sieht. Ist es hei d(*r Migräne so? Sicher
nielit. Der .Migränekninke sieht während iler visuellen Aiini immer etwas,
so gut wie nie fallt wirklich ein Theil seines (iesichtsfeldes aus. simderii
er gleicht einem Menschen, dem etwas vor die Augen gelullten wird.
■Mit anderen Wollen, es handelt sich hei der Migräne immer um Sinnes-
täiisclmngen. nicht um Nielit.selien. Es gibt ein Migränescotom. keine
.Migräneliemiano|i.sie. .Man darf auch die Ein.sidiränkung des (ie.sicht-sfeldes
hei .Migräne nicht mit der hei Hysterie gleich.sti'llen. denn der Hy.sterisehe
hat keinerlei Sinne.stäiischungen. kein Scotom. sondern ihm entgeht nur
ein Theil seiner Wahrnehmungen. Deshalb .schlage ich vor, da.ss man hei
■Migräne niehl mehr von Amhlyopie. von Amaurosis. von Hemianoii.sie
rwle, sondern nur von Si-otomeu. deren Art man durch Eigenschaftswörter
näher hezeichnen mag.
Sind bei der visuellen Aunt beide Augen, oder ist nur eins hetrotfen?
Die Kranken nnien meist nur von einem Auge, es ist aber einleuchtend,
dass daniuf nicht viel zu gehen ist. Eiveing. (iowers ii. A, erklären mit
Bestimmtheit, da.ss das Scotom immer doppelseitig sei, heziehungsweise
in den gleichnamigen Sehfeldhälften auftrete. Die Drohe ist. wenn es sich
nur um ein dunkles Scotom handelt, leicht zu machen, da hei Beschränkung
auf ein Auge di-r Schluss dieses das Siiotom verschwinden la.ss(>n inOsste.
Eiveing sagt, da.ss jedesmal hei diesiu' Drohe der Kranke .sich Itherzeugt
habe, dass auch das anscheinend gesunde Aiigi* ein Scotom habe. Handidt
es sich um leuchtende Erscheinungen, so Itthit der Augenschluss keine Ver-
äntlernng herbei. Anden* Autoren, hesonderstialezowski sind der Ansicht,
dass oft oder meist nur ein Auge betroffen .sei. Be.sonders i.st nach (iale-
zowski die tidale Blindheit imnii>r auf ein Auge beschränkt. Soweit meine
Erfahrung reicht, .schien mir die Störung immer dopjM*lseitig zu .si*in mul
ieh möchte glauben, da.ss (ialezowski's Behaujitung wenigstens nur in
der .Minderzahl der Fälle zutreffe.
Die Dauer der visuellen Aura .stdl nach Liveing 10 — 20 .Minuten,
selten eine halbe Stunde hetnigen. Aehnliche Angaben machen die meisten
Autoren. Vi(*lleicht geht die Aura oll noch nuscher voriiher. Es ist bekannt,
wie leicht die Datient<*n dii* Dauer knmklmfter Zufiille Hherschätzen. In
einem Falle, in dem ieh die Aura wiederholt beobachten konnte, dauerte
sie nie länger als zwei Minuti‘ii. ln einzelnen Fällen aber mögen wohl
auch 50 oder (iO Minuten dartlher hingehen. Soviel ist sicher, da.ss nach
einer Anzidil von Minuten in der gro.ss(*n Mehrzidd der Fälle die Seh-
störung vidlständig und ohne Uflckstand verschwunden ist. In vereinz»*lten
Fällen .soll sie den Anfall iiherdaiiert haben, (iaiezowski z. B. erwähiil
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l<iT Anfall.
27
«•iiK? Kniiikc. bei Her das (icsic-ht.sfcld (laut-nid eiii'rc.Sfliifiiikt bliob. abi-r
dii'st' Kranke war hy.steriseh; in einem anderen Falle tiiiul er ein seit
find' .Monaten bestehendes Seotom oliiie (dyeetiven Heliind; endlieli hat er
s|iäter einen Kranken hesehrieben. bei dem nach einer Reihe von Anlallen
eine Thrombo.se der Arteria centralis retiinu' töntretreten war. Ich muss
später aid' diese Dinge r.iirfickkommen. wenn von den möglicherweise durch
die Migräne hervorgernfeneii organischen Läsionen die Rede ist. Vorläidig
.sei nur darauf hingewie.sen.
Die Angaben (Iber den Zustand des Augenhintergrundes wähn-nd
der visuellen Aura stimmen nicht ganz überein, (ialezowski u. A. wollen
wiislerholt die l’a|tille lies vorwiegend betroffenen Auges aiitlfallend blass
gefunden haben. R. Hilbert .sah einmal während der visuellen .\ura
Netzhautarterien-l’ulsation (ob nur auf einem Auge ist nicht gesagt i.
Idveing dagegen tiind einen ganz normalen Augenhintergiiind. Das («leiclie
melden .Macnamara. Parinaud u. A. Ich habe nie (ielegeuheit gehabt,
während des Scotonis eine l'ntersuchung vornehmen zu la.ssen. will aber
hier gleich erwähnen, da.ss im Allgemeinen während .sidiwerer .Migräne-
anfälle die von mir um oiihthalmoskopische l’rüfung gebetenen .Augeii-
ärate nur vollkommen normale V'erhältnisse gefunden haben.
(iowers gibt an. dass sehr selten auch Doppelt.sehen dem Anfalle
vorau.sgehe. Andere erwähnen das nicht und ich muss gestehen, dass ich
an dem hemikranischim Doppelt.sehen zweitle. Eine meiner Kranken litt
an Flimmerscotom und an Hysterie. Auf (irund letzterer trat zuweilen
Diplopia monuphthalmiea auf und es kam vor, dass RIemlung sowohl das
Flimmeni als die Dijdopie hervorrief.
.Mit rnreeld nennt (ialezowski neben den Formen der visuellen
Aura die »Nevralgie oculaire« und die »Photophobie«. Es handelt sich
dabei um Arten, des Migräneschmerzes, die nicht zur Aura gehören.
b) Andere Formen der Aura. Viel seltener als die visuello
sind die anderen Formen der .\ura. An zweiter iStellc sind die halb-
seitigen Parästhesien zu nennen. Diese gleichen vollständig
denen, die den Anfällen .lackson'scher E|älepsie off voransgehen. Am
häufig.sten beginnt ein Kriebidn, l’rickeln, (ieffihi des Eingeschlafen-
seins in den Fingern einer Hand, steigt dann im ,\rme in die Höhe.
Oft wird dann auch die ent.sprecJiende Hälffe des (Jesichts oder ein
Theil davon, die Wange, die Lippen, die Zunge ergriffen. Im (iesichti'
und im .Munde sind die Parästhesien oll do)i|adseitig. Seltener als in der
Hand la-ginnt die .sensorische Aura im Fasse und ergreift dann den -\rm
uml dastiesicht. .Manche Kranke haben auch in den (iliedern iloppelseitigo
ParTtstliesien. Mit der Paräslhesie soll zuweilen dentliche Hypästhesie ver-
bunden sein. Hen.jamin Trav(‘rs z. H. .sagt, dass in .seinen Anfällen das
(ieftlhl der Hand .so heiid)gesetzl gewesen sei. als ob eine Stoftschicht
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ri'luT Mip-iini'.
zwiscliPii ilir und den Dingen wäro. Mit der I’iufistiii'sio ist frmvOhidiuh das
tii'filihl dt‘i' Schwüflit.'. di“r Kradlosigkcit viTliimdi'ii. I)io Kniiikeii könni'ti
niidits |■|•stlmll(‘n, odor ktnim-n nitdit iiiif ilciii ^‘|•<rrift‘eIll•n Fusso sUdieii.
OlTfiilmr Piits(nvfhi*n dii* von den Kinnkpii liesidiricl)(*iit*ii ZiisUliuli- dem,
was .ladi-rmaim Itfiiii so^n'iiaimUMi Eiiisehlafcn das Beinas dundi Dniek
auf di’U Xaniis isidiiadiaciis ^'clVihlt Imt. WiHiti» saliaint mir zu sain, dass
Ki'Hm)ifp und aifr'‘iilli<dia Liilimun^r iniinar ftddcn. Sia wardan frailiah in
fraiiz varainzaltaii h'fdlan ai-wähnt. ahar diasa Fülla sind auch sonst dia-
•rnostisah anstOssi-r und bis auf Waitaras sahaint as mir wialitia. sia nicht
zu harüaksialitifran. Iah komma später auf diasan Punkt zurück.
J)ia san.sorisalia Aura, wia iali dia Paräslliasien kurz nannan will,
ist in dar Haaal mit dar visiialhui varbiindan. darart. dass .jt*na auf diasa
folgt und diaglaicha Kürparsaita batriflt. Doali könnanauah baida gleichzaitig
auftratan. Zaiwailcn ist dia vi.sualla Aura raclit.s, dia sansorisi ha links, odar
umgakaiirt. Kndliah gibt i>s Fülla, in ilanan dia .sansorischa .\uni allein
sich zeigt.
An die sansorischa Auni kann sich aina vorübargalianda Aphasia
an.schliassan. Hat dia Parästhasia dia Zunge arraicht, so kommt i*s zuweilen
zu einer Bpmchstöning, daran Form nicht immer diasadbe ist. Lebert
spricht von »schwerer Sprache, mit Schwiarigkait. die richtigen Ausdrücke
zu linden, fular aina zusammeniiängande Phrase zu bilden«. Sir (ieorge
Air v konnte nicht dii- pa.s.sandait Wörter lindi-n und brauchte falsche. Parry
und Anilara spn-clian von ainain Fnvannögan zu articuliran. Ein Ibitient
Livaing’s fuhr auf einem Omnibus, als sein Anfall begann; er hörte (jluckan-
galäute und wollte fragen, was das Ihr Glocken seien, brachte aber kein
Wort heraus. Ein Kranker Barbez' konnte nur sagen > Hnidaniaiita«. ('hareot
erzählt von zwei Migtäneknmkan. deren i-iner, ein Musiker, seine mu.si-
kalischan Kenntnisse vargass. Fere berichtet von einem Kutscher, der
nicht mehr wusste, wohin er seinen Herrn fahren sollte, von Patienten,
die den Gebrauch rMiiar framilau Spnudie verloren und Anderes mehr. Auch
von vm-übergahander Woilhiubhait wird gasproahan. Barbez .sidi einen
Kranken, dar. auf der Strasse vom ,\nfnlle ergriffen, sich nicht zuracht-
limlaii konnte, weil er dia Slra.ssaii nicht erkannte, dia Schilder nicht lasen
konnte, niemand fragen konnte, ja seinen Xainen niedit aufschreiban konnte.
Bei einem anderen Kranken trat nur Agniphie auf. Bi‘sonders die französischen
Autori ‘11 iheileii viele Beispüde von ^ligräiie-Aphasie mit. und zwar Bi’i-
spiele von allen Formen iler .kphasie.
Liveing fand in 15 von 60 Fällen Sjirach.störung. Dieser pHegte
12nial eine sensorische Aura vorauszugehen. ln 7 von diesen 12 Fällen
waren die Parästhesien auf dia rechte Körperhälft? bt?schränkt. in 4 waren
sie doppelseitig; 1 Fall ist unklar. Xur 9mal iimd Liveing die seiisori.sche
Aura ohne Spraehsiörung.
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Ih'r iViifall.
29
Kint' iiii'hiur Kniukca luitte Italil m-lil.'citifrf. biilil linkscitifri- Aiilalli-.
clif mit (*iiK‘m tyiiisclifu Flimmci-scotoiii In iIit ciiicii Hült'ic drs
(.tt>sirlitsffld(>s zeigte sic-li eine Welke, deren Hand naeldier um rarl)igeii Ferti-
lieatiuusliuien umgeben wurde, (»ewelnilieh war es reelits. dann konnte dii-
Kranke am Schlüsse der Aura ilie richtigen Worte nicht limleii. Seltener kam
das Scotoin von links, dann wurde die Sprache nicht gestört. Eine andere
Kranke, die eltenfalls ein Flinnnerscotom mit ausgeprägtem llallisehen hatte,
behauptete, obwidil sie zuweilim links niclits si-he. siu doch auch dann di<-
Zunge eingeschlat'en und die Sprache erschwert. Aber diese Kranke war
hysterisch, hatte Visionen und sollte auch ausserhalb ihrer, fibrigens selir
schweren. .Migriineanlälle vorlibergehend spriudilos s<>in. Kininal sah ich
liiiLseitige Aura mit Sprach.störung. aber der Fall ist nicht einläch. Eine
35.jährigi‘, seit dem 19. .lahre an gewöhnlicher, immer recht.seitigei-
jMigriine leidende Frau hatte s»'it 10110111 .Jahre Aulalle von Augenmigräne.
IJei diesen zog ein Sidileier von links her vor die Dinge, so dass die
Kranke nur noch schlecht sehen konnte. Nach ' , Stunde vei-zog sich der
Mund mich links, die ganze linke Körperseite wurde schwer, wie einge-
.sehlal'en. und ilie Kranke länd die richtigen Worte nicht mehr. Die.ser
Zu.stand dauerte etwa eine Stunde, dann begann linkseitiger Kopfschmerz.
Hier bestanden die Zeichen einer beginnenden jirogressiveii Paraly.se:
Pupilleiidillerenz. Steigerung der Sehnenretlexe. geistige Schwäche.
Die seiisorisidien Formen der Aphasie kommen otTenbar am lläii-
lig.sten vor. Oft besteht zugleich eine im engeren Sinne seelische Störung,
die sich meist als Verwirrtheit darstellt, und es ist zuweilen nicht zu
sagen, ob das N'ichttiiideii oder Venvechseln di'r Wöiler. beziehungswei>c
deren N’ichtverstehen eine eigentliche .\phasie, oder nicht vielmehr ein
Au.sdruck der inoineutanen N'erwirrtheit ist. Die Kranken sagen, sie seien
wirr im Kopfe, die Ciedanken laufen ihnen durcheinander, sie wissen nicht,
was sie wollen u. s. w. Sie geben zuweilen verkehrte .Antworten, oder
antworten gar nicht.
Zuweilen sollen auch Angstzustände mit der .Migräne- .Vura ver-
bunden sein. Ich habe einmal jeden Anfall mit plötzlich eintretender .Angst
ohne anderweite Aura beginnen .sehen. Diveing berichtet über einige-
.solche Fälle. Ub mit den hysterischen Ih-wii.sstseinsstörungen. die nach
diesem .Autor zuweilen im Heginne des Anfalles bei Kindern oder Jungc-ii
Ja-Uten beobachti-t worden sind, die- Aligräiu- din-cti- Hi-ziehung hala-.
das möchte ich bezweifeln, denn es ist ersichtlich, dass la-i hysterischer
.Art der Migräneanfall eben.so wie alle möglichen anderen Anstösse
hysterische Symptome hervorrufeii kann.
Die gemüthliche Depression, die Liveing in diesem Zusammeiihangi-
auch erwähnt, gehört nicht zur .Aura, soiob-ru besteht in manchen Fällen
während des ganz<-n .Anfalles.
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IVlicr Misriino.
Si-liwiliili-l ist i‘im' ri-clii srItiMii* Form ilor Aura. Ifli liiilx“ iliii iiii»
iM'iiljiicliU't. I.ivcinj; craihll von fiiifiii Knmkrn. ilor jiewölinlicli die
visuelle Aura mal daiiel>eii nur sidten f>:aiiz leiehten Seliwiudel hatte; ziivveili'ii
aber erwaehte der Kranke mit dem (ielllhle. als oh sieh alle Dinp- im
Zimmer raseh um ihn drehten, ein (iethhl, das anhielt, wenn er imt'sKind,
ihn alter nieht we.sentlieh am ttehen und Stehen hindei1i>. und naeh ehen-
soviel Zeit veroinjr. wie sii* sonst dii* visuelle Anra hranehte. Von der
Sehwimlli^keit. ilie manehmal währeial <les Atd'alli‘s he.steht. ist natürlich
hier nieht die Kede.
Kniilich ist msdi zn i‘rwähneii. divss neben den ^(mannten Anrarormen
auch (iehörs- lind tieschmaekstänsehun^en Vorkommen: Ohrenklingen,
Hranseii. I’t'eifen. unangenehmer (iesehmack. Diese Dinge sind oflfenhar
sidir selten. Sie werden meist mir gelegentlich erwähnt. Oh etwa die Aiinv
ans Ohivnklingen. oder einem (ieschmncke allein bestehen kann, weiss
itdi nicht. Wenigstens sind zwei derartige Heohachtimgeii, die ich
gemacht habe, nicht nsdit beweisend. Eine Fnui. deren -Migräne immer
links war. wurde diiridi ihm S<dime|-z aus dem Schlafe gewwkt. l’n-
mittelhar mich dem Krwaclieii bestand in beiden Ohren Hriimmen und
Sausen, das nach etwa 20 .Minuten verging. Eine -Andere, die sidt der
Kindheit an gewöhnlicher Migräne litt, bekam, seitdem .sich bei ihr eine
Svringomyelie entwickelt hatte, eigeiithümlicln' -Anlälle. Das ri'chte Ohr
ling an zu klingen, dann trat Taubheitsgeliihl in der ganzim Ko|)fhaiit
auf und nach einer halben Stunde folgte linkseitiger K'oiifschmera: -An-
ä-stliesie des Kopfes bestand nicht.
Im Allgemeinen ist die Kegel die. dass die seiisorisehe -Aura und
die .selteneren Formen nur im -Anschlussi' an die visuelle Aura Vorkommen.
Man kann daher sagen, beim vollständigen Anfalle be.steht die .Aura in
dem -Auftreten eines Scotoins mit siibjectiveii Liclitei>icheiniingen und an
die Sehtäuschungen können sicli anderweite kranklialte Emptindiingen.
am häutigsten Imlb.seitige l’arästhesieii mit -Aphasie anschliessen. Hei die.si'r
-Auffa.ssung würden die .selteneren Fälle, in denen die seiisorKsche Aura ohne
voniusgeheiides Seotoni vorkommt, schon zu den unvollständigen .Migräni'-
anlalleii gehören, die freilich, wie wir sehen werden, im -Allgimieinen und
beim einzelnen Kmnkeii die weit überwiegende .Mehraihl bilden. Zuweilen
auch sollen die vi.suelle und die sensorische -Aura gleichzeitig aultreten,
oder doch die l’arU-sthesien. beziehungsweise die Spracli.störung, oder die
Verwiniheit beginnen, während noch das Scotom besteht. Die sensorische
-Aiini dauert gewöhnlich 10 -15 .Minuten, von wenigen .Minuten bis zu
einer halben Stunde etwa.
3. Der Anfall selbst.
a) Der Kopfschmerz. Wie der Name besagt, ist die .Migräne halit-
seitig. In der That ist di>‘ .Aura fast iumu'r auf eine St'ite la'schniiikl. viau
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l^iT Anlall.
31
Kiipt'sclimi‘i7.i‘ iiliiT wird ziniulicli ofl iiu}ri‘}r<‘l)i*ii. t“r sni dnppclM-itiju;, oliwohl
in diT Kfiri‘1 aindi nr dniitlicdi liidbsnitifr oder docli mif einer Seite viel
stärker ist. Von den Kninkeii meiner Tabelle wollten 57 fast immer ein-
seitijre Schmerzen haben, während 25 behaupteten, der Schmerz sei auf
beiden Seilen. Ich habe nur die Anfniben notirt. die mit eini^rer He.stimmthcit
lind dem An.seheiue der Zuverlä.ssi«rkeit };emacht wurden, iflaube aller doidi.
dass manche Anfralxui iinziiverlässifr seien, be.sonihus dass nicht .sidten trotz
der Doppelseitifrkeil der SchmiTZ in einer Ko])|1iälfle beginne. Von
denen mit einseititrem Schmerze wollten 17 immer oder fast immer recht-
seitige Schmerzen haben. 23 immer oder fa.st immer linksidtige. während
bei 17 der Schmerz zwischen reclits und links wechselte.
(iewfdinlich ist der einseitige Sidimerz Ober dem Auge am stärksten.
Ka.st immer timt auch ilie Schläfe weh. Sehr oft wird Uber Schmerz im
.\iige. oder hinter dem Auge geklagt, ln einzelnen Fällen ist sogar da.s
.\ilge llailptsitz des Schmerzes. Hei hertigen Antälieli schmelzt oft auch
der < Miefkiefer, zieht andererseits der Schmerz von der Stirn bis in den
Hinterkopf, ja in den Nacken. Sdtener wird angegeben, ilass der Si-hmerz
im Nacken beginne, und von da nach der Stint ziehe. Hin k innkcr liehauptete,
es beginne der Schmerz entweder in der rechten Stirn und ziehe zur linken
Schläfe, mler er gehe von der linken Stirn zur rechten Schläfe. Kin anderer
klagte aiisschlie.sslicli Uber eine Seite des Hinterkopfes, bald die rechte,
bald die linke. Kndlich hatte einer regelmässig auch in einer Schulter
Scbmeiztm. Von den Doppelseitigen gaben 20 an. der Schmerz nehme vor-
wiegend den Vunlerkopf ( beide Stirn- laler beide Scln'itelgegendeii) ein. nur 3
meinten, der Schmerz besclnänke sich auf beide Seiten des Hinterkojifes.
während 2 .sagten. Vorder- und Hinterkopf wechselten ab. Kiiiige versicherten
bestimmt, der Haupt.schmerz nehme genau die .Mitte di>r Stirne ein.
Die ,\ngidien der meisten ,\uloren stimmen mit den meinigen ungefähr
überein. Henschen fand fnach Thomas) in 56 von 123 Fällen den
Sidimeiz einseitig, in 67 doppelseitig, aber nur in 24 auf beiden Sidten
gleich stark. Am stärksten betrotlen war die Stirn llOmal. die Schläfe lOOmal.
der Hinterkopf 54mal. Am mei.steii scheinen mir die .Vngabeii Diveing's,
die genauesten, abziiweiclieli. ln 17 von den Fällen .seiner ’l’alielle wurde
der Kopfschmerz als halbseitig, in 7 als annähernd halbseitig, oder bald
halb-, ladd doppelseitig bezeichnet, dagegen in 34 als dopjadseitig. I.iveing
tilgt seihst hinzu, dass unter den angeblich Doppelseitigen wahrscheinlich
manche nicht ganz mit Hecht gezälblt wurden. Weiter macht I.iveing
.Viigabeii über die Vertheilung der Aura auf beide Seiten, die mir als etwas
bedenklich ei-scheimm. Die sim.sori.sche Aura war lOmal einseitig, llmal
doppelseitig. Kr erwähnt dabei einen Fall, in ilem ilie l’arästhesien nur
in einem Arme aufti-aten, im Hesicht (Zunge, Mund) beide Sidten betrafen.
In solchen Fällen aber i.st es doch richtiger, von einseitigi-r .Vuivi zu .sprechen.
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('('••or .Migriini'.
Von der visiiollcn Aura mij:! I.ivi'iiig. iii 12 vuii 37 Fällen sei das S»*utum
Iialbseitij; gewesen, liiial habe es die initere (je.sichtsrelilliältle eingemmiineii.
3iiml sei es bald halbseitig, bald eentral gewesi-ii. 23iiml aber eentr:d
oder alltremeiu. Xuii ist ein wirklieh eentrales Seotoiii bei Miffräiie eine
reehte Seltenheit, es handelt .sieh in der Regel um ein S<-ot<im in den
mittleren Theilen des tiesichtsfeldes. das sieh rechts oder links vom Fi.vir-
pimkte belindet. Das allgemeine Seotoin alter, das heisst die Amaurosis fugrav.
beirinnt doch gewöhnlieh nadits oder links, (iowers sagt, in ileu meisten
Fällen beginne der Kopt'schmer/, auf einer Seite, in sehr vielen bleilie er
auf dh'se be.sehränkt. in anderen werde er allgemein. Beginne der Schmera
an eim-r Stelle, so sei es gewöhnlich die Schläfe, iinil zwar ein so kleines
(iel)iet. da.ss man es mit der Fingerspitze l)(*decken kann. Diese Angabe
kann ich nicht bestätigen, denn die Stirn wird viel häutiger zuerst Itefalleii
und die Beschränkung des Sidimerzes auf eine groschengro.s.se Stelle scheint
mir eine Ausnahme zu sein. Weiter sagt Dowers. in anderen Fällen
beginne der Schmera an der Stirn, oder an diesei unil im Auge."
Interessant ist das Verhältniss des ( »ites der Aura zu dem des Schim'rzes.
In den von mir biHibachteten Fällen, in denen (Iberhaupt eine Aura bestand,
WiU' die.se gewöhnlich einseitig und tier Schmerz betraf diiim die andere,
etwas seltener die gleiche Seite oder wurde doppelseitig. Manchmal behaup-
teten die Kranken, sie .sähen überall Flimmern oder überall RussHoeken;
liei solchen war der Schmelz, doppelseitig. Liveing macht folgende .Xngalien;
ln 12 von den Fällen, in denen der Sehmera ganz oder vorwiegend einseitig
war, bestand eine visuelle Aura und neunmal war auch das Seotom einseitig.
KinmnI war es bald seitlich, bald centnd. und je imchilem war auch der
Schmerz ein- oiler doppelseitig. In S von 10 Fällen, in denen einseitiger Kopf-
schmerz mit .sensorischer Aura bestand, waren auch die Rarästhesien ein-
seitig. ln den Fällen doppelseitigen Schmerzes war das Seotom 16nml central
oder total, ömal seitlich, und die l’aiiisthesien. die in 11 Fällen vorkamen,
waren 9mal dop|)elseitig, 2mal ein.seitig. Demnach, meint Liveing. ent-
spricht in der Mehrzahl der Fülle einer einseitigen Aura einseitiger, einer
doppelseitigen tioppelseitiger Kopfsehmer/,. Auch fand er. dass bei einsi'itigen
Erscheinungen Aura und S<diraei7. in der Regel auf dersidben Seite seien.
Inde.ssen kommen Ausnahmen \or. In 2 Fällen Barry s war der Kopf-
.schmeiz, links, waren die Barästhesien rechts, in idnem 3. Falle des.selbcii
Autor war es umgekehrt. Bei Abererouibie und bei dem berühmten ö.ster-
reiehisehen Oflicier Tissot's waren Seotom und Barilsthesieu auf der einen,
der Kojifschmeiz. auf der anderen Seite. Auch (ialezowski hat einen solchen
Fall beschrieben.
Die .Migräne ist immer ein Kopfschmerz, das heisst ein Schmerz,
der von dem Leidenden in die Tiefe, in das Innere des Kopfes verlegt
wird, nicht in die äusseren Theile. Die Laien pHegeii in diesem Sinne mit
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AntHll.
33
Hi-i-lit ilein KupfscIiiiiiM'zi' iliis l\i)|ilivis,si'ii, ln-i ilcm die Haut, boziclimi^s-
«'i“isc iHp Kopfschwartu sc-hiiu'i7,Iiall ist. g(>>;i'ii(ilicr /.ii stulluii. Doch iimss
mau hoi ilcr Mi<>:ränc Unterschiede maciieii. liti .Viilaiiei*. wenn die Stirne
«aler auch die Schilde allein wehthut, seheinl der Schmerz im Knochen
zu sitzen und von lia in das Innere des Schädels hinein ausziistiidden.
.Mir scheint, dass in dieser Heziehnnjr keine Verschiedenheit zwischen dem
-^IiJCT•äneschnler 2 e und dem Schinei7.e hei Erknmkunir der Stinihöhle he-
stehe. Weiterhin ist .sozusagen die >ranze Hällle des Kopfes oder der ganze
Kopf mit Schmerz erlhllt. Ist auch das Auge ergritTcn. so .scheint der
Schmerz im Iiineni des Augapfels oder hinter die.sem zu sitzen. .Maiicln'
sagtui. dass das xViige ihnen aus dem Kopfe geilriickt oder auch in ihn
hineingedrückt werde. Wie man richtig henierkt hat. gleicht iler .Migräne-
Augensehmei7. dem S<-hnierze hei lilaukoinantillleii. Ist auch das (iesicht I
ergriflen. so wird der Scdimerz ganz deutlich im nherkieliuknochen oder
im Na.seiiknochen gelühlt und wer beides erfahren hat. winl zugehen, da.ss
man hei .Migräne ganz diesellieii Schmerzen wie hei katarrhalischer Ent- |
zünilung der Schleimhaut der llighmorsliohle emplimleii kann. Xininil
auch der Hinterkopf theil oder ist er vorwiegend lietrotfeii. so kann der
Schmerz sich bis in den Xacken erstrecken und dann wird er mit
Hestiumitheit in die .Muskeln vi-riegt. .Manchmal schiuneii besonders
die .Mii.skelansätze am Hinterkopfe und am Warzenfort.satze schmei7.haft
zu sein.
ln gewis.sem Sinne hängt die Ausdehnung des Schmerzes von seinem
tinide ah. Z. H. kann hei leichten .Vntälleii einsiüliger .Migräne nur dii- J
Stirngegend laler die Umgehung iles ,\uges wehthun. während lau heltigeii
Aidullen die ganze Kopfsein* wehthut und der Schmerz auch das (iesicht
und den Nacken ergreitt. .ledoch pHegl der ’l\pus der .Migräne nicht ihirch
die Stärke des Schmerzes verändert zu werden, eine einseitige Migräne
hieiht auch hei grossem Sidnuerze einseitig, eine doppelseitige auch hei
schwachen Anlällen doppelseitig. Wirklich wechselt der (iiiul des Sehmerzes
von kaum .störenden Emptindungeii bis zum Uneilräglichen. Manche Kranke
nehnii*n trotz dt*s Anfalles an allen Vi'tTii-htinigeii des I.ehi-ns theil und
andererseits habe ich Patienten gesehen, die sich aus dem Fenster zu
stürzen versuchten, weil sie den Schmerz nicht mehr l•rtragen konnten.
Es gibt Kranke, die fast nur leichte .Vnlälli* haben, es gibt welche, die
gewöhldich leichte und zwischendurch lunen schweren Aldidl haben, es
gibt welche, die nur seltene, aber schwere Anfälle, und endlich gibt es
auch welche, die häiiiige und schwere Antälle haben, wobei sehwi*r und
h'iclit nur die Stärke des Schmerzes ausdrückeii soll.
Dil* .Vusdrücke. mit denen die Kranken die .\rt des Sehinerz(*s be-
schreiben, sind aus.si*rordentlich zjddreich. Dem einen will es den Kopf
auseinandersprengen, ein anderer glaidit, sein Kopf stecke in einem Si'hraub-
Mftbiui, l'ftMr Mifrjnc. 3
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34
fclipr Mi(rrän<'.
stocke, (lic.scr sairt. ilcr Kopf werde mit Hüiiimem liciirbeilet. jenem wini
ein Bohrer in.s (itdiirn jretriet)eii. einer lielmiiptete. der SeluiuM sei »dndi-
f neiid« II. s. w. Alle alter stimmen darin (iherein. da.ss der Si-hniei-z
^ninz verschieden sei von netiridgisclien Selnner/.eii. Seine Stärke wüciist
und nimmt ah. aher stetig'. Ks ist keine Hede davon, da.ss der Anl'all sich
ans kleinen Antällen znstmmcn.setzi". Der Schniera ist ferner nicht hewejr-
lich, er kann sich wie dem (irade nach .so auch der An.sdehnun«r nach
ansdehnen und znsammenziehen. aher sein Cenlniin ist miveiTnckhar.
Endlich oelien die Meisten auf die Fnt^'c : ist der Schinen; stechend,
schneidend, reissimd oder dmnjif und hohrend? die Antwort: das letzten-.
Bemerkenswerth ist. dass liei den meisten Schmerz<-n. den Zahnschmerzen,
den Hficken.schmerzeii. den Blitzsehniei7.cn in den liliedern u. s. w.. die
Kranken nicht rnhi>r Ideihen können, sidiald ein {rewis.ser (inid erreicht
i.st. henimlanfen oder doch sich hin und henvälzeii. das schmei-zendc (ilicd
heweoen. heim Kopfschmerae aher gewöhnlich regungslos sind, am so mehr, je
stärker iler Schmerz i.st. Alles in Allem gleicht der .Migrilnesclinierz dem der
f Kranken mit .Meningitis oder (iehirnge.schwnlst. soweit man Oherhaiipt ans
der Sehildenmg und ans der Beohachtnng nrtheilen kann. Diese Gleichheit
wird dadurch hekrältigt. dass hier wie dort ih-r Schmera zn Krhrechcn
führt. Eine (iesichtsnenralgie z. B. mag so stark sein wie sie will, nie
kommt es zn Erhrechen. niemals hängt von der Stärke des Schmerzes
Erlnvchen ah.
Mancherlei rnistände hahen Eintinss auf die Stärke des Sehmerzes.
-Man muss da zwiscln-n den leichten und den mittelschweren odi-r scliweri-n
Antällen nnterscheirlen. In Beziehung anf jene kann ich mich als Beispiel
nennen. Ich hahe gewöhnlich nur leichte Anfälle und es ist mir idl he-
gegnet. da.ss mein Schmerz anfliörte. soliald irgend eine Thäligkeit meine
Aufmerksamkeit ganz in .\nspruch nahm. .Mam-hmul ist mir der tianir
zur l'oliklinik sehr sauer geworden, fand ich aher da interes.sante Kranke,
so lÜhlU- ich mich während deren L'ntersnchung ganz wohl und erst
später kam der Sehmerz zurück. Andere Male hat anregende (ieselligkeit.
der Besuch des Theaters u. A. mich den Schniera verge.ssen la-ssen. Diese
Beohachtungen sind mir lehrreich gewesen. Eratens hin ich dadurch milder
gegen Patienten geworden, denen man nachsagte, ihre Migräne sei er-
logen. denn sie halte angenehmen Eindrücken nicht Stand. Zum anderen,
was wichtiger ist. mahnt der zweifellose Eintinss seelischer Vorgänge zur
Vorsicht hei therapenti.schen rrtlieileii. Aehidich wie mit geistiger Thätig-
keit ist es mit dem Essen. In leichten Antällen thut mir und vielen
.\iidereii das Essen nicht nur nicht schlecht, sondern geradezu gut. Nach
jedem Essen wird der Schmerz voiühergehend etwas geringer. Auch dann,
wenn jede körperliche und gei.stige Bewegung sehr unangenehm ist. kann
das Essen noch wohlthätig sein. Ks ist also die ,\ng,ihe vieler Autoren, dass
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I>cr Anfall.
35
<lic k’innkoii wiihrcnil di*s Aiifiillcs uiflits gcniosscii könnten, iiielit "1111/.
richtig. Sie trifft in der Kogel hei schweren Ant:illen zu. iiber uiieli nicht
immer. Alkohollialtige (ielifinkc sind aiicli in leichten Anfallen fa.st immer
nachtheilig, doch gibt es einzelne Kniiike, denen ein tilas Wein wohl
timt. Kaffee erleichtert first immer, doch haiuhdt es sich dabei schon um
eine Art von .Medieament und ich verschiebe die Besprechung der Arznei-
wirkung.
Bei allen schwereren Anfällen ist jede geistige und jede körja-rliche
Thütigkeit vom Uebel. Irgendwie stärkere Anstrengungen in beiden Kich-
tungen können aus einem leichten einen schweren Anfall machen. Ist der
letztere von vorneherein vorhanden, so siml die Kranken überhaupt zu
jeder Thütigkeit unlähig. .Je vollständiger die Kidie ist, um .so besser ist
es. ,\lle Bewegungen verschlimmern; (iehen. mehr noch Bücken. Erschült('-
ningen. Man gehl langsam, setzt den Kuss leise und vorsichtig auf den
Boden. Eine Treppt* zu steigen, ist eine Qual. Besonders .schmerzlmtl
pflegen Bewegungen iles Kopfes und der Augen zu sein. .Man hüll den
Kopf .steif, dreht aber lieber den Kopf als die Augen, denn die Bewegung
dieser ist am alleninangenehmsten. Auch die Accommoilation scheint
stdimen.haff zu sein, Sehen in die Weite erleichteil. Verhültnissmässig
wenig unangenehm i.st in mnuchen Fällen Husten mul Nie.ssen. Wie das
Bücken, ist ilas Xiederlegen schmerzhan. l^egt mau sich hin, so nimmt
zunächst der Schmerz hetHichtlich zu und erst nach einer Zeit des Still-
liegens kommt ilie Erleichtenmg. Alle stärkeren Sinnesreize sind äussersi
peiidich, ich komme auf sie nachher zurück. Kälte am Kopfe timt fa.st immer
wohl, aber auch dieser Eintlu.ss muss bei der Therapie nochmals be.sproehen
werden. Ibis be.ste ist ruhig liegen in einem dunkeln, stillen, kühlen
Kaume. Ist der Schmerz nicht gar zu arg. .so pflegt er ilabei ganz oder
fa.st ganz zu verschwinden. .lu. in mittcLschweren Anfällen kann dadurch
der Anfall wesentlich abgekürzt wenlen. Es kommt vor. dass die Kranken
nach einigen Stunden voll.stündiger Ruhe sich schmerzlos erheben könn(>n.
bj Die begleitenden Erscheinungen.
a) reberempfindlichkeit. Dass die Wahrnehmungsfähigkeit ge-
■steigerl wäre, kommt wohl nicht vor, die Sinnesorgane sind nur hyperalgeti.sch.
der Art. dass Reizi*. die .sonst der Aufmerk.sainkeit entgehen, wahrgenommen
werden und ebenso wie die, die son.st gleichgiltig la.ssen laler auch
angenehm sind, peinliche Empfindungen erregen.
Di‘ii Augen ist helles Licht oft unangenehm, ja es kommt im
Anfalle eigentliche Lichl-scheu vor, was be.sonders tiaiezowski henor-
gehobeii hat. Dieser glaubte eine besondere Art. l’hotophobie periodique.
anuehmen zu sollen. Eine seiner Kiiinken musste bei jedem Anfälle drei
Tage in einem verdunkelten Zimmer bleiben und die Augen geschlo.ssen
halten. Die Pholophobie war in diesem und in anderen Fällen von
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IVIxT .Misriin*’
rHidilirlifiii Tliriiiii-iitraiil'flii iiiiil ;r*‘wi>linli<-li auch \oiii
l.iclitc iiua))häiuri^'cr lebhafter Aiieeii.-ehiiierz. Manche M-heii nähreinl
«lefi ganzen Anfalles schlecht, ihr tiesii’ht ist >trüle’«. sie haben Riiss-
rtocL’eii vor (len Aiiiren.
Häutiger ist grosse Kin|iliiKllichkeit des <ieh("»rs. I>as (ii>räusch der
Wagen i.st den kranken unerträglich, sie fahren lad jedem Zufallen einer
Thfire zusammen. Hieheii die .Musik wie den bösen Feind. Auch bei
|(dchteii Antälleii sind mir fieiüusche |ieinlicb. die ich im gesunden
Zusbinde gänzlich tiberliöre. (ienide diese Art der Reizbarkeit macht den
kranken viele Noth. denn es ist bdchter. sich allen anderen SSinnesndzen
zu (‘titziehell. als den lierüHschen. Ich habi* beubachtet. da.ss Manche des-
halb Z(dtwidse gegen ihre eigenen. I(ddialb‘n kinder geradezu Ha.ss filhiteu,
und nicht selu>n sind Familienzwiste Folge der acnstischen Hvjieralgesie.
Wenn die Kranken claviers|dtd(»nde Mitmenschen vendischeiien. so ist da.s
nur zu begreiflich.
Oft erregen auch idle stärkeren (ieniclie Widei-willeli. lie.stalik ist
immer sidir nnangemdim. dagegen timen maliidie Wohlgerfiche vielen
kranken out. wenn sie niedit allzustark sind. Hekannt ist die Vorliebe
Vieler f(ir das kölnische Wasser, ebenso wohltliätig sind andere »stärkende«
(ierflclie, be.sonders der der I'felTenninze ('Menthol). M'ahrseheinlich besteht
aiicli oft Hy|a“ralfiesie des (jeschmacks. doch ist darflber schwer ein Urtheil
zu erlangen, weil der Widerwille gegen Speisen überhaupt und die Uebelkeit
mit Fmplindlichkeit gegen Heschnmeksreize verwechselt werden können.
reb(>r die Kmpfind I icii keit der Haut und des.seii, was unter ihr
liegt, sind die Autoren nicht einig, (ianz verschiedene Filheile .sind
la-sonders über das Vorkommen von .sogenannten Sehmei7,punkt(“n gefällt
worden. Kuleiiburg sagt: »Kigentliche Schnterzpnnkte im Valleix'sehen
Sinne fehlen bei der reinen Hemikranie gänzlich.« AVas er eigentlich
damit meint, weiss ich nicht. Es ist ja richtig, dass man nicht wie lad
manchen N'eiiralgieii durch Druck auf einen Xenim eiiuui Anliill hervor-
nifen kann. Vi(dni(dir tritt die Drnckeniptindlichkeit erst ein, wenn der
.\nfall schon da ist. .Aber man findet auch bei manclnm Trigeminiis-
neimdgieii die Trigeminusji unkte nur im Anfalle emptindlich. Soviel ist
sicher, dass bei .Migräne die .\usirittstellen der Xerveii am Kopfe gar
I nicht selten gegen Druck sehr em|dindlich sind. Bei einer ält(*ren Fnui.
* di(( nicht hysterisch war. beobioditete ich während des Anfalles grosse
Empfindlichkeit gegen leichten Druck an allen drei Haiiplstelleli i'Xervils
siipraorbitalis. Xerviis infraorbitalis. Xervus mentalis i auf der betroffimeii
Kopfseite, tiewöhnlicher sind mir die Aiislrittstclleii der oberen beiden
Xerveiizw'eige empfindlich. Sitzt der Schim-n! auch oder vorwiegend im
Hinterkopfe, so ist nichl .selten die Austritfstellc des Xervus occipitalis
schmerzhaft. Die meisten Kranken freili(di haben keine Druekpunkb“.
I
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lliT Anfall.
37
Ans-spi’ «liMi frtMiaiiiitfU Stellen liiulet iiian gelegentlieli da oder doi1
S(^hiiierzeiii|itiiidli{-Iikeil gegen Dniek. oline dii-ss man reelit wOsste. waniiii.
l)ie Autoren reden von einem l’arietalpmikte. der über dem Tuber pari(!tale
liegen Süll. Zur Zeit, als die Svmjiafliieushj potliese blühte, (and man .sehr
idi die dem tianglion et-rvieale siipremnm. wohl aueh die dem modinm
entsprechende Stelle dnu-kemptindlieh. Auch diew* oder jene Halswirbel
können im Zustande »der Spinalirritation« .sein. .Manchmal thnn die
Miiskelansätze weh ll. s. C.
Die Haut selbst i.st gewöhnlich nicht be.sonders emplindlicli. Am
ehesten ist Drücken eim-r Hautlalü- an der Schläfe unaugeneiim. Uel)er-
emptindlichkeit der bfdnmrten tCopflmnt. die bei Hysterie überaus häufig
vorkommt, i.st bei .Migräne eine Seltenlieit. Ciewöhnlieh ist, wenn nicht
wegen der Stärke des Schmerzes, beziehungsweise des RHhebedi)rfnis.ses.
jede Handtirung uimugenelim ist. Kämmen und Hürsteii gemdezii wohlthätig.
Das (Tleiche gilt von den Formen der Ma.ssage. In leichbu’en Antallen
kann das Heklopfen des Kopfes mit der Hand inter mit einer Za nder' .sehen
.Maschine den S<dimerz zeitweise vertreiben. Lange hilft es freilich nicht.
Auch Streichen thut recht gut. Zuweilen allerdings ist die Haut des Vorder-
kopfes gegen jede Berührung emptindlich.
U. Berger glaubte in einem Kalle von »Hemicrania angioparalytica«
auf der kriinkeii. blutreichen Seiti* Verschärfung des Tastsinnes und der
Wärmeemplindung gefunden zu haben (Tastkrei.se an der Stirn rechts
eine Linie, links vier Linien, Temperaturschwankungen rechts von 0'4" C.
links von 0'8" C). ln der Hauptsache mag wohl die vermehrte ITdiist-
enipfindung die Aufmerksainkeit angestachelt haben. Auch kann ja die
Hyperämie eine Bolle spielen. An die emptiudlichen Knötchen der nordischen
Autoren sei hier nur erinneil.
ß) Seelische Störungen. Abgesehen von der l'nfähigkeit zu jeder
geistigen Thätigkeit. von der relativen HIeichgiltigkeit gegen gemüthliehe
Beziehungen und der bald mehr verdrie.sslichen . bald mehr traurigen
Stimmung, die sich zu Hoffnungslosigkeit, Trostlosigkeit .steigern kann,
bt^stehen in der Mehrzahl <ler Migränelalle keine .s(sdischi‘ii Störungen.
Die genannten Verändernngen hängen direct vom Schmerze al) und variiren
gemäss der gegebenen Individualität. Trotz ihrer be.steht in der Kegel
vollkommene Klarheit des Bewu.s.stseius. Ks gibt aber Knmke, bei denen
zu dem Schmerze eine Wrduiikelung des Bewusstseins, die von Somnolenz
bis zu ausgesprochenem StujMjr wachsen kann, hinzutritt. .Man könnte
glauben, dass es sich dann um Er.schöpfiuig durch den übergrosseii Schmerz
handle. Es s<-heint aber nicht so zu sein. Freilich kommt es nur in
•s<-hweren Fällen, in dem-n der Schmerz heftig ist. zu Stupor, aber es kann
der heftigste Schmerz ohne Stmair Irestelieii. jener ist liäulig, ilieser ist .selten,
kurz es besteht kein din'ctes Verhältui.ss zwischen (»eiden Störungen. Schon
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l'i'licr Mi)rriiin-.
Ti.siäol Imt «laniiif liiiii^t'wii-scM. dass läii Sumiiudl coiivulsir Ihm Mii;i-äne
viirkoiuiiK'. Maiiclit* k'ninkp liofffii dann last den ganz**!! Tag b(‘noniinf*n da
mul l'fildcn sich selbst wii‘ gelieinint. In anderen Fällen tritt die ISoinmdenz
erst gegim das Ende des Anlalles bin ein und kann dann in natnrliebeii
Sehlal' Obergeben. Ein Heispiel von den seltenen Fällen wirklieben Stupors
ist der später zu erwäbiieiide Kranke Fere's mit Sbitus bemientnicus.
Treten iin Anlälle Sinnestänsrbungen ein (Visionen. Stimmen), so
bandelt es sieb W(dd immer um (’omplicationen. be.soiiders um Hysterie.
XenerdiiiKs bat .Mingazzini Fälle von angeblieber Augenmigräne mit-
getbeilt, in denen i-jiileptisebes Irresein (.Mord u. s. w.) bestand. Hier
baiulelt es sieb um Epilepsie und niebt mebr um .Migräne.
•p Einige seltene Ersebeiniingen. Selten klagen die Kranken
wäbreml des Anfalles (Iber Sebwindel. bebaupten desbalb. niebt stellen
zu können. leb habe keine .solebe Heobaebtung gemaebt, vielleiebt kommen
die SidiwindelgelOble besonders bei ilen naebber zu erwäbneiiden Kranken
vor, deren Zustand au die Seekrankbeit erinnert. Ein .seltsames Symptom
baben A. Hiibler und A. Bordier') erwäbnt; Besondere I.eiebtigkeit
de.s Atbmens. Dieselben erzählen von einer Kranken, deren Haar im
Anfall gebleicht wurde, .so dass ein Tbeil ihrer Hiuire abwisdiselnd dunkle
und farblose Stellen zeigte.
O. Berger bat bei »spa.sti.si-her« .Migräne vermehrte Speiebel-
absonderung beobachtet: Ober zwei l’fund zähen Sjs'iebels \ninlen im
Anfalle entleert. .Manebnial klagen die Kranken im Uegentbeile Ober
Trockenheit des .Mundi's.
Eulenburg glaubt Steigerung des Widerstandes der Kopfhaut
gegen galvnniscbe Strömt- auf der Seite tles Scbmerze.s gefunden zu
ballen. Das rät bselbafte Syndrom des nach M’eir-M itebell Erytbromel-
algie genannt wini, ist eiiiigemale bei Migränekranken beobachtet wonien.
So el■zählell (i. Lewin mul Tb. Benda*) von einem 21jährigen Studenten,
iler seit ilem 13. .labre an schwerer, recbt.seitiger Migräne litt und bei
dem seit einigen Monaten Schmerzen, Schwellung, Hötbe der linken Finger,
Schwindclanlälle, vorObergebeiule Farese iler linken (ilit-der bi‘slanden.
Die Enden iler Finger waren blaurotb. geschwollen, scbmerzbaft. Bei
Bromlu-Imndlung hörte sowohl die Augt-nniigräne. als die Erythromelalgie auf.
Feber Herpes im .\nfalle vgl. p. 47.
5) Die (iefässveränderungen. Von ib-n Kranken, die ich im Anfalle
gesehen habe, zeigten die meisten weder t-ine auffallende Blä,sse, noch eine
aulfallende Rötbe. .Miui sab ilen Leuten an. ila.ss sie sich schlecht lltblten.
ihre Zöge waren scblafl. die Liiler liingeii etwas herab mul die Augen
') .Vrti'lc »Misrainc«. Kirtion. cni’yclu|icil. i|is S«’. and. 2 . S., VII.. 2., p. 32U,
l’iiriB 1873.
=) Fi-bcr Kntlii-Miclalifio. Ilcriincr klin, Wuchcnsclir. XXXI, 3—6. 1891.
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iJor Anfall.
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lmitt ‘11 niiitti'ii Aiiwinn-k. sonst war iiii-lifs zu solion. Fülilt<‘ mau
ili't! Kopf an. so war or •ri.w’ölmlicli anlfallonil warm iinil dio K'rankon
hatton st'lbst das (iofnlil von Hilzo ini K'opl'o. Hoi mam-lioii war dio
sclinioromdo Saite ontsidiiodan wiirmor als dii* andere nnd dann war dort
die SeliliU'enarterie deiitlielier zn lilhlen, als ob sio etwas freseliwollen wäre.
Kinige wenige waren auffallend bleieli, ibre .\ngen eingefallen, die Haut
kühl. Natlirlieh siebt man die meisten Kninkeii nielii im Anfalle nnd ist dann
auf ibre .\ngnl)en angewiesen. Von denen, die bestimmte Angaben nia<-liten,
wollten sieben einen beiderseits, filnf einen halliseitig heissen Ko]if haben,
seehs erklärten, das ganze liesieht sei blass und kalt, einer, nur die
.sehnierzende Seite sei so, einer sagte, dastiesieht werde abwechselnd heiss
miil kalt nnd einer, bald sei die eine Seite heiss, die andere kalt, bahl
sei es umgekehrt, zwei empfanden nur auf der Scheitelhöhe Hitze.
Thomas hat 91 alte nml neue Krankenge,s<-hiehten dnrchgesehen.
Rothe des (ie.sichts war 9mal notirt (2 mal ohne anderi“ Symptome.
2nml mit Köthnng der Hindehant nnd laclits<dien. Thninentränfeln. Myosis.
3mal mit Sehstömngen. Imal mit Klopfen in den Sidiläfeii), Blässe des
liesichts Snial (4 mal ohne andere Symptome. 3mal mit Röthnng der
Bindehaut. Tliränen. I.ichtschen. Imal mit Einsinken des Auges), Wechsel
zwischen Röthe nnd Bhlsse 3nml. Kehlen von Farbenveränderiing (Imal
Klo]ifen in ilen Schläfen, Imal einseitige Hitze, 4mal Röthnng, Licht-
scheu n. s. w.) 17 mal. ln 91 Fällen wurden also ( iefössverändernngen
der Oe.sichtsliant 37mal erwähnt. Henschen (nach Thomasi macht
107 mal jM)sitive odr'r negative Angalien: 3 Kranke erklärttm l)estimml.
ihr liesieht behalte seine gewöhnliche Farbe, 30 sigteii. sie wtlrden roth,
37. sie würden blass. 28. sie wechselten die Färbung. Nach (iowers
sind die Kranken gewöhnlich im Anfänge blass, ilann roth. Einseitige
(ielilssverändern Ilgen seien sehr selten.
.Mit dem Bisherigen stimmen dii- .Vussagen der di-ut.schen .\utoren.
die .seit Diibois- Rey mond gesehrieben haben, nicht recht Oberein. Dnbois
beschrieb im .Jahre 1860 seine eigene .Migräne und erzählte, da.ss ilie
Si hläfenarterie auf der kranken Seite w'ie ein harter Stning anziitühlen .sei. das
liesieht bleich nnd verfallen sei. das .Auge der kranken Seite klein und ge-
rät liet. seine l’iipille erweitert sei, dassauiKinledes Anfalles das Ohr der kranken
Seite roth nnd wann werde. Er fügti* hinzu, da.ss er bei anderen .Migräne-
kranken keine .Vnisoeorie gesehen halte. ila.ss keiner iler ihm liekannten
Aerzte einen dem seinigen gleichen Fall bisibachtet habe. .Als aber
llnbois auf liruiid seini>r Selbstbeobachtung erklärt hatte, es Itestehe
daliei Tetanus im liebii>te des Halssympathicns. wuchsen die Beobachtungen
von »Hemierania sympathico-toniea«. wie l’ilze ans der Enle wachsen. Die
Autoren fanden nun. was Dnliois selbst gar nicht liehauptet hatte, dass
«las liesieht halbseitig bleieli, »auf der sehinerzhaften .Seite liliMcli und
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IVltor Mijpntin*.
vci ralli-ii« soi. !Sic .sti-lilcii duss ^aiiz 'IViuponitiiniiitpr-
scliicdi; zwisclii ‘11 licidcii Olmai vurhitiidtMi waren. Euleiiburg fand den
(ieliiirping der Kehinerzliaften Sräte uni 0 4 — 0‘6“ Olsins kiihler und
erklärte selbst, er Imlte die vi(;l grüs.sereii rnterscliiede Anderer nielit
für eiuTeet. Was Dubois ganz richtig bemerkt batte, dass trutz der
Blässe des (iesiehts das .\iige Von Vorneherein geröthet ist. das wurde
nieht beuchtet, es musste eben alles auf das syinpathi.sche Frocmste.sbett
ges|iannt werden. I)ie .Mleinlierrsehaft der bleiehen Migräne dauerte
bis 1867. ln diesem .lahre besehrieli .Möllendorf die .Migräne lu-i
rotbem (Jesielite und fand, dass es sieh nieht um einen Sympatliieiis-
krnmjif. sondern um eiiii' Syinpathieuslähmung handle. Auch hier
stimmte wieder alles zusammen. Die liefässe sind erweitert, die Tem|«*-
ratur ist erhöht, die I’u|iillen sind verengt luiid zwar auf lauden Seiten gleich
stark); .Möllenilorf fand .sogar bei einem Kranken die Papille des Sdi-
nerveu geröthet und «isieinatösc. F)s galt nun. zu entscheiden, welche
.Migräne, die weisse oder die rotlie. die richtige si'i. und schliesslich
einigte man sieh dahin, beide .seien bleich gut. In alle Wege seien die
tieläs.sverändeningeii die Hauptsache, aber ihre Km'in sei verschieden,
bald handle es sieh um Knimpf. ludd um Lähmung und beide liewirken
genau dasselbe. Si kam man zu der Lelii'e. die Kulenbiirg \ertritt:
1. Die Migräne stellt sieb dar als Hemicrania .syni|iathieo-toniea s. spitstica.
dann tinden wir Bläs.se, Kälte. Zmiiekjresiinkensein des Auges. Erweiterung
der Pupille. Verhärtung der Art. tem)Ha-ali.s. Veisichlimmi-ning durch
( 'ompression der Carotis, oder 2. die Migräne stellt sich als Hemicrania
angiopanilytiea dar, dann linden wir Hitze. Köthe. Injeetion der Binde-
haut und 'riiräiienträufehi. Verengerung der Lids|udte und der Pupille, zu-
weilen Ephidrosis iinilateralis. Erleielitenmg durch Druck auf die Carotis.
Nur nela-nbei wird bemerkt, dass es auch Migränefiille gebe, die »an-
.scheineiid ohne alle örtlichen va.somoloriselien Störungen verlaiden« und
dass, wenn die letzteren vorhanden sind, inanehmal die o<-ulopupillären
Symptome gänzliidi vermisst werden.
Dieser Darstellimg gegenüber ist nun mit aller Entschiedenheit her-
vorzuhebeii. dass sie nicht den Thatsaeheii entspricht. Sie ist eim- Ver-
zeiehnung zu Liebe einer ]diysiologisehen Hypothese, die. auch wenn sie
wahr wäre, keinen klinisehen Werth besä-ssc.
In der .Mehrzidd der Fälle bestehen, abge.sebeii von Wärme des
Kopfes, keine va.somotoriseli<'n Symptome. In der .Minderzahl bestehen sie.
und zwar ist dann in tier Hegel das (ii'sieht geröthet und liei.ss. seltener blass
und kühl. Im rebrigen aber entsprieht weder im einen, noch im anderen
Falle das Bild der einseitigen Sympathicusreizung oder Sympathiciis-
lähmung. Die Röthe und Wärme kann einseitig sein, ist es aber in der
Hegel nielit. Da. wo t iefässerweitermig besteht, ist nie die Pupille ein-
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Ivr Anfull.
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sfitig vwugert. somlern. nlii-rlmii)it. uml ilii> ist sflteii. cini'
I’iipillcnvcriimliTtmg b<>st«‘lit. sind l)rido Fu|iill(‘u (‘twns (>iigci' als im
iiormaliMi Znstuud<‘. aliar gl<‘ii'li. Itii- Blässe imd Kiilili- ist su gut wie
immer doppelseitig. Da. wo (ietUssvereiigenmg besteht, ist die l.idspalte
iiielit erweitert, .sonilerii gerade wie bei der vorigen Korm viTengert. aiieli
in den .selteneti Aasnahmefällen von ein.si-itiger l’upilleni'rweitening. Das
Auge kann gertitliet sein und thräuen sowohl bei • ielässverengemug als
bei (iefii.s.senveiternng im (ii'siehte. Die .Vrteria teinjsiralis ist ebenfalls in
beiden Fällen auf der Seite des Sehmer/s-s verdiekt. Kphidrosis unilatenilis
ist .selten, kann aber ebenfalls sowohl bei bia.ssem. als bei kithlem (iesiehte
bestehen. Die Wirkung der ('arotideiieompres.sion i.st ganz, iinbe.ständig.
Der Sidiuervenhintergrund ist fa.st immer ganz normal (Liveing.
11. Cohn, (iowers u. A.}. mag das Ueskdit warm oiler kalt sein.
P'olgeiides wäre etwa tuadi zu erwähnen. Im Allgemeinen seheinl
der t ietässkiiunpf im fiesieht nur hei .sehweren Antillleii vorzukommeii.
Zuweilen geht anlanglicdie Blässe während des Anlalles in Kothe Aber. Aueh
am Ende des Anfallos kann, wie Dubois es ziitretfeud seliililert. die Defäss-
verengening in Erweiterung umscdilagen; das ei-st kühle bia.sse Ohr wird
<laiin roth und heiss. Bei manehen Kranken ist in dem einen Anlalle
der Kopf roth. im anderen blass. Bemerkenswerth ist aiudi das Heekweise
EiTöthen. Im Anfänge des Anfalles zeigt sieh etwa filier dem Auge eine
thah-rgrosse rothe Stelle, die allmählieh wäehst. Einer meiner Kranken
bekam zwei rothe Fleeken, einen auf der iStirne und einen auf der Wange. Aiis.ser
um Kopfe kommt aueh an den peripheri.seheii Theilen (ierä.sszusamiuenziehung
vor. und zwar können sowohl hei kaltem als bei warmem Kopfe die Kranken
eiskalte Hände und Füsse haben, an Frieren oder Frost.scdmuern leiden.
Der Uadialpuls ist mnnehmal klein. Er soll zuweilen aueh verlangsamt
.sein, doeh ist »due Heralisetzung di-r Frequenz, wie sie .Mollendorf und
Oowers besehrieben haben, nämlieh von 71 — 75 auf 56—48 Sehläge,
eine seltene .Xu.snahme. Emllieh sind die Schleimhautblutungen zu er-
wähnen. XiLsenbliiten kann, wenn (ietiisserweiterung besteht, im laiiife
des Anfalles eintreten. Zuweilen verknüpft sieh aueh der Anfall mit
Hämorrhoiden-BlutungoMi.
3) Sichtbare Veränderungen am Auge. Diese Veränderungen
sind im V'origen schon erwähnt worden. Abgesehen von der Hiithung
der Bindehaut und dem ThräneiiHie.ssen kommt am häutigsten Ver-
engerung der l.idspalte vor. Meist ist sie doppelseitig, aber bei einseitigem
Scdimerze auf der Seite des Sehmerzes stärker, hdi möehte glauben, dass
es sieh hier um eine unwiliküiiiehe Bewegung handle, denn, abgesehen
davon, ditss bei allen depressixen Zuständen die l.idspalteii enger sind,
scheut der .Migränekrauke das l.iidit und jisle Bewegung der Augmi thut
ihm weh. Sehliessen der .Vllgeii erleiidltert und aueh Zulmlten des .Xiiges
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I'i'Int Midcnini'.
iliT si-hiiii‘i'Z)‘iulHii Sciti- i>l wolilthäti^. I>ii1ht wiin» fine insiiiu-tive Ver-
kli‘iiii‘rnii^' iliM' Aiifri-iisjialti' wohl hfjrrcit'licli. rchri^iMis ist dii* Ersrhi‘iniiiig
in iiiisfri-pi-iiotiT Fonii nicht frcimlc liäiili«;. Von nicincn Kntnkcii l■rwähIltc^l
vier, dass das eine Aujr<“ klein sei.
Viel s<‘lleiier sind i’ii|iillenvei-anderunp'ii. Wie hekiinnt ist. timlet
man lad vielen si-hniei7.hatteii Erkrankungen des Aiifres oder der l’iii-
srehnnjr des An*res Eiifre der l*n|iillen. Es wäre also nicht verwnnderlieh.
Wenn inan sie auch hei Miffrüne rände. Thatsiiehlieh aber ist eine xweifel-
lo.se Verengermifr iler l'n{iillen recht selten. Ich habe sie nicht fre.sehioi.
.\nilere Autoren erwähnen sie zwar hei einz«dnen Beohaehtunoen. oeheii
aber, so viel ich sehe, keine Zahhui. 1‘iorry z. B. spricht von einem
res.sijTement renmniuahli' de la piipille. sajrt aber nicht, wie oll es vor-
koinine. Uffenhar noch .seltener ist l’iipillenerweitemufr. l'eher doppel-
seitige ist mir nichts bekannt. Die einseitifre hat. wie oben erwähnt, zu
theoretischen Zwecken eine tt;ro.s.se Bolle gespielt, leb liahi' nichts davon
ge.sehen. Ebenso scheint es Liveing gegangen zu .sein. Eines will ich
lUHdi henierken. Nervöse Menschen haben nicht sidteii daiienid einen
treringen l’u|iilleimnter.sehied. l)iesi-r wächst, wenn sie sieh krank fnlilen,
i-r kann auch heim Mioräneanfalh* waeh.sen. wie ich ein pminnal gesehen
habe, aber er besteht dann selh.stveratänillieh nicht als .Mi<rränesyniptoin.
it Die .Magen-Dainierseheinnngen. Bei sidiweren .Migräne-
aiilällen können die Kranken nicht essen. Das Essen ist ihnen zu-
wider und wenn sie sich dazu zwingen, brechen sie es heraus. Es kann
soweit kommen, dass auidi jedes .Medieiniren iminöglii-h wird, weil die
kranken alles erhreelieii. Dabei hnmeht keine l'ehelkeit zu bestehen und
kann auch das Erbrechen bei Buhe fehlen. .Manche Kranke ala-r
werden während des ganzen .Vnlälles von peinlicher l’ebelkeit g(‘quält.
tiewöhnlieh zeigt sie siidi am Ende des Anfalles. In leichteren .Anfallen
kann sie eiiräglieh und kurz sein, bis mit einigem Aiifstossen der .Anfall
aufhört. .Meist fithrt sie zu Erbrechen. Auch dieses verhält sieh ver-
schieden. In der grossen .Mehrzidil der Fälle linden wir finales Erbrechen,
zuweilen aber tritt i's wiederholt während des Anfalles auf. ohne seinen
Verlauf zu ändern. kN gibt Migränekranke. diTcn Zustand sa-hr an die
Seekrankheit erinnert. Wie hei dieser besteht foildauenid das (ieltlhl des
Si'hwindels und «ler I ebelkeit: von Zi-it zu Zeit, ohne wahrnehmbaren
.Anlass tritt Erbrechen ein. erat von Mageninhalt, dann von S-hleim und
tialle. denen sieh zuweilen Blut heimisidit: je häufiger das Erhreeheii
w iislerkehrt. um so «piäleiider wird es und um so stärkeres AVOrgeii geht
ihm Voraus: dabei besteht dii'selbe .Ahoesehlagenheit uml Trostlosigkeit
wie bi'i der S'ekninkheit. .so da.ss tien Kranken alles ganz gleiehgiltig
wird, der Einl'all der Welt ihnen willkommen wäre, vvvnn nur der Anfall
aufhörte. Diesi' Zustände sind selten. Häulioer ist mehrfaches Erbreehi'ii
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Uor Anfüll.
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wiilirtMul ili»s Aiiliilltvs oliiic wcittM-c Ersclu‘iiiiui«:cii. KlitwinliT 1ml solclii-s
Sar ki‘in<*u Eiiilliiss mif den Scliinerz. oder es erleielitert vorllherpdiend.
Weitmis am liäiiti^rsteii ist das Erbreelieii nur Sehlnsserselieiimu;r. tiefen
ilas Ende des Anfalles hin wächst die rehelkeit und je nach dein Zu-
stande des .Miifrens kommt es /.u leifdilem oder ((iialvolleni Erhreidien. Ist
nämlich der .Mafien leer, so fieht oft laiifii's \V(lr<ren voraus, bis Schleim
und (falle entleert werden. Dann luhlt sich der Kranke erleichtert, der
Schmerz lässt nach niui entweder ohne Weitenss o<ler durch einen ruhificn
Schlaf kommt es zur (ienesuiifi. Da die Kranken den Erfolfi des Erbrechens
ki'imen. suchen sii> es zuweilen künstlich, durch Kitzeln des Schlundes
(Mli»r sonstwie, herbeizufüliren. Es ptlefit aber das künstliche Erbrechen
nutzlos zu .sein, wenn nicht .so wie so das Ende des .Vnihlles bevorsteht.
Tissot erzählt von einer Kninken. die trotz ihres Rnhebedürfnissi-s im
.\ldiille einen Waften be.stiefi, weil es so m.scher zum Erbrechen kam.
Be.soiidere IliMiierkunfien über das Erbroidieiie werden in der Hcfiel
nicht fiemacht. Einifie Kranke, die in jedem Anfalle wierlerholt erbrachen,
bemerkten freiwillig, dtis Erlirochene sei au.sserordentlich sauer, l'nft'r-
suchunfien habe ich nicht voniehmen la.ssen. kann mir auch nicht denken,
da.ss durch Säurebestimmunp:en eine sonderliche Aufkläruiifi zu erlangen wäre.
A. Wallace sagt von seinen Anliillen, die Stärke des Kopfschmi‘i7,es s<n
immer der .Menge der .Magensäure proportional, und er fühlt sich erleichtert,
wenn er alkalisches \Vass<-r trinkt. Auf jeden Fall läs.st sich ans diesem
Kalle keine Regel machen.') Angidfen über Hlutbrechen habe iidi dreimal
1^11011011. besonders ein 10 jähriges Mädchen behauptete und die .Mutter
bestätigte es. da.ss sie in jedem Falle neben Schleim hellrothes Blut er-
breche. (iesehen habe ich das Blut nicht.
'I ,M. ,1. ito!isliai;li (Nervöse (iastroxynsi# ul» eine eigene, genau eharaklerisir-
tiare Kuriii der nervö»en lh«|>op»ie. Iieiitselie» Archiv I'. klin. Mist. .\X.W. p. S83, 1884)
lieachreitit .\nfalle von üt)eriaä»»iger Saurebildiing im Xtagen al« nervöse (ia»trox.vn»i«
(foTTTj^. oja;). Sie »eien liislier al» uiöiter .Vlagenkatarrh oder als Migräne lietrai-htet
worden, seien atier eine liesondere Krankheit. Oie Anfälle »ollen lie»onder» hei JxMiten,
die »ich geistig an»trengen. vorkoimnen, einen hi» drei Tage dauern, alle Wochen oder
alle ein lii« zwei .Monate wiislerkeliren. zuweilen in der .lugend, zuweilen iiu reifen .Mter
tieginnen. Sie fangen entweder mit Koptäelimerz an oder mit einem höcli»t unangenehmen
(tefühlc von Si-härfe. .Vet/.iing im .Magen, deiu dann der Ko|if»chuierz folge. Heiiio
Krseheinungen waehseii. die Kranken »eben l)las» und verfallen aus, klagen (liier
Schmerzen auch in den Augen, zuweilen ülier Krieheln in einem .\riiie. Ilann kommt
i‘» zu Krhrechen und wimn der Magen entleert ist. hört der Ko|if»chmerz auf. Ilie
erbrochenen Massen sind stark »aiier. enthalten viel freie Salzsäure, danehen .Milchsäure.
Im -\nfalle erleichtert Trinken warmen Wasser«.
Ich hahe früher gesagt, da»» die KoHsliaeh »clien .tntälle von (ia-troxynsis al»
lii'Uiikranische .Vis|uivalente angeselmn werden könnten. Ks ist wohl richtiger, sie al»
eine .\liart der .Migräne zu betrachten. Wovon es alihängt. da»» hei einzelnen Migräne-
kranken starke Säurehihlung vorkomiut. liei den meisten nicht, da» wissen wir nicht.
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Migräne.
Voll S5 Kniiikfii liiittoii 68 Erbm-lioii. 17 koins. Von joiiPii iralx'ii
iimiiflie 1111 , (lass .sio frillicr oti crbmclicii liätlcn. cs aber nicht mehr
thiUcii. Viele hatten aiicli zwischemliireh leichtere Anfölle, in denen sie
nicht erbnichen. 21 liatteii Ikst stets Anfiille mit mehrfachem Erbrechen
(niclit nur terminalem). Oliwohl bei 17 Ph'brechen fehlte, hatten do(rh
mich 13 dieser Kliniken am Ende des Anfalles l'idielkeit. (l)ie inivoll-
stündi^eii Anlalle ohne Kopfschmera sind hier nicht iM-rflcksiehligt.)
Liveinja: jribt an, da.ss von 60 Kinnkeii 23 immer oder •rewöhnlieh Er-
brechen im Anfalle hatten. 25 batten mir l'cbelkeit mler mir gelesreiitlich
Erbrechen. Henscheii fand (nach Thomas) liei 54 von 103 l'elielkeit
und Erbrechen.
-Auch der Darm kann ergriffen werden: obwohl viel seltener als
Erhris lien kommen wiLsserige Entleerungen in analoger .\rt vor. Einzelne
Kranke haben während des Anfalles mehrmals Durchfall, bei anderen
beendet nach längerem (turren oiler mich Schm-iden ein wässeriger Siiihl-
gang den Anfall. Zuweilen tritt auch eine iiurmale Sluhlentleemng als
Terminalerseheinung auf: solmid sie eifolgt ist. hisst der Schmerz nach.
Aber die .Angabe. dn.ss Stuhlgang immer Hilfe bringe, ist nicht richtig.
Manche haben trotz des Anfalles ihren gewfthnlichen Stuhlgang und .sind
nachher wie vorher. —
Anhangsweise sei gleich hier erwähnt, dass in vereinzidteii Fällen
auch andere »Krisen* den .Anfall beenden können. Ich habe nie P'rbrechen:
.schwerere Allhille enden durch l'ebelkeit und genich- und ge.schinackloses
Aiifstossen. aber leichte Antulle werden zuweilen durch krampfhaftes
Niesseii. das 10- 12imil wiederkehit. beendet. Liveing und Tissot
erwähnen Th ränengfisse. Tissot Sch weissaiisbrüche. Calmeil u. A.
-Vasen 1)1 II teil. Polyurie. Einigeiimle habe ich beobuclilet.dasseinKliiiiiiier-
scotom den Schluss des Anfalles bezeichneti-. Ein 14Jähriger ladirling z. H..
dessen .Mutter und (iro.ssmiitter an .Migifine, dessen Mutter au.sserdem an
-Morbus Hriglitii litt, der .seit acht .lahren alle vier AVochen einen Anfall
hatte, wuchte N'aehts mit Stirnkopfschmeiv. auf. Am Xachmittage trat vor
dem linken .Auge Flimmern ein und gelbe Blitze zuckten von oben nach
unten durch das (iesichtsfeld. I'nmittelbar dar.mf trat Brechen ein und
der .Anfall war beendet.
.\iif jisii.n Kuli sclicincn mir die .\tt.*ciminder«il/.iingcn lt«s»l>:icl)'s, iiiicli denen die
Känreldldiing das Primäre sei. der Kii|dsidimeiv. and die iilirigen Krsi heinnngen von
ilir »Idiiingen. ganz und giir nielit lieweisend zu «ein und ii‘ti selie Iceinen Ciriind. die
„(iiistre.'cynsis" anzuerliennen. Wäre Kossliueli nii-lit t.ei ili-n Delegenlieitursaelien
stellen geldielien. s<i würde er wahrselieinlieti gefunden Iniljen. dass seine Patienten v«n
gewidinlielien .Migrünekranlom ulstaiumten. I)a seit zehn .laliren Niemand etwas iil>er
die ttessl.aeii sehe Kranklieii gesagt hat. werden wnlii joiidi .Andere meiner .Meinung «ein.
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Ixt Anfall.
45
4. DiiuiM", V'crliuif do.s .Viit'alli's. Din RnffW ist, diiss
«Inr Aiiliill in (Inr Niicht bnffiniit. tlcnirt. dass dnr Kraiikn Ix'ini Erwachnn
llddt. dass i*r »sciiifii Tn{r« liahnn werde. Seltener zei>?en sieli die ei-steii
EiM|ilindimgeii schon am Abend, laler in der Na44il selbst. (Hier ab('r
erst im lailil'e des Tages. Einige Kranke l('gen sieh mit dimipl'em Kojife
ni(sler, sehiaten schlecht und haben Frtih schon an.sgeprüglen Kopf-
scbmerz. Andere werden in der Nacht diircli den Schmer/, erweckt. Einer
lielnmptete, er waclie .stets um 3 Uhr auf. wenn er seinen .\nfall habe,
ln anderen Filllen ist thih das Hefinden noch ganz gut, aber zwischen
t( und 10 Uhr (Hier g(>gen .Mittag beginnt der Anfall. Soviel ich sehe.
ents}iree.hen besonders die gewöhnlichen Anfälle ohne visuelli> Amu der
hier erwähnten Reg(4, wälirmid die Augenmigräne, mag sie einen voll-
ständigen Anfall oder ein petit mal darstellen, häutiger mitten im TaL'e
beginnt.
I)i(> durchschnittliche Dauer des .knlälles kann mau zu etwa 12 Stunden
ang(4)en. Nicht selten nimmt (*r nur einen halben Tag in Anspruch, zu-
weilen nur einige Stunden, tiewi.sse nnvollständigi* .lidiille (petit mal)
können in (>iner Anzahl .Minuten ablaufen. doch seln> ich vorläutig voti
ihnen ab. Häufiger, :ds man gewölmlicli denkt, ist eine Au.sdehnung des
Aidalles tiber einen Tag hinaus. .Man muss da Wr.schiedmies unter-
scheiden. Manche Kranke haben gewöhnlich nur normale .Anfälle, aber
hie und du. durch (ielegenheitiirsachen oder ohne S(dche, kommt es
vor. dass der Anfall an einigen Tagen hinter einander wi(*derkehi1. .Andere
giOien an, da.ss r((gehnä.ssig 1 2 , 2 — 3 Tage oder noch mehr in Anspruch
genommen werden, ln einzelnen F'älleii treten schlimme Zeiten im ladten
des Kranken ein. während deren er fu.st unaufhörlich von Antälleii geplagt
wird. In allen diesen Fällen handelt es sich um Häufung von .Antällen
ohne sozusjigen cumidative AVirkung: die Nächte sind leidlich, zwi.schcn
je zwei Anfälle schiebt sich eine I’au.se ein. und der folgende Tag ist
nicht we.sentlicli schlechter als d(‘r »oniusgeheiide. Beim eigentlichen
Status hemicraniciis aber greift sozusagen ein .Anfall in den anderen
ein und der Zustand wird immer schlechter, neue Symptome treten auf
und das Krankheitsbild ist anders, als es sich je im (‘inztdneii .Anlidle
darstellt. Bildlich ge,sprochen hala-n wir gewöhnli(h eine Ephemera vor
uns. di(> annähernd periodiseh wiederkehrt, aus ihr kann eine lutenuittens
werden, bei der Uruppen von Erh(4jung(‘ii bestehen und die Cunc zwei-,
drei- und mehrmid sich erlndvt und wieder bis zur Abscis.se sinkt ; beim
Status aber erhebt sich die t'urve in statlellormigem .Anstiege zu cim'r
mehr oder weniger bedrohliclnm Höhe, auf der sie eine Zeit lang verharil.
Am einfachsten ist t!s. die verschiedenen Verluufswei.sen in einigen
Bei.spielen darzustellen. Nr. 1 wacht mit dumpbun Kopfe auf. kann bis
.Mittag ohne sonderliche Noth tliätig sein, g(“gen .Mittag werden di(‘
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l'elier Mi)rriini'.
Hcscliw<“rd(!u (Icutlii-Ii jri'üsscr, ilus Ksscii briii^ri vmllbtTgehfudi* Krleicli-
ti-ning. dann wird der Sfliinm. sn arg. <lass drr Kninkt* sich nifdcrlagfii
iniiss. >r(*gMi Abi'iid tritt rcladkiMt ein, gcgm 7 I lir idwa koniint t*s
zum Krlirt'cliHi und nun lisst dor SoliniiTZ niscli nacli, dor Kopf ist nwli
»wii* (MiiP LitpriiP«. dpr Kninkp abpr .schläft Icii-Iit ein und erwacht am
anderen Morgen gesund. Hei Nr. 7 felilt das Erbnvlien. trotzdem kann
die Kinnke etwa um 9 I hr einschlafeii und ist am anderen Morgen wieder
hergeslellt. Xr. 87 wacht mit Kopl'sclimerz auf, muss alle zwei Stunden
erbrechen, etwa Abends um 6 Uhr aber höi1 der Anfall mit einem Male
auf. Nr. 67 wacht ebenfall.s mit Kopfschmerz auf, manchmal tritt vor
Mittag vier- bis fünfmal Erbrechen ein. dann Ist der Anfall Mittags zu
Ende, manchumi bleibt das Erbrechen aus. dann dauert er bis zum Al»end.
Nr. 106 wacht mitten in der Nacht mit Kopfschtiierz atd' und kann nicht
wie<h*r einsi-hlafen. steht sic recht früh auf. so verliert sich bald (humach
der Schmerz. l>leibt sie liegen, .so dauert er den ganztui Tag an. Nr. 59
bekommt entweder Abends Schmerzen, schläft dann schlecht, wird wieder-
ludt vom Schmei7. geweckt und erbricht Früh nach dem Aufstehen, oder
sie waclit Früh mit Schmerz auf und erbricht erst Abends. Nr. 95 hatte
früher nur einige eintägige Anliille. seit der Meno|Kiuse dauern sie zwei
Tage. Hei Nr. 108 trat stets erst am Nachmittage des zweiten Tages das
befreiende Erbrechen ein. Hei Nr. 80. 101, 102 dauerten die Antalle
stets drei Tage, aber die Nächte waren gut. Hei Nr. 21 und 91 kamen Antalle
vor. die acht Tage lang anhielten, d. h. sich an jedem folgenden Tage
wiederholten. Itamit sind die Variationen noch lange iiiclit erschöpft. Eine
Ausnahme ist der folgende Fall. Hei einer 47jährigen Fniii, deren Mutter
an .Migräne gelitten hatte unii die selbst von der Kindheit an Antalle
gehabt hatte. besondei-s zur Zeit der IVriiale. hatte .seit l'/jJahnm. d. h.
seit dem Aufliören der Periode, die Krankheit ihren Charakter geändert.
Der Schmerz, der bald rechts, bald links sa.ss und im Auge am stärksten
zu sein schien, erreichft' eine unerträgliche Höhe, .so dass die Knmke
manchmal laut schrie und in Knieellenbogeidage den Kopf in di(‘ Kis.seii
bohrte. Nie trat ein Scotoni auf. Erbrechen kam vor. fehlte aber in den
meisten Antällen. Der Schmerz begann bald Früh, bald Mittags, hakt
Abends. Im letzteren Falle dauerte er die ganze Nacht an. In manchen
-Monati'U wurden 20 Antalle gezählt. Durch das fortdauermle Leiden
wurde tlie Kranke nervös, appetit- und schlaflos, aber nie ergab die
genaueste Untersuchung irgend eine objective Verändenmg. besonders war
der Augenhintergnind immer normal, .lede Hehandlung war gänzlich
erfolglos. Zwei .Jahre lang hatte die Kranke tnehr Anfallstage als
freie Tage und oft war die Pause nur einen halbem Tag lang. Dann
wurde der Zustand be.sser und es blieb nur eine gewöhnliche Migräne
zurück.
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Dfr Anfall.
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Im h'iiili- tnil lim Srliliivsc der (lrciliiirifr«‘ii Aiitiilli- eine
eisreiilhOmlielie Ei‘selieiniiii{r auf. Eine 25,jälm;;e Frau (Nr. 86(. deren
■Mutter und Schwester an ^owolinlielier .Mipiine litten, halle seit ihrem
10. .hihre diiivhsehnittlieli einmal in der Wia-he einen leieliten Antidl
jreliaht. Seit zwei .lahnm waren die .Anlalle ohne ersiehtliehen Anlass
.sehlimmer "ewoideii. Sie erwachte mit Schmera-n in der rechten Stirn
lind im rechten Allere. Das (iesichl war hieich nml verralleii, die Kranke
sah alles »wie im NebeN. NachmittaKs trat ein- bis dreimal Ph'breeh(“ii
ein. ohne Bes.seninfr. Die Nacht war «ritt, aber am nächsten Ta<re kehrte
der Schmer/, zurück. Entweder dauerte er nur bis .Mittajr und hörte idiiie
Erbrechen auf. oder der zweite Taf; verlief wie der erste und i*rst der
dritte Tiifr ltnichte Befreiung. Wenn das letztere der K'all war. schossen
am .Morfren des dritten Tajres Hlilschen am rechten Nirseiillngel und an
der rechten UberlijiiM“ auf. ohne da.s.s diese Theile weh gelhan hätten.
Als ilie Kranke zu mir kam, hatte .sie eben einen Anfall überstanden und
am rechten NasenHügcl sah man eine (iruppe von H(*r|iesblä.schen. Ausser
Anämie war keine objective Verändening vorhamhm.
Ein 20 jähriger Mann hatte in der Kindheit eine lielierhatle (iidiirn-
erkrankung. angelilich eine Meningitis, überstanden. Sein Schädel war
aulTallend gross, son.sl bestand keinerlei Zeichen organischer Erkrankung.
Eine Tanh- litt an .Migräne. Seit dem fünften Is-bcnsjahre halte der Kninke
Anfiille von Kopfseh merzen und in den späteren Schuljahren waren diese
so arg geworden, da.ss er die Schule verlassen musste und trotz versidiie-
dener Versuche in keinem Henife ausharren konnte. Zeitweise kam es
zu einem Zustande, den man füglich Etat de mal nennen konnte, (iewöhn-
lich begann der Schnici-z nach einer geringfligigeii Anstrengung, ln der
ersten Nacht konnte der Kranke noch ein paar Stunden schlafen, am
niU-hsten Tage erbrach er Alles, die zweite Nacht war schlaflos. Der
Kranke wurde theiluahmelos. zwischendurch sehr gereizt, lag meist ajiathisch
im Bett. Auch die dritte Nacht jiHegte .siddaflos zu sein und erst am
vierten Tage nahm der Sehniera ab und konnte der Kninke wieder vor-
sichtig kleine Nahrungsmengen zu sich nehmen. Der Schmerz war auch
in diesem Falle bald rechts, bald links, der Kopf war laddersidts sehr heiss.
Einen be.sonders schweren Fall von Status hemicranicus hat t'h. Fere
iH'schrieben. Der ddjährige Kranke. des.sen .Mutter an Migrüni' gelitten
hatte, war seit dem 19. .lahre von dem l'ebel gejilagt. .lahrelang handelte
es sich nur um zwei- bis dreimal im .Monate wiederkehrende .AnfiUle
schwer«‘r einfacher .Migräne. Seit 1870 war auch eine visuelle Aura aiif-
gelrelen: imld Hemi.scotoma. bald leuchtende p]i-scheimingeii in einer Hälfte
des I iesichtsfeldes. dabei Spannung und Schmerzen im Auge. Seltener
waren Ohrgeräusche: Sausen laler l’feifen. Nur ein paarmal waren Oe-
.schmacks- und (ieruchstäiischungen vorgekommen, llauregeii beo;leiteteii
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ri l>"T MiffrätH’.
SrliWüi-liciri-rnlil ili-s Annes iiinl iler Haiiil. sowie S|imniiino und Seliwi-re
ini (iesielit selir oll den Anlidl. Nur zweiniid W(dlle der Kranke /.nekuneeii
ini (iesielil und Anne iH'inerkt Indien. I)ie Kopfseliineraen waren re»dits.
die AiirasMn|itonie links. In einigen Anlulleu halle der Sehinen; gel'elilt.
war es aber zu l’arese der linken Korperhrdlte ^ekoninien. Ini .lahre 1888
hatte der Kniiike nach ernsteren lienirithshew’ejriin*ren znin ersten .Male
einen Status heinieranieiis: Antulle an l'llnf Taffen hinter einander. Nach
einigen Monaten eine zweite Keihe. die zu einer An von Stupor lilhrte.
I)ie Temperatur blieli nonnal. Iin .lahre 1889 eine dritte Keihe, die aus
neun Anlallen bestand und vier Tage dauerte; dabei vollständige Hemi-
plegie; nach dein Status tageliuige (ieiste.s.sehwäche. Nach einigen Monaten
linkseiliger Kopfsehnierz nach reeht-seitigeni Fliinnierscotom und voll-
ständiger motorischer Aphasie. Naidi längerer Hauer des Anfalles sah
Fere den Kranken und fand ihn sluporö.s, mit (’yanose, keuchender
.Mhmung. vollständiger rneniptindlichkeit. Nach langer Zeit erwachte
der Kranke ohne Sehmer/,, aber mit Hemianopsie und Heini{Kirese. die
iiiH'h einen Tag andauerten. Zwischen den Anlällen war nichts Krank-
haftes zn linden. Die Hrombehaiidlung war erfolgreich, dm-h gelang es
erst mit 8 g pro die die Antälle zu unterdrflekeii.
r nvollstänilige Anfälle, lin vollständigen Anfalle folgt auf
irgendwelche Vorläufer-Krseheinnngen die visuelle Aura, die etwa 15 Minuten
dauert; ilir schliesseii sieh die halbseitigen l’arästhesien an. zu denen,
la-sonders wenn sie rechts aiiftreteii. Aphasie und andere seelische
Störungen sich gesellen können und die etwa auch lö Minuten dauern;
dann folgt der Kopfschmerz, der durchschiiittlich 10— 12 Stunden an-
hält und von l'idielkeil und Krbrechen begleitet .sein kann ; letztere
Krsidieinungeii treten Wenigstens am Schlüsse des Anfalles auf. Es ist
nun kein Zwidfel daniii möglich, dass die grosse .Mehraihl der Anfälle
nnvidlständig ist. Insbesondere Udilt die Anni sehr oft. Da andererseits
diese nicht seilen in den Vorilergrund tritt, weil ihre Erscheinungen dem
Kranken besonders auffallen, ja schrecklich sind und weil da, wo sie
.stark aiisgi-prägl ist, der eigenlliidie .\nfall kurz und schwach sein. Ja
ganz fehlen kann, stellt inan nicht selten der «gewöhnlichen .Mignuie« die
• .kngenniigräne« als be.sondere Fonn gegenllher. He.sondei-s (iaiezowski und
die Schule t'harcofs. am schroflsten Fere, haben die Migraine ophthal-
niiipie als une alVeclion veritablemeiil autonome von »den anderen Migränen«
abziilrenncii ^ersueht.'l Diese Irrlehre ist gänzlich unhaltbar und ich
bi'greife gar nicht, wie man sie ernstlich vertheidigen kann. Fast alle
Kranken mit Aiigenmigriine leiden auch an Anlällen gewöhnlicher Migräne.
') Migriöiic .>|ihlli:iliiiii|iic heisst Migriine mit visiielli'r .Viira. Migraine »phthaliiiiqiie
aeeiaiipagnee «u assneii'e heisst .Migräne mit visiii'lh'r aml sensoris.her Aura. Tritt ilie
sens'iriselie mler "lie |.stehiseh<‘ .\iira alli'iii aut. sn Indien wir une migraine ilissueiec.
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I)or Anfall.
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I ifwi'ihnlii'li sind <lii*sc dir Kc^td find jt-iic kommt mir liio imd da vor.
< il't In'sfeliPii langt' Zoit mir Anfidlo gowolmliflior .Migriim,* und erst unter
tiem Kinttiis.se he.somlerer (telegenlieitiirsachen tiiuiet sieh aiieli die Amu
ein. I'mgekehrt kann iin lamfe tier Zeit die Aura verscliwimien iiml ans
iler Allgenmigräne eine gewöliiilieln> Migräne werdim. Zwar ist es nieht
•rerade selti'ii, 1I11S.S hi'i iler V'i*rerbiing dieselbe Korni der .Migräne wieiler-
kehrt. gewöhnlich aber timlet man. dass ilie A.scendeiiteii der Kranken
mit Augenmigräne an gewöhnlieher .Migräne gelitten hidii'ii, oder imeh
ilass ihre Kinder an dieser leiden. Das. was die französischen Autori'ii
zu ihrer wunderlichen Kelmuiitung bi'wogen hat. ist offenbar der Umstand,
ilass nicht selten die Anlalle mit niisgeiuilgter .Aiiia ein erii.steres la'iileii
ilarstellen als die Anlälle ohne Aura. Das liegt aber doch in iler Xatiir
der Sache. Es kommt noch ein zweites dazu. Die sviuptomatisidle Migräne
bei groben (iehiriierkrankiingen sti'llt sich oft als Augeiuiiigräiie dar.
Von FeriVs Deoliaehtimgen beziehen sieh mehrere auf grobe (iehirn-
erkrankungeu und auch tialezowski mischt solche Fälle unter die
iibrigeii. Nun ist es aber offenbar unzulässig, aus dem tiblen Verlaufe
srrober (Jehimerkrankungen mit syinjitoinatischer .Migräne auf die Kedeutiing
der Aura fiberhaupt zu .sehliessen. Auch haben die V'ertheidiger der selb-
ständigen Aiigenmigräiie übersehen, dass nieht wenige Fälle von dieser
nichts weniger als bedenklich sind und dass alle mOgliehen Uebergänge
zwi.sehen gewöhnlicher und Atigeiiniigräne Vorkommen. Die lii'hre von
der doppelten .Migräne ist übrigens in Frankreich selbst bekämpft worden
lArmangue. Rubiolis, Thomas 11 . A.) und hat anderwärts wenig
Aiiklang gefunden, besonders will (iowers nichts von ihr wissen, er
seliliesst sich ganz an die vortreffliche Darstellung Liveing's au, der die
Migräne als einheitliche Krankheit behandelt.
Es fragt sich mm. wie sind die thntsächlichen Verhältnissi'y Wie
oU kommt die visuelle Atini vor? .Mir .scheint, dass ihre Häufigkeit
sehr überschätzt worden i.st. Liveing gibt an, dass sie in 37 von
60 Fällen vorhanden gewe.sen sei. Aber dies«* 60 Fälle sind aiisgewäldt
und es ist begreiflich, dass mehr Fälle mit -Vuni, mit einer Oberaus
merkwürdigen Kr.seheinung, als Fälle ohne Aura, bei denen cs sich
nicht der .Mühe lohnt, be.schriebeii werden, (iowers sagt, dass wenigstens
in der Hälfte der Fälle als erstes Symptom visuelle Stönmgeii aiiftreteii,
gibt aber nicht an. ob er diese Schätzung Liveing entnommen oder
aus der eigenen Krfahning gewonnen hat. .Meine Zahlen sind ginz
anders. Unter 130 Migränekranken waren nur 14. mit visueller .Vuni.
Von diesen 14 hatten, um dies gleich zu sagen, nur 4 auch eine
sensorische .Viini und 3 Aphasie. Ausserdem habe ich noch etwa
10 Kniuke mit Augenmigräne behandelt. Ich habe mich bei .\iigen-
är/.ten erkundigt, auch sie liezeichnen das Flimniei'scotom als eine .seltene
Mülbiatf Ob^r Hti^rSDe. 4
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Migriin«*.
Kniiiklicit. liat (iiiiezowski 76 Källi- Hcrbi'Z
in z\vi‘i .Inlircii lü ausjrcspriM-liciic miit 5 imIit 6 »wi'iiijrcr intfresNiiil«-'
Füll«*. Ol) (lii*s nur an der Urössc dcN Materials liegt, weiss ich nicht.
Weitaus ilii* meisten neueren Henhachtiiugen von Augeinnigräni' .stammen
aus Frankreich, dies und der rmstand. dass lad uns von Zeit zu Zeit
einzelne Fälle viui .Vugenniigräne als )‘t\vas seltenes he.stdiriidwn wiTden.
la.ssen verinuthen. «lass wirklich die .\uni in Deutschland seltener vor-
koiumi*. Ciiilezowski gil)t an. tiass die Angenmigräne gewöhnlich im
•Alter zwischen 30 — 60 .lahren aullri'te. also viel später als die gewöhn-
lii-h<‘ .Migiäin'. Dii'se Angahe erkläil sich daraus, dass, wie (iaiezowski
selbst .sagt, die mei.sttui Kninki'n vorher an gewöhnlicher Migrüni“ gelitten
halten, und daraus, dass lialezowski ilie symptomatischi' .Migräio' nicht
abge.s))ndeit hat.
Auch da. wo <lie tisiiclle Aura vorhaiiilen ist. hdden oO die seii.sorische
Aura und dii* Aphasie. Sehr oft fiddeii dann «lii* Vorläufer-Ki’scheinungi'ii.
.Mittim im guten Hidinden. zu jeder Stunde des Tages kann ilie Aiigeii-
migriine beginnen. Di'r Koplschmeiv, ist meist vorhanden, ist aber oft
•schwächer und ilaticH kürzer, als bei den gewöhnlichen Anfällen. Kr kann
idier auch ganz hdden und dann besteht die interessante Form der Migräne
ohne Kopfschmerz, die auss<diliesslich von der visuellen Aura gebildet
wird. I’arry und Sir <i. Airy z. H. litten an dieser Form. Ich kenne
eiiK' Dame, die bis zu ihrem 45. .lahre nie Kopfschmerz gehabt hat. id)cr
seit ili'i' Kindheit an • Flimmern > gelitten hat. I’lötzlich tullt<‘ sich ilas
ganze Oesichtsleld mit leuchtenden, zitterndim l'unkhm. die dii- Kranke
am Sehen hindeileii und nach 10 — 15 Minuten wieder viMNchwaniien.
Krst .seit dem 45. .lahre. bei übrigens ungestörter .Monalsregel. folgt dem
Flimmern halb.seitiger Kopfschmerz, iler gewöhnlich '/j — 1 Stiiudi’ anhält.
Zuweilen .soll Erbreclnm der visuellen .Aura folgen, ohne dass sich
Kopfschmi'17, gezeigt hätte.
Fiddl die vi.smdle .Aura, so kann doch ilie sensorische (mit oder
ohne .Aplmsiei dem Anfälle vorausgehen, bebert litt an dieser Form:
bepois. l’arry. biveing u. A. beschreiben .solche Fälle, auch ich
habe einige beobachtet, immerhin sind sie recht selten und bei manchen
Mcobachtungen ist die schwierige Frage, ist es noch Migräne oder schon
Epilepsie, vielleicht nicht bestinmd zu beantworten.
Die häutigste Form der iiuMillständigen Antiillc und damit der
MigräJie überhaupt, die »Migraine vulgairet, besteht aus Kopfschmerz
und Erbrisdien oder aus Kopfschmerz allein.
Es gibt aber auch Fälle, in denen der Kopfsehmei7, fehlt und das
Erbrechen die l’icce de resistance des Aidiilles bildet. Piine 53jährige
Wä.scherin. deren Mutter an gewöhnlicher Migräne gelitten hatte, war
.seit ihrem 18. .lahre erst alle vier Wochen, später alle acht Tage um
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I)(‘r Anfnil.
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fi>;»-iitliiimliclim Aiifullt'ii lifiiii;;<‘siu-ht wordi-n. Sic wurde [ilötzlicli von
Andrst erfasst, eine peiulielie Km|)tindiing zojr vom Hüeken naeli der
.Magengefjend und nacli lilii{rerein Wlirgen wurde zwei- bis dreinml »bitten-
<ialle« erbroeben. Die .Menopause war mit 4S .laliren eingetreti-n. hatte
nielits an den Annilleii geändert. Erst .seit einem Imllien .lahre waren
diese mit Kopfsehmerzen und Hitze in der Selieitelgegend verbunden.
Die Engländer spreehen in den Füllen, in denen der Kopfsehmera fehlt,
naeh .M. Hall von siek-giddiiiess. wie es scheint auch dann, wenn
eigentlk-her Sehwindi-I nicht vorlianden ist.
Anhaiigsweisr- sei noch etwas Ober die hemikraniseheii Aequi-
valente gesagt, leb bin nberz<‘ugt. dass es .solelie gebe, aber man weiss
noch recht wenig über sie unii im einzelnen Falle i.st es oft schwer zu
sagen, oh nervöse Zufiille bei .Migränekranken, ilie man als Vertreter des
Anfalles an.selien könnte, nicht eine Sache fttr sieh sind, denn die meisten
Patienten sind eben Nervöse und als solche verschii'denen Zufiillen aus-
gesetzt. Vielleicht können manche Anfälle eigenthflmlicher Magen-Darm-
störungen larvirte .Migräne sein. Wenigstens scheint dies aus einer
Heobachtung l.iveing's liervorzugehen. Ein Herr A.. ein Arzt, der aus
einer .Migränefamilit* .stammte und dessen Sohn an Augenmigiüne litt.
ei7.ählte. er habe mit 16.1ahren bei im l 'ebrigen vortretflicher (iesundheit
Anfälle eigenthüudicher .Magen.schmer/.en bekommen. Sie iH-gannen zu einer
beliebigen Stiimie. hatten keine Heziehtmg zur Diät, bestanden »in einem
aidanglich geringen, tiefsitzenden Schmerze, der in zwei bis drei Stunden
zu unerträglicber Höhe anstieg und dann wieder abnahm. Dabei bestand
Febelkeit. waren die (ilieder kalt, der Puls verlangsamt. Die .Anfälle
kehrten einige .lahre durch etwa einmal im .Monate wieder und während
der ganzen Zeit war der Puls langsamer als vorln-r und nachher. Dann
trat plötzlich ein centrales Scotoin, ilem Flimmern hdgte. auf und leitete
den ersten .Migräneaid'all ein. Seitdem litt Herr A. an Angeiimigräne.
die .Anfälle von .Magen.schmei?. aber waren verschwunden. Derselbe
Patient bekam mit 37 oder 38 .lahren nächtliche .Anfälle von (ilotli.s-
knimpf. die Liveing auch als Transformation der Migräne aiiftiisst. Naeh
diesem Autor hat schon Dr. Dwight auf den Wec-hsel von KolikanlUllen
und Migräneanfällen bei be.stimmten Kninken und auf die (ileichartigkeit
beider Anlalle in ihrer Periwiieität und in ihrem Verhalten gegen die
Theniiüe aufmerksam gemacht.
Ferner können möglic herwei.se die Migräneanfälle durch .Anfälle von
Sch winilel oder von seelischer Verstimmung (Angst. Depression mit köriwr-
lieher Schwäche u. A.) vertreten werden. Ich habe einige Keobachtiingeii
gemacht, die ich .so deuten möchte, aber sie waren nicht übei7.eugend und
ich habe auch .sonst keinen einwandfreien Fall aufgefunden. P]s dürfte sich
empfehlen, auf dii- Migräne- .Aequivalente in Zukunft sorgfältiger zu achten.
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l'ebpr Migrünc.
ti. I)io rrsiiclit‘ii des Anlalles. Wir Indjeii grselieii, dass die
Migräne (viellei<dit mit einigen Aiisimlimen) auf ererbter Anlage bi-rulit.
Wie bei allen endogenen Kninklieiten können aueb liier die versebiedensten
l'iiislände Ursaelie des Offenbarwerdens der Anlage sein. Ks i.st wohl
denkbar, da.ss es inaneluual bei der Anlage bleibe, dass trotz ihrer unter
glinstigeii Umständen das la-ben ohne Migräneanl'älle vertliesse. Solc-he
Leute wären .Migränekranke xata ouvajuv und könnten vielleieht ihre An-
lage Vererben, ubwobl sie keiniui tiebraueh von ihr genmeht haben. Wil-
dem auch sei, man wird an die Möglichkeit eines solchen Verhaltens
denken müssrm. wenn die Migräne tienenitioncn überspringt. Da kein
Menscb frei von schädlichen Kinwirkungeii bleibt, müsste bei latenter
.Migräne die ererbte Anlage eine geringe Stärke haben. Darauf, da.ss die
Migräneanlage einen verschiedenen tinid haben kann, leitet auch die
Bt'ubachtiiug. da.ss Manche von früher Kindheit an, Manche erst seit der
späteren .lugend leiden, da.ss ohne nachweisbare Unti'fschiede in der la-bens-
weise hier die Anfälle häiilig und schwer, dort selten und leicht sein
können. (Übt man die (i radunterschiede in der Anlage zu. so kann man
annehmen. da.ss der Hedeutung der AnfHllur.sachen der Urad der An-
lage umgekehrt )iroportiunal sein werde, .le stärker die Aidage ist. um
so uidiedeutendere Anlässe können Anlälle bewirken, je scbwäidier jene,
um so entschiedener werden (ielegenheitursachen gefordert. Wie nach der
einen Seite hin die L'itenz der ^Migräne ilas K.vfrem darsfellt. .so niuss es
andererseits bei maximaler Anlage trotz der normalsten Lebensführung zu
Anfällen kommen. Man wird also thatsächlich aus der Nichtigkeit der
wirksamen Anlässe auf den Orad der Anlage schliessen können. In praxi
ist freilich die Sache nicht so einiheh. weil sich noch ein dritter Factor
einschiebt, den mau das Niveau der liesnndheit nennen kann. Es kann
z. R. ein Mensch von Anfällen ganz verschont bleiben, bis er eine inl«--
tiöse K'nuikheit, etwa einen Scharlach oder einen 'ryphus. durchgemaeht
hat; von da an aber nifen Anlässe, die fi-üher unwirk.sam waren. Anfälle
henor. Oder es kommen nur .selten leichte Anfälle vor, bis eine schwere
Oebiirt das Niveau ändert; .seitdem werden die Anfälle häufig und schwer.
Wir W(*rden also ausser der angeborenen Anlage und den Ursachen der
Anfälle im engeren Sinne auch alle die Einwirkungen zu nennen haben,
die zwar nicht direct .Migräne machen, aber die Widerstand.sfilhigkeit des
Menschen gegen Schädlichkeiten herabsetzen. und es i.st vielleiclit rathsam.
mit ihnen zu beginnen.
Die schwächenden Einflüsse sind natürlich hier dieselben wie .sonst;
infectiöse Krankheiten, Intoxicationen im engeren Sinne, besonders andau-
enider Alkoholgebrauch, Traumata, Entbehrungen. U(‘heranstn-nguugen
aller Art. Zu den Anstrengungen gehören häutigi^ (iel)urten, lange laictation.
Traumata mögen nicht oft in Fragil kommen, aber (iowers erwähnt einen
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IVr Anfall.
53
k'niiikiMi mit oivrliti*r ciutiiclicr Migräne, di'r nnmitti'lljm' imcii i‘iiK*m
Sturzi- (‘iiitMi schweren Anfiill mit Hemiseotom bekam und seitdem an
Autrenmigräne litt, (bin* besunders aber sind zu neniu'ii »emdthlicUe und
intelleetuelle Anstreiigfuugeii. Jene kommen olme diese, die.se wohl kaum
ohne jene vor. Kummer. Sorgen, aidialtender Aerger einerseits. Schul-
strapazen. productive fieistesarbeiten, vi-rantwortliche Thätigkeit andererseits
machen in hohem (.iradeemptUnglicIi für die (ielegenheitursachen. »migräne-
einpthnglieh* (s. v. v.). I<di habe iui ersten Abschnitte gezeigt, dass die
Stände ziemlich gleichmässig au d(>r Migräne betheiligt sind, 'rrotzdem
gilt die ^Migräne von altersher für eine Krauktieit der (ieiste.sarbeiter und
es ist wohl an die.ser Meinung etwas. Die unteren Classen sind nicht
migränefrei, weil sie der Mehrzahl der schwächenden KinHü.s.se mehr aus-
jresetzt sind als die oberen. AlK*r innerhalb dieser scheinen wirklich die
Kopfarbeiter, die diesen Namen verdienen, besonders an Anfällen zu leiden,
lianz zweifellos ist auch der Kintiiiss der Schule. Die meisten >Schiilkopf-
schmerzen« sind wahrscheinlich wirkliche Migräne. Was wir die Schatten-
seiten der Oivilisation nennen, setzt sich zusiunmen aus allerhand (tift-
wirkungen. Aufenthalt in ge.schlossenen Räumen mit mehr oder weniger
verdorbener Luft, (iasvergirtung. Schädigung durch schlechte Nahrungs-
mittel. Alkohol. Mangel an Schlaf, üeberreizung der Sinne durch
1-ärm u. A., gemUthlieher und geistiger Ueberanstrenguug. In diesem
Sinne steht natürlich die Oivilisation unter den migiänefbrdermlen l.’m-
ständen in erster Reihe.
Zweierlei Missverständnisse sind zu vermeiden. Erst(>ns die Meinung,
die schwächenden Einflüsse seien ausreichende Ursachen der Migräne. Ich
glaube das nicht, wenigstens scheint es mir nicht bewie.sen zu sein und
ich wiederhole, dass für die weit überwiegende Mehnuihl der Migränetälle
heutzutage die ererbte .Vnlage conditio sine (jua non ist. Zweitens geht
meine Ansicht nicht dahin, dass die Trennung zwischen den fördernden
Eintlfl.s.sen und den (ielegenheitursachen streng durchzuführen sei. V'iel-
mehr sind alle das Individuum treffenden Einwirkungen (ielegenheit-
ursachen und jede voniusgehendc wirkt im Verhältnisse zur folgenden prä-
disponinuid. Durch häutige Wiederkehr wird der einfache Anstoss zum
fördernden Eijillusse unil auch die Ordnung in der Zeit kann das Ver-
hältniss ändern.
Unter den eigentlichen (ielegenheitursachen stehen, wie mir scheint,
die seelischen Anstrengungen zu oberst. Be.sond(»r.s Aerger ruft häutiir
Anfälle hervor, häufiger, als man nach den ersten Angaben der IsMiti*
denken sollte. Diese sind immer geneigt, zuerst etwas .\eusseres zu be-
schuldigen. und oft erfährt mau erst bei ilringlichem Reinigen den wahren
Siwhverhalt. Aber auch iiilellectuelle Anstrengung kann Anfälle machen.
Ich habe oft an mir (ielegenheit gehabt, zu beobachten, wie ganz ver-
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l'ilxT Mipräni'.
scliifili'ii dii' i>iiizi*liicn Tliati^kritcii wirktMi. Ki't'crii'i'ii kann ich bis in ilic
N'iicht hinein ohne Scimden. sidwild cs sich aber nni s<>lhstäiidifrc (.’oinbi-
nation und die Kassuii" eifiener (hslanki-n Imndidt. darf' ich die Arbeit
nicfil lange fortactzen. oline ttlr tien mlclislcn Tag Rlrchteii 7.11 inflsseii.
An die geistigen L'eberreiznngen schlicssen sicli die der Sinne an.
.\nlenthail in HSninen mit vielen Keiva-n. Hesneh von Theater und be-
sonders von t'oncert. .\l)cnilge.scllschallten. Volksfesten n. s. w., Alles kiuin
den Anfall henomifeii and man widss oft nicht, was dabei am meisten
»ahspaiinl«.
(ializ besonders schiidlieb ist. nicht in allen, aber in vielen Fällen
tli-r Alkohol. Viele Kranke können selbst kleine Mengen gidstiger ( ielränke
nicht vertragen, ohne am sellxm oder am nächst<-ti Tage einen Anfall zu
bekommen. Ihd einem .Vrzle. den Kiveing kannte, rief selbst der Schluck
Wein, der lM‘im .\bendmahle genossen wird, den .kid’all hervor. Hier kann
man wohl ati eine Idiosynkiusie oder an Suggestion ilenke?i. .Anden*
KTniike vermögen zwar eine Kh-itiigkeil von Wein oder Hier zu geniessen.
sidialil aber das kleine Maximum überschritten wird, ist der .Anfall da.
Ich habe meine ersten stärkeren .VntTille bekommen, als ich wähn-nd iler
Studienzadt etwa 1 .lahr lang grös.sere .Alkoladmengeii genos.sen halte,
ohm* dass ich je stark getrunken hätte, und seitdem besteht eine fitst
vollständige Intoleratiz gi'gen .Alkohol. Da iinst're ganze (ie.selligkeit auf
den Alkolnd gegründet ist und die mei.sten .socialen Beziehungen den
.Meisten ohne .Alkohol undenkbar sind, netint A. AA^illuce die Migräne
mit Recht an un.social inalady. Sie Ist es um so mehr, als viele Kranke,
ohne zu trinken, durch jede grössere lie.sellseiiatt und die von ihr untrenn-
baren Widerwärtigkeiten geschäiligt werden.
Wenn tiim auch die Umstände, wegen deren wir unseren Schlaf zu
kürzen pflegen, oll den Anfall hervorrufen. so kann man doch die Schlaf-
losigkeit nicht zu den din'cleti Ursaclnm ria-hnen. A'iele Kranke gi*ben mit Be-
stimmtheit an, dass sie fast nie nach einer .schlechten Nacht einen Anfall
bi'kommeii. aber um so ehereinen solchen erwarten können, je tiefer und länger
sie geschlafen haben. Oll nmg ja der bleierne Schlaf schon eine Aeiisserung
lies Anfalles .sein, aber man gewinnt dia-h den Eindruck, als ob besonders
während des Schlafes die inneren Umstände eintreten. die deti Anfall
aiislösen.
Körperliche Anstrengmig wird selten den .Ania.ss geben. So leicht sie
den vorhandenen Anfall verschlimmert, sie nill ihn doch nicht hervor.
VV'eim es so .s<*heint. sind meist noch andere lunstäiide im Spiele. Er-
hitzung des Kopfes durch Sonnenstrahlen. ( 'ongestionen durch die .An-
slrengimg laler sonst etwas. Anstrengende Thätigkeit im Freien wirkt
sogar meist günstig. .Manche halicn während ihrer .Mililärzeit gar keine .Anßlle.
Ein Handwerker, der an schwerer Migräne litt, sagte mir. dass er während
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Ii»T Antal].
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iliT U'iiii(li'rsi-Iml> jraiiz Irci frowcsi'ii sei. Dicji-iiiiri-n. ili-m-n ihr nmiiili.sches
(ii‘lhlil iiiclit (iii> Tlicilimhmf an .lajunlini viTli*i<li*t. tillilcii sich wahrcml
der .lajrdzcit oft fraiiz frei von Anliillcii.
(icschli'chtliclip rclM-ninstrcnjruii^ jrdiört zweifellos zu den (ieh'oeii-
heiinrsachen. Pelierniässijre Wärme, sowidd ilen Kopf treftende Soimeii-
stndileii, als stnddende Ofeiiwäriiie. kann, he.sonders wenn iler ^lensch
an sie noch nicht •rewdhnt ist. schädlich wirken.
Sehr nberschätzt worden sind .Ma<ren-narnistönnijren. Wie viele
alte .\erzte meinten, die .Mitrräne }rehe vom Maxell ans. weil die
Kranken rchelkeit emptiiiden und erbrechen, so kommen noch jetzt viele
Kranke halb nnwillkilriich zu dem Schlüsse: Der Mairen ist nicht in
t trclnune. foljrlich muss ich mir den Maaren verdorla'ii hahen. Man muss
ilaher den Behauptungen der Kranken {regrenflher recht vorsichtig sein.
Immerhin gibt es intelligeide Deute, die mit Zuversicht angeben. dass
bestimmte Speisen den Anfall hervorrufen. .Meist hamlelt <“s sich um fette
SjH'isen. fettes Schweimdleisch u. «Igl. Hie und da mag widd das Kkel-
geftthl eine Rolle spielen. Killer meiner Knmken belmupNde steif und fest,
das schlimmste .sei fttr ihn kaltes Hier. Wir begegnim hier wieder iler
'riiatsache. dass Viele eine .\ii von Idiosniknisie haben: bestimmte l’ni-
'tände. die auf Amh-re gar keine Wirkung hahen. nileii ihnen einen
.\nfall hervor. Ks ist wahrscheinlich. da.ss oft suggestive Kiiit1n.s.se ins
Spiel kuniinen. Von .Manchi'ii wird auch Verstopfung als .\nla.ss genannt.
Soviel ist wohl .sichi'r, dass, wenn Verstopfung bestidit, leichter .\nlillle
eintreten als sonst, während sie bei Durchfall selten sind.
Die Bedeutung der .Monatsregel ist ebenfalls nbeilriebeii worden.
Ks ist ja richtig, dass hei vielen Frauen di<‘ Anlälle zur Zeit der R<‘gel
aiiftreten. wie äleu-haiipt nervöse Znlalle diese Zeit hevoraugen. Aber es
gibt auch viele Knmen, hei denen gar keine Beziehung zwischen der
Kegel und den .Anfiilleii hesteht. I'ebrigeiis kann <ler Anfall vor. während
oder nach der Blutung auftreten. Dass ein Zusammenhang zwischen Kr-
kraiikiingmi der tieschh'chtstheile und ilen .Vntällen bestünde, wird durch
nichts bewiesen; iiatnrlich aber können diese wie andere Krkrankungen
die Migi-öiie-KniplUnglichkeit stiugern. Bemerkenswert h ist. dass zuweilen
(nii'ht immeri die .Viitälle während der Schwangi-rschaft fehlen, und zwar
sowohl hei Frauen, die ihre .\nfälle mit iler Regel zusammen haben, als
hei anderen. Vor einer Reihe von .lahreii spiidteii die Krkrankungen der
Nase eine grossi' Rolle und als die durch Hack entfesselte Fhith am
höchsten stieg, schien die .Migräne ein Knecht der Na.se geworden zu
sein. .AIhnählich haben sich die (iemtither wieder heriihigt. die durch das
Na.seiibrenneii geheilten -Migränekraiikeii haben ihre Antalle wieder hi*-
kommeii und die Aerzte haben eingesehen, dass die Schwellung iler Schleim-
haut der unteren Nasemniisehel und ähnliche Dinge sich doch mit der
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I Migi üni’.
Sicllniii' <*iiu*s AjftMit pr()voca(ciir l)ciriiil<r(‘ii iniisspii. Wahrschcinlicli siiul
ilaiiiiils aiicli vii'la Siiriik(>]ifs(-limei'Zfii. dio wirklich Folgen der Naseii-
erkrankiing sind and gewühnlich durch dodkaliuin beseitigt werden können,
liilschlieh Mifrräne genannt worden.
N'euerdings lierrselit in Amerika eine Epidemie, bei der die Be-
lalleiien alle möglichen neiTösfui Znlalle auf Fehler der Kelniction de>
■Vnges zurlleklithren. Besonders die Migräne gehört zu den durch diese
Theorie erklärten ZntUllen. Hier handelt es sich nicht einmal um eine
(ielc'genheitnrsjiche. .sondern nur um einen Einfall.
Pnne ganze Heilte von l'mständen wird nmdi zu den Oelegenheii-
nrsachen jrezählt. Die meisten konuneii nur ausnnhmeweise in Btdraeht.
Kelativ häutig siinl die l’ersonen. die das Fahren nicht vertnigen können.
Nicht immer handelt es sich dann um lüiieii ecliten Migräneanfall, zu-
weilen tritt nur ein der Seekrankheit ähnlicher Zustand ein. der aufhöil.
sobald der Wagen verlassen wird. Die Einen können längere.s Ftdiren
liberhaupt nicht aushalten, Andere vertragen nur dius Htickwärt-ssifzen
dabei nicht. Besonders in älteren Schriften wird auch dtws Fasten
als .\nlass genannt. Ich muss .sagen, da.ss ich noch keinen .Migräne-
kranken ge.seheii habe, der gefastet hätte. Doch habe ich gtdlört, dass
manche .luden am Versöhnungstage niclit fasten können, weil sie Kopf-
schmerz und Erbrechen bekomini-n. Ferner ist der zahlreichen Idio.syn-
krasien zu gedenken. Di'r Eine kann diesen oder jenen (ierucli nicht
vertragen: Labarratjue erzählt von einem Arzte. <ler bei jeder Section
einen Anfall bekam, ich haln- von einem Anderen geliört. bei dem der
tieruch iles Tabakrauches ,\nla.ss war. Manche reagiren auf bestimmte
Medicamente mit Anfällen, u. A. in.
Kranke, die eine visuelle Auni haben, sind nicht selten gegen Bleii-
ilung sehr emptindlich. Manz liat neuerdings wieder darauf aufmerksam
gemacht. Er berichtet z. B., dass er das Flimmerscotom durch liehen neben
einem Staket enzaune. durch den die Sonne .schien, durch zufälliges Erblicken
des Spiegelbildes der Sontie u. A. bekommen habe. Dabei sei gleich
bemerkt, da.ss .Manz wiederholt das Flimmeni durch Druck auf das Auire
aufhören machen konnte.
Endlich sind Wetter und Klima zu erwähnen. Seit l.epois spielen beide
eitle. Kolli“, es ist aber schwer, etwas Zuverlässiges darüber zu sagen. Sehr glaiil)-
haft scheint die Aussage Eebert'szu sein, dass der Föhnwind Anfälle hervor-
rufen könne. Es stimmt das mit dem überein, was wir sonst über den Föhn
hören. Manche Kranke beschuldigen (iewitter oder fiewitterslflrme. manche
windiges Wetter oder Wettenimschläire überhaupt. Dies tliiit z. B. Airy. Dass
das Klima auf die Häuli>ikeit und die Schwere der Anfälle Einthiss habe, halte
ich für nnzweifelliaft. Nur gehört cs mehr unter die präilispoiiireiiden rm-
stände. Es ist .schwer, zu sagen, was dabei das Wirksame sei. Z. B. scheint das
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Ikt Anfull.
r>7
»Klimn« in licipzig Ulli’ Mifrränpkranke ivclil ungHiistig zu st'iii. ilcnn icli
liitl»e «ft goliört, da-ss die Einginvandcrieii ilber vermelirti* Anftille klagcti
und dass die, dii? iiaeh einer anderen grossiui Stadt. (‘Iwa Dresden «der
Derlin. verzogen waren, sieli dort besser fühlten. Dass der liarometerstand
keine Kolle spiele, selieint mir sieher zu sein, denn liie Höhenlage hat
gewöhnlich gar keinen Kintlu.ss. Damit ist nicht gesagt, dass nicht be-
trächtliche Driickschwankuiigeii, wie Versetzung in ilas Hochgeliirge von
Hedeutung sein sollten. Kinmal habe ich es erlebt, da.ss ein Kranker,
der einen etwa 1400 m hoch gelegenen (.'urort aufgesucht hatte, dort so
häutige und schwere Antalle bekam, dass er nicht bleiben konnte. .\uf
die günstige Wirkung des Klinmwech.sels ist bei tler Hehandlung iuk-Ii
zurückzukommen.
Schliesslich seien die Angalnm Synuind's über die Anfallsursaclii'ii
(nach Liveing) wiedergegeben. Von 90 Kranken nannten 53 GeniOths-
bewegtmgen unter den (ielegenheitursachen; nur 19 bezogen sich auf
Diätfehler, während R2 die Hedeutung der Diät leugneten; 12 meinten,
der Zustand des Darmes sei von Eintluss, 54 Iciigneten es; von 76 Weibern
meinft-n 35. die Antiille hingen mit der Moimtsregel zu.sammen: Er-
müdung nannten 32 als Anliuss. Wetterverhältni.s.se 48.
ln der Kegel liat jeder Kranke .seine bestimmte (irappe von (ielegen-
heitursachen, die er mit der Zeit kennen und, soweit es möglich ist.
V(‘rmeiden lernt. AendtU’t sich das Niveau der (icsundheit. so können
neue Anstösse zu den alten hinzutreten, oder manche der letzteren iin-
wirksiim werden.
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III. Der Verlauf der Krankheit.
Man imiss iinti>rscli*‘i( 1 i>n ili-m tlmt.siU’lilicliiMi iiinl (l<‘in
idi-alen Vi-iiaufe iler .Mi<rr!inc‘. rnlcr Ii>t 7 .tt‘rcin verstelle ieli ilen Verlaul’.
wie er sieli (larstellen w ürde, wenn bei einem vollständifi: imrnmien la-ben
mir die Wirkmifjen der angeborenen .Anlage 7.11 Tage kännm. Krankheiten.
Anstn-ngiingen. Kntbehriingeli and alle die als (telegeiilieiliii'saehen bezeieh-
iieten KintlOss«* bringen allerhand Abwidehimgim hervor und lassim uns
den idealen Verlauf mir enathen.
Wahrseln'iiilieh würde, wenn die ( i(‘legenheiliirsaehen wi'gtieleii.
ein gross(»r Theil aller .Migränefillle unerkannt bleiben, es würde bei
geringer Stärke der .Anlage die liemikraliisehe A'eräiideriilig kinne Sym-
liimiie veriirsaehen. Man kiAiinte nun aiimdimeii. di(‘si> Vehindening sei
nur eine Schwäche d(>s Hehinis. die ohne .An.stoss von aussen gleichtnä.ssig
fortbestünde. Die Ki'obacbliing der schweren Fälle aber belehn uns eines
.Andi’ren. Ist nämlich die Anlage von vornelu-nun stark entwickelt, lalei
ist sie durch schwächende Kintlüsse gesteig(‘rt wordmi. so (‘rkenneii wir.
dass eine Xeigung zur mehr (sler weniger regelmässigen AViedi'rkehr der
.Atilalle vorhauibm ist. .Aus der iH-riiali.sclien Wiederholung der Anfälle
ist zu schliivsseii. dass die hemikmnische Verämb-niiig nicht ein nilnuides
Da.sein hat. da.ss viidmebr in ihr selb.st A'orgäiige ablaufen, die (*inem
Wachsen und Abiiehinim enlspivclien. Dies stimmt ziisammen mit dem
Verhältnis.se 7 .wi.schen ( ielegenh(>itiirsache und .Anfall. Hin .solcher gleicht
nicht einer Hcwegiing. deren .Viismaass und Dauer der (!r("is.se des .Anstos.si‘s
cnts|iiüchen. soiidt-rn einer von aiidenviMtigeii Kräften geregelten Be-
wegung. die durch den .Aiistoss nur ausgelost wird mul nach ihm gimiäss
ihrer Hegel abläuft. Schon hier drängt sich der A’m'gieich mit eiiu*r
Kvplosion auf: die vorhandenen S|iannkräfte bedürfim nur (‘iner auslosen-
den Hew(“giing und der Krfolg steht zu die.s(>r nicht in genidmn A'erhült-
nisse. So treibt auch d(‘r |ieri(Mli.sclie Verlauf der Migräne zu der Aleinung,
dass beim .Aligränckraiiken (‘in explosiver Stoff gi'bildet werde und dass
dann, wenn eine g(>wisse .Ahmge des Stotfes sich ang(‘sammelt hat. di(‘
Fxplosion durch dii‘ plivsiologisclu-n A'orgänge au.sgeliist W(‘rde. Damit
lässt sich di(‘ Thatsache vereinigen, dass die AVirksimkeil der tielegenbcit-
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l)iT Vcrliiiif ili-r Krankhi'it.
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nrsai-hcli liirlit "li'iclimiissii; ist. soihIitii diivmi alihäiigt, ot) iliriT Kiii-
wirkiiiig i‘iii Anfall kur/ vorlicr vonmsircffanfri'ii ist (»il(>r nirlit. Viole
Kninko liürfcn sicli in der ersten Zeit nacli einem Anfälle zieinlieh viel
'/nnnitlieti, können sieh miirestraft den sonst iretUhrliehen Sehiidliclikeiten
anssetzen, während niieh Verlauf eitler ^'wissen Zeit die «;erin<rsfe Sehäd-
liehkeit hintvieht. iiiti deti Anfall an.sznlö.sen.
Itie l’erimlieität der .Mifrrätie ist fast tiie strenif dnreh;.odiHht1. linmer-
hin ftiht es viele Kranke, die wenig.stens während eines Ah.sehnittes ihres
la'lams ziemlich regehnü.ssig wiederkehrende Antälle haheii. Kiveing gibt
an. <ln.ss von 43 Kranken 3.ö die.ser Art waren; hei 9 kehilen die Atdalle
alle 14 Tage, hei 12 alle .Monati-. hei 7 alle 2 oder 3 Monate wiisler.
Die mei.sten Autoren, unter ihnen sehon Tissot, stigen. vier- oder zwei-
wöehige l’eriodi-n seieti am häutigsten. Xatlirlieh sintI viele Fälle mit
vierwöehigen Perioden .solehi- hei Krauim. in ilenen der .\nfall mit der
Kegel zusaminenlitllt. .ledoeh gibt es atieh Männer mit vierwöehigen
PeriiKleii. S(i|tener .sind sehr latige Perioden (6 — 4 — 2 Antälle im .lahre)
und sehr kui7j‘ Perioden (1 — 2 — 3 -Antälle iti derAVoehe). Bei deti sehr
kurzen Periodeti hatideh es sieh gewöhnlieh um vorübergehende Zustände,
die einer Stuikung des Niveaus der (iesundhiut entspreehen utid einen
l ehergang zu den gehäullen Antallen. beziehungsweise dem Status heini-
eranietis bilden ivgl. p. 45). Bemerkenswert h ist. da.ss in periodi.sehen
Fällen der Anfall danti. wenn er länger als gewöhnlich ausgebliehen ist.
l)i‘sonders schwer zu .sein pflegt. Eine Kranke Liveing's sagte, sie müsse
ein bestimmtes Quantum voti Eeiden durchnmehen. werde es nicht in der
gewöhnlichen Weise getheilt. .so bekomme sie es auf einmal zu ko.sten.
Am häuligsteti ist Periodiidtät lau der svulgäreii Migränec. Die .seltenen
vollständigen Antälle treten meist tiiit langen unregelmässigen Zwischen-
zeihui auf. währetid kleine Anfälle dazwisclieti verstreut sind.
Fasst mati ilas ganze ladien ins Auge, .so dürfte wohl die Kegi-I
die sein, dass die Migräne in der Kindheit laler .lugend mit relativ selteneti
utid leichten Aiifälleti beginnt, dass währiuid der Blüthezeit. als wälmuid
deren das Leben am utiruhigsten ist. die .Antälle häutiger utid schwerer
werden, heziehiingsweise mit au.sgesproehener Periodicität auftretiui. dass
endlich mit dem Sinken der la'benskraft auch dii‘ Krankheit ihre Kraft
verliert mal sich nur noch wenig bemerklich macht laler gatiz erlisclit.
Zahlreiche Schwankungen können auch bei einem solcheti Verlaufe vor-
kotnmen. jahrelange Verschlitumeruiigen oder steile .Anstiege, lättgere
Ziuteii relativen Freiseitis von Anfällen.
Der rmstand verdient madi hesotidiw Erwähnung, dass ähnlich wie
die Schwanger.schaft (dt eine ernsthafte Krankheit die Migräne vertreilit.
dass di('s»> sich nicht hemerklich macht, solange jene herrscht. Die Sache
wiir si-hon deti alleti Aerzlen bekannt und so erklärt sieh wohl die von
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60 I Miicräno.
Tissut II. A. iiiisjrcspriM-hciic Mcimmjr, ps sp‘i ^plälirlii-li. «Üp Migräiip zu
vprtrpibpii. RpMiiiilprs wprtlpii lipispiplp aiigpfliliit von Pu'sptzung iIpf Migräne
(lurcli die (iicht und iluivli die Kjiilepsie. In letzterpin Falle soll es .sieh
liei Kranken, die sowohl an .Migiiine als an Epilejisie litten, so verludteii
hahen. da.ss zeitwei.se nur epileptiselie, zeitweise nur migränöse Anlulle
vorkanien. leh halie zweimal hei .seit di*r Kindheit be.stehender .Migräne
beobaehtet. dass die Anfälle ausblieben, als eine Tala-s sieh entwickelte.
Aehnliehes mag wohl öfter sieh ereignen.
Es ist nalürlieh schwer, etwas Zuverlässiges Ober di-ii Verlauf eini'r
Krankheit zu sagen, ilie sieh Ober den grösseren Theil des Eebens er-
streckt. denn die Hisibaehlnng des Arates ist iingenOgeiid und den Angaben
der Kranken muss man mit Vorsicht begegnen. Daher gehen die meisten
Autoren Ober die Frage des fiesammtverlaiifes ziemlich rasch weg. AImt
fa.st Alle stimmen darin (Iberein. dass die Menopause Hube zu bringen
ptlege. eine trostreiche -Meinung, die die Eeidenden oft selb.st hegen. Nim
ist es gewiss richtig, da.ss es sich zuweilen so verhält und ich habe selbst
Frauen gekannt, die seit der .Meno|iaiise ganz frei von .Anfällen waren.
Aber es scheint mir, dass die wohlthätige Kedeiitiing der .Menopause doch
oft flber.schätzt werde. Erstens ist wohl weniger das Aiifhöreii der Monat*-
regel von AViclitigki-it als der lii‘ginn des Seiiiimi. denn iiiicli bei .Männern
lassen die Anliille oft nach, wenn etwa nO .lahre ziirfickgelegt sind. Sie
dann ist die Zeit des Klimakterium nicht selten geradezu mit einer Ver-
schlimmerung der .Migräne verbunden, derart, dass die Anfiille häufiger
Werden, oder dass sie ihre Art zum Sidilimnieren viuändern.
Die interessanteste und wichtigste Frage ist die. ob die .Migräne sich
zu anderen schwereren Krankheiten iimwandeln könne, beziehungsweise
ob durch die Wiederhohitig der Anfallt“ es zu groben Verätideruiigen des
(icbinis kommen könne. Hier stehen sich die Ansichten ziemlich .schroff
gegenüber. Die gewöhnliche .Meinung Lst die. da.ss die Migräne zwar ein
peinliches, aber ein imbedenklicbes U-ideii sei, dass sie das Leben ver-
bittern. aber nicbt abkOm-n könne. Dagegen hat tieiierdings besonders
L'liarcot's Schule die Gefiihrliclikeit der .Aiigenmigrätie, haiipt.sächlich der
-Migraine o|dithaiini(|iie associee. betont; dauernde Hemiplegie, daiieriide
Aphasie, dauernde Amaurose sollen den .Anftillen folgen köiitieti. Noch
grös.sere Bedeutung bat der l'ebergang der .Migräne iti Epilepsie. Schon
I’arry bat gesagt, die Aligräne .sei zuweilen nur der Vorläufer di“r Ejii-
lepsie. Auch Liveing, (iowers ii. A. halten nicbt nur .Migräne und
Epilepsie für nabe verwandt, .sondern glauben aiicb. da.ss die eine in die
andere Obergeben könne. Liveing zählt noch eine Reihe anderer Traiis-
formatiotieti auf.
Hei der \V ichtigkeit und Schwierigkeit des fiegenstaiide' tiiiiss ich
etwas näher darauf eingeiien.
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liir Verlaut der Krankheit.
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Zutuiflist ist '/.II litifri'ii, ob wirklich durch die .Mifrriiiit* Hlutuii;r,.||
islcr Krwidtdiiiiipi'ii iiii (itdiirii vcnirsncht wi'rdi'ii ki'iiiiicii, ilercii Ausdruck
.Monoi>lc{(ie, Hciiiiplcfric, Hcmiiinopsic wäre. .Mau muss da Zweierlei unter-
scheiileti. Kinmal iiämlieh könnten dun h die Anlalle mit der Zeit die
tiehirngelas.se (Mh>r einige Uehinigeläs,se entarten, so da.ss dann irgendein
Anstoss eine Zerrei.ssung oder Verschliessung des kranken (iettis.ses bewirkt,
t hier aber dt*r Anfall selbst- könnte, ohne da.ss vorher .scheut HetiLsseiitartung
bcstlinde, zu zerstörenden Vorgängen fuhren.
Wenn wir die erstgenannte .Möglichkeit ins Auge lassen, so ergibt
'ii-li sofort, da.ss gros.s<e diagnostische Schwierigkidten vorliegiui. Kr.steiis
kann t‘s sich liberhaupt um nur .syinptoniatisehe .Migräne handeln, d. h.
lim eine grobe Oehirn<*rkrankung. zu deren ersten Zrüchen Migräiusinftille
gidiören. Solche Fälle sind erst bei di-r Diagnosi* der .Migräne genauer zu
besprechen. .Man wird fordern müssen, da.ssziir Kntscheidtingderhiererörh'rnui
Frage nur zweifellose Fälle heningezogeu werden, in d(*neii die .Migräne
seit (h>r Kindheit oder .lugend besteht und womöglich anch die Vererbung
nachgewiesen ist. Bei den älteren Beobachtungen fehlen aber oft genauere
.\ngaben und cs ist dann zweifelhaft, ob die Krankheit .Migräne taler nur
symptomatische .MigräneanläHe bestiinden haben. Fenier gehört .sowohl die
.Migräiu! als die Entartung der fielt irngefä-sse 'zu den sehr häutigen
Krankheiten, unil man darf sich nicht wundern, wenn beide bei demselben
Kranken vorkoinmen. Besonders dann, wenn es sich um ältere Leute oder
um solche, die Syphilis gehabt habiui. handelt, wird tler Einwurf, beide
Krankheiten seien von einander unabhängig, nicht leicht zurückgewiesen
werden köimen. Auch dann, wenn derliisult w-ährend eines Migränejinfallt>s oder
bald nach einem solchen eintritt, verliert der Einwurf seine Kraft nicht,
denn ein Migräuetinfall gehört sicher zu den Anstössen, die bei kranken
t'ehirngeta.s.sen zum Insulte ftlhren köimen. Dann etwa, wenn die .Migräin*-
.symptome, be.sonders ilie .\uni, immer (“inseitig gewesen wären und die
lAhmung dieselbe Seite befiele, wünh“ die Wahrscheinlichkeit eiiu's
ur.sächlich(“ii Ziisaminenhanges wachsen.
Von vorneherein hat die Mi'inting, häutige Migräiieantiille könnten
zur Entartung der (iehinigtdasse ftlhren. nianclies für sich, wi'iiigstens
dann, wenn man mehr an eine Beförderung jener Entartung als an die
Ihdle einer Causa surticiens denkt. Zweifellos gibt (>s viele Migräiiekr.inke,
auch .solche mit sttu'ki'ii (iefä.ssverändeningt“n im .\nfalle, die bei im
übrigen guter (ir'suiidheit ein hohes .Vltcr erreichen. Ich bniiiche nur an
Diibois-Bey mond 'zu erinnern. .\ber es spricht doch manches dafür, da.ss
die ^ligräncantlille sichtbare Verändening(“n hinterlass(*n können. Ich habe
nur zwi‘inial bei Kranken, die ich ihrer .Migräne w(“g(“ii behandelt hatte,
einen Sectionsbericht erlangen können. Die eine Kninke hatte .seit der
•lugend an gewöhnlicher, aber heftiger .Migräne g(“litten, bis mit 50 .lahren,
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62
I VImt .Migrani'.
l)i‘i (ll•lll Kintritti' der MHio|miisf. dit- Aiiliilic üufliiirti'ii: >ii- siarli mit
67 .lalircii iiai-li vifnv<Vliifr<*r Kraiikliidt. unter Ersclifiimiifrcii. dii* aiiC idiif
nieniii<reale Blulmifr deuteten: Itei der Beelutn wiirile eine l’aeliyineningitis
Fmeniorrliatriea trefiiiideu: von Alk(diolisinus war in diesem Falle >rar keim-
Rede. Die andere Kranke hatte elieiifalls eine oewölildielie Migiilne «rehalil.
war in geistijrer Hiiisieht eine DegenenV gewesi-ii und starh mit 70 .lalireii
an Herzliili mutig: itn Seetionsheriehte hei.s.st es: »Der knöcherne Schädel
auf der AusseiiHäche des rechten Stiridieines einen Hach vornigemleii.
glatten, runden, id’enniggro.s.sen KiuM-liemiuswuchs; die Stelle der ver-
knia-herteii Nähte ist durch Venlickuno des Knochens in (ieshilt tlacher
Wülste angiHleutet: im rehrigeii sind die KiUH'hen des Schädeldaches
dünn und blutreich: riii' harte Hirnhaut haftet der Schädelinnentläclie fest
an. diese ist. namentlich an beiden Stindieitieii. durch zahircdche kleine
Knochenauswüchse von der Form scharfer zaekiger l-eisten oder einzelner,
bis O’öcm hoher Siiitzen muh. die ( ielassfurchen sind tief einge.schnitteii« :
im rebrigen wurden Schwuml der Hirnwindungen, starke Atheromatose
aller (iehiniarterien. eine kleine Cvsb- an dertirenze des linken Siddiügels
und Atheromalose der (.'oronararterien gefunden. Auch in einem weiteren
Falle von .Migräne, den ich nicht .selbst beobachbd habe, hat man laut
mündlicher .Mitlheilung spitze Exosbisen an der Innentläche des Schädel-
daches gefunden. Ferner sagt Dailemand. bei nudinuen Kranken, die au
liailnäckigen Kopfschmerzen gelitten hätten mul stets lür .Migräneiiatienteu
gehalten worden wären. Iialie man nach dimi Tipde saillies epinetises ä
rinterieiir ilu ciiine gefmicleii. Es hätte natürlich keinen Sinn, in den
Kxosto.sen tlie I r-sache di*r .Migräm- zu sehen, wohl aluT kann man sich
denken, dass durch die Anfälle sowohl ilie Exostosen, als andiue degeiu-rative
Verändenmgen in der Schädelhöhle bewirkt werden können.
Die um dim .\iitoren mitgetluulten Einzellusdiachtungen sind tneist
idcht recht übei7.eugend. Anilral eraählt von einem 29jährigtm .Manne,
der seit dem IS. .lahre an Aidäilen von heftigem Kopfschmerae mit
Erbrechen litt, in den Zwisclumzeiten ganz ge.sund war: ein .lahr vor dem
'l’ode wurde der Kopfschnu-rz beständig, es traten Krämpfe auf. ilie in
ilim .\rmen begannen mul nach dem TimIi* wurden Hypcrtniphie und
\'erhärtung der (iehirnhemisphäreii gidumhm. l’arrv .starb an einer tii--
hirnkninkheit. naclidimi er jahrelang au .\phasie mul .Vgraphie gelittim
hatte. Auch Wollaston starb an einer (bdiirnkninkheit. Trousseau
berichtet über einen Herrn, der bis zum 46. .lahn- an sehr heftiger
.MigräiU“ gelitten hatte: dann hatte diese aufgehört mul waren (üchtanlTdle
eingetretiMi: Imlil aber begannen Anlälle. in denen dem Kranken die Sinno
schwamlen. Schwere der rechten Hand und apluitischc Erscheinungen
sich zeigten: später kam i‘in .schwerer Insult, der rechtseitige Hemiplegie
mit .\phasie hinterlie.ss. Der von Liveing l■l•wähtde .\i7,t. iler gar keinen
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liiT Vi-rlaiif (liT Krunkiii'il.
t)3
Wein vcrtiiijr«'!! koiiiiN". viTl»r seine Mifrräiie iiiil 50 •Inhreii. nlier iin ilire
Stelle tnit Tie ilokiureiix lind iliin folfrten iijMijilektiselie Insulte, deren einer
den Kninkeii tiidtete.
Kille Keolmelllling. die grösseres (iewiellt hilt. rührt von H. ülipen-
lieiin (1890l Iler. Eine Knm. die seit der Kindheit an Mi":rüne litt, hekam
1874. bald nneh ihrer Verheiratung', zum ersten .Male naeh einem .Vnfalle
eine ii|ihutisehe Spraehstorun<r. die 24 Stunden atihielt. Aehtiliehe Zntulle
traten später noeh viermal ein. Iler Kopfsi-hmerz war meist link>. Am
27. November 1889 wunle die Kranke reehtseitifr jrelähmt und aphatiseh.
Im neeetnber fand fliipeii heim l’ainphasie. Worttaubheit, reeht.seiiioe
l'arese, grosse hut1e Stntma, vertuehrte I'itlsfreipteiiz (129 i. Im .laimar
.starl» die Kranke, ln der Carotis int. sin. fand sieh ein ziemlieh li-ster
Thromlms voti blas.sem Aitsselu-n. Die (ieliirii Windungen in der l'itigebiing
der Fos.sa Svlvii waren eingesunken und erweieht, die In.sel. die innere
Kap.sel. Linsen- und Streifenkern fast ganz zi'rstört. In der verstopften
Carotis und in der .\orta war nur geringe Kndaiteriitis vorhatideti.'l
Vielleieht könnte man der Saehe. ausser dureh Einzelbeobaehtungeii.
dadureh näher treten, dass man iLis Sidiiek.sal einer grö.s.seren Zahl von
Migränekrankeii verfolgte. Der Kinzehie kann dies kattm aiisfilhreti.
aber man könnte in 'grossen Krankenhüu.sern leieht zu einer Statistik
kommen, wenn mati bei der Anatnne.si' auf das Vorkointneti der .Migräne
aehtote und datin die Tialesart. bezieliungswei.se diui SeetionsbefumI notirte.
So wahrscheinlieh mir es erscheint, dass häutigi- und .schwere
.Migi'äneanfälle sichtbare Verändeningeii in der Sehädelhöhle hinterlassen,
da.ss sie die Eutwiekluiig der (iefa.s.selitartung befiirderii ittid dadureh das
la-beii abkürzen können, so wenig will es mir einleuehten. dass der einzelne
.\nfall grob(> Verätideriingeti bewirken könnte. Chareot meinte, es bestehe
im Anfälle Krampf der Arterien uttd es könne, wenn dieser lange anlmlte,
eine Nekrose der der Hlutznfuhr beraubteti Hinitheile eintreten. Erstetis
ist es gänzlieh unbewiesen. Ja utiwahrseheinlieh. dass iin .\nfalle und
b.'souders bei der sensoriselien Aura, an die Chareot ziinäelist dachte,
eiti .\rterienkrampf bestehe. Sodann ist überhaupt noeh in keinem Falle
irgend einer .\|1 dargethaii wordeti. dass (iehirnerweichung dureh .VUerien-
inilicrt r>r>v:iliiit o\nv Ht^iliuchtiin^ ilrr in DiniMii Kall»* V4»n KliiuiiM'i'
Hciftoiii (\VHtD im 0»M-i|»itallKj»|«*n ifPhmHc-n haiK*. Die ArlMMt II aalt h ist mir nicht
/ngünjtiich: wird sich wohl iiiii symptomatischo Mi^rünt* ^ehaiidt'U hahen. ln'Icj;;:cntli< h
Hndct man Krankengeschichten, in denen erwähnt wird, dass «Icr Knink«* au«*h an Migräne
litt, und denen ein SeetinnslMThdit fnigt. Freilich ld«‘il»t «dl unklar, wie tlie etwa vi»r-
handenen Veränderungen im Schädel zu deuten sind. X. H. theilt Oilles de la
Toiirette (Nmiv. h-emogr. de la Salpetriere. VII, 1. 1894) einen Fall von Paget s
Krankheit mit. IHt Patient hatte Z<*it seinc.s |j<*ln'ns an schwerer Migräne gelitten. .Man
länd die Itiira stark V4*rdi»*kt und an V(‘r«chi<tlent‘n Stelltm mit dem Schädel verwaclisen.
Im l ehrigen he^ianden in der Sdiädelhohle keim* makroskopischen Veränderungen.
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(■.■Iht Mijrhini».
kramiil' entstellt', so lieliebt aueli ileniilijre Hy|iotliesen l'riilier in inetlieiniselieii
Scliuleii waren. Kmllieli lintie ieli nirfremls eine Beobaelitnug, aus der sieh
ergfihe. ilass hei Mirher gesundem (iehirne und gesunden Hlutgeiasseii iler
Migräneanrall die in Hede stehende sehreeklielie Wirkung gelialit hätte.*)
Von grossen Seliwierigkeiteii ist die Frage naeh dem Verhältnisse
zwiselien -Migräne mul E|iilepsie umgehen. Heide Krankheiten haheu
gro.sse .\ehiiliehkeit miteinander. I)ie Migräne ist nahezu immer ererbt,
hei Kpilepsie leiden wetiigsteiis oft .Xiigeliürige an der gleielieii Krankheit.
Heide beginnen gewöhnlieh in der Kindheit. Beide geben sieh diireh
.ViilUlle mit Tendenz zur IVritaiieität kund. Heitler .Xiiliille werden dnreh
iingelähr dieselben (ielegetiheitursaeheii hervorgenifen. Hier wie ilort
gehen Vorläufer mul .Xnni voraus, wechseln vollständige mit unvoll-
stäudigen Aidiillen. kommen gehäulte AntUlle vor n. s. w. ln beiden
Fällen muss das Wesentliehe iler Krankheit eine dauertide Veränderung
im (tehirn .sein mul in beiden wis.seii wir tlber tliest' gleich wenig. .Man
kann sieh vorstellen, ilie (Qualität iler migränöseii Veränderung sei von der
iler epileptiseheii nicht verschieden, der l'utersehied liege nur in Ort und
Au.sdehnmig. Wäre es so. so wilrtle Weiler das Zii.sammenbe.stehen heitler
Formen, noch ilas L’ebergehen iler einen in die andere (Ibemischen. Es
kann aber auch anders sein, bei unserer Unwissenheit haben die Hypo-
thesen freies Spiel. Wir mnsseii uns daher mit dem begntigen. was ilie
klinische Erfalming lehrt. Zunächst deutet das Vorkommen von Migräne
bei den Verwandten der Kpileiitisehen. das Fe re s Statistik (p. 16) ilar-
zutiiun scheint, auf einen inneren Zusammenhang. Sodann mangelt es
nicht an Fällen, in dent'ii beiile Krankheilen bei ileniselbeti .Menseheii
bestanden mul dii' bewährtesten Autoren zweifeln nicht ilnrun. da.ss aus
iler .Migräne Kpilepsie werden könne. I.iveing lithrt einige solche Fälle
an. Kille :57jährige Frau, deren Hruder mul Schwester epileptisch .sein
sollten, litt seit dem 12. .Iahte an gewöhnlieher .Migräne (sick-headaehel
Nur zuweilen war eine \isuelle oder eine sen.sorisehe Aura vorau.s-
gegangen. Seit zwei .labri'ii hatten die .Migräneantälle aufgehört und
waren epileptische .Xnlälle aiifgetreten, die, wie frdher jene, iiiei.st
die Monatsregel bi'gleiteten. Eine andere Kranke, die seit dein
15. .lahre an Migräne litt, hatte mit 29 .lahren zwei epileptische
‘) Fr an/.ieiMbt' Autorin li'gin viel (leniehl auf eine lleoliuelitiing Oalezowki s.
Kill Kranker, iler an lielliiier AuKeniiiigräne litt iiml liei ileiii lialer.invski währeml
ilee .Vnlnlles /.iierst nur Anämie der l’a|iille gefiinilen liatte, Miel, naeli einem .Vnfalle
auf dem .\iige der l.efallenen Seite Minil. Oalezoiwki eniilei'kle nun eine Tlirunileuie
der .\rteria . entralis retinae. K» ist nffenl.ar ganz, unzulässig, aus einer so seltenen und
w'iinderl.aren ileul.a.litung «eitgehende Selilüsse zu ziehen. laider ist mir die llriginal-
arlieit ni.'ht zur Hand. .\iis den lleferaten geht nicht hervor, oli es sieh nicht etwa um
syniiitnmatisehe .Migräne gehandelt hat. ob nielit i'twa andere I rsui'hi'n der Thronilmse
Vorhanden g.uves.'n sind.
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lli'r Vi'rliiiif iliT KninklK'it.
65
Aiilalli- gt'lmbt. Livcing i-itirl rcnuT i-iiic Hi'nlmi-htung v«m ^Miirsliall
Hall. Kim- Kranke, die seit viek-ii .lalireii an .sehwerer .Migräne
litt iltilious sick-lieadaelie of an agonizing ehanieter). l)ekam während
eini>s .Migiüneanfalle.s »apopli'etie epih'jisvc, mit he.s<aiderer Betln-ili-
gnng di>r linken Körperhälfte und Hesehädigiing der ZiUiig«“. Nach dem
Anfalle waren die linken (ilieder paretiseh und es l'»lgt(> ein tiefer
Schlaf. Viele ähnliche Anfälle folgten. Auch Tissot hat eine Keohachtnng
ähnlicher Art mitgetheilt. Iläiiliger als hei der vulgären Migräne .soll hei
den schweren Formen mit Aiini der rehergaug in Epilepsie sein. Siove-
king erzählt von einer Fnni. die zwei epileptische Schwestern halte und
mit 30 .lahren Anfälle .schwerer Migräne hekam : erst trat ein Scotom
auf. dann folgten Tauhheitsgeftthl und Kniftlosigkeit der Hände, sowie
Verlu.st iler Spiiiche und nach 15 ^linuten hegaiin heftiger Kopfschmerz,
der 2 — 3 Tage dauerte: die.se Frau hekam .später vollständigi» epileptische
Anfälle, (iowers sagt Folgiuides: »Die wichtigste und liäuligste l'm-
vvanillung ist aher die der Migräne in Epilepsie: auch hat der /insamnieii-
hang der beiden d(‘shalh ein specielles liileres.se. weil die sensorische
Sira-ung hei beiden viele gleifhe Züge hat. Ich habe nicht weniger als
zwölf Fälli' beobachtet, in denen die.se lieiden Krankheiten auf einander
folgten. Hei sieben Kranken hatte viele .lahre lang Migräne bestanden,
dann wurden die Kranken epileptisch und hei ftinf hörte die Migräne
entweder ganz auf. laler nahm doch sehr an Stärke ab. Ein Kninker
litt während der Zeit iler epileptischen Anfälle fast gar nicht mehr an
Kopfschmerzen, als aber die Epilep.sie aufliörte. wurde die Migrätie von
Neuem stärker. . . . Fast bei allen die.seii Kniiiken war die Migräne mit
s«>nsoriseher Aura verbunden. ... ln mehreren Füllen b(‘gannen auch
die epileptischen Atd'älli- mit Farä.sthi‘sien in den tiliedern einer Seite. . . .
In manchen Fällen von Epilepsie mit vorhergehender .Migräne schienen
die epilepti.schen Anfälli' ans der .Migräne hervoraigehen. da ihnen solche
Kr.scheimingen vorausgingen wie frliher dem Kopfschmerze.« Von Fere's
Heobach tu Ilgen gehören vielleicht folgende hierher. Ein .5Üjäliriger Stein-
.schniüder litt s<>it seiner .lugend an Anfällen von Augenmigräne, die alle
.Monate w iederkehrteii und an deren Sidilusse Farästhesieii in der rechten
Körperhälrte auftraten. Erst 1871 traten epileptische .Unfälle auf. Sie hegalineii
mit l’arüstliesien in der rechten Körperhälfte. die ziiei-st in der Hand, nicht, w ie
es bei der Migräne gewesen war. zuerst im tiesichte. sich zeigten, dann folgte
Krampf der Hand, des Armes, zuweilen der ganzen Seite «aler des ganzen
Körpers mit Hewiisstlosigkeit und Ziingenhiss. .Manchmal ging den
epileptischiMi Anlälleii. die einmal wöchentlich kamen, ein Fliniiuer.scotoni
voraus. Ein 33jühriger Handhing.sgidiilfe, des.seii Mutter an Migräne.
des.s4-ii Tante an (ieisteskninkheit gelitten hatte, war bei der Zahnung von
Krämpfen befallen worden und litt seit dem achten .laliri' au gewöhnlichen
MObiu», Ufber MiicHlne. 5
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l'oitpr Mi#rriin<‘.
6fi
|•|■(•hlsl■iti■^(•ll ^li^iüiii-iiiitiillcii. ilic alle 15 17 Tage wicdcrkclirtcn. War
der h'iijil'scliim'iv, licflig. so vcrliaiid or sich mit Zuckuiigon iiii rciditPii
(trliicnlaris ociili. Difscr Tic wurde seit dem 25. Jahre daiienid. Im
29. Jahre Init der erste- epileiitisehe Anlull ein. Ks begann l■hl*n ein
.Migriuieanfall. als di-r Kranki- i-ine heilige (iendithsliewegiing hatte iiml
dii'.ser folgti- ein gm.sser ejiilepliseher Anfall mit Schrei. Xiederstürzeii.
tonischen uml klonischen Krämpfen. Ziingenhiss. Harnahgang. Seitdem
war ilie .Migrälli' weggeldieheli. ilie epileplisellel) Anfälle kehrten mit di-r
gleichen |{egelmässigki-it wii-der. Sii> wurden gewöhnlich durch .stärkeres
Zucken des Orhicnlaris angekfmdigl. Ich seihst habe nur einmal einen
Kall gi'sehen. in dem man das f'ehergehen der .Migräne in Kpilepsie
wenigstens hätte annehmen können. Eine 53jährig(‘ Krau, Tochter eines
migränekranken .Mannes, halte .seit ihrem 19. Jahre an .Vntällen gewöhn-
licher .Migräne gelitten, ilie um die Zeit der Periode anftraten. Krilher
wollte sie nur verein/.elle Ohnmächten gehabt babeii. seit 3 Jahren aber
kehrten diese ein- bis r.weinial im .Monate wieder. Sie sagte plötzlich:
»I)a. da. da«, fiel bewusstlos um und erbnich. wenn sie wieder zu sieh
gekommen war. Zweimal halte sie sieh die Zunge zerbi.sseii, oft war ihr
der Harn im Anfalle abgegangen.
Wenn nun auch manche Heobachtungeii überzeugend zu .sein scheinen,
so gilt dies doch nicht für die Mehrzahl. Erstens i.s| es für Källe wie
den von mir beobachteten schwer, ein Zusammeidreffen beider K’rank-
heiten ausziischliessen. Auch dann, wenn nach dem Auftreten der Epilepsie
die .Migräne almimmt oder aufhört, kann man nicht sagen, die.se sei durch
jene ersetzt, denn, wie früher liemerkt wurde, könneti auch Krankheiten,
die wie die Tabes sicher exogen sind, die .Migräneantälle aufhöreii lassen.
Ebenso kann iler rmstaiid. da.ss einzi-lne Züge der fiilheren Migräne bei
der sjiäteren Epilepsie wiederkehren, nicht viel beweisen, denn man muss
doch annehmen, dass die Hirniheile, die bei der .äfigräne betroffen sind,
auch später ein Locus minoris resistentiae sein werden. Weiter kommt in
Helinchl (was hier tiiir vorläufig erwähnt werden kann), da.ss es eine
.Migräne als Svmptom der Epilepsie gibt, die der Krankheit Migräne eben-
so gegenfllier steht, wie die symptomatische Migräne bei progressiver
Pandyse. Diese Unterscheidung machen manche Autoren gar nicht und
deshalb ist es begreiflich, dass bei ihnen die Beziehungen der Migräne
zur Epilepsie viel näher zu .sein scheinen, als sie widil in Wirklich-
keit sind.
Nach alledem halle ich dafür, dass liei der Krage, ob die Knink-
heit .Migräne zu groben tiehirnläsionen führen, oder sich in Epilepsie iim-
wandeln könne, vorläutig Zweifel noch ge.stattel seien. Es scheint mir
wahrscheiidich. da.ss der üble Ausgang hie und da vorkomme, aber weitere
genaue Heidiachlungen sind sehr erwünscht. Das ist wohl sicher, dass
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Der Verlauf der Krankheit.
67
in (IiT (iliergrossen Mchnaihl der Fülle von .Miirrüne weder aito|»lektiselie
noch epilepti.sche Zufälle zu lurehteii .sind.
Noch zweifelhafter sind die anderen »Tmnsfornmtionen«. Liveing-
nennt unter diesen die Uuiwiindluug der .Migräne- in Asthinnunfiille und
fuhrt als (iewährsinänner Willis. Tissot und Heberden an. ohne eigene
Heobnchtiingen beizubringen. Unter meinen Kranken war eine mit Migräne-
anfallen. denen Fliuunersootoin und Aphasie vorausgingen. und Asthma-
anfüllen. Doeh war kein Zusammenhang zwisehen beiden Krankheiten zu
entderkeii. Liveing sprieht ferner von Umwandlung in Gastnilgio und
andere Eingeweidesehmcrzeu. aber in seinem Hauptbeispiele handelt es
•sieh um Anfälle von Magenknimpf. die den !Migräneanfallen vorausgingen
und wahrseheinlieli denm Aequivalent waren (vgl. p. ftl i. Aueh dass
derselbe Kranke später an nUchtliehen Anfällen von Glotti.skrampf litt,
kann kaum beweisen, dass die .Migräne deren Ursjtehe war. Wenn bei
einem .Migränekninken sjtäfer Anfälle von Angina pectoris autlretwi, so
wird man nur dann, wenn eine Erkrankung des Herzens sich mit aller
Hestimmtheit aiissehliessen lässt, an eine Transformation der ^ligräne
denken dfirfen. In den Fällen von Umwandlung in Irrsinn endlich ist
von einigen .Migränekriuiken dii* Rede, die später plötzlich Iteginnende
Anfalle von geistigen Stönmgen verschiedener .\rt bekamen. Diese
l’sychosen dauerten nicht Tage, sondern Wochen oder .Monate. Es liegt
wohl am nächsten, anzunehmen, dass die erblich belasteten Kninken auch
(dine .Migräne irre geworden .sein könnten. Ich will nicht -sagen, dass
ein Zusammenhang zwischen der Migräne und den von Liveing genannten
Zufällen unmöglich sei. aber das Mah'rial ist zu mangelhaft, als dass man
seiner Meinung sich ohne Weiteres anschlie.ssen könnte. Auch den An-
gilben gegenilber. die Gowers Aber den Zusammenhang zwischen Migräne
und Schwindelanfällen macht, muss man wohl zurückhaltend sein. Gowers
.sagt zwar nicht, dass er eine Transformation annehme, aber er sagt, dass
die im Centrum vorhandene Tendenz zu functionellen IStörungen die
Kranken gegen Veränderungen im laibvrinthe sehr empfindlich mache.
Zuweilen bilde der Schwindel einen Theil des Anfalles und kehre noch
zurück, wenn die .Migräne erlo.sehen sei. Eine Kranke habe zwischen
ihren Migräneanfällen plötzlich Xeigung nach rückwärts zu fidlen bekommen
um! zugleich habe Uebelkeit bestanden, während sie bei den Kopf-
.schmerzen keine Uebelkeit hatte.
Endlich möcht** ich noch auf die Möglichkeit hinweisen. dass Migräue-
anfälle zu Glaukom ftihren. Ich spreche hier nicht von den Fällen, in
denen Glaukonmnfälle den Migräneantällen ähnlich sind und mit diesen
verwechselt werden köimen. sondern von solchen, in denen naidi vielen
Anfällen echter .Migräne sich (tiaukom entwickelt. Es handelt sich dabei
natürlich besonders um Kranke mit visueller .\ura. es kann aber wahr-
6 *
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r«*lHT Mifrnim*.
si-lit'inlidi ancli. olim? dass ein Snitoiii vdrliandan wäri>, dor Augeiisi-linnT/.
mit dar Z<>it Vcräiideniugcii im Angi* licn ornilcn. Man kann ja B<*dcnki‘ti
trugan. wann oin Migrünck rankor Cilaiikoin bokommt, oinon nrsäcliliclion
Zusammonliang anziinohmon. Wonn aber (bosondors boi niehl allziistarkor
Myopio) nach gohäntton oder allmühlicli scliwcror wordomlon Migräiio-
aniallon die Spannung dos Augapl'ols zuniinmt ii. s. w., so ist der Zn-
sammonliang doch rocht walirschoinlicli. Vielleicht deutet das Auftrolon
von Kogonbogonfarbon boi der visuellen Aura, wenn früher .solche fehlten,
auf Vt'rändoningon im Auge hin. Sieht der Kranke aber die Gogeiistäntli*
von einem irisirenden Hmide umgeben (Gowers erzälilt von einer der-
artigen .Migriinekranken), so ist die rntersuchung auf (ilauknm sehr
?M empfehlen.
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IV. Ueber die syiiiptomatiselieii Mi^räiieaiifillle und die Diagnose
der Mipfiiie.
Die erste Aiifgiilje iler DiiigUDse ist, lestzustelleu, ob Migräueaiifiille
vorliegeii. die zweite, ol) es sieh um die K'ninkheit Migriilie, luler um
Migräiieuiinille. die Zeiclieii einer anderen Krkrankting sind, handelt.
In ersterer Hinsieht wird zwisehen dem Migrineküitfsehmerze und
anderen Kopfscdimerzen. zwisehen der visuellen Aura der .Migräne
lind anderen (lesichtstänscdiungen-. zwisehen den Parästhesien der (ilieder
und der Aidiasie bei .Migräne und anderen eortiealen Keizerseheinungen.
zwisehen dein Migräneerbreehen und auderem Erbrechen, ku« zwisehen
den Bestaudtheilen des Migräneauralles und denselben Syniptumen auf
anderer Onmdlage zu unter.seheiden sein. Der vollständige Migräneanrall
kann nattirlieh keine Sehwierigkeiten maehen, wer ihn kennt, wird ihn
nicht verkennen. Auch die Anfälle lier »vulgären« .Migräne, d. h. annähernd
|H'riiKlisch wiederkehrender halbseitiger Kopfsehmerz mit Erbrechen, sind
eindeutig. .le unvollständiger aber die Anfälle werden, um so leichter
können sie verkannt werden.
Viele .Migränekrauke haben zwischendurch verwischte Anfälle, ja
diese können die Kegel sein und die ausgeprägten Anfälle die Ausnahme.
Es kann aber auch ausser der .Migräne irgend ein aiideri's IsMden vor-
handen siMii. von dem die zweifelhaften Erscheinungen abhängen.
Es ist daher ZU beachten, da.ss die Flugi“ nicht nur heisst; .Migräne
oder nicht?, .sondern aindi: allein .Migräne oder noch etwas anderes?
Zunächst muss inan festlmlteii. die .Nligräne ist ein ererbtes Leiden
und beginnt in Ifnlier .Jugend. Ueberall da. wo mit Bestimnitheif erklärt
wird, niemand in der Familie habe ähnliche .Anfälle gehabt, bin ich mit
der Diagtiose Migräne vorsichtig und oft liat der weitere Verlauf meinem
Zweifel reidit gegeben, sei es, dass es sich um symptomalisidie Migräne-
aufälle. oder um Zii>tände handelte, die den .Migräneanfällen mir ähnlieli
waren. Kommt noch dazu, dass der Beginn ins Alter der Reife oder gar
in die zweite Hälfte des Lebens fällt, so wird die Sache noch bedenklicher.
Freilich gibt e> viele .Menschen, die von der (iesmidheit ihrer Angehörigen
.so viel wie nil-hls wis>en. und soh he. die nber ihr frilheres Indien ganz
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70
IVIkt Migrän»'.
riiaiifrcllmrtt' Aiigiibfii niaclioii, ihre Irnhcrcii Zufälle einfiic-L vergessen
liitbeii. V(‘rneiuende Aussagen eiiu'S gebildeten .Mensehen haben imtQrlieh
mehr Bed('utiing als die eines ungebildeten caler »spät gebildeten«.
Der dritte wiehtige rnistand ist die Interinittenz. Sind Erblichkeit
und Beginn in der Jugend ziemlich beweisend für die Krankheit .Migräne,
so lassen die freien Zwischenzeiten zwar nicht zwischen dieser und sympto-
matischen iMigräneaiifällen unterscheiden, aber doch zwischen Migräne-
anfullen überhaupt und ähnlichen Zuständiui. Freilich kommt es vorüber-
gehend auch bei .Migräne vor, dass kaum ein Tag ganz frei ist, jedoch
ist dies nicht häutig und mngekehil ist bei anderen Zuständen wirkliche
Intermittenz sehr selten,
Flüssen wir jetzt den Kopfschmerz ins -Vuge, so ist vorauszuschicken,
dass weitaus die meisten Kopfschmeiva'ii Migränesclimerzeli sind, da.ss im
Vergleiche mit die.sen alle anderen selten sind. Der Kopfschmerz bei
Neurasthenie macht fast nie Schwierigkeiten. Meist besteht dauernder
Kopfdruck, der nur bei gewissen Anlässen sieh zu eigentlichem Schmerze
steigert. Es kann so .scheinbar zu Aiilällen kommen, aber der Kojifschmerz
ist nach Stärke und Dauer von den Anlässen abhängig und es fehlt jedi-
Spur voti L'elielkeit. Natürlich fehlen auch alle anderen Migränesymptome.
Eher kann eine Verwechselung mit dem Nasenkopfschmerze Vorkommen.
Besteht eine chronische Erkrankung der Nasenschleimhaut, die Kopf-
schmerzen machen kann, so kommt es manchmal, wahrscheinlich in Folge
von zeitweise eintretenden Schwellungen, zu Anfällen von Kopfschmei-z.
Immerhin ist auch hier von freien Intervallen nicht wohl zu reden, fehlt
die Uebelki'it giuiz. In zweifelhaften Fällen dieser Art haben mir die
■Medicamente gute Dienste gethiui. Nasenkopfschmerz pflegt bei Anwendung
von Jodkalium aufzuhören oder nachzulassen, hii- und da einmal zu wachsen,
während .lodkalium auf .Migräne fast nie einen Einfluss Init. L’mgekelirt
lassen die späti»r zu liesprecheiiden Migränemittel den Nasenkopfschmerz
luiverändert. Die gewöhnlich von Erkrankungen der Stirnhöhle abhängige
Supraorbitalisneuralgie kann nur bei oberflächlicher l'ntersuchung
mit Migräne verwechselt werden. Der sy philitisi-he Kopfschmerz tritt
nicht in getrennten Anl'ällen auf, steigert sich während der Nacht, reagirt
sofort auf Jodkalium, macht daher keine diagnostischen Schwierigkeiten.
Manche Autoren sprechen auch von Antällen von Malariakopfschmerzen.
Meist macht wohl die .Malaria Neuralgien. Doch bin ich nicht im Stande,
etwas weiteres beizubringen, da .Malaria bei uns fast tiie beobachtet wird.
Ein bedenklicher Irrthum ist es, wenn (ilaukotnanfälle für .Migrilneantullt'
gehalten werden. Ich habe dies einmal beobachtet. Eine Dame, ilie seit
der Kindheit an rechtseitiger .Migräm* litt, gab an. dass seit einiger Zeit
ihre Antiille viel schlimtner geworden seien, dass sie deshalb Ver.s<-hiedenes
ohne Erfolg gebraucht habe. Erst die ITiter.suchung ergab, dass DIaukom
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I flipr die symptoinatisehcn Migräneanfiille und die Diagnere der .Migriine. 71
lies rechten AufTcs liestaiul. Die (l|ienitiuii war eiiulgreieli. die .Migriiiieaiilalle
aller kehrten später in ihrer alten Furin zurück. Weiler können nriiini.sche
K(i[ifschuiera'n an Mifrräne erinnern, he.sonders deslialh. weil sie mit Er-
brechen Verbunden sein können, rin^ekehrt kann bei Nephritis dnreh
Mig'räneaulalle der Verdacht auf rrilinie erweckt werden, (iowi'rs erzählt
Von einem .Migränekninken mit .Morbus Briirhtii. Es be.staiid lietinitis
albmniniirieu und es wurde wegen der heiligen Anlälle von Kopfschmerz
ein Hirntumor diagno-sticirt. bei der Section aber wurde das (iehirn gesiuid
gefunden. An grobe fiehimerkrankungeii kann man denken, wenn die
Migräneanlalle geliäiift aullreten, wie in einigen früher mitgetheilteii
«eobaehtungen. Man wird sieh dann auf die objective rnteiNuehimg. in
erster länie auf die Aiigenspiegehmtersuchung verlassen müssen, immerhin
kann man eine Zeit laug zweifelhall sein.
Die Aumerseheinungen erschrecken bei ihrem eisiten Auftreten oll
nicht nur den Kranken, sondern auch den ,\rzt. Nalürlieh bringt in der
Kegel der weitere Verlauf Aufklärung. Eher können Sidiwierigkeiten ent-
stehen. wenn die visuelle laler ilie sensorisehe Aura allein vorkommt.
Zuweilen erklären Patienten, sie litten von Zeit zu Zeit an rasch vorfiher-
•rcheiidem »Flimmern«. Es kann .Migräne sein, manchmal aber ergibt
genauere Prüfung. da.ss i*s sich nur um Mouehes volantes handelt. Häutiger
lässt die visuelle AuRi an eine Augenkrankheit denken, (.ialezowski
z. H. berichtet von einem 40jährigen Herrn, dessen rechtes ,\uge seit
Zehn .lahreii durch (ilaukom zerstört war und der .seit Kurzem zu seinem
Erschrecken auch links Sehstörungen bekommen hatte; im Anfänge waren
diese einmal im Monate, zuletzt aber zweimal wöchentlich aufgetreten,
hntteti dreissig Minuten gedauert und Mattigkeit des Auges hinterliussttn;
sie bestanden darin, da.ss der Kranke die Dinge nur halb sah und zackige
Hlitze erblickte. Hei einem anderen Patienten (ta lezowski's bestand rechts
ein dauerndes centndes Seotom durch Atrophie der (.'horioidea. der .-lugen-
spiegel zeigte lieiderseits Chorioiditis disseminata und als nun auch links
Zeitweise ein Seotom auftrat, gerieth der Kranke in grosse .\ngst: es
handelte sich aber um ein U pisches Flimmer.scotom und der Kranke hatte
seit der .lugend an heftigen .Intlillen gewöhidieher .Migräne gelitten, die
aiifoehört hatten, seitdem das Flimmerscotom sieh zeigte.
Tritt die .sensorische Aura allein auf. sei es. da.ss nur Parästhesien Vor-
kommen, sei es, dass auch .Ijihasie besteht, so wird man sich schwer der Ver-
muthung enthalten können, dass eine Herderkrankuiig, unter rmständen eine
progressive Paralyse sieh entwickele. Hat der Kranke früher vollständige
.\idalle gehabt, so wird die Diagnose weniger schwer sein, es kann aber
auch bei Solchen, die früher nur an vulgärer Migräne gelitten Italien,
später eine sensorische Aura mit oder ohne Kopfschmerz sich zeigen und
ilann ist man vorläniig auf die weitere Heobachtnng anoewiesiui, da nor-
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ri'lini' Mi^rani*.
mulfs ViTliiiltcii der KcHi-xc ii. s. w. zwar fine grob** tieliiriier-
kniiikimg spriclit. .sic alicr dodi i(i<dit xoii vornclicrciii atissehliosscii lässt.
Auch mit Magciikriscn kann die Migräne vcrwwh.sclt werden. I.'cber
Uossbaeli'.s ( iastroxvnsis habe ich schon friilier (vgl. p. 43) ge.sjirochen.
Bei tabischen .Magenkrisen wird man nicht lange in Zweifel .sein. Hier
aber meine ich die seltenen Fälle, in denen Magenkrisen als alleiniges
Svmiitom bestehen. .lahrclang habe ich z. B. einen .Mann beobachtet, der
angeblich aus einer migränidivicn Familie stammte und seit seinem achten
.hihre an dem • Wassi-rkolk*. wie er sjigte. litt. Kr musste von Zeit zu
Zeit ohne sonderliche ..kiistrengung grosse .Mengen stark .saurer wäs.si'riger
Fliis.sigkeit erbrechen. Das h;rbrei-hen kehrte mehrmals in der M'iadie
wieder, war uiudihüngig von der lliät und kümmerte sieh um keine Be-
handlung. Zwischendurch war auch Blut erbrochen worden. Vom .s<s-lis-
zidinten .lahre an wareti die Anfälle .seltener geworden, so da.ss nur einige
im .Jahre auftraten, aber der einzelne Anlall dauene einige Tage und
WMi mit heftigen .Magensehmeraen und ans.seronleiitlieh peinlichem Kratzen
und Brennen im Stdilunde verbunden. Die von mir tieobaehleten Anfälle
glichen vollständig schweren tabi.schen Magenkrisen, es waren idter keine
sonstigen Talieszeiehen vorhanilen. bis auf Trägheit der l’upillen und
auffallende Sidi wache der Sehmmretlexe. Tagelang bestand uiistillbttres Er-
brcidien erst hüeh.st saurer Massen, dann von Schleim, (ialle und Blut.
Die Schmerzen waren so .stark, dass der 1‘atieiit zuweilen das Bewusst.sein
verlor; mir grosse Morphiiimgabim halfen. In der Zwischenzeit war der
Patient bis auf eine gewisse Beizbarkeit des Magens unil Nervosität an-
scheinend gesund. Er ist veiv.ogen mal i.st mit etwa vierzig .lahren (laut
brieflicher .Mittlii‘ilungl im .\nfalle plötzlich gestorben. Die Seetion i.st
nicht gemacht worden. .Man kann zweifellialt sein, ob dieser Fall und ähnliche
F’älle eine der .Migräne vio'wandte Krankheit darstellen. h h glaube es aber
nicht, vermuthe vielmehr, dass es sieh bei meinem Kninkeii um eine
aboilive Tabes gehandelt habe. Der Vater war früh ge.storben und der
Kranke hatte mit elf. zwölf .Jahren lange an .schweren Augenentzflmlungen
gelittwi. die Trübungen der Hornhaut hinteiiassen hatten; es ist daher
eine hereditäre Svphilis imna'rhin möglich.
Haben wir bishi'r von Erseheinnngeii gesprochen, die dem .Migräne-
aidälle nur ähnlich sind, so richtet sieh nun die .Vufmerksamkeit auf die
Fälle, in denen echte Migräneanfälle als Svmptoin nicht der Krankheit
■Migräne, sondern anderer liehirnkrankheilen aultivlen. Diese Fälle waren
den älteren Autoren nicht mdiekannt. aber sie wurden nicht genügend
aJigesondert. weil die rnterseheidimg zwischen dem .Migräneantälle und
der Krankheit Migräne nicht genügend beachtet wurde.
WähreiidlA veing als svmjitomatisehe .Migräne nur die Anfalle Jiei
liiehl. .Malaria mul bei Herderkrankungen des (ieliirns beziM<dinet. haben
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Ut*!i€r symiitomsitUi'bpn Migrün»*anfiilb* und die d>*r Mij^rüne. 73
C’iiiircot uuil seine SchüliT <lie .Mi<rnine nis SMuptoni der Tiil)esimral_vse
kennen ffelelul nnil ist diu Migräne uLs Syinjitoin der Kpiluitsie erst in
neuester Zeit gelingend liekaiint geworden.
.Mit der Arthritis larvata ist es offwihar nielit'. ileiiti in allen den
von Liveing gegebenen und eitiilen Heis|tielen handelt es sich uni Leute,
die entweder zugleich an .Migräne und an (licht litten, oder, nachdem sic
an Migräne gelitten hatten, (licht bekamen und dann jene verloren.
Letzteres ist nicht verwunderlich, da. wie früher i‘rwahnl. auch andere
coiistitutiouelle Krankheiten die .Migräne uutenirücken können.
Die Augidieii über Malariamigräuu sind ziemlich unklar. Ich ver-
inuthe. dass cs sich in der Regel um Su|)raorbitalis-Xeuridgie gehandelt habe.
Hei Herderkrankungen des (iehirns scheinen .Migrämsttdulli-
als erstes Zeichen lauge den übrigen Zeichen vorausgeheii zu können.
Eine 39jährige Krau, deren Familie migräiiefrei war und ilie selb.st früher
immer gesund gi-wesen war. kam zu mir wegen heftiger .Migräiieanlälle.
liie seit (h’ci .lahreii be.stunden. Sie kamen alle \icr VVocheii. dauerten
eiti bis zwei Tage. He.soiiders die linke Hälfte ih-s Vonlerkopfes war
schmerzhaft; das (lesicht war bleich und verfallen, die Augen waren ein-
gesunken: am xMiend <les ersten Tages trat starkes Erbrechen ein. Ich
sah die Kranke wieih'rholt im Anfalle und während eines solchen sank
die Kranke vor meinen .\iigen zu.samnnm uml war links gelähmt. Xoch
einige .Male kehrte die Migräne zurück, aber war viel schwächer, dann
hörte sie ganz auf. Die Hemiplegie blieb bestehen und nach zwei .lahren
starb die Kranke. Die Section konide nicht gmnacht werden. Der Kln--
niann war labesknink. Ferner kam ein 33jähriger .Mann zu mir mit ,\n-
fällen voll Kopfschmerz, die .seit einem .lahre bestanden. Die Schmerzen
nahmen die ganze Stirn ein. kehrtiui alle 14 Tage ungefähr zurück, waren
manchmal mit Erbrechen verbunden. Erst in der letzten Zeit war auch
zwischen den Anfiillen der Kopf nicht ganz schmerzfrei und war den .Vn-
gehörigen aufgefallen, dass der Kranke manchmal am Tage einschlief.
Die oplithalmoskopi.sche I ntersuchung ergab nichts; ebeii.sowenig waren
die Reflexe u. s. w. verändert. Haid darauf wurdi* der Schmerz viel stärker
und fast stetig: der Kranke Hess sich in eine Heilanstalt aufnehmen und
auch dort wurde dms Leiden lür >functionelU gehalten. Erst kui7, vor dem
Tode fand man Stauungspapille. I’o.st mortem zeigte sich ein Sarkom de-
rechten Stirnlappens. Nach Liveing hat licsoiiders Ahercrombie Iteoli-
iichtungen von Hirntumoren milgetheilt, unter deivn Symptomen unvoll-
ständige und auch vollständige Migräneaiitälle mit tisiieller .Vmn und
Aphasie waren. Er erzählt z. H. von einem 6jährigen Knaben, bei dem
Anfälle heiligen Kopfschmerzes eist alle 14 Tage, dann ein- bis zwei-
mal in der Woche auftraten. Sii‘ liegannen früh, dauerten 5 — 12 Stunden,
endeten mit Erbrechen nml nach einem tiefen Schlafe schien dann der
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l'flier -Mieräno.
KiiiiIm* wifiliT ”'11117, ”i‘siini| 7.II st‘in. Ki'sl iim li vii-r liis l'naf Moiiiiteii wiinli*
iltT Si-hiiii"i7. mul zwi'i Monuti- spiiti-r .-tarli iliis Kiiul: man faiul
eim-a ”rosM'H Tiibi-rkcl in iIit liukan Klciahirnhinaispliiiiv. Auch Lebert
liat iM'toat, (lass Miirräiicaadille zu ilcu erstell Zi'ichen einer (jehirii-
Lfeschwiilst j^elii'ireii kiinnea. iiml Wernicke'i sajit, «lass der Tianorschiiu*rz
»einem Anfälle v«ni llemikninie täaseln-nd ähnlich sein* kinine. Als L'nti-r-
scheidiai”smcrkniale fuhrt Wernicke an. «lass das Erbrcclnni bei Anfällen
von TnmorsidiiiK'rz nicht Erleicht<>nai” za brin”«‘n iiHege, dass hier die
Zeit zwisclien dl•n Annilleii fast nie vollkummen fr«d sei. dass Utihe bei
.Migräne erleichtere, bei Tiaiiur in der Kegel nicht, «lass die Tmnorknaiken
stumpf und egoistisch vvt*rilen. die Migränt'kranken nicht. Es ist ersichtlich,
da.ss gi“wöhnlich die Diagnose nii'iglich sein winl. aber nicht imm«‘r.
Findet man .Migräneanlälle bei Kranken mit Ta lies, beziehungsweise
jirogri'ssiver Paralyse, so ist natftrlich zu untersclieid«>n. ob «‘in Migräne-
kranker Tabes bekommen hat. isler ob «lie .\nlalle Ztüehiui der Tabes sinil.
Tabi's uikI progressive Pandyse kiinni'ii hier proiniscue genannt werden;
man kann sagen, die .Migrän«“ ist wie die AugiMinmskellähmungen und
wie die lanzinireiideii Schnierziui im TrigiMiiinusgebieti- ein tabisches
Symptom, das «dien.sowidil die Tab«*s .selbst als ilie Hirnriiiilencrkrankiing.
die Paralyse genannt wird. znwt‘ilen «•inlidtet, oder man kann .sagen, die
Migräne ist ein (iehirn.symptom. das niidit nur «ler Paralyse selbst, sondein
auch der Tabes vorausgehen mag. Ein«' grii.s.sere Zahl von Einzelbeob-
achtinigeii liat widil zuerst Oppenheim im .lahre 1884 viföffentlicht.
Er fand nnti-r 32 tabisehen Weibeni 10 mit Migräni'unfullen mul er sah
diese bei zwei taliisclien .Männern. Kr trennt «lie Fäll«- nicht nach ilin-r .\rt.
man kann aber trotzdem aus «len niei.steii seiner kuraeii K‘rankengeschi«-hten
ganz ili‘ntlich erkenm'ii, ob «‘s sich um «lie Krankheit .Migiüne oder um
Tabesniigräne gidiandelt hat. Dort Beginn der .liifällc in der Kimiheit und
.lulhöreii bei Entwickelung «li‘r Tabes, hier Beginn kiira vor oder mit den
iibrigi-n Tabcssymptoinen. .\ls Bei.spiele gebe ich «lie beiden Männertalle
wiialer. Ein 3(i.jährig«'r .Mann. «I«'r seit zwei bis dr«‘i .lahreii au Tabes litt,
hatt«' s«*it li1lhi-r .Iug«‘nd all«- vii-r \V«ich«-n ein«“ii typisclu-n .Migräneanfall
gehabt. Seit Kntwi«-kelung d«-r Tabi'S hatt«'ii «li«i .\ntalle »an Inti-usität
verloren«. Ein 3üjährig«-r .Mann liatt«- s«-it sii-beii .lahreii lairzinirende
Schniei7.«‘ii. llarnträuf«‘hi, Sehs«-hwä«h«‘ u. s. w.. seit drei Jahn-u .\iitalle
von .Migräiii* mit Flimiiii'ru mul Krbr«-i-hen. .\ls bemerkensw«‘i1he Fälle
v«m tabisi-her .Migräiu- seien w«'it«-r einige Bi'«ibachtinig«‘U (.tp)ienheim's
r«'ti‘rirt. Kim- 47,iährig«' Frau litt seit fünf .lahrcn an lanziuin-nden
SchiiuTzeii. Dopp«'ltscli«'n. Oürtelgefühl u. s. w., seit sieben .lahren an .An-
lälli-n r«‘chtseitig«'r wütlu-iub-r K«ipfschm«-i7.en. die mit L'ebelkeit, Bn-cli-
[.ilirliieli ||l•l• «iehirnkiioikhiiun. 1883. III. p. 279.
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T'el.t'r ilio ►)iMi>tftumtischi’n Migriiiiounfiillc und dio [diignose di»r .Migriinc. 75
iK-ijrung, Kinptimllii-liki.'it gcjri-n Licht imd (Jchiusclic vcrbmuU'n waren.
Sie traten alle zwei bi.s drei ^Monate, dann häutiger, schliesslich alle
8 - 14 Tage auf, verbanden sich mit heiligem Erbrochen. Angst- und
S<dtwindelgeluhl. Eine 49jährige Kinn litt .seit vier bis l'iinf Jahren an
lanzinirenden Schmerzen und andenni Tabe.ssymptiimen, seit acht .lahren
an -Migräneaiifiiilen. die aus Kopfschmera, Erbrechen, allgemeiner Er-
sehlaffung hestandeii. erst alle vi<‘r W'oeheti auftraten, dann häufiger und
länger wurden, schliesslich alle paar Tage wiederkehrten, mit Schmerzen
in der .Magengi'gend und Angst vm'liunden waren und nur durch grosse
-Morphiumgidjeii gemildert wurden. Ich habe die tabische Migräne nicht
oft gesehen: unter 40 tabeskmnkeu Weibern hatten sie zwei, bei einem
Manne habe ich sie noch nicht beubachtet. Die eine Kranke stammle aus
gesunder Familie und versicherte, keines ihrer V'erwandten leide an Kopl-
schmerzeii. Sie war mit 18 Jahren syphilitisch geworden, hatte mit 24 .lahren
Miirräneanlalle, d. h. Stirnkopfschmerzen mit Erbrechen, die einen Tag
dauerten, alle drei Wochen wieilerkehrteii, bekommen, mit 34 Jahren
Doppeltsehen und dann weitere Tabessymptome. .Vis ich .sie in ihrem
44. Leben.sjahre kennen lernte, war die Tabes vollständig entwickelt, die
.Vligräne trat nur noch selten auf. Als frilhzantiges Zeiidien der l'ar.dyse
lieschrii-ben Charcot und Parinaud die Augenmigräne, auch W. Sander
nannte die .Migräne schon 1870 unter den li*ühen Symptomen. Die fran-
zösischen Autoren haben vielleicht die Migraine ophthalmi(|ue zu sehr in
den Vordergnind gestellt, gewöhnliehe .Migiiineunliille uml solche mit
visueller Aura kommen als Zeichen der Tabespandyse vor. Eine neuere
Benbachtuiig rllhit von P. Hlocq her. Die 27jährige Patientin, die fünf
Fehlgeburten dundigemacht halte und der zwei Kinder bald nach der
tieburt gestorben waren, war seit etwa einem Jahre durch kninkhafte
Erregbarkeit und (ieistesschwäche auftällig geworden und litt seit sechs
.Monaten an Anfällen von peinlichem Taubheitsgeftlhl in di-r rechten Körper-
hälfte mit Sprachbeschwerden. Vor etwa 14 Tagen hatte die Kranke
[Jötzlich mit dem linken Auge Funken wahrgeiiomnnm und hatte die (ie-
sichter der rmgebendeii nur noch zur Hälft«' erblickt. Nach «'inigi'i- Zeit
war heftiger Stirnkopfschmerz eingetreten und galliges Erbreclien halte
«len Anfall beendet. Es bestanden all«' Zi'iclu'ii ib'r Pandyse. An«l«'re Fülle
lind«'l man Ix'i F«'re u. A. Es kann also der .Migräimanfall hi'i Tah«'s-
paralyse ganz ili'iii d«'r Kninkheit .Migräne gh'ichen. Di«- Fnterscheidung
hat sich zu grflnib'ii auf das Vorhandensein «'rerbn'r Anlag«', auf d«'ii
Beginn in d«'r Kindheit «>«l«'r frühen Jugend, auf «len Vi'rlauf ein«'rs«'its,
auf d«'H spät«'ii B«'ginn. auf das Vorausgeln'ii d«'r Syphilis and('r«.'rs«'its.
Bei jeder .Migräii«'. die spät Ix'ginnt un«l «1er Syphilis vorausg«'gangen ist,
Si'i mau mit der Diagnose vorsichtig. Si-hwi«'rigkeit«'n köiinti'ii «'utsteh«'n.
wenn i'twa «li«' .Migräne als Symptom eiiu'r auf en'rbler Syphilis bi'ndien-
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I VIm‘ 1* Mijrräm*.
di-ii Talji-siKir.tlvM- in ilcr Kiiullicit aiifträti-. Kiiulft iiian die Miirniiic iiirlii
allaiii, smidi-ni Indien anderen Zeichen der Tabesjianilvse. so ist sie nur
dann als taliiseh anziiseiien. wenn sie ei-st naeli der Inf'eetiini. hezielimi<rs-
weise kui7. vor oder mit den anderen Syin]itoinen hegunneii hat.
Weit sehwii-rifrer als die der tabiseheii Lst die IhMirtheilunfr der
e|iilei>tise!ien Migräne. Fere sieht iin tininde die Kpilepsie lind die
Migräne als Aeiis.seningeii derselben Krankheit an. Kr .sagt; parnii les
pheiioinelies i|ni aec<iin|iagnent lejiilepsie )Kirtielle oii allerneut avec eile,
il faut eiter les inigndnes siaisorielles et en iiarticiilier la inigrahie ophthal-
ini(|iie (|ui pellt leiir .servir de type et ipii. ä l'etat d'isüleiiieiit. eonstitiie
iilie veritable epilepsie sensorielle avee ses |dieiiuinenes d'epiiisemelit
irheniialio|isie et quelqiielbis de soinnoleni-e. Von diesem Standpunkte ans
gibt es eigentlich keine Diagnose /.wi.scheii Migräne lind Kpilepsie. Mir
scheint, iler Fehler liegt darin, dass Fere nicht zu einer ätiologischen
AiiHässnng ihirchgedriingen ist. nur Syinptoine vergleicht. Wenn man
bedenkt, dass die Kninkheit Migräne fa.st ausschliesslich ihirch gleichartige
Vererbung entsteht. das> sie last immer unverändert durch das Kebcii
besteht, da.ss bei ihr nie Schwachsinn eintritt. .so sieht man. dass sie trotz
der unleugbaren Aehnlichkeit we.sentlieh von der Kpihqisie ver.schieden i>t.
Wohl kann es unter Finsländen iininöglicli sein, zu sagen, ob .Migräne
oder Kpilepsie vorliegt, z. H. wenn die .\ura allein aiiftritt, aber auch in
solchen Fällen ist cs doch das eine mler das andere, liegt die Fneiit-
sehiedenheit niii in der mangelhaften Krkenntni.ss. nicht in der Sache.
Wenn wir von den .seltenen Fällen absehen. in denen möglicherweise aus
der Migräne Kpilepsie wird, in denen die Wiislerkehr der hemikranischeii
Anfalle zur Kntwickelung der epilepti.scheii Veränderung l'flhrt. Fälle, die
schon frnher besprochen worden sind, so haben wir hier die Fälle zu
betiiichti'ii. in denen iiiis.ser epilejitisi-heii Symptomen hemikranische voi-
handeii sind, und die, deren Syinjitome .sowohl epileptischer als hemi-
kninischer Art sein können. In jenen also handelt es sich um Epilepsie,
die an .Migiiine erinnert oder .Migräne vorläiischt. Als allgemeine Kegel
kann man. glaube ich. aniiehmen. da.ss tibeiidl da. wo Krämpfe Vorkommen.
Kpilepsie besteht. Die Syuiptonie der Migräne sind ausschliesslich seii-
sori.scher Art und ich möi-htc .Migräne nicht diagnosticireii. wenn auch
iiui geringe Krampfei-scheiiiimgeii, z. H. Veraehiing des Mundwinkels
und der Zunge, vorhanden sind. Hält man dies lest, so i.st alles, was neben
den Krämpfen vorkommt. nur scheinbare .Migräne, in Wirklichkeit larvirte
Kpilepsie. Dass die sensorische iiiul die a]ihatische Aura bei der Epilepsie
ebenso wie bei der Migräne vorkonnnen kann, bniiicht nicht eröitert zu
werden. AhiT auch die visuelle Aiini der Epilepsie kann ganz der der
Migräne gleichen. Auch tiowers sagt dies und ftlgl mit Hecht hinzu,
dass gewöhnlii h bei Epilepsie die visuelle Aura kiira sei. nur wenige
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l elior (1i(* syiii)iiouiutisi h4'n Migrän<‘uiilalli^ und di«* Diu^non«^ d«'r Mi^'ruix*. 77
S.m;uirK‘u iliiuiMv, \vülirt‘ii(l sii- bei Mijrräiif 10—30 Miimteu imliält. dass
das Füi1ilii-atiüiis|((“ctrum mehr für 5Ii}fräiie sjjreelie, dass aber diese Unter-
■ sehiede iiielit beweiseial seien. Als Heispiele seien folgende Heobaehtiingen
F'eres') angelllhrt.
Kine 41jährige Frau liatle mit aelit Jahren Kramptäntaile. die vonviegimd
dii- rechte Kbrperhältle betnd'eii und während zwei bis drei Monate wieder-
kehrten. Seit acht bis zehn Jahren litt die Kranke an Anlällen von Kin-
sehlafen cler rechten Hmid. besonders des l'lnarisgebietes. Sie traten fast
alle Tage am Morgen ein. ergriffen nie den Arm. zuweilen aber auch
den rechten L'nterschenkid und waren mit einer Art voti Klo|ifen in der
reehteii Mundgegeiiii verbunden. Ihnen folgten manchmal Schwindel und
Druckgefllhl im HinterkoplV*. Erst seit zwei .lahren trat auch ein Scotom
auf. das den unteren oder einen .seitlichen Theil des liesicht-sfeliles ver-
deekte. Zuweileu bemerkte die Kranke ein wie in elektri.schem Lichte
leuchtendes Zahnrad, das in zitternder Bewegung war und wie das Scotom
das Sehen verhinderte. Dieses Flimnierscotom dauerte eine Viertelstunde
und hinterliess l’ebelkeit.
Eiiii’ 54jährige Frau, die nach Pariser Sitte mit Kohlen und Wein
handelte, bekam plötzlich heiligen Sehmer/, nber dem rechten Augi‘ und
s-ib zugleich »36 Lichter«. Sie glaubte, es habe ihr jcunand einen Stein
an den Kopf geworfen, stürzte wilthend auf die Stras.se, liind nur ihren
.Mann und zu ihrem Schrecken konnte sie nicht zu ihm sprechen und
sidi ihn nur halb. Halil darauf krümmten sieh die Finger der rechten
Hand gewalt.sam und der ganze rechte Arm wurdi* von Zuckungen
ergriffen, der Kopf wurdi“ nach rechts gedreht uml der rechte Mund-
winkel zuckte. Die Zuckungen dauerten nur zwei .Minuten, Scotom, Kopf-
schmerz und Aphasie dauerten eine Viertelstunde. Dann trat Erbreidnm
ein und bald war alles vorüber. Seitdem hatte die Kranke noch fünf
gleiche Anfälle gehabt.
Ein 43jähriger Apotheker, dessen Vater an progressiver Pandyse
gesua'ben war, de.s.seii .Mutter und Schwester geisteskinnk waren, hatte
sv‘it dem neunten Jahre Anfälle von petit mal. Kr erblickte nadiis eine
feurige K\igel oiler Blitzi-, etnpfand einen rei.s.senden Schmerz in der
rechten Koptliälfte und verlor diis Bewusstsein. Zuweilen traten auch
Krämpfe ein. Im 30. Jahre zeigte sich zum ersten IMale eim- von der
rei-hten Hand ausgehende sen.sori.sche Auni mit Aplnusie. Die visuelle
Aura war bald eine feurige Kugel, bald ein haichteiides Rad. bald eine
helle (sler regenbogenfarbige Zickzacklinie, bald ein halb.seiliges dunkles
Scotom. Manchmal lidllte die Bewusstlosigkeit, immer folgte Erbrechen.
Die Frau des Kranken versicherte, er habe sieb wiederholt in die Zunge
') I.e« •'•piU'iisies. p. 56.
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rcl'or Mi^riinc.
gchissoii. Mit 36 .lahrcii Imtti’ der K'iiiukt* taljischc Symptomi* iH-koiiiiiicii
und sHtdoni Indtcii dit* Anliillt' allmählich aul'irchort.
Fcrt; s|incht in diesen Fällen sehleehtweir von Miffr.iine o)dithnhni(|Ue.
ich trlauhe aber, dass es sieh um wirkliche Kpilepsie gehandelt habe. Filter
dem Kinflnsse der BeliHiidlung können die Anfälle .sozu.sigen abgesehwäelit
werden, so da.ss nur die Auni (Ibrig bleibt. So war es z. H. bei iler
r)4jährigen Patientin Fere's: bei Hrombehandlung blieben zuerst die
Krämpl'e weg. dann schwanden die I’aräsfhesien und die Apha.sie. zuletzt
bestanden die Anfälle nur noch aus Kopfschmerz mit Flimmei-scotoiu
und Krbrechen. Wäre nun ein neuer Arzt hinziigekommen. so hätte er
wahrscheinlich eine falsche Diagiio.se gemacht. Es kann aber auch durch
den natürlichen Verlauf oder von vonieherein der epileptische Anfall mit
Aligräm'symptomen sich auf letztere reduciren. Am häutigsten wird wnhl
die isolirte sensorische Auni (die sensorielle Epilepsie nach Pitres^ zu
der Frage; Epilepsie oder .Migräne? veranlas.s«m. .Man ist dann auf
zweierlei angewiesen: die .Anamnese uml die objective Fntersuchumr. ln
der .Mehrzahl der Fälle von .lacksonscher Epilejisie fehlen objective
Zeichen nicht ganz: die Sehnenretlexe sind auf der betroffenen Seite
etwas gesti'igert. es bestehen dauernd eine gewi.s.se .Mii.skelschwäche. eine
grö.ssere Kühle, leichte t'yano.se. geringe Störungen der Emptindlichkeit.
Bei .Migräne aber fehlen im Intervall stets alle objectiveii Symi>tonie.
Bisher ist nur von der partiellen Epilepsie die Rede gewe.sen. Dass die
grossen .Vnlälle der »genuinen« Ejiilepsie (oder wie man sieh sonst au'-
dilickeii mag) zu diagnostischen Bedenken keinen Anla.ss geben, versteht
sich von selbst. Doch kann das |a‘tit mal gelegentlich mit .Migräne ver-
wechselt Werden. Ein 21jähriger .Mann z. B. kam .sehr betrübt zu mir.
weil er »wegen Epilejisie« in’s Krankenhaus geschafft worden war. Sein
Vater litt an .Migräne. (*r .selbst hatte sclion früher Kopfschmerzen gehabt,
aber seit zwei .lahren. seit einem Hheuinutismus acutus, hatten die .\n-
tälle ihre Form verändert. Kr bekam ungefähr alle acht Tage plötzlich
ein typisches Flimmerscotom. wurde dann von ohnmachtähnlh-her Schwäche,
mit der starkes Zittern beider Hände verbunden war, befallen, musste
erbrechen und bekam dann erst Kopfsehuierzen. Wird ein ,M igräiiekranker
ohnmächtig, was ja gelegentlich vorkommt, so wird immer der (iedanke
an Epilejisie aiiflauchen. Endlich darf man nicht vergessen, ilass beide
Kninkheiten bei einem .Menschen nebeneinander bestehen können.
Ich habe nun noch das Verhältniss zweier Krankheiten zur Migräne
zu besjirechen. das der Hysterie und das gewisser .\ngenmuskel-
lühmiingen. Die .Ansichten .sind hier und dort getheilt und bei der
Neuheit die.ser Dinge ist wohl vorläulig eine Einigung kaum zu erwarten.
Dass datiu. wenn der Aligräiiekranke hysterisch i.st. allerhand
Foinbinatiomm Vorkommen können, die unter Fmständen diagnostische
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«!if* sympt.nnati'^flu'n Migräm^sinfUllo «ml <lk* «ior Migrilm*. 79
Scliwicrijrkoiti ‘11 nuirlicii. das versteht sich von selbst, (ielfareiiflieli lial»e
ich sehon die VerknOiirimor der visuellen Auni mit livsterischer Dijilopic
erwiihnt. Ferner kann sieh dauernde hysterisehe Amljlyopie (wler Amaurose
an das hemikranisehe Seotom an.sehliessen. livsterisehe Koidsehmera'ii.
hysterisehes Erbreehen. hysterisehe !Sensibilitätstörmi<ren können sieh ein-
misehen, der Minrräneanfall kann eineti hysterisehen Aidiill auslösen ii. s. f.
(»hne weitläiilig zu werden, kann ieli nieht auf diese Itiiiire eintrehen.
die naeh den frewöhnlieheii Ke>reln der Diufrnostik zu erledigen sind und
bei denen theoretisehe Bedenken nieht in Fmge kommen. Die Sfreitfratre
aber ist die. ob der Mioriineanfall ein Symptom der Hysterie sein kann.
Chareot und seine Sehiller haben es beliauptet. Zuerst hat Bal)inski 1890
die 'l’he.sis vertheidigt. dann 1891 L. Fink, ein S<*hfller Beymond's.
also sozusjigen ein Enkel Cliareot's. ') Die Beweisführung geht so vor
sieh, dass die Migriine (oder die Augenmigi'iine. von dieser allein nämlieli
reden die fninzösiseheii Autoren) bei Hysterisehen gefunden werde, dass sie
eng mit hysterisehen Symptomen verknüptl sei. dass die Migriine hy.sterisehe
Symptome ersetzen könne und umgekidirt. dass seeli.sehe hh'seheinungen
aueli auf die .Migräne von EiiiHuss seien, dass man die .Migräne diiivli
hypnotisolie Suggestion hervorriifen könne, leli habe sehon frtiher an
anderem Urte gesigt. dass mir Babinski's Beobaehtungeii durchaus
nieht bewei.send zu sein scheinen, und ich muss von den dureli Fink
gesammelten Beobaehtungeii dasselbe sagen. Zunächst wäre in solchen
Fällen das Hauptgewicht auf ilen Xaehweis zu legen, dass die hysterisehen
Kranken nicht au Migräne selbst gelitten haben. Es wäre al.Mi zu zeigen,
ilass bei den V'envaiidtiui kiüne Migräne bestand, dass die Kranken in
der .lugend, vor der Zeit der hysterisehen Ziilälle keine .Migräne hatten.
Dieser .Vaehweis aber ist nieht geleistet worden, im Uegentheile wird in
mehreren Beobaehtungeii ausdrileklieh gesagt, dass die Kliniken froher
an gewöhnlieher Migräne litten. Das Zusamuieiivorkonimen und ilie Ver-
knflpfuug der Migräne mit hysterisidieii Symptomen können selbst-
vei-ständlidi gar nichts beweisen, denn die Migräne koiiimt Oberhaupt
voraigsweise bei neuropathiseheii Leuten vor. die tielegenheitiirsaelien
sind bei beiden Kninklieiten iingefiilir dieselben, die Misrräneantiille können
genide.so wie beliebige andere Zutalle als Agent provocateur tiir hysterisehe
Synijitome dienen und umgekehrt kann die ErsehOttening des Organismus
durch hysterische Anliille den Mignuieaiifall hervorrufeii. Da.ss seelische
l’eräiiderungen bei der .Migräne von grosser Bedeutung sind, habe ich
froher henorgehoben. damit ist aber in keiner \\'ei>e dargethan. dass
der .Migräneanfall seelischer Art sein könne, wie die Hysteriesymptoiiie
es .sind. Nun bleibt noch eins Obrig. Wenn, wie bei Babinski's einer
') In der BeeUaehtiin)! von Tlioliias liiOldelt e» siUi einfai-li laii .liigenmiKriine Uoi
einem liyslerischen Knalien.
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ri’liiT .MiKräm».
!*0
Kninlicii. Druck auf ili-ii M'clistcn Hni>l\virlicl dio Aufrciiiiiifrräiic licrvor-
nil't ipoiiit misniiiujf:cii<>I I. wciiii im liypnotisclicn Ziistamlc diircli Sn«;-
ircstion das Flimiiu'i'scnlom cr/cugt winl, so haben wir docli zweifellos
livsterische Krsclieiniiiifreti vor uns. (ianz frewiss, aber dann handelt es
sieh um eine hvsteriselie »('ontri*-fueoii« der Aufrenmifrräne, nicht uni
einen wirklichen .Mi<rriineuiitHll. Wenn wir eine hysterische Heiniiileoie
treffen, so nimmt docli Inaitzutage kein verstiindifrer .Mensch mehr an,
dass mm in der inneren Kapsel etwa Verändenm;;en biestehen, die rrsache
des hy.sterischeii Symptoms sind. Vielmelir ahmt der Hy.sterisehe uii-
willkitrlich eine eidite Hemiplegie nach. Wenn ich bei einem Hypnotisirteii
die Hallueination eines Hlitzes wachnife. so wirkt doch nicht mein Wort
auf die Himie des Hinlerliauptlappens wie ein elektrischer Strom, sondern
es ent.steht durch A.s.soeiation der Vorstellungen eine .so lebhaAe Phautasie-
vorstelluntr. dass si(> einer Wahrneinnun» gleicht. Kura, die hy.steri.sche
Naehalimting eines Symptoms ist nicht das Symptom selbst ; handelt es
sich um ein im Hirn localisirles Symptom, so ent.sprechen der hysteris<-hen
Nachahmung nicht Vi'ränderungen am Orte der Läsion u. .s. f. I'ebrigens
möchte ich glauben, da.ss die hysterische Nachahmung der Augeiimigräne
nur bei .solchen Hystenscheii vorkomme, die wirklich an Migräne gelitten
halten, die also einer Krinnenmg an die von ihnen selbst erfahrenen
IMiünomene fähig sind. Wenn tiilles de la Tonrette') sagt: »Kh bien,
il est cerlain tpie tous ces jihenomenes (sc. de la migraine ophthalmiiiae),
l'hysterie peut les simuler, ou mieiix se les a.ssimiler au jioint de rendre
le diagnostic tres hesitant«. so entspricht ilas ganz meiner Auffassung.
Ich gela* zu. da.ss eine hysterische (’ontre-facon der Migifiue vorkoiiiine
und da.ss es schwer .sein könne, sie von echter .Migräne zu untenadieiden.
ich leugne nur, da.ss die Migräne in dem Sinne ein Symptom der Hysterie
sein könne, wie sie ein Symptom der Kpilepsie oiler ih*r 'Jäbesparalyse
ist. (tilles. der fibrigeiis darin zu irren seheint, dass er ilie Migräne
in allen von Kabin.ski und Fink zusammengestidlten Hcobaehtuiigen Ob'
ilii* hy.sterisehe P.seudomigiiine hält, während es sieh gewöhnlich um
echte .Migräne bei Hysterischen handelt, (ülles meint, die rntersuchung
lies Crins nach dem Anfalle könne allein zu der Diflerentialdiagno.se
helfen. Ich lasse das dahingestellt sein. In seinen weiP'ren Au.sffthrungen
Ober die Hemiopie unil ihre Heziehungen zu der hy.sterischeii Ein.schränkung
des (iesicliLsfeldes nimmt er nicht darauf UOeksicht. da.ss auch bei der
Migräne eine wirkliche Hemiopie nicht vorkommt, sondern nur ein Si-otoni,
dass also ilie sogenannte Hemiopie bei Migräne und die concentrisclie
Einschränkung des (iesichlsfeldes nicht beide Vermindeningen des (iesiehls-
leldes sind, bei denen nur die Localität ver.schieilen wäre, sondern loto
Traitt- il*» riiyst/ric. 1891, I, p. 375.
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[>licr ilit' >-ym|itomatici.-hi'n MigrUni‘Hntiill>' iinil ilii? lii:ignn«i- iIit .Miüriiin-. öl
veiNcliifdiMii- Diiiirc. Ks isi richtig, dass Hamiupic liai Hvstcria
nicht vorkuinmc. sic tchlt aber uiudi Iwi .Mijriüiic. Die licsiclitslcld-
iiicssiiiic-cn cr>rab(“ii bei der soirciiantiteii liystcrisi-lieii Aii^eniiii<rräiit; nach
dem Anfälle nur conccutrischc Kinschränkiing. liii Anfälle richtet sich
die lirösse des Gesichtsfeldes nach der (irösse des Scutoms und ausserdem
kann die concmitrische Kinschraukmig gefumien werden. Hemerkenswerth
ist die rntersnehung Parinauds während siiggerirter Angenmigräne;
>an mument. uii la malade ne voyait (|Ui‘ la moitie des abjets le chump
visnel est encore plus rctreci ipi'ä Tetat nnrmal. mais nn ne coustate ims
les caracteres objectifs de riieiiiiopie permanente.« Möglicherweise könnti-
die Kehandlung zur DifFerentialdiagno.se helfen: ausschliessliche Hehainl-
liing mit .Miirränemedicamenten (Brom, Xatr. salicyl. u. s. w.) wird die
Migräneanlälle beseitigen, während sie auf hysterische Zidälle keinen
Kinrin.ss hat. Freilich kann die sugge.stivc Wirkung der .Medicamente irre-
ftihren. l 'in schlie.sslich ein Beispiel zu geben, will icli die erste Bisibaiditung
Babinski's wiedererzählen; es ist dieselbe, aiiftirund deren C’harcot zuerst
im .lahre 1888 auf die Beziehungen der .Migräne zur Hysterie hingewie.sen
hat. Ein 21jähriger (iniveiir. d(‘ssen Eltern sich wohl befanden, dessen
Schwester an Xervenzulällen litt, hatte nach (*iner Conjunctivitis in An-
fälltm autlretende Schmerzen im Auge mit Nebelsehen, die täglich Nach-
mittags um 4 I hr wiederkehrten, bekominen. Der .Vrzt liielt eine Oja-ration
Ihr nöthig und an dem Tage, an ilem di<‘se statttinden sollte, erlitt der
Kranke seinen ersten Knimpfaiifall. Nach einer Reihe von Anfällen bildete
«ich eine eigenthümliche Aur.i aus. Ein lebhafter Schmerz zog vom
Scheitel zum linken Auge und der linke Na.senfliigel erzitterti*. Dann trat
in der linken Hälfte des fiesichtsfeldes Flimmerscotoin auf; aus Funken
und leiichb-ndeii Strichen wurden Zickzaekbogen. die in den Ri'genbogeii-
farben glänzten. Die Erscheinung nahm allmählich das ganze (iesichtsfeld
ein. Nach einigen .Minuten verschwaml sie und dann begann der Anläll.
Zuweilen traten Ko|ifschmerz und Flimmerscotoin ohne Knimplaufall auf.
manchmal blieb der Schmera allein. Zuweilen wurde die Amu von kurzer
Stummheit (hemikninischer Apha.sie?; gebildet. Man fanil : Hemianae.sthesia
ilextra. Amblyopie. Diplojiia monophthahnica. starke Einschränkung des
( iesichtsfeldes. Bei Wius.ser- und Brianbehandlung hörten die hntmpf-
anfälle und auch die .Migräneanftille auf. die Stigmata verschwanden.
Seitdem, dass ich im .lahre 1884 die Aufmerksamkeit auf die
»periodische Oculomotoriuslähmung« gelenkt hatti-, sind zahlreiche
ähnliche Bi'obachtungen veröffentlicht worden mul ist das merkwürdige
Krankheitsbild von vielen Autoren eingehend besjaoehen worden, h-h war
der Ansicht, dass es sich um eine besondere Krankheit handle, und wenn
auch die Ursache des Leidens ganz unbekannt i.st und ebeii.so über den
Sitz wie über ilie Art der Läsion versehiedeiie .Meinungi'll gellen, so
Mdbiu«, ITeber Mlirriinf.
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82
l’cliM' Miitriini’.
sflii’iiiiMi (liH-li (lii‘ Mi-isii'ii jnicr Ausiclit ziiziistimmiMi. Fivilicli hat m-1iou
S aiiuilliy Ncim* Hcohafliliiniri'ii als Mi^rüiic mit (tciilomdtoriuslälimuiii:
iM-zcii'lilii-t. licmak iiuil AiiiIiti- liala-ii liar.iiif hiu^awiascn. ilass nähiTc
Hi‘7.ii-liim;'i-u zwischaii (h*r .Mifrfäiii' uiul ilor |M‘ri(Mlisdieii (•culomotoriiis-
lälimiiii<r möi’litcii. mul schlifsslich hat Chareot im .lahru 1890
die ll•tztl•t■l■ als Art der Mi^rüiu- hl•zpu•hm■t. fiiiu AutTassunir. guinäss der
iT dt‘)i Namen ». Migraine oidithahno|>legiqiie« vorsehhig. Dass ii-h diesi-r
la'hre nieht ziistimmen kann. g<-ht sehun daraus hervor, dass ieh die
|n'ritHlis(die Oeulumutoriiislähnmng nieht unter den Folgen der Migräne,
sondern hier, unter deti <liagnostisrh zu trennenden Kninkluüten hespnadie.
Kekanntlieh denkt man hei |a‘riodiseher Oeulomotoriuslähtmittg an die
Fälle, in denen vom jugendli<-lu-n ladremsdtiT laler von Kindheit an auf
den Oeulomotorius he.sehränkte. mit Kopfsehmer/, und Krhreeheii einsetzeiide
Lähmungen in annähernd gleiehen Ah.ständen wiiMlerkehreii. Wollte ieh
an die.scr Stelle eingehend die t'asui.stik hespreeheti. so mfis.ste ieh einen
ungehi'ihrlieh grossen liaum dalitr in Ansjirueh nehimui. Ieh habe alle
Keohaehtmigen in »Sehmidt's Jalirhf'iehern« hesproeheti und mu.ss weg.-n
des tieiiaueren dahin venveiseii. Hier will ieh mieh darauf hesehriiuketi.
die .Aehtiliehkeiten mit der .Migräne uiul die l’ntersehiede von ihr zu
heZeiehiU'n. wobei sieh ergelu-n wird, dass diesi- wiehtiger .sind als jene.
Heide Leiden begitimui in der .lugend, beide he.stehen aus annähernd
periodisi'h auftretenden Atilallen. iti biäden Anfällen k(>hrt da.sselbe Syndrom,
nämlieh halli.seitiger Kopfsehmeiv.. der um das Auge uiul hinter ihm am
•stärksti-n ist. und Frbreeheii. wieder. In der That leitet den Atifall der
Augenmuskellähmung ein eehter Migtäneattfall ein: tiarilber be.steht kein
Zweili-I. vielmehr streiten wir darum, ob dieser .Migiiiiieanfall ein Symptom
i“iner anderen Krankheit ist und den .MigräneantUlleii bei Tabespai-alysi'
utid K]iilepsie gleichwerlhig ist. isler ob es sieh um die Krankheit .Migiäiu*
in beiden Fällen hanilelt. Hin der periodisehen Oeuloiuotoriuslähmung siiul
die Verhältnisse sehr vers(diieden : Die .Anlälle können naeh Woelnui.
tiaeh Monaten, naeh .lahren wiederkehren, sie können (ehe ilie Lähmung
eintritti Tage. Woehen. .Motiate dauern, die Lähmung dauert ebenso lauge
oder lätiger. sie verschwindet in der Zwiseheiizi-it fast ganz, oder sie bleibt
in grösserer oder geringerer Ausdehnung bestelum, wäeh.st in den Antulleii
nur an. Die langen Zwischenzeiten kommen bei di-r Krankheit .Migräne
sehr selten, bei der iMuiodisehen Oeidomotoriuslähmiing oft vor. Die lange
Dauer des .Migräneanfalles ist dort eine .Vusnahme. hier die Regel. Hier
können dit; Kranken nieht nur eine AVoehe, sondern drei bis vier W<M-ln'U
fast unaiisge.setzt an Ko|ifs(dimei7. und Frbreeheii leiden, bis endiieh die
Ueulomotoriuslähmung eintritt und mit ihrem Fintritte jene Symptome
plötzlieli verschwinden. Letzteren rmstatid halte ieh ftlr wichtig, denn er
ileulet darauf hin. dass die auf die Lähmung abzielenden läUsionen die
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rnluT (lii- symptumatisiilien Migriim-anfallf um! dif Diagnuw der Migräne, g3
Migräiifsviuptoiuif hiTvorrufi’ii, nicht diese jene. Nimmt mau an. dass
der Migräneanfall zur Augenmuskellähmung ttihre, wie er nach der Vor-
stellung Mancher zu einer Blutung u. .s. \v. lllhren kann, so sollte man
erwarten, dass es bei schweren Migräneaufällen nicht so selten zu Ueiilo-
inotoriuslälimung komme. Nun ist aber davon nichts zu erfahren. Zwar
wird in einigen Fällen von periodischer Oculomotoriuslähmung beri<rhtet.
da.s.s vor der ersten Lähmung durch kürzere o<ler längere Zeit einfache
-M igrUneantälle vontusgegangen seien, wie denn solche auch zwischen den
Autällen mit Lähmung auflivten können, aber in der Rt*gel ist von voriie-
herein der Anfall der periodischen Oculomotoriuslähmung vollständig, die
läihniung i.st .schon in der Kindheit vorhanden, während die Krankheit
.Migräne, wenn sie zu groben Läsionen Itlhrt. dies nach der Meinung
Aller doch erst im vorgerückten Alter thut. Eine weitere Differenz liegt
darin, dass bei der [»eriüdischen (.tculomotoriuslähiuimg von den Mini-äne-
syiu[)tomen, Kopfschmerz und Erbrechen, regelmilssig vorhanden sind,
alle anderen Zeichen der Krankheit Migräne alu'r regelmässig fehlen, [st
jene die Kmnkheit Migräne plus Oculomotoriuslähmung, warum fehlt dann
immer die Aura, he.sonders die visuelle Aura, die doch sonst bei schwerer
Migräne so häutig ist? Endlich aber, und das ist für mich das durch-
schlagende Argument, beruht die Krankheit Migräne auf gleichartiger
Vererbung, die |H‘riodiache Oculomotoriuslähmung nicht. Die meisten an
der letzteren Krankheit Leidenden haben keine migrätiekranken Verwatidteii.
Brsleiikt man. ilass die Migräne sich nicht nur überhaupt vererbt, sondern
oft genide in ihrer be.sondereii Form vererbt, so dass der Sohn eines an
.\ugeninigräne leidendim Mannes oft nicht nur überhau|it Migtiine. sondern
gerade wieder Augenmigräne hat, und nimmt man an. dass es eine
Varietät der Migräne mit ticulomotoriuslähmung gebe, .so müsste man \on
dieser doch erwarten, du.ss sie in mehrereti (ienenitionen oder wenigstens
bei verschiedenen (iliedern einer Familie auftrete. Aber wir linih'ii nii-hts
denirt; Die Kranken mit periodischer t.iculomotoriuslähmung stehen ganz
vereinzelt da. die Krankheit hat anscheinend mit Vererbung gar nicht'
zu ihuti.*)
Nur mit einigen Worten mochte ich die Frage berühren, ob, abgeselnm
von der periodi.schen Oculomotoriuslähmung. Beziehungen zwi.schen Migräne
M In B<o,ieliiing auf die läslier Kcfiinileni'n anatoiiiisclicn Vorämli'ningen (Weis'.
Tlxiiiisen. Itieliter», stimme ich Cliaieut ganz hei. wenn er anniimiit, dass sie ilie
Krankheit nh-bt erklären, seeiindärer Art seien. Ihass ieh die Trennung der Fälle in
solche mit freien Intervallen und solche mit hieiliender läihiining nicht anerkennen kann,
halie ich an anderem ttrte gesagt. Es gil.t die erste (.'lasse gar nicht: sind ja im .Vnfange
die Intervalle frei, sc) entwickelt sieh doch mit der Zeit dauernde Lähmung. IJebrigens
würde die letztere gar nicht gegen t'liareot s Hj|“)lhese spreehen, es vielmehr ganz
verständlich sein, wenn liei der zu organischen Veränderungen fidirenden Migräne jeder
Anfall die vorhandene Lähmung verschliiumerte.
6 *
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Vclwr .Mipraiie.
und Augfuiimskclhiinnuligen bi-steliHii. Einmal hal)i> ii-li bei (‘incin 12iälingcn.
an .schwerer Migräne leideiuleli Mädchen Ptosis cuugcnila bei<ler Augen
beobachtet. Uh ein Ziisainnienhang bestidit. ist vorläulig nielit zu .sagen.
Hei einer 38jährigen Frau, deren Seliwester auch an Migräne litt, und
die selb.st seit d<T Kindheit Anlälle iiatte. land ich O|ihihalinoplegia interior
dextra. Aber die Kranke hatte mit 20 .fahren einen sv|ibilitischen Mann
geheirali't. al.su war die .Viigenläliniung wtdii ein Tabe.ssjniptoni. Die
l.iteratur enthält wenig. Liv eing eivählt vun einem fiärtner, der .seit seiner
Kindheit au gewöhnlicher Mitrräiie litt und dessen Tochter ebenfalls Migräne
hatte. Im 40. Jahnt bekam der Jlann. nachdem er längere Zeit an Gesichl-
.sehmerzen gelitten hatte, einige Anlälle mit vi.sueller Aura und nach einem
stdcheii trat Doppelt. sehen ein. Man liind Lähmung des rechten Intenius
and to some exteut of Ihe siiperior ohliiiue. ln die.sein Falle könnte man
denken, da.ss die Migi'äne die Augen miiskellähmung bewirkt habe. Es ist
al)er auch nicht ausgeschlossen, dass der liäilner an beginnejider Tabc.s
litt. Auch eine meiner Kranken litt seit der .fugend au einfacher ^Migräne
und bekam erst, als eine progre-ssive l'aralvse sich entwickelte, Anlälle
mit visueller und .sensori.se her Auni ),vgl. p. 29). Wunderlich ist der
8chlu.ss der (iesehicht4‘ des (iärtuers. Jsachdem die Aiigenmuskellühmuug
etwa vier Wochen bestanden hatte, trat ein Xiesskrampf ein und darnach
verschwand das Doppeltsehen, blieb nur geringe Schwäche lies Intenius
zurück. Die Erkrankung der Stirnhöhlenschleimhaut hat, wi(‘ es scheint,
zuweilen einen Einfluss auf die Augenbewegung. Daran muss man auch
in dii'sem Falle denken.
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V. Ueber «iie Pi*o/äfnofm «b>r Migräne.
■Vacli (lein, wiis ich (Iber V'erliuif und I)iagiio.se der Migräne ge.sugt
liiibi', t>leib(^n für die Prognose nur einige Bemerkungen übrig. Ich halie
versucht, auseinanderzusetzen, dass wir bis jetzt über die Möglichkeit der
Kntsti'hung grober (iehirnverändernugeu dnreh die Migräneanfiille. über
den ITebergang der Migräne in andere, .scdiwerere Krankheiten noch recht
wenig wissen. In praxi aberdüifte es sieh empfehlen, die Sache nieht'zu leicht
zu nehmen, und man sollte, abgesehen vom (irade der Wahrscheinlichkeit,
durch die blosse Möglichkeit sich veranla.sst sehen, jede schwere Migräne
ernsthaft zu behandeln. Man hat oll mit der Indolenz der Kranken selbst
zu kämpfen, die da meinen. g('gen »ihre alte Migräne« sei doch nichts
zu raaehen. .Je weniger Anfiille. um so be,s.ser, je seltener sin wiederkehren,
um so weniger b’steht die (}e.'’ahr. diss sie. dauerndi* Schädigung des
(rehirns hervorrufen. Kin grosser Vorlheil ist es schon, wenn cs gelingt,
vollständige in unvollständige, schwere in leichte Anfalle zu verwandeln,
denn vennuthlich ist die Gefahr der Intensität des .Unfalles proportional.
Scheint mir auch die düstere Färbung, in der Charcot und seine Schüler
die Zukunft der Kranken mit .iugenmigräne schildern, übertrieben zu sein,
so sind 'doch zweifellos die vollständigim Anfälle mehr zu fürchten, als
die »vulgäre« Migräne.
Auf jeden Fidl wird mehr gefehlt durch zu sorglose als durch zu
erns te Beurtheilung der Migräne. Ein Arzt, der die .Migräne seiner Kranken
verlacht, verdient nicht, .krzt zu heissen. Wer sich nur um die Leiden
kümmert, die eine »pathologisch-anatomische Begründung« haben, der hätte
lieber Anatom werden sollen. .lede Migräne ist eine Krankheit, die viel
Lüden verursacht, die Leistungsfähigkeit und die Lebensfreude ernstlich
beeinträchtigt. Möglicherweise siüzen diu Anfälle bei häufiger Wiederkehr
auch dann, wenn keine grobe ViTänderung entsteht und wenn das I»eben
nicht gerade abgekürzt wird, die Leistungslähigkeit dauernd herab, so dass
die Kranken auch in den Zwischenzeiten nicht das leisten können, was
sie ohne Migräne leisten würden. Lieber diese Ginge ist schwer zu tirtheileii.
Zweifellos ist, dass den Migranekrauken manche Berufsarten durch ihr
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IVt'cr Mi/iriitip.
Li-i(li*n iiiclir wciiijriT versi-lilossi-n wcnli'n, dass sii* niclit st-lttii zu
•■iiu'iii stilloii und pinsaiiii'ii F,t‘l)i-n }rmvuujreii werdpii. das ihrt'n nntflrlichen
WllnscliMi vicllficlit diirclimis nii*ht rntspridit. Alla diosp Erwägungen
nii'issen den Arzt veranlassen, die Hehandlting der Migräne mfigliehst
I'rfdizeilig und mogliclisi naelidrlieklieli zu betreiben.
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VI. Die K(‘haiMlliin^ der .Mi^nliie.
Zur Verliütuii}; der Mifrratie lässt sicli weiiiff tlniii. Dass Mifrränc-
kninke nicht heimteu sollten, kann inan nicht verlangen, auch würde
dein Verlangen nicht entsprochen werden. Ininierhia gehört die .Migriine
zu dein, was gegen eine Khe spricht, und besonders dann, wenn hehle
Theile an Migriine leiden.
Oh durch irgend ein Verhalten dii- von Migräiiekiiiiiken staninienden
Kinder vor der Migrüm- liewahrt werden kOiiiieii. ist iinhekannt. Kinpt'ehlen
kann man nur das, was i'iherliaii|it der (tesundheit des (iehirns ziitiilglicli ist.
eiiiliiche ilatnrliche ladieiisweise, Anicntlialt iiii Freien, späten Hegiiili des
Selnihinterrichts. V'ernieidung von Anrregungen und .Viistreiigiiiigeii.
Bei der Heriitswahl kann die Migräne ins (lewicht fallen und dazu
lieitragen, die Wahl auf eine Heschäftigiiiig zu lenken, ilie nicht an die
Stadt und nicht ans Ziniiner fes-selt.
Die Beliaiidhing der Krankheit hat ziiin Ziele die Unterdrückung.
.Vhschwächiing d<T Aiilalle. Sie hesteht Iheils aus der Regelung der
Leheirsweisi'. thcils ans ältlichen V'erordnitiigen ini engeren Sinne. Zu
ilir gehört natürlich die Vcrnieidiing von Scliädlichkeiten üherhaiipt.
besonders aber die Vernieidiing der lielegenheitiirsachen. Da die letzteren
nicht in jislein Falle dieselben sind, i.st ein gewisses Individualisireii nOthig.
ln Beziehung auf die Nahrung habe ich die Meinung, dass eine
vorwiegend vegetabilische Xahriing zuträglicher sei, als reichliche Fleisch-
kost. Manche Ratieiiten sind sogar strenge Vegetarianer und bcliaupten.
da.ss seit der neuen Naliriingsweise ihre .Viitalle ganz weggehlieben, o<ler
seltener und schwächer geworden seien. Ich will die Thatsnehe nicht
leugnen, nur darf man nicht vergipsen, dass mit der Aenderiing der
Kost otl andere Verändernngen (Vernieidiing des Alkohols, regehnässigere
Lebensweise überhaupt u. s. w.) verbunden sind, dass dabei die Suggestion
eine Rolle spielt, dass zuweilen die fiewOhnung den Erfolg der .Maiuss-
regcl aufhebt. Das letztere kommt recht oft in Betnicht und ich glaube,
dass es sich dabei nicht nur um Suggestion handle. Vertragen die Baticnleii
diese oder jene Speisen nicht, so müssen sie sic vermeiden. .Icdoch gitu
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cs auch hier ein »aher«. Je mehr man sicli cinschräiikt uml je voi-sicliti^er
man Icht, um so cmiifimiiicher wird man.
Von den (ietränkeu sind die nikohulhaltijren e-ewöhnlicdi naelitheiliy:.
Freilich steifrert auch hier die Knthaltsamkeit die Phiiplindlielikeit. da
aher der AIk(diol n)>erhaupt keinen Vortlieil liriiifrt. kann man mit Keidil
die dauernde und vollständige Knthaltung emidehlen. Nur diijenigen.
die die gesellsehaftliehe Tynmnei. der widerliche rnsinn der Trinksitten
in die Nothlage bringt, entweder ihre Gesundheit zu schädigen, oder hei
ihren Vorgesetzten anzusto.s.sen. die Neigung ihrer Standesgeno.sseii zu ver-
lieivn II. s. w.. sind zu bedauern.
KalTee .sehadet nichts, er pflegt im Anliille .sogar wohlthätig zu sein.
l>oeh ist es .sidhst\ersländlieh. dass Jedes rehermaass von Katfee oder Thee,
das der (iesundheit äherhaiipt naehtheilig i.st. auch die Migräne hefiirdeit.
Das gilt imtnrlieli auch vom T'ahakniiielien. (‘olmhitireii. Onaiiiren u. s. w.
Zuweilen gelingt es. durch eine Aenderiing des Wohnortes, eine allen
Mitteln sonst widei-stehende Migi-äne zu heeintliissen. Die Kinnken sind
dann ganz entztlekt. und erklären, ihre Migräne .sei verschwunden. .Mit der
Irllher (Hier .sjiäter eintretenden Gewöhnimg pfii-geii l’reilieh die Anlälle sieh
wieder zu zi'igen. Da.ss ein vier- oder seidiswöehiger Aufenthalt an
der See. im Gebirge, in einem Hadeoile gro.ssen Phfolg habe, glaube ich
nicht. Die .Anlälle setzen widil aus. aber mit der Kiiekkehr in die alten
Verhältnisse ist wieder .Alles wie vorher. .Anders verhält es sieh natfir-
lieh. wenn das Niveau der Gesundheit gesunken war und deshalb ilie
.Migrilne versehlimmert war. Dann kräftigt der Curaufenthalt den .Men.seheii
im (iiinzen und wirkt so indireet nindi auf die Migräne.
Sehr wichtig ist die Keoeliing des inneren Lehens. Das .Maass der
geistigen .Arbeit kann der Eine sii-h selbst ziitheilen und er muss es
dann mit Riieksii-ht auf seinen Ziislaml thun. Der .Andere muss sieh in
seine V'erhältnisse tilgen, aher aiieh diiiiii kommt viel danulf an. wie er
arbeitet. Jede Hast sehadet. Ein (jtianttim Arhidt. das auf einmal nicht
ohne Xaehtheil bewältigt werden katin. ist unsehädlieh. wenn man Pausen,
die durch Essen. Gehen oder dergleichen au.sgefülll werden, einschielit. ln
Heziehung auf Gemflthshewegiingeii sind die Mei.sieii recht tmfrei. Immer-
hin kann der Aleiisidi lernen, den .Anlässen aus dem Wege zu gehen und
hei g(>gehenem .Anlasse sieh ZU helieiTschen. ln neun von zi’hn Fällen
.schadet der Aerger mehr als di(* Sache, über die inan sich ärgert. Je
ilfter man sich vorhält, dass der eigene Vortlieil somit durch den Aerger
ge.sidiädigt wird, umso eher lernt iiiaii die Aufwallung im ersten .Anfänge
unterdrücken. .Manche helfen sich mit kleinen .Milleichen: einen Schluck
Wasser in den Mund nehmen iiml bis ,50 zählen, ehe man schluckt ii. s. f.
.Aus der Aiifzähhmg der Gelegeiiheitiirsacheii ergibt sich übrigens
von sellisi. was der Miirränekraiike zu vermeiden hat. hdi erinni'ri' ioh-Ii
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llie Ucliandluna; ili-r Migi-äni'.
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bfsoiHlcrs an den Aufentluilt in Hämni'ii mit vcrilorlHairi- l.iifl fjada lailt.
in der ( ia.sdamnien brennen, ist seliädlieh!). an di(‘ relawiziing dinvli
t'diiceili*. diireh tiesellscdiaften. an den Fanlliiss der HIendiiii;'.
Im Allgemeinen hat der Migninekranke den ( ielegeiibeiliirsaelieii
gegennber zwei Methoden. Das einfhehst(‘ ist. wenn er alle vermeidet.
Aber dabei steigt seine Kni|)tindlielikeit. Andi-rerseits verlieren die tielegen-
heitiirsaehen umsomehr an k'ndt. je höher das .\i\eaii der tiesundheit
steigt. Die.ses Steigen in erster Linie zu erstreben, ist also am rationellsten.
Wie es zu machen ist. braucht hier nicht gesagt zu werden. .Schade
nur, da,ss der gute Wille des Krankim und ili's .krztes sich ott an der
-Macht der Verhältnisse bricht.
Ich komme nun zu der iiehandlung mit .Medicameuteii. Sind die
AtitUlle leicht und .selten, so kann man ton ihr ab.sehen. in allen schwereren
Fällen aber ist aus den bei der Prognose erwähnten Grfiuden der Spruch
des .lesus Sirach (38. 4i am Platze; »Der Herr lässt die .\r/.euei aus der
Knie wach.sen und ein Veriiünlliger venichtet sie nicht.« Freilich kommt
von den Arzneien, die direct aus der Krde wachsen, keine bei Migräne
mehr recht in Hetnichl. Vielmehr sind besonders zwei liru|i|»eii von
chemischen I’räparaten zu empfehlen: Die Hromsilze einerseits, die neueren
»Xenina« (Natron salieylicum. .\ntipyriu, .\cetanilid. Phenacetin u. s. w.*)
anderers*‘its. Die Hrombehandlung ist wohl zuerst von J.iveing gebraucht,
dann von (.'harcot nachdriteklich gegen die Augeiimigräue empfohlen
worden. .Mau gibt Hrmukalium in steigenden Dosen, etwa erst 3g täglich
einige Wochen lang, daun 4 dann ,ö. dann 6 g und ebenso steigt
man mit der Dosis allmählich wieder herab. Die Loslösung der .\ugen-
migiäiie von der Migräne nberbaupt ist auch hier nicht berechtigt: in
allen Fälleti .schwerer .Migriine (bei deren -Mehrzahl allerdings die .Vuni
vorhanden i.sf) ist das Hromkaliiim augezeigt und hat sehr gute Krfolge.
la-ider verhindern die Nebenwirkungen des Hroms oft den von Chareot
vorgeschlugeiien .Modus. Man kann zwar die Hromakne einigermaas.sen mit
Arsenik bekämpfen, sobald aber Müdigkeit und geistige ScblalTheit ein-
‘) ilipr folgt <‘in dw npiiori'n in liotruvUt kommenden Mittul: Autliux\-
coffuin. Agathinniii iSaliuvljilduliyd'Mi*lli\l(»lK*nvlhydruz<ni), Analgun (^frUio-ätlioxyuna-
iin»nol»enzoylaniidouhinolin). Antih-Uriii (AvPtanilid). Antinorvin (liumisi-h von AntitoKrin.
AminoniiiiiK'hlorid iin<l SHlluyNiiiiru), Antipyrin {Plionyldiiiiutliyl|iyni7.olon). Anti>opiii
(Monolirotmii‘otfinilid). Anti«>}»H8iiiin (NuivumnHtriiiiii-Natriiiiiisuliuylat). Bt^nicunilid. IMol
(N:i|)lithol-Salol). Hroiiiopyrin (UuniiHuh von Anti|iyrin, roiftin. >'atriiiiiilinmiid). l>itlii<m
(Nutron!*uU dur Iiitliiun^ulifyl.^jiiiru), Kuphorinu 1 1‘liunylnrutlian), K.\rtlgin (Muihylarutiinilid),
Formunilid, .Mulakiii (Phunutidinsalifvluldoliyd). Mutluirutiniiiii, NouriHliniiiii (Ai*utylirtu<
Paraoxypliunylurutliun). Phunuuutin. Phunopolhini liydnHdilorleiiin, Phunosnlyl
aiw Pliunol. Salitylsäiiru. Mili-lisiinru nnti Munthol). Pyro*lin (Auutopliunylhydmzin).
Suinntol, Snlii'vliimid, Salouolliiiii ( I*hunovolliim salioyl.). Sah>l (Salivvlsuure-Phunyliithur/,
Salophun (A'o*tparainidtt>ah)l). Tolypvrin (TolyUUiiiuthylpyra/.td«»n^. Tolysalyl (sdiv> 1-
«anres Tolypyrin). — Ars u«i miiltiplr.s.
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IVbor Miprän<’.
(ri‘i<‘ii, muss man doi-h mit licr Bronipihi* /.iinii-kjri'h™. Auf jt-dcn Kall
iiKH-liti' ii-li nirlit zu i‘ini*iu fri'walt.sauifn Vorgelum nifhan. Ich habe
immer den Kindnick gehabt, ila.«,« ilie, die da.s Brom wirklich brauchen,
es gewöhnlich gut vertnigen, und das,s die, bei denen friihzeitig Xelien-
wirkungen eintreten. auch weniger Vortheil von der Beliandhing haben.
• •ft habe ich es vorgezogen, eine kleine Menge (Kal. broni. 2 0 oder 3'0,
Abends in Sialawassi-r zu nehineiii recht lange foitnehineu zu la.s.sen, als
in Chareot’s Weise vorzugehen. .le nach den I'mständen lii.s.se ich da.s
■Mittel 6 Monate. 1 .lahr oiler noch länger nehmen. Zuweilen tritt sidion
nach einigen .Monaten eine wesentliche Bes.sening ein. dann lasse ich das
Mittel wohl versuchsweise alissetzen. intlie aber den Weibern, es während
der Kegel auf jeden Fall zu nehmen.
Bei der vulgären Migräne schlägt das Bromkaliuni oll weniger gut
an. als bei den schweren Formen. Hier verwende ich gewöhnlich sidicvl-
siiires Natron, denirt. dass ich Abends 1 g in Kaffei' nehmen la.s.s*>.
Das Mittel macht i abgesehen von einzelnen Personen, die aus mir unbe-
kannten rnsnehen eine Art von Idiosynknisie haben) gar keine Störungen
und kann wahrscheinlich durch unbegrenzte Zeit gegeben werden, ln
der Regel bleiben dabei, wenn eiin> veniiintlige Leben.sweise eingehalten
wird, die Anfälle aus. Udder .scheint mit der Zeit auch hier (iewöhnung
einzutreten. Manche Kranke haben Vorläuferer.scheinungen am Tage vor
dem Anfalle, dann genügt es oll. an diesem Abende 1 — 2 g Natr.
salicyl. nehmen zu la.s.seii. Andere können sich dadurch durchhelfen,
dass sie dann, wenn .sie sicli einer der bei ihnen wirksamen Oelegenheit-
iirsacheii au.sgesctzt halnm, Abends |)ro{diylaktisch Natr. sidieyl. nelimen.
Immer aber kommt es daivuif an. dass das .Mittel am Abende vor dem zu
erwartenden .•Intälle genommen werde. Ist dieser einmal da, so hilft es
in der Kegel nichts, höchstens ganz früh, unmittelbar nach dem Erwachen.
Die anderen Mittel (Anli|iyriii. 10. Acetanilid 0'5- 10. Phenacetin. 0’5)
wirken liei gleicher .\nwendung ganz ähnlich wie das salieylsaure Natron.
Der eine hat für dieses, der andere für jenes Vorliebe. Es ist rathsaiii,
wi'iin eine längere Behandlung nüthig ist. zu wechseln, etwa Antifebrin-
perioden mit Salicyljwrioden wechseln zu lassen u. s. f.
l'eber andere .Mittel als dii- bisher giMiannten habe ich wenig Kr-
lahrung. .Manehe. z. B. (iowers. empfehlen Nitroglycerin. Man soll mit
klidnen Dosen anfangi-n (0'0002 0 0004) und sie zwei bis dreimal täglich
nach dem Kssi-n nehmen lassen. Nach (iowers i.st das Nitroglycerin
besonders in den Fällen von Migräne, liei denen das Hesicht blass wird,
nützlich. Ich habe es nur ein paar Mal probirt und es schien mir weniger
zu leisten als dii> anderen Mittel. .\uch über das Aconitin habe ich bei
Migräin- keine Erfahrungen. Da ich nicht gern mit stark wirkemlen Medi-
canienteii. bei denen ein kleines Versehen von unberechenbaren Folgen
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liii‘ )(i‘hHn<lliin^ ilcr Mign'ino. 91
M‘in kann, zu tlinn imlii-, blciba idi bai ib'ii bi>wäliiii>ii. Iiannloscn .Mitteln.
Uas (btisiii. ilas Kraepelin iMiipfolili-n hat. ba)ic ich nieht versucht. Kr
spritzte drei bi.s l'tliif .Millig-rainm im Ilepinne des .Anfalles nnter die Haut.
Kei »paralytiselier Migräne« lialf es. bei »sj»asti.s<-ln'r Migräne« seliadeti;
es. Ks i.st mir nicht bekannt, ob Anden- gleiche Eifahnnigim genmeht
haben. Begreiflieln-rweise sind die gegen Migräne einpfidilenen .Mittel
Legion. Doch dürfte es sieh kaum empfehlen, auf das endlo.se (iesehäft.
über di(‘.se Empfehlungen zu In-riehlen. einzugellen. Hei vielen Auton-n
Zeigt sieh der Mangel an Saehverstäiidniss schon dadurch, dass sie immer-
fort von der Hehandlung im .Anfalle reden, die allein wichtige .Aufgabe,
den .Anfall zu verhüten, ganz bei Seite lassen.
.Au.s.s»>r der Arzneibehandlung spielen die sogenannten physikaliselieii
Alittel, \V'a.s.serbehandlung. Ma.ssage. Klektrotberapie. bei der Migräne eine
Ibdie. Dn.ss die Hydrotheiiipie gub- Erfolge habe, kann man nicht be-
streiten. Der eine rühtnt das kühle Sitzbad, der andere Halbbäder, ein
dritter anderes. Immerhin dürfte es sich hier nieht um eine direeU» Ein-
wirkung handeln, sondern um eitle Kräftigung des tlrganismus im tianzen,
die ihn widerstandsfähiger gegen die (ielegenheitursHeheii macht, la^-
ziehungsweise um i-ine Hebung iles vorübergehend gesunkenen Niveaus
der (.lesundheit. Auch kann da. wo Magen-Darmstomilgen, be.sonders die
Verstopfung, die .Migräne tbrderii. eine geeignete \Va.s.serbehandhing in-
direct von grossem Nntzmi sein. Leber ilie .Massage ist schwer zu reden.
Hört man ihre l/ibredner. die be.sonders im Norden zu Haiisi- sind, so
wundert man sieh darüber. da.ss es überhaupt noch .Migräne gibt. Leider
Seheinen alle »geheilten« Kranken später wieder .Anfillle zu bekommen.
Die allgemeine Ma.s.sage. beziehungsweise die (iymnastik kann ja zweifello.s
inilirecteii Niitzi-ii bringen, was aber das Bearbeiten des Kopfes nützen
soll, das bleibt wenigstens für den dunkel, ib-r nieht an die Knoten und
Knötchen der Mn.s.seure glaubt. Es scheint, dass doch ein recht gro.sser
Theil der vorübergehenden .Massageerfidge der Suggestion zuzuschreiben
.sei. .Als Suggestionswirkntig sind wohl aneh die Erfolge der Elektrothera-
jM'iiten aiifziifiussen. AVenn man alles da-s zusainmeiistelleii wollte, was IlWr
die AVirkung der Elektrii-ität bei Aligräne ge.schriebeii worden ist. es gäbe
ein Buch für sieh. In der Sym)»athieuszeil wurde die Aligiäne durch
»tialvanisation des Sympathieus« geheilt, die Kanulisation und die Unl-
vanisation des Kopfes, die allgemeine Kaindisation. das elektri.sehe Bad,
die stati.sche Douehe und manches atideri- noeh, alles leistete das.selbe.
Diese Elektrotherapeuti-n hatten mit ilem einen A'erfahren glänzende Er-
folge, während ilie anderen .Alethodeti nichts halfen, odi-r gar schadeten,
.lene tlieilteii die Migränekninki'H in ('lassen: la-i der einen (’la.sse half
die Karadisation, bei der anderen die tialvanisation; die »spastische Aligräne.
mussli* natürlich anders behandelt werden, als ilie »paralytische Migiäne«»
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92
I cIiiT Migräni'.
ficjrcii ilic rilir iliciiti- (li‘li tiläubig'fU iliT eilK- l’ol. (lii; alidfiv liiT
amlfn* Pol ii. s. T. Kura, es ist fiii wi-hmOtiiivfr Aiibliok. die Seliaar der
-Metlmdeii zu iiiiisterii. Ib-ilüutijg jre.safrt. ieli liala* während und aussi-rhalh
des .Aiifallo.s die meisten der ».Methoden« an mir versueht und ich lialu*
niemals auch nur eine S|iiir von Kinwirknng' wahrgeiiommen. Nun lassen
sieh alter die thatsäehlieheii Krfolge der Klektrotherapie nieht aus der
Welt schallen, ich habe selb.st welche erlebt und habe in den ersten
.lahren meiner Thiitigkeit auch geglaubt, ich hätte Migräin'knmke geheilt.
Es bleibt kein anderer Ausweg, hier wii- bei den Wundern der .Massage
handelt es .sieh um Suggestion, ich hala- schon gelegentlich darauf hin-
gewiesen, dass bei leichteren .Migrälieanfalleli |is_vchische Eintlllsse von grösste
Bedeutung sind. Es ist also verständlich, da.ss bei einem solchen Anfalle
die elektri.schen Manipulationen, besonders wenn sie von einer geeigneten
Persönlichkeit aiisgefnhil werden, »sofortiges Wohlbehagen« bringen
können. Doch reicht diese Erklärung fdr die Fälle nicht aus. in denen
I’atienten durch elektrische Hehandlung von häutigen .Anfällen fllr längere
oder ktiraere Zeit befreit worden sind. Nun wirken zweifellos bei sugge-
stibeln Personen die Anialle selbst suggestiv, in dem Sinne, dass die
Furcht vor dem Anfalle Scheinaiifitlle. d. h. suggerirte ' hvsierische) Nach-
ahmungen des Anfalles heiTorrufen kann. Danmi handelt es sich wahr-
scheiidich. wenn Patienten, besoiulers uidieschälligte Weiber, ohne durch
relteranstrengiing oder durch Krankheit geschädigt zu sein, häufige An-
fälle l>ekommi-n. oder wenn die .Viifälli-. obwohl die Senkung tles Ge.sund-
heitsniveaus. die sie häutig gemacht hatte, längst ausgeglichen ist. tloch häutig
bleiben. Die hysterischen .Migräneantälle. deren rnterscheidimg von echten
Antällen, wie oben au.seinanderge.setzt wurde, sehr schwierig sein kann,
mögen durch die elektrische liehandlung. durch .Massage, durch hypnotische
Oller einfache Woilsuggestion. durch homöopathische, durch sympathische
(‘iiren u. s. w. be.seitigt werden, .leder .\rat. liesonders jeder Elektrotherapeut
wird es erlelit haben, dass in manchen .Migränetiillen eine Deiiandiung ganz
überraschende Erlidge hat. die in der Mehrzidil der Fälle ganz wirkungs-
los bleibt, (iowers sagt, die Elektricität leiste selten etwas und tilgt wunder-
licher Weise hinzu. dieFaradisation .schade immer, dietialvanisation des Kopfes
gelle vorübergehende Erleichterung. Thatsächlich leistet die hypnotische Sug-
gestion dasselbe wie. ja mehr noch als die ?]lektrotherapie. die Ma.ssage und
andere Verfahren, die in der Hauptsache durch indirecte Suggestion wirken.
Von grosser Hisleutung i.st natürlich die Hehandlung der krankhaften
Zustände, die erfahrungsgemäss einen migränetbrdennlcn Eintinss hallen
können. Magenkninkheiten. einfache Verstopfung. Eingeweidewürmer.
Krankheiten der (ieschlechtsorgaiie. Augen- und Uhrenkrankheiten, be-
.sonders aber Nasenkrankheiten sind hier zu nennen. .Je nach der Mode
ist der Weil h dieser oder jener von .solchen Hilfsbehandlmigen überschätzt
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|)ii‘ lii'lianilliinv lU-r )Iigrän<‘.
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w'ordfii. lli(‘ lii'liaiKlIun^r dvr so^'iMiiumtcii FriiiieiikniiikliMtcu Mdltc all);
KninklD'lti'ii ili'r Wiäbcr lii‘il<“ii. Diese iiiepiiistuplielisehe AuHiissiiiijr ist
ziirüek<relret)‘ii. iimnerhiii wird i»)<'h nadir li)‘haiidell, als gut ist. .Mir sclieiiil.
dass V(‘iiiiid4‘ruiigeii di*s l'ti'nis u. s. w., .solern sie nicht die (i)>sunilheit.
iiii Allgeineiiieii seliädigeii, recht selten Einfluss auf die .Migräne haben.
Ist aber doch ein solcher Einfluss ila. so wird er wohl häutigi'r indircct
sein als diivct. d. h. die Sorgen und dit' (i)Uiiflthsbew)‘giingen überhaupt,
ilie den i’atieiitinntMi aus ihrem Unterleibslidili'ii erwachsen, werden schaili-n,
nicht di“r räthselhalle. früher beli);bte »refl(»etorische Einfluss«. Die nem-ste
.Mode ist die Heilung d)‘r .Migräne durch (.'orrectur der KefractionslehK'r.
si(> .scheint (wie früher bemerkt wurde) in .Aim-rika da und dort epidiunie-
artig zu herrschen. .Am wiehtigsieii .scheinen doch die Erkrankmigiui d)‘r
Schleimhaut, iler Nase und ihrer Nebenhöhleji zu .sein. Zwar ist auch ilas
Na.senbrenneii schrecklich übertrieben worden und manche i’aticnten ged);nki-n
Hoch betrübt der Zi>it, als auch die unschuldigste Na.se nicht sicher war. Aber
es i.st unleugbar, dass hie und da eine zweckmässige Kehandlung wirklich
Vorhandener Na.senkninkheib'ii b)‘i .Migräni' giitmi P)rlidg hat. Darauf ist wohl
auch der Nutzen des.Iodkalium, von di-m Liveing u. .\. spris-lum. zu beziehen.
Schliesslich ist ilie Hehandlung des .Anfalhcs .selbst zu besprechen.
Was ihn im Allgeim-im-n wrschlimmert und was ihn erleichtert, i.st früher
(vgl. p. 34) gesagt word)'ii. ich braiu-he daher nicht darauf zurückzu-
kommiui. Soll man im .Anfälle .Ab'dicamente geben? ln iler Regid ist i>s
nicht rathsam. denn ilii- vorher wirksamen .Alittel sind, sobald der Anfall
da ist. ziendich erfolglos. Salicyl.sauri's Natron. Antipvrin u. s. w. bewirken
gewöhnlich nur eine |•asch vorüb)‘rgeheiide Erleii-hterung. Nur dann, wenn
man zu einem be.stimmbm Zwecke, etwa fllr eine nicht zu lange dauernde
.Arbi'it sich fähig macln-n w'ill, sind die .Medicamente rathsam. .Man muss
dann ala-r ziemlich viel nehmen. Ich habi- mir gelegentlich 2 0 Antipyrin
unt)‘r die Haut gi'spritzt oder 1‘5 Antifebrin genommen. Es tritt etwas
Schwindel ein. abi‘r (h-r Kopf wird eine Zeit lang leichter. (Jowers ist ili‘r
.Aleiniing. eiin* tüchtige Dosis Hromkalium bringt am nnüsten Erleichtening.
Nun ist )‘s gi-wöhnlich so. entwiMer man kann ruhig liegen, dann bram-ht
man nichts weiter, oder mau will bei leichteren .Anlälliui thätig si-in. dann
■stört die Hromwirkiing. L'eberdiuii verhindi'rt bei .schweren .Anfälbui ilie
Nausea oft jedes Einnehmen, (irossen Ansehens erfreut sich das CotTein.
das man bald rein, bald mit ('itronensäun- als (’olV. citr.. bald maskirt
als (iuaruna gibt. Es erleichtert, wenn der .Anfall nicht schlimm ist. in
der 'l'hat. Nur gehe ich dann lieber als in die .Apotheke ins Katfeehaus
und trinke eine Tasse guten Kafl'ees. Das Reiben der Stirn mit kölni.schem
Wasser, mit .Menthol, da.« Legen von Senfpapier auf Nacken oder Brust
und .Aehnliches timt vorübergehend ganz gut. aber die meisten Kranken
werden mit der Ziul solcher .Al ittelchen überdrüssig. Das einzige, was sicher
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IVIkt -Mi|sran<'.
liilrt. ist i'iiic M<ir|il.iiiiaiujei-tiuii. Muii darf zu ilir iibiTimr dann nillii*ii. wi-iiii
diT Scliiiicrz iiiifUräglicli ist. di-iin gi-mdi- bei Mi!'räucknitik)‘ii ist wcgcu
diT sitdieivii \\'icd(!rkidir der Aiitallf t*iiit‘i‘s»'its. diT XervositiU des Kniiiki-ii
aiidcri'rsfits. die liidiihr dor .Morpliiuiiigf'wöhuiing besonders gross. Iiiiiner-
liiii lialte ieli es für fal.seii. dem Arzte ilie Anweinliiiig des Morjdiiuni
bei Migriiiie ein für alleiiiale zu widerratlieii. Ks gibt Frdle. in denen es
unmeiisehlieh wäre, das .Morpliium zn versagen und in denen die (iriisse
des Srlimerzes walirseheinlieli genidezu eine (ielitbr bedeutet. Solelie An-
lalle kommen aber niebt oft vor und bildim gewölinlieb auch bei dem
Patienten, der sie hat. die Aiisnalime. Aneli ist nndit jeder .Mensch zur
Morphiumsiielit disponirt. leli hal)e mir aus verseliiedeuen (irtindeii
ziemlieli oll Einspritzungen geinaeht, bin aber Iroli. wenn es nicht nötliig
ist. und liabc. wenn der Schmerz mich nicht treibt, nie das geringste
Verlangen nach Morphium. So ist cs bei Vielen und die bei einer grossen
Zahl der Aerzle jetzt lierrseheiide Morpliiuinfurclit ist übertrieben. Dass
in den Antüllen mit Magensäure-Entwicklung -\lkalien. be.souders alkalische
M ii-sser angezeigt sind, das versteht sich eigentlich von selbst. .\ueb gibt
es Kranke, denen überhaupt reichliches Trinken, sei es gewöhnlichen
Was.sers, sei es warmen Thees. wohl thut. Die tlüssigeii .Mengen wirken
vielli'icht inanclimal als Brechmittel. Doch nutzt das Erltrechen wenig,
wenn nicht das Ende des .Anfalles nahe ist. Xur Einzelne streben von
vornehcrein nach dem Erlu'cchen. Es gibt da individuelle Variationen und
es ist am besten, wenn der Kranke selbst erprobt, womit er gut tähil.
Die Anweiidunif der Kälte an den heissen Kopf ist recht wohlthätig. Aber
stibingc man thälig i.st. kann man nicht mit dem Eisbeutel henimlaufeii:
liegt man aber, .so kann man ofi alles andere entbehren, oder man hat
von dem Wechseln der l'inschläge u. s. w. mehr Verdruss als Vortheil
von der Kälte. .Viich hier kann man es .ledern überla.ssen, ob er sich den
Kopf kühlen will. oder, wenn dieser kalt ist. mit warmen Tüchern um-
wickeln will, ob er sich Hände und Küs.se erwärmen will u. s. f. Auch
Massage des Kopfes während des Anfalles ist cmplohlen worden. Sie thut
wirklich wohl, aber ihre Wirkung ist ganz vorübergehend. Das gilt auch von
der Comiirc.ssion der Carotis, auf die l’arrv und .Möllendorf wohl mehr
vom theoretischen als vom praklischim (iesicht.spunkte aus (lewicht gelegt
haben. Was oben von der elektri.sc.hen . der suggestiven Behandlung über-
haupt ge.sagl wurde, gilt natürlich ebenfalls, wenn es sich um die Behandlung
des Anfalles handelt.
Viele Mittel und .MetluKlen habe ich nicht erwähnt, ton der Valeriana
an bis zur Arteriotomie. Es wird wohl nicht viele »therupeuti.sche Errungen-
.schalfeii« geben, die bei der Migräne nicht angewendet worden wären,
l.iveing. Thomas u. A. geben einen L'eberblick übi'f die ältere Therapie.
.Man sieht dabei, (bi.ss die Tbenipie die Sidiatleiiseite der .Medicin i.'l.
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VII. Tlieoi’etischfs.
Uebi-rall lii“.st iimn. <lii' Mijrriiue .sei eine »Xeiinise«. Was ist das?
.Man ptlefrt zu antworten: eine Xervenkranklieit. bei der keine jri-olieii
VerändeniUfien ile.s Nervensjstenis vcirlmnden sind. In diesem Sinne ist
die Bezeichnung richtig und sagt wenig. Ks hat aber der Aiisdnick noi-h
einen anderen Sinn. Man stellt vielliich die Neurustui oder »functionellen
N’ervenknuiklieiten« den organischen Erkrankungen gegentlbc'r. Zu den
Xeiiro.sen reclinet man die Hwsterie und nimmt stillschweigend an. die
Symptome der Hysterie iiiiil di(> der anderen Neuro.seii seien gleicher An.
Ite jure hat der (iegensatz: functionell-organiscli. nur dann einen Sinn.
Wenn man fimctioiiell und hysterisch oder, allgemeiner gesprochen, durch
Vorstellungen venirsacht identilieirt. de facto aber knliptl man durch den
Namen Xeurosen (oder lunclionelle Nervenkrankheiten) hysterisch oder
psychisch vermittelte Pirkrankungen tind organische Pirkratikungen (diiie
ua< hweisbare Läsion zusanmien und .stellt sie den Erkrankungen mit nach-
weisbarer lAsion gegenOber. eine durchaus schiefe unklare Auffassung,
die die rrsache zahlreicher Verkehrtheiten ist. Iteshalb verwerfe ich ilen
Ausdntck Neurose und will bei jeder tielegenheit wiederholen: ceterum
cen.seo. notnen neurosi‘os esse deleiidum. üb wir eitle kratikheit zu denen
mit anatomischem Befunde zu zählen habeti. das hätigt vielfach tiitr von
den Methoden der Untersuchung ab. wie denn durch die P'ortschrittc dci
Histologie die Befunde immer vermehrt werden. Auch ist es wohl denkbar.
das.s durch organi.sche Einwirkungeti die P'imctioti aufgcholnui werde, ohne
da.ss Veränderutigeti. die für irgetid eine unserer l’rüfimgeti nachweisbar
wären, entstündeti. .Man katin wohl von leinen utid groben (i. e. nach-
weisbaren) Läsionen redeti. man darf aber nicht jene functionell. dic>c
organi.sch hei.s.sen. da beide stetig in einatider übergeben. Den (iegensatz
zwischen p.sychisch vermittelten und organischen Stiiningen kann mati
kurz so fa.s.sen, dass dort die P’iinction gcätidert wird durch Vorgänge.
<lie für uns nur von innen her oder psychologisch verständlich sind, da»
hier die L'rsachen der P'utiidionstorung in den Zusatumenhatig des mecha-
nischen (iescheheiis hineinversetzt werdeti. Diep'reunde der NatiirerkeiintiMs^.
die mit psychologischen und erkctintnisstheorctischen P’rageti weitisrer ver-
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96
T't'Kor Mijfränt*.
inmt sind, bei Eniilfniniron. wie diese eine ist, >lMialismus<,
>S)iiritnalisinus< und andere selireeklielie Sachen zu wittern. Um Jlissver-
ständnisseii zu eidgelieii, hebe ich daher ausdrücklich hervor, dass ich
tiein »Monismus« anhüiige, dass icli principiell jedes Geschehen für
mechanisch deiitliar halte, den Xaturzusmnmcnhnng diircliaus nicht zciTeisse.
Freilich halte ich auch Jeden Mechanismus nur für einen von aussen gesehenen
Seelenvorgang. .Mit and<-ren M'oileii. ich halte I'.svchisches und Phvsisches
nicht für verschiedeiu- Dinge, solidem für Erscheinungsformen des.selbeii
Dinges, deren Unterschied nur vom Stand|iunkte abhiingt. Auch bin ich
der ireberzeiigung. da.ss die Medicin nicht wie die l'hysik das fhngehen
auf die Krkenntnisslehre und die Anschauungen vom Verhfdtni.sse des
Seelischen Zinn Materiellen ablehnen dürfe, da sie fortwährend gezwungen
ist. vom einen Gebiete in das andere übemigehen. da.ss nothwendig der
lisychojdiysische l’arallelismus die Gnmdlage nnslicinischen Denkens
werden mü.sse. wenn anders wir aus der Unklarheit heniuskommen wollen.
Es i.st also von meinem Standpunkte aus ganz selb.stverständlieh. dass
auch den iisyehischen Vorgängen und den durch sie xenirsacliten Function-
stönmgen Veränderungen mechanischer Art entsprechen, aber diese sind
Ihr uns nicht fassbar. Wir wissen nur, da.ss im (iehiriie etwas vor sich
geht, und wenn wir den psychologischen Schlüssel nicht hätten, sähen
wir die Dinge an, wie die Kuh das neue 'l'hor. Weil trotz des theoreti.sch
angenommenen durchgehenden Parallelismus die meisten Gebiete uns nur
von aussen, nur lür die meehani.s<h-uaturwis.senschaltliche Auffas.sung
zugänglich sind, einige wenige nur von innen, nur für die psychologisi-he
Auffassung, deshalb können wir die übliche, scheinbar dualistische Aus-
drucksweise nicht entbehren.
Wähi'end bei psychisch vermittelten Storungen vorläufig wenigstens
von einer Locali.sation keine Rede sein kann, haben wir tür feinere wie
tür grobe organi.sche Erkninkiingen einen ttrt der Läsion zu suchen.
Auch bei der Migräne müssen wir eine anatomisi'he Verändenmg
an einem bestiininteii (frte annehniiMi. .Man .sagt gewöhnlich, (iowers z. H.
timt es, anutomi.sche Veränderungen seien bei Migräne nicht zu finden.
Man hat sie aber auch noch nicht ernstlich gesucht. Da.ss sie leichter
Art sein nitts.sen, ergibt sich aus den klinischen Erfahrungen: ob sie
sich aber dem Nachweise ganz entziehen, das lässt sich nicht .sagen. Die
Schwierigkeit liegt darin, dass man nicht weiss. wo man suchen soll, und
niemand ziimuthen kann, ein ganzes (iehini mikrosko|Msch zu diirchsuehen.
Wir sind auf Vermuthungen, sogenannte Theorien, angewiesen, denn
auch der Weg des Experimentes ist bei einer Erkrankung, die in der
Hauptsache nur subjective Symptome hat. nicht wedd gangbar. Allzusehr
brauchen wir das Fehlen der Versuche nicht zu beklagen, denn diese
haben im (irunde bei der Verwandten der Migräne, der Ri>ilepsie. mehr
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Theoretisches.
97
Venvirriing angerichtet, als Klarheit gebracht. Hätten die Aerate sich
mehr in die klini.sche Unter-snchung vertieft, als sich auf vieldeutige
Thierversuehe verlu.ssen. .so würden wir den heutigen Standpunkt früher
erreicht haben. Bei der Epilep.sie weisen die klini.schen Erscheinungen
einmüthig auf die (Tros.shimrinde als Ort der Läsion hin. Bei der Migräne
sind wir nicht in so günstiger I^vge. aber auch bei ihr scheinen mir die
Gründe, die für eine primäre Veränderung der Grosshirnrinde sprechen,
vorzuwiegeu.
Da.ss das Gehirn überhaupt locus inorbi sei. dürfte heute nicht iiudir
ernstlich bezweifelt werden. Denn auch die Freunde der Gefä-ssnerven und
die des gros.sen Sympathicus müssen sich sjigen. dass die Innervation der
(ielasse und die Erregung der .sympathischen Fasern des Kopfes von
Verändcningen gewisser (iehirnzellen abhängen. Ein l’hysiolog freilich
fasst irgend einen peripherisclien Nerven und .sagt dann, die und die
Symptome hängen von der Reizung oder Zerstörung diese.s Nerven ab.
Im intacten Organismus aber kommen primäre Erregungen dt'r Faseni,
d. h. der Zellenfortsätze nicht vor, sondern das I'rimäre ist immer die
Veränderung der (Janglienzelle. Bei einer endogenen Kniukheit müssen
selbstvi'rständlich die Ganglienzellen Träger der ererbten Veränderung sein
und ich wüsste gar nicht, welche Zellen ausser denen des Gehirns bei
der Migräne in Betracht kotnmen .sollten. .Meines Kruchtens kann man
nur zwischen den Rindenzellen und den Kernzellen .schwanken, denn
wollte man etwa, wie Liveing es thiit. auf den Thalamus opticus oder
irgend ein zellenhaltiges (iehirnstück unbekannter Function ratlien. so
hiesse das doch, ins Blaue hinein schiessen.
Es fingt sich nun, welche Deutungen können wir den Symptomen
der Mijrräne entnehmen? Es liegt auf der Hand. da.ss die .Aura mit aller
Br-stimmtheit auf die Gehirnrinde hinweist. Die sensorische .Aura und dii-
nphatische .Aura gleichen vollständig der entsprechenden iVura bei partieller
Epilepsie und die Annahme, dass in dem einen Falle der Ort der
A'eränderung ein anderer wäre als in dem andenui. Hesse sich in keiner
Weise vertheidigen. Weniger klar ist die Sache bei der visuellen Aura,
aber es ist sicher, dass eine Reizung der Rimh' des Hinterhauptlappens
ihre ausreichende und einfachste Erklärung ist. da.ss die .Analogie mit der
sen.sorischen und a|ihatischen Aura uns zwingt, auch die visuelle .Aura
von der Reizung der corticalen »Sehsphäre» abzuleiten. Folgt auf die
corticale Aura ein halbseitiger Krampf, .so würden wir auch dann, wenn
wir keine Sectionsbefunde tiesässen. diesen Krampf auf Reizung der moto-
rischen Kindenzellen beziehen, b'olgt auf die coilicale Aura halbseitiger
Schmera, sollen wir da nicht aui-h zuerst an sensorische Rindenzellen denken?
Hier beginnen abi'r liie Schwierigkeiten. Wir wissen zunächst über
die fraglichen Rindenlie.standtheile recht wenig. Der Schmera ist ein
MSbiuf, Uttber 7
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98
rdifr Mipräne.
Vorptiifr im Hfwtisstsfin. Ist dio Anuiihme rk-litij', diiss diis Bewusst.Mdti
an dii‘ Hiriirimla •ri'knCijift soi (iimii kann sio auch Ijestrcilou), so mflsMui
il<T SclinuTii<‘inpliiidung Vorgang« in gcwissoii Ih'staiidtheilon dar Hirnrinde
•■ntsjiivclii'n. Der gcwulmliclie Vorgang ist so, dass lioi jeder Em|dindung
neben der Kmptindung iin l•ngl•ren Sinne eine Keaetion des Ih'wusstseins
als Lust oder rnliist vorhanden ist. Krreieht der Reiz eine gewis.se (irös.se,
so wird dius Unluslgefühl zuin Schmerze und die eigentliche Emptindung,
die (irundlage der Wahrnehmung, wird melir oder weniger vcniachlii.ssigt;
ihr Rest hestiinmt den Ort und die Art des Sehmerw's. Der Schmerz kann
fehlen, wi-nn das (»ehirn durch gewisse I^tntungshiiidemisse (etwa lälsion
der Hinlerhöruer) nur (Iber die Art. nicht (Iber die Intensität des Reizes Nach-
richt erhält, oder Wenn durch eentnde Veränderungen (etwa durch Wirkung eines
Narcoticum) die Reaction des Bewusstseins verändert ist. Er kann eintreten.
obwohl kein 0berst4irker Reiz eiiiwirkt, hei bestimmten Seelenziistäuden isug-
"•(■rirter Schmerz), und vermuthlich auch bei organischen Verändennigen <ler
llirnrindenbe.slandtheile. die wir bei der plivsiologisi-hen Schim-izemplindung
uns als thUtig vorstellen mdsseii. I)er Schmerz ohne peripherischen Reiz,
d. h. die Sclnnerzhallucination, kann ebensowenig wie der ]diysiologis<die
ein reiner Schmerz sein, er muss Wahrnehmungshestandtheile mit sich
rtlhreii. einen Ort und eine Art (i>twa hohrend) haben. l)er sozusagen
phvsiologis<-he Kopfschmerz ent.sleht wahrscheinlich durch starke Reizung
der Dum, beziehungsweise durch Reizung der Kaseni der R. recuiTeiit<‘s
N. trig. in ihrem eztm- oder intincerebmien Verlaufe. Stün Drt aber,
d. h. ilie Stelle, wo die der Schnierzeiiiplindinig jainillelen materiellen
Vorgänge nl)iaiifen, mu.ss, so gut wie bei (iliederschmerzen, eine Sbdle
der Hirnrinde sein. Es ist ersichtlich, ila.ss eine primäre Veränderung
ilieser Stelle einen ilein physiologischen Kopfschmerze gleichen Schmerz
bewirken wird, ohne dass doch die Dura gereizt wurde. Auch kann man
Ihatsüchlich Kopfschmeiz siiggeriren und dann mu.ss auch ein corticaler
Vorgang statt linden.') Wie die Begleiterscheinungen des Schmerzes:
I iefä.ssverengenmg, Ueläs,serweiterung, Schwellung u. s. w., an der Stelle
des Reizes zu Stande kommen, wis.siui wir nicht, wir .sagen, wie immer
in solchen Fällen, retleetorisch. Auf jeden Fall hindert uns nichts, anzu-
nehmen, da.ss der siipponirte Retlex nicht nur bei dem von aus,seii erregleii
Schmerze, sondern auch bei der Schinerzhallucination eintreten könne,
und wir lieobachten wirklich, da.ss die Beglciterscluunungen auch hy.sterische
Schmerzen begleiten können. Man könnte sich die Sache auch .so vor-
stellen, dass beim corticaleii Schmerze ein rilekläuliger Erregungsvorgmig
staltfinde, d. h. dass dabei auf den Bahne)i. die gewöhnlich von der
Auf (lio Kr»g<\ oli grob»» iii'üirnlUsionon, »li« \vd»I»t die iMiru n*H*b »lie Wurzel*
fasern des TrigeininuH, sond»'rn niir di»* Kiinl»* od»*r di»* v»»n ihr zu »i»*n K»Tn»*n ziohend»*n
KaM-rn tn*fT»*n, Sehiin'rz»*n iim< hen, kann und will i»*h an »li»*s»*r Stell»» nhdit eing^'hen.
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TlioorotUi-lipM.
9 !)
1’c'ripht‘rip zum Centnim leiton, otwas piTiphpricwärts luiifp. und dass daun
in der I’(‘ri|dicrif di(‘.s(db»*n Vfrändpningpii (•intrctpii. wiu Inum Sdimprzf
diircli Riüze von Ausson. ') Wenigstoiis wüssto i(di niolit. wo.slialb dio
Saelip unmö^lieli wäre. Naoli allodpin halle ich die Annalime. dass dem
Migräneselimerze eine primäre Verändi‘nin>r in der (ieliirnrinde zu (Jnindi-
liejre, von vornidierein Ihr theoretisch ziilüssiir.
lieht der Atistoss voti der (irosshirnrinde aus, so muss man sich
wülil vorstellen, dass je nach Art der Aura zuerst in den oeeipitalen wier
in den parietalen Windungen ein Erregungsvorping beginne, der in
ähnlicher Weise wie beim epileptischen Anfalle sich ausbreitet. Dabei
ergibt sich aber sofort, dass wir einen Einwurf gegen die cortieale Natur
des Migränc-schmerzes fibersehen haben, der .sehr schwer wiegt, ln der
Hegel oder wenigstens nicht selten nämlich ist der Kopf-
schmerz auf der einen Seite, die Aura auf der anderen. Hreitete
sich der Erregungsvorgang wie bei der Epilei)sie aus. so mn.s.ste der
Kopfschmera auf der Seite tler Aura sein, wie ja auch der Krampf und
die Aura auf der gleichen Seite sind. Da nun filter die cortieale Natur
der Aura kaum ein Zweifel bestehen kann, so mOsste, wenn auch der
S<dimerz cortical wäre, der der Aura zu (ininde liegende Vorgang in der
einen Hemisphäre scun. der des Kopfsidimerzes in der anderen. Ein solches
l'eberspringen aber ist kaum denkbar.
Ausser der •corticalen Theorie* des Schmerzes könnte auch eine
• nucleare Theorie* in Hetraeht kommen. Diun Schmerze könnte doch eine
Veränderung entsprechen, die primär in den Kernen oder dem Kerne der
Hami recurrentes N. trigemini aufträte. Einer solchen xViiffassiing neigte
ich früher zu und ich hatte mir gedacht, die Zellen neben dem Ocido-
motoriuskerne. von denen die Fasern der absteigenden Trigeminiiswurzel
ausgehen, könnten zu den Diirafasern. beziehung.swei.se den sensorischen
xVugenfa.serii, gehören. Hestfitzt auf Hründe ViTschiedener Art, besonders
auf Erfahrungen über seciindäre Degeneration, hat man angenommen.
<lie absteigende Trigeminiiswurzel .sei motorischer xVrt. Ich kann in diesen
amdomischen Fragen kein Frtheil abgelieii und muss die Sache dahin-
gestellt sein lassen. Immerhin .scheint es mir wahrscheinlich zu sein, dass
die .sensorischen Fa.sei'n des Auges aus umretahr derseliien Hegend
stamimm, in der die Fasern für die Angenmu.skeln entspringen. Ahge.sehen
von anderen Erwägungen bestärken mich in diesem (iedanken die Heob-
achtungen von [leriodischer Oculomotoriuslähmung. Hier leitet das Symptom
Migräne die .Viigenmuskellähmiing ein. sollten nicht die Stellen diT Läsion
’l VorhieliD e« »ich »o, tlsinn künnto inofsliclicrwciso der corlieale Sebinm nur
zu Stande kommen, wenn die peripherischen Tlieile und ihre Verltindnng mit der Itindo
erhalten wären.
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100
rctxT MiRränp.
«■inamlcr naho Man wird mir (“inwmidcn, dass man den Unilo-
motoriiis an dor llasis vorändcrt •rt'fmidpii habt». al«‘r dia AniialiniP, dass
bei ciiioiii solclioii Leiden die peripherisehe Faser ziifiUlig da «ler ilort
priiniir erkninke, leuehtet mir nicht ein, wie sie auch Cliarcot nicht
eingelenehtet hat. Da.ss die Kenie dprsen.soriseheuAugenfa.sern und der Dura-
fa.sern bei einainb-r liegen, luöehte ich daraus unter Anderem .schlie.ssen, da.s.s
das Erbrechen sowohl, Kopfsclimerzen. als Augensehmerzen begleiten kann,
wHhrend es sonst bei Trigeminussehmeraen fehlt, und da.ss bei allen
Migränefonnen der Kopfschmerz mit Augenschmerz verbunden ist. Ent-
spräche nun dem Sclimeree eine Keiznug der für die Dura b(‘stimmtea
Nenenfasem im liehirn, so müsste man annehmen, dass von der Kinde
ans, in der der Vorgang lier Aura zu suchen ist. ein Weg zu den Nerven-
kenien tler gleichen Hemisphäre führte. Da würiio die Aura auf der anderen,
der i^'hinerz auf derselben Seite sein, wie man es gewöhnlich tindet.
.Vber die Vorstellung, dass die Erregung von der Kiiuh* aus nicht wie
.sonst zu den Kernen der anderen Seite, sondern zu denen der gleichen
Seite laufe, ist so wunderlich, da.ss man sich kaum mit ihr bidreumh'ii
kann. Eher Hesse sich denken, dass, wenn einmal nur eine Hemisphäre
im .\nfalle leidet, chemische Verwandtschatlen es zu Wege bringen, da.ss
nur bestimmte sensorische Theile, die sensoriellen Zellen der Rinde und die
fraglichen Nervenkenie, gesehiuligt werden. Doch klingt dius auch s<dt.sam.
Schliesslich gibt es noch einen dritten M’eg. M'ohl alle stimmen
darin überein, dass der Kopfschniei’z überhaupt von Reizung der Duni-
fa.sern ubhänge. Wie denkt man sich nun die Sache bei der Migräne?
Will man annehmen, dass primär die Dum Mater einer Seite betroffen
werde? Dass etwa der Erregungsvorgang, der während der Aura in dertiehim-
rinde abläuft, von da auf die (ichimhäute überspringe? Möglich wäre ja
so <;twas, nur mOs.ste man sich dann vcm der .Migräne überhaupt eine
andere Vorstellung nmciien. Man müsste annehmen, diuss die Aura die
eigentUche ^Migräne sei, und dass der ihr entsprechende coilicale Vorgang
eine .so und so viele Stunden andauernde Hyperämie, Schwellung odi‘r Wiis
sonst hervorrufp, an der die über der Stelle der Aura liegetiden Uehirn-
häute theilnehmen. Es wäre dann der der Aura folgende Kopfschmeiv, mit
Erbrechen blos Wirkung der Aura. Da, wo die Aura klini.sch fehlt, wüfde
der entsprechende Vorgang an eini*r Rindenstidle verlaufen, von der keine
Symptome au.sgehen, etwa über dem Stirnhirn. Wenn wir, wie Viele
meinen, besonders mit dem Stirnhirn denken, .so könnte bei dem, der die
Anlage zur Migräne hat, eben die geistige Arbeit den Migränevorgang
in der Stinihirnrinde henornifen und der Leidende würde durch Kopf-
sclini(*rz und Erlirechen Nachricht davon erhalten, iliuss jener Vorgiuig
die tiehirnhäute übi-r seinem rechten oder seinem linken Stirnlappen
gereizt hat.
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Theorrtisohes.
101
Sollt»' hier .lt.'iiiaii»t bfiiuTki'ti : Paul«", du ni.s»‘st. so bitto ich zu
bedenken, dass dii'se ganzen theor<'tiseli»*n Auslilhrungen nur I’himtasien
sind utid dass es nichts scliaden kann, wenn man zeigt, welche Er-
klüningen etwa möglich sind. Mit Bestimmtheit kann man nur sagen,
»lass die heinikranische Vi-riiiiderung im tii'hini sitzf'n muss, dass die
Vorgänge des Anfalles ihren Ausgjing von der (ii'liirnriiide nehmen.
Das über die liOcalisatiun des Schmerzes fiesagte fasse ich dahin zusammen,
da.ss man mit weniger Wahrscheinlichkeit an gewi.sse Zellen der Hiru-
rind»“ wler an die Kernzellen der die Hirnhäute versorgenden Eiiseni,
eher an eine .secundUre Schäiiigung der Gehirnhilufe selbst »lenken kann.
Eine unüberwindliche Schwierigkeit entsteht da»lurch, da.ss in manchen
Fälh ‘11 Auni und Schmi'rz g»>kreuzt, in manchen gleichseitig sind. Soll
man annelnnen, »1er m»Klus procedendi .sei hier anders als ilort? Unmöglich.
Aber wie soll man es anders erklären? Ich finde k»“ine annehmbare
Erklärung. Das Beiiuemste wäre, die eine Ula.s.se von Fällen auf B»'ob-
achtungsfehl»*r zurü»’kzultlhren, ab»>r das geht doch auch nicht an.
Im Bish»‘rigen haben wir nur die laicalisation der Vorgänge des Anfalles
ins Auge gefasst. Dass bei Läsion einer bestimmt»*!! Gehin!stelle die
Sy!!!pto!ue des Migräneanfalh's auftreten, geht aus dem Vorkommen der
■Migi-äno b»*i groben ti»*hirnkrankheiten hervor. Nun kommt es aber bei
»1er Krankheit Migräne sehr oft vor. dass der Anfall bald rechts, bald
links auftritt. dass also bald die eine, bald die andere Hemisphän*
Ausgangspunkt ist. Soll man annehmen, da.ss von der hemikranischen
Veränderung symnietrische Stellen beider Heniisphären be-
troffen werden und dass es von Nebeuuniständen abhängt, ob Ijald
rechts, bald links ein Ausbruch erfolgt? Es scheint tuir das das Wahr
sch»*inlichste zu sein. Freilich ist es wund»*rbar, da.ss fast immer nur eine
Seite antworb-t, oft g»!Wechs»*lt wird, da.ss nicht, wenn die Bedingung»*n
des Anfalles eintreten, b»*ide Hemisphären antworten. Aber auch dann,
wenn man darin eine Auskunft suchte, »lass die [irimäre V»‘rä!iderung gar
nicht in den Hemisphären, .sondern etwa in der Oblongata sitze, würde
dieselb»* Schwi»>rigkeit wieil»‘rk»*hren. Man mus.s wohl daran denken, »lass
l>ei centralen Stoning»*!! üb»‘i'haupt eine Teiid»*nz zur Einseitigkeit b»*st»*ht.
Viel»* hysterisch»* Syniptonie tr»*ten vorwiegend einseitig auf: die H»*mi-
anä.sthesiez.B., in dermal! gewöhnlich nicht ein .suggerirtesSyniptom. sotxh’m
eine |iathologis»*h»* Wirkung von Ge!nOthsbew»*gungen zu s»*h»>n hat. d»*utet
»*ntschieden auf eine Differenz zwischen der Function b«*i»l»*r H»*misphär»*n
Hin. Man(*h»*s lässt sich w»ihl auf die |ihysiologis»*he Dillerenz beziehen,
die in dem Vorwi»*gen der link»*!! Hi*misphärc b»*im Greifen und Sprechen
besteht. Auch können wohl nmnehe Geleg»*nheitursach»'n mehr eine
Hemisphäre schädigen, z. B. geistige Anstrengung. Do»*h .scheint »lies
ni»*ht alles zu s»*in und es müss»*n noch b»'s»md»*re l’!nstände b»*st»*hen.
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102
l't'lier MiÄrän('.
fTfiiiäss tU-nwi auf piitliolofrisclio Kaizc hin Imld di<* rechte, bald die linke
Heini.sphäre antwortet. K.s mag sich nun verhalten, wie es will, auf jtKien
Fall ist die Einseitigkeit der Migräne nicht das kleinste Bäthsel, das
diese merkwürdige Krankheit aufgibt. Die Verhältnisse liegen hier anders
als bei der sonst .so aiuilogen Epilepsie. Da. wo diese auf ererbter Anlage
beruht, ist sie fast nie einseitig, wenn sie es aber i.st, wird immer die-
selbe Seute zuerst liefallen. Nur in ganz seltenen Fällen scheint es sich
.so zu verhalten wie bei der .Migräne, dass die Auiii oder wohl gar der
gaim- Anfall bald recht.s. bald links sich zeigt. Umgekehrt sind die Fälle
von wirklich doppel.seitiger Migräne eine ausserordentliche Seltenheit.
Sie kuinun-n zweifellos vor, sowohl die sensorische als die visuelle Aura
kann zugleich auf beiden Seiten eintreten, so dass beide Hände ein-
schlafiui. das Seotom in totaler Hlimlheit bestfdit, aber in den meisten
Fällen, in denen die Eninken behaupten, beide Seiten seitui gleichmässig
betroffen, ist es nur s<dieinbar. deutet die Aura oder .sonst ein Symptom
des Anfalles (z. B. das Dickerwerdeu einer Arteria tempondis) darauf hin.
dass der Anfall wenigstens in einer Hemisphäre stärker ist als in der
anderen. Auch kommt die Beschränkung auf die rechte oder auf die
linke Seite durchaus niclit oft vor, sondern die Hegel ist der Wechsel
zwischen beiden Seiten, wenn auch die eine häutiger als dii^ andere
betroffen werden mag.
Wie kommt es nun. dass die hemikranisehe Veränderung .sieh
in Anfitllen kundgibt V Eiveing hat das Sehlagwort nerve-storm
ausgegeben, im An.sehlusse an den Ausdruck explosiv des Willis.
.Man hat vielfach über die »Nervenstürme« (Iresser Nervengewitter)
die Achsf'ln gezuckt, thatsächlieh aber sagt das Wort aus, was
sich der unbefangenen Bt‘obaehtiing aufdrängt und auch heute sind
wir nicht weiter gekommen. Wenn man den epileptischen Anfall als
Entladung von Spannkräften bezeichnet, so ist das auch nicht mehr als
nene-storm. Ob man an die liiidung eines isolirteii Körpers mit Elcktrieität
Oller an die Amsammlung eines explosibeln Stoffes denkt, in beiden
Fällen handelt es sieh um Bilder. Immerhin scheint mir tüis zweite Bild
zutreffender zu sein, da man doch annehineu muss, da.ss in Wirklichkeit
chemische Vorgänge im Oehini die Hauptsache .seien. Das Wesentliche
ist nur, dass man die hemikrani.sche Veränderung sich nicht als eine
ruhende denken darf, sondern dass durch sie stetig die BtKlingungen
des Anfalles geschafft werden. ,le weiter diese Arbeit fortgesidiritten ist.
ein um so geringerer Anstoss von aussen genügt zur Auslösung des
Anfalle.s. I.st der Anfall vorüber, so beginnt die Vorbereitung von Neuem.
Kehren wir zu dem Bilde von der E.vplosion zurück, .so besteht die
Krankheit darin, da.ss in der Zeiteinheit eine gewisse Menge explosibeln
Stoffes gebildet wird. Durch die vis medieatrix naturuc wird ein Theil
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TheoKlisches.
103
davon immer wiwler hei Seite {resehafft. Je selilecliter die (iesimdlieit ist,
iimsuiu(‘hr des Stoffes kann sicii anhiUlfen und um so häufiger muss,
sei es durch die gewohnlielien I,.ehen.sreize. sei es durch ungewöhnlich
starke Heize (die (telegenheitursiicheu) eine Explosion eintretiui, bei dc'r
ein Tlieil des Stoffes zc-rstört wird. Alles dies schlie.ssen wir aus der
Neigung der Anfälle zur Feriodicität und aus dem wechselnden Verhalten
des Organismus gegen die (ielegenheitursaehen. t>h wir je dazu kuininen
werden, eine directe Einsicht in di(! chemischen Vorgänge zu erlangen,
das muss die Zukunft lehren. Vorläufig wissen wir von den Vorgängen
bei der Epilepsie gerade .so wenig, wie von denen bei der Migräne.
Die Experimentatoren können zwar einen epileptischen Anfall durch
Eli-ktrisiren iler fiehirurinde und andere Mittel hervornifen. aber der
Anfall des Kranken entsteht nicht so und die Enige i.st gerade die. wie
entstehen im Organismus .so starke Reize (beziehungsweise .so gro.s.se
Reizbarkeit), dass scheinbar von selbst oder auf geringfilgige Veranlas,sungen
hin diusselbe sich ereignet, was der grobe Eingriff von aussen beim
Experiment bewirkt V
IJeber das Verhältiiiss der .Migränesymptome zu einander kann man
sich verschiedenes denken und hat man sieh vieles geflacht. Dass die
klinische Autliussiing, nach der der Kopfschmerz den eigentlichen .\nfall
bildet, die Auni die Nebenrolle bildet, möglichenvei.se nicht dem Verhält-
nisse der Gehirnvorgänge entspricht, wurde oben erwähnt : es ist nicht
ausgeschlossen, da.ss di*r Kojifschmerz nur Wirkung der Aura sei. Die
Autoren .scheinen diesem Zusammenhänge wenig Aufmerksamkeit geschenkt
zu haben. Umsomehr hat von altersher das Verhältniss zwi.schen dem
KopfschmerZ(! unil den Magent'r.scheinungen das Inferess(! erregt. Die alte
Meinung, dass die .Magenveränderung primär sei, hat auch heute nocli
ihre .\nhänger. Freilich, die aufsteigtuideu Dünste, die Galle spielen keine
Rolle mehr. Tissot's Consensus der Organe könnte sich als »retiectorische«
Beziehung auch heute noch sehen la.ssen. Die eigentlich moderne Fassung
der iichre würde <larin bestehim, dass man den .Migräneanfall als Gehirn-
vergiflung durch einen im V'erdauungsrohre entstandenen und in den
KreisLiuf Obergegangenen Giftstoff an.sähe. v. Hecker hat z. H. im
Jahre 1880 erklärt, die Migräne sei eine Schwefelwasserstoff- Vergiftung.
Jetzt würde man eher an die sogenannten Ftomaine denken. Die .Mehrzahl
der .\iitoren jedoch hält daran fest, da.ss der Kopfschmerz und die
iinderen Gehirnsyinptome primär, die Mag*'n-Darmerscheinungen secundär
seien. Immerhin kann dit* Sache zu Bedenken Anlass geben. Dass der
von Erkrankung der .Meningen abhängige Kopfsehnierz mit Erbrechen
verbunden sein kann, beweisen die Erfahrungen bei .Meningitis, bei ander-
weiten Beschädigungen der Gehirnhäute, bei (iehinigeschwülsten. Wir
wis.sen fenier, dass Frocesse in der hinteren Schädelgmbe. die direct oder
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104
Tebor Migräne.
iiiilirect (Uo (lliloiifnita srliüdigoii. Krbn'cheii licrvornil'en können. Diimit
i.sl nocli nicht gesagt, wie es ziini Krl»reclien komme. I)a der Vagus in
der Ublongatii ent.springt und zum Magen geht, denkt man natürlich an
ihn, aber aueli wenn man aniiimmt, iler Vagus bewirke »reflwtoriseh«
da.s Erbrechen, weiss man noch nicdit, warum Meninxsehmerz von diesem
begleitet i.st, anderweiter 'IYigeininu.s.sehmer7, nicht. Wir müs.«en e.s dahin-
gesUdlt sein lassen und uns damit begnügen, das .Migräneerbrechen als
eit) den übrigen P'orinen dt's (tehirnerbri'eheiis analoges an/.usehen. Dabei
darf Jiian aber nicht übersehen, dass dtadi l'nterschiiHle bestehen. Hei
den groben (iehirnerkninkungen tritt da.s Erbrechen gewöhnlich (dine
voniusgehendi“ Uebelkeit ein, während bei vielen Migränekranken nicht
nur Erbrechen vorkommt. .sonileni langdauernde l.’ebelkeit, heftiger Wider-
wille gegen Speisen den Kranken tpiälen, hie und da übler Genieh aus
dein Munde oder starke Süurebildutig u. A. sich zeigen. Alle .Magen-
Dannerseheinungeu bei Migräne als Wirkungen des Kopfschmerzes,
beziehungswei.se der ihm entsprechenden (iidiirnverändemng aufzufassen,
das geht nicht an. Dagegen wissen wir, dass (ieinüthsbewegungen in
ehen.so mantiigfacher Art die .Magen-Darmfunetionen stören können, wie
der .Migräneanfall es thiit, das ergibt sich bei den Wiikungen des .\ergers.
der Furcht, bei der niTVösen Dyspepsie u. s. w. .Man wird aunehmeii
müssen, diuss die viseeraleii ,Migränt‘symptome in ähnlicher Wei.se vom
tiehirn abhängig seien. Das Wie ist da und doi1 gleich dunkel. Nicht
unmöglieh ist. liass es da eine Art von Circulus vitiosiis gebe, da.ss
(iehimvorgängt^ V'erdauungstöningen bewirken und dass die flaltei ent-
stehenden (littstoffe wieder das fiehirn .schädigen. Dabei mag man wtdil
auch an die für uns noch unverständliche Wirkung der Snlioylsäure und
ähnlicher Stoffe diuiken, die zugleich (iühmng und .Migräne verhüten
können. Fieber und Schmerzen lindern. Vielleicht bringt Erweiterung der
Einsicht in die Chemie des Organisimus Aufklärung.
\Vie in frühiwen Zeiten die Erklärer über die Beziehungen zwischen
-Magen und (lehirn bei Migräne nachsanniui. so hat in den letzten divi.s.sig
•lahren das Verhältniss zwischen den (ierä.ssveränderungen und den übrigen
.Migräne.syinptoimui im Vordergründe gestanden. Schon früher hatt<“
Parry die Uefässverändt*rungen für das Primärt- erklärt, aber ei-st die an
Dubois-Heymond's Mittheilung sich aiikiiüpteiiden Erörterungen erregten
die (lemüther. Vor etwa 20 .Iidiren schien die »vasomotorische Theorie«
zum Siege gelangt zu sein und (h‘r Glaube, dass die Migräne eine »vaso-
motorische Neurose« sei, wurde zum Dogma erhüben. Trotz aller Wider-
legungen hat sich die.ses Dogma bis heute erhalten und bei jeder .\bhandlung
über >Iigräue scheint seine Besprechung der (iipfelpunkt zu sein. Ich habe
schon in den Bemerkungen über di<* Geschichte der Migräne gesagt, da.ss
Liveing mit grosser Aiisführliehkiüt und meines Erachtens miwiderleglich
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Theorptiin-Iies.
105
all« Kormi*n <1it Viisomotorisclii'ii Hypolhi“si> widt'rli“;;;! liabe. Naiicnlings
hat tiowors in ahgekOreter Darstellung dieselbe Arbeit geleistet. Auch
ieh habe Irflher*) inieh gegen die Syrapathienstheorie ausgesprochen.
Ich bin der rebenteugiing, dn.s.s die va.soinotorisehe Theorie twlt sei, d:i.s.s
sie nur vermöge der vis inertiae noch gelehrt werdt», und mir fehlt daher
der -Muth, ausführlieh auf die Bestreitung des nielit mehr Ia?bendigeii
einzugehen. Nur kurz seien die wichtigsten Punkte hervorgehoben. All-
llbendl, im Physiologischen \vi(> im Pathologischen sind die Vorgänge in
deti Parenchymzellen das Primäre, die Aenderungen der örtlichen Oircu-
lation sind Folgia>rscheinungen; das Parenchym ist der Herr, die Uirculution
der Diener. Es wird behauptet, der Schmerz und die anderen Migräne-
symptome seien Wirkung der Verengerung oder der ErweiUnimg der
Blutgefiss«* des Kopfes. Nun fehlim, wie früher (p. 40) gesagt wurde,
deutliche (iefilssveränderungen sehr oft, ist bei im L'ebrigen gleicher
-Migräne bald Verengening, bald Enveiterung vorhamlen. Es muss also
nicht nur angenommen werden, da.ss der finid der tielässveränderung
ziemlich gleichgiltig .sei, sondern auch, dass Krampf diusselbe bewirke wie
I-Ahmung. Ferner ist es eine aus der Lull gegriffene Behauptung, dass,
sei es Erweiterung, sei es Verengerung der vom N. sympathicus innervirten
Blutgefä.sse die Migränesyinptoim^, besonders den Schmerz henorntfen
könne, und nachgewii>senermaass<‘n ist in keinem einzigiui Falle von
Erkrankung des Halssympathicus .Migränekopfschmerz orler sonst ein
.Migränesymptom vorhanden gewesen. Kura, t>s lässt sich nichts Willkür-
licheres und den Thatsachen Widersprechenderes erd(*nki‘U als die »vaso-
motorische Theorie».
Wir müssen also annehmen, dass ebenso wie die, Verdauungstörungen
die tielässsymptonu' Wirkungen der d(uu .Unfälle zu tirunde liegenden
(tehirnverilnderungiui .seien. Warum sie bahl stark ausgeprägt, bald nur
angisliMitet sind, warum sie bald das eine, bald das andere Vorzeichen
tragen, das wis.sen wir nicht. Wir mögiui daran denken, dass auch im
Zorne der Eine bia.ss, der .\nden* roth wird, da.ss .somit individuelle
Rea<-tionen ins Spiel kommen. Oenide wie beim Erbn-chen kann nicht
der Schmerz als solcher Ursache der secundären Veränderungen, hier d(*r
Blässe oder der Köthe sein, sondern es scheint eben dem -Meningeal-
schmerze die Verknüpfung mit beträchtlichen va-somotorischen Bcactiouen
eigen zu sein. Bemerkenswerth ist, da.ss eine .\rt von TAches cerebrales
auch bei .Migräne vorkommt. Will man sieh denken, dass zwischen den
fiehirnhäuten, beziehungswei.se den Kernen der Kami reciirrentes einerseits
und dem sogenannten vasomotorischen Centnmi, sowie dem Vaguskerne
Zur I’iitliologic ili'S Huls.syiui>ulliii.'us. Bfrlimr klin. W.ifhonsclir. 18S4, XXI,
15 -18. II. ». u. 0.
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106
Totipr Migriinp.
iinilert?rs(-its. nahe H*‘zii‘liuiigi-n bestuht-n. so lässt sicli nichts dagogon
sagen; cs ist fn‘ilich nur eine Unisehreilmng der in Kede .stehenden
Tliat.saeheii.
Ab.sielillich habe ich mich in di(‘seii theoretisclien Erörfeningen so
kurz gefa.sst wie möglich. Hätte ich tlber die Nkizzinmg der am ehesten
in Hetracht kommenden Hypothesen hinau.sgeheii und die Ansichten der
anderen Autoren aiisftihrlieh erörtern wollen, so wäre schwer (‘in Absehluss
zu tinden g(‘wi*sen. Hei der Ixjcalisation der visuellen Aura z. H. sind
sämmtliehe Ntationen der Seilbahn, von der Retina bis zur Hirnrinde, in
Vorschlag gebracht worden. Sollen nun in j(‘der Darstellung der ladire
von der .Migräne alle Ansichten, die alle .\utoren ausgesprochen haben,
vorgetragen werden? Schwerlich wäre das das Ri'chte. ViehiK'hr sollte das
Theoretische zurücktreten und nur als Anhang betrachtet werden. Herade
bei der la'hre von der .Migräne, denni klinischer Ausbau noch sehr viel
zu wünschen übrig lässt und die bisher .so n*clit ein Tummelplatz m(*di-
ciniseher Speculation gewesen ist. soll die Haupt.siu‘he die unbefangene
Schilderung des kliiii.schen Bildes sein. Ich bitti* daher Diejenigen, die
ihre Auffa.ssiing nicht gi'uügend lierflcksichtigt finden, um Entschuldigung,
»denn des Bücln'rschreibens ist kein Ende und viel Predigen macht den
la-ih müde«.
Leipzig, im April 1894.
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Naohtrajf.
Krst imcii Abschluss meiner Abhandlnn^ habe ich die interessanhi
Arl>eit A. Sieerist's erhalten iBeiträ^e zur Kenntniss von VVesen mul
Sitz der Heniierania ophthahniea. .Mittheilmi'reii ans Kliniken u. s. w.
iler S<-h\veiz. 1. Ihdhe. Heft 10. 1894). Sie«rrist beschreibt darin aus-
führlich einen Kninkcm nnt AujL'enmi‘'räne und zieht auf tirmid dieser
k'rankeiifreschiehti“ mul der .\ngaben der Literatur .seine ScdilOsse.
Von ihutsächliehen Feststellmifren ist bemerkenswerth. da.ss Sieg-
rist zweimal im Anlalle die Arterien Einer Papille contrahirt fand, mul
zwar, wenn das Scotom links war. in ilem rechten Auge und umgekehrt.
Dem Scohan folgte Kopfsehineiv. der anderen Seite mit Hlässe des (Jesichts.
Es i.st also ersichtlich, dass, wenn der .\ngenspiegel ti(diis.sverüiulerungeu
nachwei.st. die.se mit der visuellen .\iira gar niidits zu thun haben, sondern
ilem Kopfschmei7,e untergeordnet sind. Sodann .sei hervorgehoben, da.ss
Siegrist im .Vidalle normale Pupillenrea<'tion fand; er drtlekt sich nur
fai.sch aus. wenn »‘r.sagt. es halte heniianopische Pupilleiireaction bestanden,
er will .sagen, es bestand keine hemiunopische Pupillenreaclion.
Siegrist's Angaben stehen insofern im (iegen.satze zu den meiingen,
ids er angibl, bei dem .M igninescotom handle es sich um ein Nichlseheii.
Er sagt. Seotome durch peripherische Läsion seien .schwarz, wenn aber,
wie bei diT .Migräne, die Zellen der Hirnrinde aiisge.schaltet würden, tivte
einfaches Nichtsehen ein. Siegrist sjigt von seinem Patienten, an der
Stelle des Scotoms »fehle jede Gesiehlsemplituhllig. mit .Vusnahme davon,
da.ss die Stelle in undulirender Bewegung begrilTen ist wie envilrmb* Lull«.
Das ist doch kein N'iehlstdien! Pebenlem vernachlä.ssigl Siegrist die
.Ingaben der vielen Kranken, deren Scotom mehr oder weniger dunkel
ist. Kr erwähnt selbst, dass die Patienten mit eortiealer Hemianopsie gar
kein Hewus.sts4‘in von dem Defecte des Gesichtsfeldes haben. Die Mitniine-
ki'.inken aber liahen eben ein .solches Bewus.stsein. Ich sidie keinen GnimI,
von meiner AufTa-ssmig abzugehen, und stimme dabei doch der theoreliseheii
.\ulTa.s.smig Siegrist's zu. D'u> Sache i.st nur die, da.ss es sich bei der
.Migräne nicht um eine Ausschaltung, sondern um eine kninkhatle Function
der Sehriude haiuhdt. Gelegentlich mag ja der Proccss bis zum Nichtseheii
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J'el)er Mipräno.
gflicii. in ilcr Hi'iri'l handelt cs sicli um Vcrdcckuufr eines Tlieiles des
(ii'sielitsfeldes. sei es diireli einen hellen Schein, sei es durch einen mehr
(Hier weiiifrer dichten Xehel. rehrigeiis hin ich zu meinen Aiiseiimnder-
sefzimgen eheiiso wie Siojrrist durch die Arbeit Dufour's vom .Iiihre 1889
pefuhit worden.
Als Ort der An<renmi<fräne betrachtet auch Siegrist die Hintrinde.
Ijcider Iäs.st er sich auf die vasomotorischen Phantasien ein. die ihn auf
seltsame Abwege führen.
Als Ursache nennt Siegrist Anstrengung der Augen. Refnu-tions-
fehler u. A. Die Thatsaelie. da.ss ein Hemiscotom uuftritt. zeigt, dass
diese Ursachen nichts als (ielegenheitursaehen sein können, nur bei einem
Menschen, der die hemikranische Veriinderung schon hat. wirken.
Eine mir Ins dahin unbekniinte Heohaehtung Laiidolt's und von
Weckers theilt Siegrist mit. Der l’hysiker .1. Plateau litt, obwohl er
seit 40 .fahren vollständig blind war (durch Chorioiditis) ati tvpischem
Kliminerseotom.
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SPECIELLE
Pathologie und Therapie
hrraa*rcffcbcQ von
HOFRÄTH PROF. D* HERMANN NOTHNAGEL
nnter Mitwlrkang von
HolVath Prof. Dr. E. Albert in Wien, l’rimararzt Dr. E. Bamberger in Wien, Prof
Dr. M. Bernhardt in Berlin, Prof Ur. 0. Binewanger in Jena, Prof Dr. R. Chrobak
in Wien, (ieb. Med.-R. Prof Dr. H. Cnraehmann in Le^zig, Prof Dr. P. Ehrlich
in Berlin, Prof Dr. Th. Esoherich in Graz. Prof Dr. Ewald in Berlin. Doc. Dr.
L. T. Frankl-Hoehwart in Wien. Doc. Dr. S. Freud in Wien, Med.-K. Prof Dr.
P. Färbringer in Berlin. Geb. Med.-K. Prof Dr. K. Gerhardt in Berlin, Stabsarzt Prir.-
l>oe. Dr. Goldsoheider in Berlin, Geb. K. Prof Dr. F. A. HoHmann in Ijeipzig;. Prof
Dr. R. T. Jakseh in Prag. Prof Dr. H. Immermann in Basel, Prof Dr. Th. t. jörgensen
in Tübingen, Dr. Kartalts in Alexandrien. Prof Dr. H. Käst in Breslau, Dur. Dr.
G. Klemperer in Berlin, Prof Dr. F. t. Korinyi in Budawst. Ilofr. Prof Dr.
R. V. Kraift-Ebing in Wien. Prof Dr. Fr. Krans in Graz. Prof Dr. 0. Iieichtenstem
in Köln. Geb. .Med -K. Prof Dr. E. Lejden in Ibnlin. Prof Dr. L. Lichtheim in Königs-
berg, Prof Dr. K. v. Liebenneister In Tiilringen. Prof Dr. H. Litten in Berlin.
I*riT.-I)oc. Dr. H. Lorenz in Wien, Dr. Mendelsohn in Berlin. Dr. P. J. Höbins
in Leipzig, Prof Dr. K. ». Honakow in Zürieb, Geb. Med.-H. Prof Dr. F. Mosler
in Greifswald, Prof Dr. B. Naimyn in Strassburg, Prof Dr. E. Nensser in Wien.
Hofr. Prof Dr. H. Nothnagel in Wien, Prof Dr. H. Oppenheim in Berlin. Prof Dr.
Oser in Wien, Prof Dr. E. Peiper in Greifswald, Keg.-K. Prof Dr. A. PHhram in
Prag. Geb. Med.-K. Prof Dr. H. Qnincke in Kiel, Geb. Med.-R. Prof Dr. F. Riegel
in Giessen. Prof Dr. 0. Rosenbach in Bre.slaii, Prof Dr. A. t. Rosthorn in Prag.
Geb. Med.-R. Prof Dr. H. Sehmidt-Rimpler in Güttingen, Prof Dr. L. t. Sehrötter
in Wien, Geh. Med.-R. Prof Dr. H. Senator in Berlin, Prof Dr. Stoerk in Wien,
Prof Dr. 0. Vierordt in Heidelberg, Hofr. Prof Dr. H. Baron Widerhoier in Wien.
XI. BAND.
II. THEIL. II. .UiTIlKILUNü.
DP]R UMSCHRIKBENE
GESICHTSSCHWUND.
Voo
D* PAUL JULIUS MÖBIUS in LEIPZIG.
MIT 7 ABBILÜUNGKN.
WIEN 1895.
ALFRED HOLDER
K. U. K. HOF- UND UN 1 V ERSl TÄT6- B UCH H A N D L KU
I. KUTIir.>'T]irUM5TIU8t«B 15.
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DER UMSCHRIEBENE
GESICHTSSCHWUND.
VON
D« PAUL .lüLlUS MÖBIUS
IN LEIFZIO.
MIT 7 AHDILDUNOKN.
WIEN 1895.
ALFRED HOLDER
K. O. K. HOF- USD UNI VKItSITÄTS-BUCmiÄNDLKH
t. BOTItr.MTIlL'KMSTRASAK |6.
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ALLE RECHTE, IX«nE^K>NI>EllK IIA» DER ÜBERSKTZUXU, VORREIIALTEN.
Druck ron Friedrich Jaepet !■ Wien.
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Inhalt.
l)pr uiiisK-hriebone (irsiolitsiichwnnd 1
Geschichtliches 1
Gesamintschildcrung 4
Uespreehung der Symptome im Kinzolnen (i
1. Die Beschaffenheit des Hautschwundes K
2. Die Ausdehnung des Hautschwundes 9
3. Die Folgen des Hautschwundcs 15
4. Die den Hautschwund begleitenden Symptome 20
а) Die Trigcniinussymptome 20
б) Sympathieussymptomc 23
e) Anderweite nervöse Symptome 23
Aetiologisehes 25
Pathologisch-Anatomisches 32
Diagnostisches 35
Verlauf und Prognose 36
Die Behandlung 37
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Der umscliriebene Gresichtsschwniid.
( Hemiatrophia facialis progressiva, iN'eurotische Gesiehts-
atrophie, Aplasie lainineuse progressive, Troplionevrose faciale.)
Der gebräuchlielie Name ist Hemiatrophia facialis progressiva. Doch
ist er insoferne nicht /.iitreffend, als der Scliwiuid in inaiieheii Fällen
beide Hüllten des Gesichtes betrifft und als dius ForLschreiten gewöhnlich
nach einer Zeit aufhört und der Zustand dann unverändert bleibt.
Geschichtliches.
Koinberg hat zuerst*) den halbseitigen Gesichtsschwund beschrieben.
Kr hat die Krankheit nicht nur entdeckt, sondern er hat auch dadurch,
da.ss er fllr sie den Namen Trophoneurose erfand, sie aus einer wenig
wichtigen Rarität in eine theoretisch höchst wichtige, überaus interes.sante
Affection verwandelt. Dass eine kleine Literatur sich an Rom berg's Mit-
theilungen angeschlossen hat, das verdankt der Gesichtsschwund nicht
seiner klinischen Bedeutung, sondern dem plij'siologischen Interesse, das
sich an ihn zu knüpfen schien. Er ist bis heute eine sozu.sagen tlieoretische
Krankheit geblieben; man kümmert sich um ihn, weil er die Existenz
selbständiger, d. h. nicht mit Lähmung oder Unemplindlichkeit ver-
bundener Ernährungstöningen, die von Veränderungen des Nervens3’stems
abhängen, zu beweisen scheint. Demnach ist die Ge.schichte der Krank-
heit eigentlich die ihrer Erklärungen. Die klinische Beobaehtimg schien
den Meisten durch Romberg'.s und seiner Schüler Mittheilungen erledigt
zu sein. Roinberg hatte in dem Gesichts.schwunde ein Beispiel »dieser
*) ln Parry's hintorlassencn Scbriften hat man eine Iloobai-litiing von halbseitiger
Atrophie des Gesichts gefunden. Ich besitze das Original nicht, st>er nach den Angaben
der Autoren ist cs kaum zweifelhaft, dass wirklich die »Malad ie de Romberg« Vor-
gelegen hat. Jedoch ist das von Parry ausgestreute Samenkorn nicht aufgegangen.
Die gesehiehtlieho lletraehlung kann nur von Romberg ausgehen.
HZbla«, Der umschriebene OflrjchUscbwQDU. t
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I)<?r iiiiis<liricl)ene Gi-sielUsüi;bwiin<l.
2
Clii.ssfi Voll Kninklieitcii (Troplioncuroson ). wo liurfh uiifgt.'hobeiu'n Xervon-
l•intl^lss iimngoilmfto Ernälmin*r boilinfrt wird*, gi-seheii. St illinfr änderte
diose Tlieorie ab und t'rdirte dio Kraiikhoit auf »eine verminderte Reflexion
der sensitiven (lefaasnerven auf die ents|)reelienden vasomotorischen« zurßck.
Er meint, die Fasern des Trigeminus seien besehäiHgt, die den Reflex
zu den die (iefasse des tiesiehtes versorgenden (iefassnerven vermitteln.
Im weiteren Verlaufe der Dinge le-festigte sieh mehr und mehr die
-Meinung. da.ss der Trigeminus der Sidiuldige sei, d. h. dass in ihm die
vorausgesetzten trophisehen Fa.sern eingesehlossen seien. Einige glaubten
auch hier den beliebten vasomotorisclien Einfluss zu erkennen, Seelig-
mllller u. A. wollten den umsehriebeiien (iesiehtssehwund zu einer Sym-
tmlhiciiskninkheit mmdien. aber im Grossen und Ganzen vermotdUen diese
Abweichungen von der reinen Lehre sicli nicht viel Anhänger zu ver-
sclmflen. Es liegt amdi auf der Hand. da.ss. wenn einmal das I<eiden eine
Trophoneuroso sein muss, ernstlich nur der Trigeminus in Betracht
kommen kann. Freilich gibt es da auch noch Verschiedenheiten. Vir-
chow, Mendel u. A. glauben, es handle sich um eine peripherische
Trigeininuserkninkung. Bärwinkel wollte das Ganglion Gasseri als Aus-
gangspunkt anselien. Vulpian. .Merze.jewsky u. A. meinten, bis zu
einer »centralen Erkrankung« aufsteigen zu sollen. Relativ vorsichtig
spricht sich Eulenburg aus. Maren noch Manche .schwankend, so
scheint doch der Sectionsbefund .MendeTs, d. h. die nachgewie.sene
Trigeminuserkrankung, zur allgemeinen Anerkennung der Trigeminu.s-
hypothese geführt zu haben, Lehrbflcdier und Doctorschriflen, In- und
.\iisländer stimmen ihr zu.
Gegenüber der allgemeinen Zuneigung zur »Trophoneurose« sttdit
die kühle Abweisung der Ansicht, die Bitot durch .seinen Schüler Lande
8iis.sprechen liess. Bitot (18091 erklärte unbefangen, er glaube nicht au
die trophisehen Xerven, es handle sich bei dom umschriebenen Gosiehts-
.schwunde um une atTection iirojire, sjieciale, autopathi({ue et protopathitpie
de relcment lamineux, und er nannte die Kninkheit Aplasie lamineuse
progressive. Diese höchst verständige Ansicht führte Lande weiter aus.
Es schwinde das Bindegewebe bis auf die elastisrdien Faseni, die.se bleiben
übrig und üben einen Zug aus. durch den die Haut auf ihre Unterlage
gedrückt wird und die tieferen Gewebe beeinträchtigt werden; die kleinen
Blutgerä.sse werden oomprimirt und schwinden, daher Bläs.s»'. Trocken-
heit u. s. w. Diese Schilderungen sind nun freilich in der Haupt-siiehe
Geburten der Phanta.sie. während die Annahme, es handle sich um eine
primäre Atrophie der Cutis ein einfacher Ausdruck der That.sachen ist.
Bitot und Lande fehlten auch dadurch, dass sie die nervösen Symptome
nicht berücksichtigten und die neben dem HauLschwunde in der Regel
be.stelieiide Xervenerkrankung ignorirten. AVie gesagt, fand Bitot's Auf-
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(>(>'<diiL'htliuhe»,
3
fassuii«? WHiiig Frcmule; Einigp, wie (iiiitrac. schlossen sich ihr an,
aber auch in Frankrcicli waren die Meisten (Vnlpian, Charcot. Troisier,
Freiny u. A.) von der frophoneiirotischen Natur des iiiuschriebenen
Uesichtsscl i wii ndes nl)erzeupt.
In der nachfolgenden Literaturiibersicht nenne ich nur die älteren
Arbeiten einzeln. Die neuere Ca.suistik ist in ilen Arbeiten von Ziemssen-
Wette, Lewin, Steinert, PVoinhold-Treu ziisiun mengefasst. Lewin
liat eine Tabelle gegeben und diese haben Steinert uml Fromhold-
Treu fortgethhrt. Im Texte werde ich nach Bedarf neuere Arbeiten
citircn, sehe es aber nicht als meine Aufgabe an, alle zu nennen.
Parry, Collection Croiii thc onpiibU.shi'd mcd. writingj. 1825, Vol. I. pag. 478.
Uorgaon. De |iro<io|K>dysmor|)liia aire nora atrophiae t'attialis specie. Dias, inaiig.
Bcrolin. 1837.
Stilling. Pliyaiol., pathol. and inedic.-prakt. L'ntcraiicliiingen über die Spinal-
irrilatinn. I,eip/ig 1840, S. 325.
Homberg, Kliniaehc Ergebnisse. Ib'rlin 1816, S. 75.
Hüter, Singularia ctijaadaui atrophiae caaiia nonnnlli. Dias, inang. Marburg 1848.
Schott, .\trophia singulär, partium corporis, quae sine causa cognita apparet,
trophoneuro.sia eat. Dias, inaug. Marburg 1861,
I/asegue, Sur iine forme d'atrophie partielle de la face (Tniphonevroae de Hom-
berg'. ,\reh. gen. 1852, pag. 72.
Moore, (.'aae of unilateral atrophy of the faee. Dublin Journ. 1852.
Samuel, Die tropbia,:ben Nerven. Leipzig 1860.
Hering, Arch. f. klin. Chir. I.V. 1, S. 230, 1867.
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llärivinkel, Ihutrag zur Is'hre von den neiirotiaehen tiesiehtsatrophien. Arch.
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Meyer M., Berliner klin. Woehenaehr. VH, 2, 1870.
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Kromhold-Treti Armin, Die Hemiatrophia facialis progressiva. Dias, inaug.
Dorpat 1893.
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Gesamintsrhilderung.
In der Kogel ist der Erkrankung eine Örtliche Schädigung vonius-
gogangen, sei es eine Verletzung, sei es ein Zahnabsoess, eine Angina.
eiiK! Entzündung der Gesichtshaut oder Aehnliches. Die Erkrankenden sind
fast immer junge Menschen, oft Kinder, häufiger weiblich als männlich.
Das Hauptzeichen der stets sehr langsam verlaufenden Krankheit
ist der umschriebene Schwund der üesichtshaut selbst. An irgend einer
Stelle, etwa an der Slinie. oder an der Wange, oder am Kinne verändert
sich die Haut, sie verfärbt sich und wird allmälig dünner. Der atrophische
Fleck ist gewöhnlich unregelmässig begrenzt; bald wächst er wie ein
tteltleck im Papier nach allen Seiten, bald dehnt er sich nach einer
bestimmten Kichtung hin aus, .so dass Kinnen entstehen. Zuweilen ist
nur ein Herd vorhanden, zuweilen bilden sich nach dem ersten weitere
an anderen Stellen. Manchmal verfällt nur ein verhältnissmässig kleiner
Theil einer Gesichtshällte dem Schwunde, manchmal nimmt dieser ini
Laufe der Jahre fast die ganze Hälfte ein, in einzelnen Fällen greift er
auch über die Mittellinie weg, ja es kommt vor, dass das ganze Gesicht
atrophisch wird. Selten greift der Stdiwund über die Gesiehtshaut hinaus,
am ehesten in die behaarte Kopfhaut hinein, nur ausnahmeweise findet
man auch Theile der Halshaut oder das Ohr ergriffen. Ebenso ver-
schieden wie die Ausdehnung der Fläche nach ist die Ausdehnung
in die Tiefe. Es gibt Fülle, in denen nur die Haut selbst zu
schwinden .scheint, in der Regel aber werden auch die Theile
unter der Haut be.schädigt, die Fettschicht, die Knochen, die Muskeln.
Im Centnim des Schwundes schwindet das Fett ganz, so da.ss die Haut
auf den Knochen aufgeleimt zu sein scheint. Die Knochen werden nicht
etwa nur im Wachsthumc behindert, sondern geradezu aufgezehrt. Die
.Muskeln werden dünner, aber in ihrer FTinction nicht beeinträchtigt.
Endlich leiden oft auch die Drüsen der Haut und die Hiwre, so dass jener
Absonderung stockt, diese weiss, dünn worden oder aiisfallen. Ausser dem
in Inseln auftretenden eigentlichen Hautschwunde pflegt eine sozusagen
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Oesammtschilderung.
5
secuiuliire Ocsammtiitrophie der ganzen befallenen Gesichtshälfte eiiizutnden,
d. h. die Theile sind auch da, wo keine Hautveränderung sichtbar ist.
etwas verschmächtigt. Recht oft nimmt auch die eine Zungenhälfte an
der Atrophie theil, sie wird dünner, ihre Oberfläche runzelig, die heraus-
gestreckte Zunge weicht im Bogen nach der kranken Seite hin ab. iVucfi
Mandel und Gaumen sind zuweilen atrophisch.
Der umschriebene Hautschwund ist das wesentliche Merkmal der
Kninkheit. Ist er allein vorhanden, so ist sie da, fehlt er, so fehlt sie,
wenn auch im Uebrigen alle neben ihm vorkommenden Zeichen vor-
handen sein sollten. Er kommt thatsächlich ganz allein vor, gewöhnlich
aber findet man noch andere Symptome. Am häufigsten sind Trigeminus-
schmeraen; sie können schon vor dem Beginne des Schwundes da sein
und dauern bald bis zum Stillstände des Proecsses fort, hören bald schon
früher auf. Seltener sind Parästhesien im Gebiete des Schwundes. Die
von verschiedenen Beobachtern geschilderten Muskclzuckungen sind in der
Regel Wirkungen der Neuralgie, da man sie doch auch bei der gewöhn-
lichen Trigeminusneuralgie beobachtet, deuten aber manchmal vielleicht
auf eine selbständige Erkrankung des Muskels hin. Zuweilen werden
wirkliche Kaumuskelkrämpfe beobachtet. Selten hat man Sympathicus-
symptome gefunden, d. h. Veränderungen der Pupillenweite und der Ge-
fä.ssinnervation im Gesichte. Ausnahmeweise kommt Verminderung der
Empfindlichkeit vor.
Gewöhnlich leidet der übrige Organismus nicht, doch hat tnan in
manchen Fällen auch am Rumpfe oder den Gliedern Herde des Haut-
schwundes beobachtet, und wenn auch die meisten Patienten sich ganz
wohl befinden, so ist doch die Zahl derer verhältnissinässig gross, hei
denen Zeichen krankhafter Gehirnveränderungen, insbesondere epileptische
Anfälle vorhanden sind.
Die in der Kindheit oder Jugend beginnende Krankheit kann sich
bis in das Alter der Reife erstn^cken, aber früher oder später hat die
Atrophie ihr Maximum erreicht und dann bleibt der Zustand unverändert.
Die einmal vorhandenen Veränderungen gleichen von tia an Narben, die
nelienher gehenden Reizerscheinungen hören auf.
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Bespi'ediiin^ der Syiii|)t«»iiie im Einzelnen.
1. Die Heselinffeiilieit des Hautscli wundes.
Da der Hautsehwnnd da.s (’nrdinalsy mptom ist, wäre es vor
allen Dingen erwünseht, ülier seine Entstehung etwas Näheres zu erlahren.
Damit ist es nun freilieh ühel bestidlt. Fast alle Autoren halttui nur die
Wirkung des Proeesses, die mehr mler minder vollendete Atrophie vor
.Vagen gehabt und trotz aller tsorglält, die sie auf die Besehreibung ihres
Hetimdes verwenden, (irfährt man nieht, wie die.ser zu Stande gekommen
ist. Die Hautärzte besehreilwii unter dem Namen der einfachen Haut-
atrophie o<ler der Atrophia eutis aeipiisita einen Zustand, der dem um-
schriebenen Gesieht.ssehwiinde offenbar nahe verwandt ist. E. Besser z. B.
.sagt in seinem l.,<.'hrbuche der Hautkrankheiten darüber Folgendes: ».\n
beliebigen Stellen der Körperoliertlache erscheint die Haut manchtnal in
beträchtlicher Ausdehnung dünn, unter das normale Niveau etwas ein-
gesunken. von eigcnthümlich hell-bräunlich-violetter oder wei.sslieher Farbe.
Kleinere Herde erscheinen glatt, bei grösseren legt sich die ausserordentlich
verdünnte Haut in Falten, die durch Streckung ausgeglichen werden
können. Sehr auffallend i.st das durch die Dünnheit der Haut bedingte
deutliche Durehscheinen aller kleineren und grös.seren BlutgenUsse. . . .
Die (irenze gegen die normale Haut i.st scharf, bildet eine unregelmä.ssige
Linie und ist zum Theile vollständig unvermittelt; das Durchscheinen der
(iefiLsse, hört gleichzeitig mit den ül)rigeii Veränderungen plötzlich auf.
-Vn einzelnen Stellen tindet sich aber zwischen die atrophische und die
normale Haut ein bis zu 1cm breiter Orenzwall eingeschoben, an dem
die Haut sehr derb, weissglänzeiul und das normale Nivt'au etwas über-
ragend erscheint. Die Haut die.ses (irenzwalles zeigt eine nicht zu ver-
kennende .-Vehidichkeit mit den durch die Sklerodermie im Stadium der
eigentlichen Sklerosining gesetzten V’eränderiingen. .\n diesen Stellen
firnhü dius s(>hr langstime Fortschreiten des Proeesses statt, indem der
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iJic Art dpü Sclnviimleii.
7
rn-piizwall sich gegen die normale Haut verschiebt, hinter sich atrophische
Haut zurOcklnssend. Die Functionen der atrophisclien Haut sind normal,
die Sensibilität ist intact. im (Jegentheile geben die Patienten sogar an.
dass sie an diesen Stellen feiner und intensiver empfinden als an den
normalen Hautstellen, eine Erscheinung, die durch die Verdünnung der
Haut bei normalem Nervenapparat ohne Weiteres ihre Erklärung findet.«
Die ganze Beschreibung Lesser's kann man auf den umschriebenen
üesichtssehwund flliertragen, nur das ist fniglich. ob auch hier ein
tOrenzwall«, mit anderen Worten eine primäre Infiltration der Haut zu
linden ist. Diese Infiltration aber würde die eigentliche Kninkheit sein,
die die Atrophie hinterlies.se. (Jeht man die Fälle umsehriehenen (iesichts-
schwundes durch, so findet man wenig Bestimmtes. Auf jeden Falt kann
die primäre Infiltration nicht .sehr ausgeprägt sein, da sie doch sonst eine
Spur in der Anamnese hinterlassen hal)en wüide und die Beobachter sie
hie und da bemerkt haben würden. Immerhin wird in dem Schutfalle
des (Jtfo Schwalm eine iirimäre Schwellung erwähnt. Schwalm hatte
im sechsten Jahre die iMa.sern gehabt, ein Jahr später färbte sich ilie
Haut an der linken Hälfte des Unterkiefei's gelh und später trat dazu
»eine glänzende fJeschwulst der Weichtheile dieser Hegend«, die ohne
Erfolg mit Kataplastnen behandelt wurde, aber nach einiger Zeit von
selbst wich, während der gelbe Fleck sich nusbreitefe und die er-
krankten Stellen einsanken. Bei dem ausserordentlich langsamen
Verlaufe der Krankheit entziehen sich sehr häufig die Patienten der
weiteren Beotochtung. So erinnere ich mich eines jungen Mäilchens.
die in der linken Hälfte des (iesichtes. auf Nasenflügel und (.fberlippe
einen bräunlich verfärbten Fleck hatte; die Oberfläche war bräunlich, am
Bande war die Haut leicht verdickt und härter als sonst, im Centrum
war sie heller, verdünnt und etwas eingesunken. laüder ist mir das
Mädchen aus den Augen gekommen und ich weiss nicht, ob jetzt bei
ihm das Bild des umschriebenen (Jesichtsschwundes besUdit, i>der oli es
sich nur um »einfache Hautatrophie« gehandelt hat. .Man kann sich auch
denken, dass es sich in den Fällen mit (irenzwall und in denen ohne solchen
nur um ( iradunterschiede dreht, dass je chronischer iler Verlauf ist. um.so
weniger eine primäre Infiltration wahrnehmbar zu sein braucht, da.ss das
Hinsterben der Hautelemente schlie.sslich auch ohne sichtbare Beiz-
erscheinungen eintreten kann. Wenn man sich des primären .Muskel-
schwundes (der Dystrophia muse. progressiva) erinnert, so fallt einem ein,
dass auch hier dem Anscheine nach nichts als einfache Atrophie der
Muskelfasern vorhanden i.st, während doch die mikroskoiiische Unter-
■suchung zeigt, dass eine Dickenzunahme der Fasern ilas Primäre sein
dürfte. Auf jeden Fall müs.sen wir den Proeess des Schwindens und
sein Bcsultat unterscheiden.
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8
Begproebung der Symptnme im Kinzelnen.
Im Verhältnisse zu dem Schwunde der tieferen Theile ist der
Hautschwund immer das Erste. Nie beginnt die Krankheit etwa mit
Muskelschwund oder mit Knochenschwund, denen dann die Atrophie der
Haut folgte. Kben.sowenig beginnt der Process im h’ettgewebe. .sondern
immer wird die Haut selbst zuerst betroffen. Das sogenannte .siibciitane
Oiewebe ist ja gar kein selbständiges We.sen, sondern ein Theil
der Haut.
Hält man daran fest, dass der umschriebene Hautschwnnd das
ständige und das erste Zeichen der Krankheit ist, so ergibt es sich ohne
Weiteres, dass eine ganze Reihe der von den Autoren ztim umschriebenen
Gesichtsschwunde gerechneten Beobachttingeii auszu.scheiden ist. Genule
die damit in Wegfall kommenden Beobachtungen zeigen auch sonst vom
typischen Bilde abweichende Zfige. Manche Autoren haben aber dadurch,
da.ss sie sich an das Wort »halbseitiger Gesichtssehwund« anklammerten,
ganz vcr.schied(>nartige Dinge zusammengeworfen und nicht zur Klänmg,
sondern zur Verwirrung beigetragen Älindestens 24 Fälle der Casuistik
Fromliold-Treu's sind zu beansUinden. Die.ser Autor hat übrigms
selbst bei einem Theile dieser Fälle Zweifel gehabt und diese durch ein zu-
ge.setztes Fragezeichen ausgedrUckt. Ganz sicher sind die Fälle von leichter
Abmagerung einer Gcsichtshälfle nach Beschädigung des Halssympathicus,
die SeeligmOller mit dem umschriebenen Gesichtsschwunde zusammen-
gebracht hat, auszuscheiden. Ich habe schon früher*) darauf hingewiesen,
dass bei Sympathicuslähmung nur eine geringfltgige Abmagerung zu beob-
achten ist, wie es etwa nach einigen Tagen mangelhafter Ernährung
der Fall ist, dass die Be.sclinffenhcit dt*r Haut sich dabei nicht ändert,
dass von herdweise auftreteuder Atrophie der Haut gar keine Bede ist,
kurz, dass die.se Form »halbseitigen Gesiehtssch wundes« grunilvcrschieden
ist von der Komberg’schen Krankheit. Mit der letzteren haben ferner
ganz und gar nichts zu thun die Fälle angeborener Gesichtsatrophie, aus denen
Fromhold-Treii eine besondere Gnippe lüldet. Die übrigtui auszusehei-
denden Fälle lassen sich nicht unter eine Rubrik bringen. Fr om ho Id-
Treu führt z. B. folgende an: R. Volkmann. Asymmetrie des Gesichts
in Folge e.sseutieller Kinderlähmung: v. Graefe, Luetische Erkrankung
der Nn. abducens, facialis, trigeminus mit Atrophie der Trigerainus-
minskeln; Pissling, Allgemeine Atrophie der linken Gesichtshälfte mit
läihmung; Neuralgie, Ophthalmitis nach Apoplexie im 60. Leben.sjahre ;
Estor, Atrophie des M. temporalis mit Hypertroiihie des oberen Lides.
-Manche Autoren haben auch eine neuere Beobachtung Löwenfeld’s zum
umschriebenen GesichLsschwunde gerechnet, obwohl dieser Autor eine
solche -Meinung gar nicht ausgesprochen hat ; in diesem merkwürdigen Falle
•) Zur Pathologie des HalssympatUieus. Berliner klin. Woehensehrift. X.XI,
15 - 18 , 1884 .
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Die Au«dehming des Schwundes,
9
handelt es sieh um eine (wahrselieinlich nucleare) Muskel- Atrophie. In den
bisher erwähnten Fällen ist die Sache von vorneherein klar, die Nieht-
zugehörigkeit kann ernstlich nicht bestritten werden. Dagegen gibt es Fälle,
in denen da.s Hild wirklich dein umschriebenen (lesicht.sschwninde sehr
ähnlich ist und eigentlich nur die umschriebene Hautatrojihie fehlt. Ein
solcher Fall ist z. 11. der von H. Steinert in seiner Dissertation be-
schriebene. Hier liestand eine Erkrankung des rechten Trigeminus mit
Atrophie des Teinporalis. Schwinden des Orbitalfettes, Verengerung der
rechten Pupille, geringem Schwunde der rechten Znngenhulfte, Struma.
Dabei aber war die Haut (abgesehen von Hypästhesie) vollständig normal.
Offenbar handelt es sich um die Combination von Trigeminus- mit Sym-
pathicuserkrankung (die rechte Lungen-spitze war erkrankt). Dass nicht
umschriebener Gesichtsschwimd vorlag, geht auch daraus hervor, dass die
Symptome erst im 37. Jahre aufgetreten waren. Alle Fälle mit Heginn
nach dem 30. Jahre erweisen sich bei genauerem Zusehen als unecht.
Ich muss auf die Ausscheidung der unechten Fälle bei Re-sprechung
der Diagno.se noch einmal zurflekkommen.
2. Die Ausdehnung des Hautschwundes.
Der Ausdruck Hemiatrophie wird iiisoferne mit Recht gebraucht,
als in der gi'ossen Mehraahl der Fälle nur eine Hälfte des Gesichtes
betroffen ist. Aber der Schwund kann beide Seiten ergreifen, er kann
auch an anderen Stellen des Körpers auftreten und in den Fällen halb-
seitigen Gesichtschwundos ist gewöhnlich nicht die ganze Hälfte, sondern
nur ein mehr oder weniger beschränktes Strick beschädigt.
Fromhold-Treu hat besondere Gruppen der Fälle je nach der
Ausdehnung des Schwundes gebildet. Er unterscheidet von den »tyjd-
schen Fällen«, B, die Hemiatrophia facialis incompleta, C, die doppel-
seitige (iesichtsatrophie, />, die Fälle mit Ergriffenseiu anderer Theile
der gleichen Korperhälfte. Solche Trennung ist jedoch ziemlich willkürlich,
besondei-s zwischen A und B ist keine Grenze zu linden. Hier handelt
es sich nicht um eine Uebersicht über die Casuistik, sondern um Schil-
denmg der Hauptformen, in denen die Kninkheit vorkommt. Der Zweck
läs.st sieh vielleicht um besten erreichen durch eine Reihe von Beispielen.
Ein elljähriges Mädchen hatte auf der linken Seite der Stirne einen
etwa 10 cm langen Streifi-n des Hautschwundes: .seit drei Jahren war
der Zustand unverändert (Haum. Diss. iiiaiig. Bonn 1888). Bei einem
50jährigen !Manne bestand seit dem zehnten Jahre rechts eine tiefe
Furche, die von der Stirne zum Scheitel zog (Kahler, Prager mwl.
Wochenschrift, 1881, Nr. 0 und 1). Bei einem 19jährigen Mädchen zogen
fünf Atrophiestreifen über die Stirne, die Schläfe, die Gegend über dem
Jochbeine linkerseits; sie hatten vor vier Jahren als braune Flecken
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Hcspreehiing der Sjinptome im Kinzelnen.
ItogoMiii-ii, dniiii liatto sich (aiifreblicli nach Anwendung einer Salbe) die
Haut der linken (iesichtshälfte entzOndet und nach einigen Monaten
waren die gelben Stellen eingesunken (Bernhardt. Centralbl. fllr Nenen-
heilkiiuile. VI, 3, 1883). Bei einem lojührigen .Mädchen war im vierten
.lahre ein Znhnge.schwdr mit Abscess rechts aul'getreten; seit zwei .lab ren
Fig. 1.
Sljlbrlge» Midc-ben. Ini 24. Jahr« R«slan (Im 8«hwundM ua Haken Jochbeine neeb einem Stouc.
Sillliund der Krankheit eeit eioigen Jabreu. Keine Neuralgie. (Krombold>Tren.)
bestand vor dem Ohre eine atrophische Stelle und war die rechte Ge-
sichtshälfte itti Ganzen etwas verkleinert (Banhain, British ined. Journ.
1884, pag. 63). Nicaise (Revue de Med. 1885, 8, jiag. 690) sali einen
atrophischen Streifen, der genau in der Mitte der Stirne von der Na.sen-
wurzcl zur Haargrenze zog.
Sicher ist in manchen Fällen geringer Ausdehnung de.s Schwunde.s
der l’rocess noch nicht allgelaufen gewesen. Doch gilt dies nicht von
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Di« Aiisdi'hmmg des Sebwundes.
11
allen. Kuhler's Kall z. K. zeijit. dass der Prucess sich dauernd auf einen
schmalen Hautstreifen be.schrünken kann. An der Stirne hamlelt es sieh
gewöhnlich um .sagittale Streifen. Manche Autoren scheinen zu glauben.
da.ss diese Xervenbi'zirken entsprechen. Dem ist wohl nicht so. Es sind
i*ben durch den Verlauf tler Nerven und (.ielitsse sagittale Furchen vor-
gezeichiiet. Der kninkhafte Process folgt deshalb ungefähr dem Ijiufe
der N<Tven, aber seine (irenzen fallen nicht mit «len Bezirken der Inner-
vation zu.snmmi'n. Unterhalb des .loclibeines i.st «lie Sachlage ähnlich, wie
hier von der Tragusgegi-ml aus die Nervi'ii uml Gefäs.se ausstrahlen, .so
liildet auch der Hautschwund Strahlen, deren oberster dem .Jochbciniundc
parallel i.st, deren unterster dem Unterkieferrande folgt. Am Kinne und
an der Lippe entstehen wieder .sagittale Rinnen, die unmittellmr neben
tler .Mittellinie oder ein Stück davon entfernt .sind.
Die Ausbreitung des Schwundes pflegt dailurch zu erfolgen, dass
da, wo nicht von vorneherein mehrere Herde bestehen, zu dem ersten
Flecken «aler Streifen noch andere an anderen Stellen hinzufreten. Stdiliess-
lich können benachbarte Herde zusammentliesscn, oder .sie las.sen noch
gesuntle Imseln zwischen sich. Für die Vielheit der Herde bieti't Bern-
hanlfs Fall ein gutes Bei.spiel. Bei einer 17jährigen Knmketi Fremv's
halfen sich vor lünf .lalnxm ein Fleck auf dt-r Uberlippe und ein solcher
unter dem Auge gezeigt. Bei dem Kranken Delamare’s bestand zuerst
eine sagittale Furche neben der .Mittellinie, dann trat ein llenl in di>r
Regio infraorbitalis auf. Ist «lann später der grössere Theil der Gesichts-
hälfte atrophksch geworden, .so z«ngen zuweilen noch Pigmentanhäufungim
die Stellen an, von denen der Schwund seinen Ausgang genommen hat.
Bei einem 13jährigen Knal)en war die atrophi.sche rechte Hälfte des
Gesichtes durch eine scharfe Gnuize von «1er rechten g«'trennt. Innerhalb
iler rechten Hälfte Hessen sich mehrere V'ertiefungen unterscheiden, die
dunkles Pigment trugen, eine (irube ni'bim der Grenzlinie der Stirne,
eine zweite oberhalb des Auges, eine ilritte in d«*r rechten Wange, eine
vierte am Kinne (Herz, An-liiv für Kinderheilkunde. VIII, 4, 1887).
Auch da, wo der Schwund allgemein geworden ist, siiul fa.st nie alle
Theile des Gesichtes gleichmässig betroffen. So war bei 0. Schwalm
der Schwund über dem Unterkiefer zuerst sichtbar gewesen und am-h
später war die untere Hälfte des Gesichtes stärker veränilert als dii* ober«\
Schwahn ist zugleich «'in Beweis dafür, dass der Schwund sich niidit
immer auf das Trigeminusg«*bi(>t beschränkt, denn bei ihm reichte die
Atrophie bis zur Mitte des Ki-hlkopfes. ln anderen Fällen sinil aus.ser
«lern Gesichtsschwunde selbständige Atrophielierde auf «1er gleichen
Kör|ierseite bei>bachtct worden. So ein Fleck unter der Mamma bei der
Kranken Brnnner's (Petersburger nied. Woclienschr. 1871, Nr. 2) und
bei der Soltmann’s (44. .lahn-sbericht des Wilhelm-Augusta-Hospilals
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Bosprei'liimg der Symptome im Einzelnen.
in Breslau), oder inehrt-re Flecken am Rumpfe bei dem Kranken Hen-
schen's (Neurol. Centralbl. II. S. 374, 1883), bei dem freilich ausserdem
diffuse Atrophie der ganzen Körperhällle bestand, Flecken an Rumpf
und Arm bei der Frau Kuhlicke.
Endlich gibt es Fälle, in denen beide Körperhälften betroffen sind.
In einem der ersten dieser Art, den J. Wolff fVirehow's Arch. XCIV, 3,
S. 393. 1883) veröffentlicht hat. war der Schwund in der rechten (ie-
Kig. 2.
Tjibrigea blldcb«‘n. IVffiuD liu 5. Jabr«. Keiac Ncuralfle. (A. Kuleoburf.)
sichtshälfto sehr ausgedehnt, während links nur einige atrophische Stellen
gefunden wurden. Bei der Kranken Flashar’s (Berliner klin. Wochenschr.
XVII, 31, 1880) waren beide Hälften annähenid gleich stark beschädigt,
rechts wie links sah man eine Anzahl atrophischer Stellen, zwischen
denen gesunde Inseln Ubriggeblieben waren, aber die Herde des Schwundes
waren nicht symmetrisch. Bis jetzt sind angeblich sechs Fälle doppel-
seitigen (iesichtsschwundes beschrieben worden. Wenn man will, kann
man auch den früher erwähnten Fall von Nicaise dazurechnen.
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Die Ausdehnung dos Hautschwnnde«.
13
Zwei solche Kranke gestattete mir die läebenswiirdigkeit des Herrn
K. Alt zu untersuchen, dem ich auch die Abbildungen verdanke.
Die eine Kranke, eine 28jilhrige Frau N., war in ihrem neunten
Jahre mit einer Sichel am rechten Auge verletzt worden und seit der
Fig 3.
S4Jltarlfet Mldcben. Nach TootlllitU im 7. Jabre heftige Kearalgie reebu. Stark auigeprigler Schwand
reebta. Spller Sebroerten and Schwund auch linka. EpUetHiie. Tubercolose. (Jnl. Wolff.)
Verletzung war die Sehkraft des Auges wesentlich herabgesetzt gewesen.
Erst vor fünf Jahren waren Schmerzen im rechten, dann auch im linken
Auge aufgetreten. Das rechte Auge war deshalb enucleirt worden. Obwohl
die Heilung der Wunde rasch eintrat und da.s linke Auge wieder normal
wurde, hörten doch die Schmerzen nicht auf. Sie nahmen beide Oberkiefer
ein und veranlas-sten die Kranke, sich eine Keihe von Zähnen ausziehen
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Itoeprocbmig ilor Syinploine im Kinzvlnon.
ZU lassHi. Die Schmerzen waren »schiessMid«, selir lieftif'. von Krämpfen
der Kaumuskeln begleitet. Anfangs traten sie fast täglich auf, allmälig
wurden sie seltener und schwächer. Seit drei Jahren aber l)emerkte die
Kranke, dass die Haut ihres (iesichtes sich veränderte, sozusagen zu eng
wurde. Bei allen Bewegungen spannte die Haut, der Mund konnte nur
Fig. 4.
SSJätirifes MIdcben. Id der Kindbelt Verleuanir der recbten Stirn. Spiter MB<ern, demach tl^gion dee
Schwände«. Keine Neuralgie. Llnki Opllcue-Atropble und Veraiebung der «Urren Pupille. (Plaebar.)
wenig geöffnet werden. Seit einem .fahre hat nach Aussage der Kranken
diese Hautspannung wieder etwa.s nachgela.ssen. Die Schmerzt'ii treten
auch jetzt noch zuweilen ein, .sind al)cr nicht mehr beträchtlich.
Da.s (iesieht der Kranken war im (ianzen ausserordentlich mager,
war ein sogenanntes »Todtcnkopfgesicht«. Besonders aber war die Atrophie
über beiden Kiefern ausgeprägt, das Fett fehlte hit‘r ganz und die Haut
war gellibräunlieh verfärbt, sehr verdünnt und deutlich ge.spannt. Der
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Difl Folgen de» Haiitecbwundes.
15
Mund konnte niclit weit geöffnet werden, daltei trat Kraelien in beiden
Kietergeleaken ein. Ob Atrophie der Muskeln und der Knochen liestand,
war nicht sicher zu sagen, stärkerer Scliwund war .siclier niclit vor-
handen. Die Einptindiichkeit der Haut und die (ibrigen Functionen waren
ganz normal. Auch an der Zunge und den anderen Mundtheilen konnte
nicht.s Krankhaftes wahrgenonimen werden (vgl. Fig. 5 und Gl.
Die andere Kranke war ein 19jiihriges Mädchen L. .1. Sie war im
elften Jahre von einer schweren Lungenentzündung befallen worden. In
der Reconvalescenz waren reissende Schmerzen im Ober- und Unterkiefer
beiderseits eingetreten und da.s Gesicht war rasch abgenmgert. Als das
Kind nach 16 'Wochen wieder in die Schule kam, sagten die Mit-
schülerinnen, es habe ja Löcher im Gesichte bekommen. Wie lange der
Schwund fortschritt, kann die Kranke nicht sagen. Seit mehreren Jahren
habe sie keine Veriinilerung mehr wahrgenommen. Die Schmerzen kehrten
von Zeit zu Zeit wieder und kommen, wiewohl schwächer als früher,
auch jetzt noch manchmal.
Die sichtbaren Veränderungen sind denen bei der ersten Kranken
ganz ähnlich, nur dass .sie weniger stark sind und das Gesicht deutlich
asymmetrisch ist, der Schwund deutlich rechts stärker ist als links. Ueber
Spannung der Haut klagt diese Kranke nicht. Auch bei ihr sind ausser
dem Schwunde der Haut und des Fettgewebes keine weiteren Symptome
nachzuweisen (vgl. Fig. 7).
3. Die Folgen des H au t sch w u n d e s.
Die Verunstaltung durch den um.schriebenen Gesichtsschwuiid hängt
nur zum Theile von den Verändeningen der Haut ab. Sie erreicht erst
dadurch hohe Grade, dass auch die unter der Haut liegenden Theile be-
schädigt werden und da.ss in Folge der Verkleinening der atrophischen
Theile Verschiebungen stattfinden.
Das Fett unmittelbar unter den atrophischen Stellen schwindet wohl
sehr früh, später jedoch geht auch das übrige Fett der erkrankten Ge-
sichtshälfte verloren. Daelurcli wird diese im Ganzen verkleinert und die
Stellen, an denen für gewöhnlich stärkere Fettpolster liegen, sinken tief
ein. besonders bildet die Fos.sa canina ein tiefes Loch. Es scheint, dass
zuweilen nach dem Stillstehen des Proce.sses das verlorene Fett sich,
wenigstens zum Theile. neu bilden kann, denn die in einigen Fällen
gemachte Angabe, dass eine gewi.sse Besserung eingetreten sei. dass die
kranke Seite sich wieder stärker gerundet habe, lässt sich wohl nur
so deuten.
Nächst dein Fette werden am meisten die Knochen betroffen:
Stirnbein, Jochbein, Ober- und Unterkiefer. Es ist wohl nicht richtig,
dass es sich dabei nur um Entwicklungshemmung handle, dass daher die
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Besproohnng der Symptome im Einzelnen.
fertig allsgebildeten Knochen an der Atrophie nicht theilnehuien. dt-nn
man hat auch nach beendetem Wachsthunie den Knochen schwinden
sehen. Aber thatsächlich fiillt in der Regel der Process in die Zeit des
Wachsthumes und thatsächlich sind die in der .lugend entstandenen
Knochendefecte viel grösser als die später erworbenen. Auch i.st sicher
in manchen Fällen mit spätem Beginne eine ßetheiligung der Knochen
Fig. ß.
Fr<u N.f 88 jAbr« alt. Im 9. Jabre Verletzufijt dea raebteo Aufe«. Im SA. Jabre Schmenmn, Enueleatlon
des Aog^i. HefUffe Neoralffie ln b«iden Oberkiefern. Seit S Jabren doppelieiilffer llaalMbwnnd.
nicht vorhanden gewesen. Bei den früh entwickelten Atrophien lindet
man nicht nur eine Einsenkung des Knochens unter dem Haiitschwunde,
sondern die Maasse sind auf der kranken Seite durchgängig etwas ver-
kleinert.
Weit weniger als die Knochen .scheinen die Muskeln zu leiden.
Wenn man von der verhältnissmä.ssig seltenen Atrophie nur der Trigeminus-
muskehi, die ich als Complication auffasse. absieht, so ist man flberrascht,
zu finden, dass die unmittelbar unter der Haut liegenden und zum Theile
in die Haut selb.st eingefbgten Muskeln niemals sow'eit geschädigt werden,
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Die Folgen des Hautscbwundee.
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dass ihre Function geliemmt wOrde. Immerhin ist die Masse der Muskeln
in den Fällen fortgeschrittenen Gesichtsschwundes beträchtlich ver-
mindert.
Die Nasenknorpel nehmen an der allgemeinen Atrophie theil und
wenn die Naseuhaut primär beschädigt ist, so schwinden sie in betrücht-
licherti Grade. Das Ohr ist nur in der Minderzahl der Fälle betroffen;
Fig. 6.
Frau K. vod recht«.
die ganze (»hrmuschel ist dann etwas verkleinert, Knorpel und Haut
sind verdünnt.
Die Haare entgehen an den Stellen primären Schwundes be-
greiflicherweise dem Schicksale der Haut nicht. Sie fallen ganz aus, oder
ein Theil von ihnen geht verloren und die übrigl)leibenden werden dünner
und kürzer. Da die meisten Kranken Weiber sind, kommen gewöhnlich
nur das Haupthaar, in das die Atroph ie.streifen der Stirn hineinreichen,
und die Augenhaare in Hetracht; bei Männern verkümmert auch der
Bart der kranken Seite.
MOblu«, b«r umtcbriebeoe Ge#icl>t«M.-b«raad. 2
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m Besprechung der Syiuptome im Kinzelncn.
Dil- Hautdrüsen sclieitien in der Regel iinliehelligt zu sein. Nur
inanebmul wird angegeben, dass die kranki* Seite weniger schwitze und
dass deren Haut trocken und spröde sei. Innerhalb des primären Schwundes
werden die Hautdrüsen wohl immer mit atrophisch werden, doch scheint
sich dies nicht merklich kundzuthun.
Die grösseren Blutgefässe bleiben erhalten. Dadurch, dass die
Haut stark verdünnt ist. werden sie oft deutlich sichtbar, so dass ihr
Pig. 7.
L. J.f 19jüLrig«i Mäclchtrn. Ueglou oacii Pneumouie im II. Jabro. Neoralgie beideraelti aad Sebwuod
beidertclt«. Seit mobrereo Jabieo KtUUtand.
Netz wie präparirt zu Tage liegt. Hie und da wird angegeben, dass die
PiiLsationen der grossen Arterien auf beiden Seiten nicht gleich gewesen
seien, doch ist dieser Befund ganz unregelmässig.
Hat der Schwund eine (iesichLshälfte eingenommen, so werden die
Theile der gesunden Seite etwas nach der kranken hinübergezogen. Die
Kranken bekotnmen ein Mondgesicht, ist der Schwund rechts, so erinnern
sie an den zunehmenden Mond, ist er links, an den abnehmenden. Von
rechts und von links betrachtet scheinen sie verschiedene Menschen zu
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Dik Folgen des Haulschwundes.
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snin. von der kmnken Seite zeigen sie sich als alt und krank, von der
gesunden als jung und frisch. Innerhalb der kranken Beite wird be-
sonders der Mundwinkel etwas nach oben verschoben, unter üinständen
ist er nicht mehr geschlossen, die dünnen Lippen lassen vielmehr eine
Bpalte zwischen sich.
Während bei einseitiger Atrophie die gesunde Seite nachgibt und
es deshalb zu stärkerer Spannung nicht kommt, klagen die Kranken mit
doppelseitiger Atrophie über das Gefilhl der Spannung, die Haut wird
ihnen zu eng und sie sind im Oeffnen des Mundes behindert.
Einer der merkwürdigsten Züge in dem Krankheitsbilde i.st die ge-
wöhnlich vorhandene Hemiatrophie der Zunge. Betrachtet man die
ndiende Zunge, .so ist wenig wahrzunehmen. Lässt man sie aber heraus-
strecken, so weicht sie in einem nach der kranken Seite offenen Bogen
von der Mittellinie ab und beim Zufühlen findet man die concave Seite
dünner als die andere. Ist der Zungen.schwund stärker, so ist die kranke
Seite ziisamniengesunken und runzelig, erscheint wie ein Anhang zur
ge.sunden. Die elektrische Reaction scheint nicht verändert gefunden
worden zu .sein. Geschmack und Gefühl der Zunge bleiben normal. Zu-
weilen ist auch der Gaumenbogen der kranken Seite deutlich verjüngt,
ist das Gaumensegel im Ganzen nach ihr hin verschoben.
Mit dem bisher Gesagten ist das Bild des umschriebenen Gesichts-
scliwundes gezeichnet, imsoferne als eben nur dieses Syndrom in Frage
kommt. Wie oft der Schwund auf <liese oder auf jene Theile beschränkt
gewesen sei, wie oft die Anhänge der Haut gelitten, wie oft Ohr,
Gaumen, Zunge betheiligt gewesen seien, wie oft man andere Symptome
neben dem umschriebenen Gesichtsschwund gefunden habe, diese und
ähnliche Fragen haben verschiedene Autoren behandelt. Ich kann nicht
linden, dass solche statistische Angaben, ilie, wenn sie zuverlässig sein
sollen, ausserordentlich viel .Mühe verlangen, liesonders werthvoll seien,
und .sehe davon ab. Eine Frage aber ist überaus wichtig, nämlich die,
ob das Syndrom des umschriebenen Gesichtsschwiiudes allein vorkomme.
Das ist geradezu eine Cardinalfrage und besonders ist ohne ihre Beant-
wortung an eine »Erklärungt der Krankheit nicht zu denken. Mit anderen
Worten, gibt es Fälle, in denen nur der umschriebene Gesichtssehwuud,
wie er hierbe.schrieben worden ist. vorhanden war, oder tritt der umschriebene
Gesichtssehwuud immer mit den nachher zu besprechenden nervösen Sym-
ptomen (Trigeminusneuralgie u.s.w. jzusarnmen auf:' Nun ist es zweifellos, dass
in der gros.sen Mehrzahl der Fälle nervöse Symptome, besonders Schmeraen,
während eines Theiles des Verlaufes vorhanden sind. Andererseits aber
scheint es mir doch, als ob in manchen Fällen der umschriel)cne Gesichts-
schwund wirklich allein vorhanden gewesen sei. Freilich die »reinen«
Fälle sind selten und in manchen von ihnen mag wohl der Autor, der
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lt«*pr<>ihiing d« Symptome im Einwlnen.
nur eine kurze Besehreiliung lieferte, die subjectiven Symptome unerwähnt
gelassen haben. In manchen Fällen von geringer Ausdehnung des
Schwunde.s scheint der atrophische Fleck da.s Einzige gewesen zu st-in,
aber hier könnte man einwenden, es handle .sich um unentwickelte
Formen und die nervösen Symptome können noch kommen (wiewohl
freilich diese, wenn sie da sind, den Anfang zu machen pflegen). Ein
wirklich »reiner« Fall scheint der von A. Eulenburg (Zeitschrift für
klin. .Medicin. V, 4) beschriebene zu sein. Hier war bei einem sieben-
jährigen .Mädchen vor zwei Jahren das Leiden »ohne nachwei.sbare Ver-
anla-ssung und ohne nervöse Symptome« aufgetreten. die letzteren fehlten
auch zur Zeit der Beobachtung und doch war der Schwund schon weit-
entwickelt. Auch bei der ersten von Fromhold-Treii beschriebenen
Kranken fehlten (bis auf vorflbergehende Zuckungen der Unterkiefer- und
Halsmuskeln) immer alle nervösen Symptome. So könnte ich noch ver-
schiedene Fälle anfilhren, indessen kommt es auf die Zahl nicht an. Die
Hauptsache ist die, da.ss iler um.schriebene Gesichtsschwund ganz allein
Vorkommen kann.
4. Die den II a ii t s c h w u n d begleitenden Sy m p t o m e.
a) Die Trigemimtssymptome.
Wie ich vorhin schon envähnte, bestehen in der Mehrzahl der Fälle
neben dem umschriebenen Gesicht.sschwunde Schmerzen. Die Regel ist,
dass diese iil)crhnu|)t das erste Krankheit.szeichen bilden und dass erst
nach ihrem mehr oder minder langen Bestehen in ihrem Bereiche der
erste atrophische Fleck bemerkt wird. Zuweilen haben die Schmerzen
schon aufgehört, wenn die Atrophie beginnt, zuweilen scheinen beide
zugleich anzufangen, zuweilen soll der Schmerz erst zu dem Schwunde
hinzugetreten sein. Nur ein paar Beispiele; Bei E. Joscpli (Diss. inaug.
Berlin 1894) bekommt ein 14 jähriges Mädchen links in Stirn und Schläfe
heftige ziehende Schmerzen, die in Anfällen auftreten; nach einigen
Wochen bilden sich, zwei atrophische Furchen auf der linken Seite der
Stirne. Bei der 16jährigen Kranken Hitzig's (Berliner klin. Wochenschr.
V^II, 2, 1870) waren im zehnten .lahre neuralgische Schmerzen im Ge-
biete des ersten und des zweiten Trigeminu.sastes links eingetreteu. im elften
Jahre war ebenda der Schwund bemerkt worden, als die Schmerzen
bereits mu'hgelas.sen hatten. Bei M. Meyer’s (Ebenda) Kranken waren
die Schmerzen im elften Jahre eingetreten, hatten im nächsten .lahre
aufgehört, dann aber war der Schwund bemerkt worden. Besonders be-
merkenswerth ist die Kninkenge.schichte der Frau Kuhlicke. R. Virchow
(Berliner klin. Wochenschr. XVII, 29, 1880) sagt von ihr, .sie habe mit
23 Jahren einen Hlutschwären auf dem Kopfe gehabt, mit 25 Jahren
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Die Trigcmüiusitymptome.
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sei sie iin Wochenbette unter shirken Piebererscheinungen mit einer An-
schwellung um das linke Auge erkrankt, auch sei sie bald darnach einmal
auf den Hinterkopf gefallen. »Gleich nach dem Aufhüren der ,Kose‘
machten Bekannte sie darauf aufinerk.sam, dass ihr Gesicht ,einliel‘ . .
sie hatte anhaltend stechende Schmerzen, hauptsächlich im Auge, jedoch
zuweilen bis zur Schulter.« Mendel (Neurul. Oentralbl. VII, 14, 1888)
sagt, sie habe »noch im Wochenbette eine mit lid)hall<!ni Fieber ver-
bundene Gesichtsrose (Iberstanden, nach deren Verschwinden noch lange.
Zeit Schmerzen am linken Auge und in der linken Wange be.standeii. . .
Als diese Schmerzen im Ijiufe eines Jahres allniälig nachliesscn, bemerkte
sie ein Einsinken ihrer linken Gesichtshältle, zuerst am linken Na.sen-
flügel.« R. Kemak sagt: »Die Schmerzen in der Stirne haben .so zu-
genommen, da.ss die Kranke nicht .schlafen kann.« Wann die Schmerzen
ganz aufgehört haben, erfährt man nicht.
Fast immer scheint es sich um eine gewöhnliche Trigeminusneuralgie,
d. h. um intermittirende Schmerzen in einem oder einigen Trigeminus-
gebieten, gehandelt zu liaben. Manchmal wird von hartnäckigen Zahn-
schmerzen gesprochen. Nur einige Autoren reden von Kopfschnrerzen.
So sagt M. Herz (Archiv f. Kinderheilkunde. VHI, 6, S. 241, 1887)
von seinem 13jährigen Kranken; »In den letzten zwei Jahren vor Beginn
seines gegenwärtigen Leidens (sc. des Schwundes) soll er öfters, anfangs
alle 8 — 10 Tage, .später alle 3 — 4 Tage, an migräneartigen Anfällen, vor-
waltend an der rechten Stimhälfte, gelitten hab('ii; diese Anfälle bestehen
auch jetzt noch in der Art fort, da.ss der Kranke angibt, täglich Morgens
an üeblichkeiten ... zu leiden, die sofort sistiren, wenn er in die freie
Luft geht.«
Keeht .selten scheinen länger dauernde Parästhesieen zu sein.
Besonders Lande berichtet von ihnen (Arch. gen. de Möd. .Mar.s 1870,
img. 315). Von srdner 28jährigen Patientin sagt er, da.ss an den Stellen
des Schwundes die Haut gut emplindlicb gewesen sei, eependant eile est
prescpie constutumenl le siege d’une Sensation analogue ä celle, <jue pro-
diiiniit une couchc de gomnie ou de vernis qui y .serait appliijuee. Bei
der 32jährigen Kranken heisst es von dem atroiihischen Fleck; mais
bientöt eile s'etendit de nouveau en s’aeeorapagnant d'une atrophie
manife.ste; eile etait en meine temps le siege d’une .seiusation de pnirit
habituelle, et les museles sou.sjacents presentaient ipielques eontractions
spontauees.
Der Hüutigkeit nach stehen an zweiter Stelle, d. h. neben den
Schmerzen, Muskelzuckungen. Man sieht bei gewöhnlicher Trigeminus-
neuralgie recht oft Zuckungen im Gesichte, die mehr oder weniger an-
dauernd sind und offenbar refleedori.sch entstehen. Eben.solclie Zuckungen
scheinen zuweilen die Neuralgie beim umschriebenen Gesichtsschwunde zu
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IWuprMhung der Symptome im Einzelnen.
begleiten. E.>f kommen jedoeb auch Zucktingen oline Scbmerzen vor. So
heis-st es bei der zweiten Kranken Front liold-Treii's, bei der im Fe-
bruar 1889 die linke Wange abzumagern begonnen hatte, dass int Mai,
angeblich nach einem Selilagn auf die Nase, klonische Ziiekiingen von
minutenlanger Dauer circa zweimal wöchentlich auftraten und erst iiii
December verschwanden, während »Neuralgieen, Parästhesieen, Anästhesieen
völlig fehlen«. Bei Unters Kranken .sollen im achten .Jahre .\la.sseter-
ziickungen begonnen haben und der Atrophie vorausgegangeu sein. Die
31jährige Kranke Penzoldt’s (Mfluchener med. Wochen.schr. X.'lXIII,
14, 1886) hatte sich vor drei Jahren an den linken äusseren Augenwinkel
gestossen; vor l'/j -Jahren hatte sie beständigen Schmerz und das Geftihl
des Frierens in der linken Gesichtsliälfle, krampfartig ziehende Empfin-
dung in tler linken Schläfengegend, sowie Ohrensausen und Gefilhl von
Stechen im linken Ohre; seit einem Jahre umschriebener Gesicht.s.schwund,
seit .Monaten krampfartige Empfindungen beim Kauen und Unmöglichkeit,
den Jlunil zu öffnen. Man sjih fortwährende fibrilläre. Zuckungen im linken
■Ma.sseter; beim Versuche, den Mund zu öffnen, heftige Schmerzen und
tonischer Kaumuskelkrampf, der von einzelnen Zuckungen unterbrochen
w'urde. Bei einer 19jährigen Kranken, die B. Sach.s (New-York med.
Rev. 15. March 1890) be.schrieben hat, prominirte der Ma.sseter stark
und gerieth von Zeit zu Z»>it elien.so wie der Temporalis in Zuckungen,
während deren der .Mund nicht geöffnet werden konnte.
offenbar muss man unterscheiden zwischen reflectori.schen Krämpfen
oder Zuckungen, die an allen Muskeln des Kopfes und Halses auftreten
können, und den Kaumuskelzuckungen, die auf eine Erkrankung de.s
motorischen Trigeminus hindeuten und sich bald als fibrilläre Zuckungen,
bald als toni.sche oder tonisch-klonische Krämpfe darstellen und offenbar
ein Vorläufer de.s Kaumuskel.schwundes sind.
Aus.ser Schmerzen, Parästhesieen, Muskelzuckungen pflegen keine
nervösen Symptome vorhanden zu sein. Insbe.sondere fehlen Zeichen einer
tiefergeheiiden Schädigung des Trigeminus in der gros.sen Mehrzjihl der
Fälle. Die Empfindlichkeit der Haut ist fast immer gut erhalten. Ziemlich
oft wird bemerkt, dass die Haut der atrophischen Stellen etwas empfind-
licher gewesen sei als die Umgebung. Selbstverständlich handelt es sich
bei diesen geringen Diflerenza-n nicht um Hyperästhesie durch Erkrankung
tler Nerven, sondern um eine Wirkting der Hautverdünnung. Anästhesie
ist äusserst selten, ln einem Falle von Borgherini (citirt bei From-
hold-Treu, S. 47) soll ftlierhaupt das Bild der Trigeminusläsion vor-
handen gewe.sen sein; Schmerzen, Parästhesieen, .Ynästhesie. Hyperästhe.sie,
Druckstellen, Trübung der Cornea. Höchstwahrscheinlich aber hat die.ser
Fall mit dem umschriebenen (iesichtsschwunde gar nichts zu schaffen.
Auf der gleichen Seite berichtet Fromhold-Treu über den Fall eines
^ilized ^ Clq p^lit
Andere nervüse Symptome,
23
russischen Autors, in dem »Vertaubung« der Gesichtshälrte angejseben
wird. Wenn in den Füllen von Ifoinen und von Ruhemann Trige-
minusiinüsthesie bestand, so geht uns das gar nichts an. ilenn diese Fülle
haben mit dein umsehricbenen Gcsichtsschw unde niehts zu thnn. llöch.st
zweifelhaft ist aiieh ein Fall Bannister's, in dem llerab.setzung der
S(>nsibiiitüt notirt wird. Etwas hüiifiger als die sensorischen Fasern des
Trigeminus scheinen die motori.schen zu entarten. Wenigstens wird in
einer Reihe von Füllen berichtet, dass die Kaumuskelatrophie auffallend
stark gewesen sei ; freilich scheint auch daun Lähmung nicht beobachtet
worden zu sein.
h ) Sympathicwistimptome,
Wenn die Falle von Svmpathicuslühmung mit Abtlachung der Ge-
sichtshiilfle, wie es sieh gehört, ausgeschieden werden, so bleibt nicht
viel übrig. Einige haben Verengeniiig der Pupille lieobachtet. Andere
Iz. B. Bachs in dem oben erwähnten F'alle) eine Temperaturdifferimz
zwischen rechts und links, wieder Andere vereinzelte vasomotorische
Symptome. Es ist ja schwer, über die Bedeutung dieser Dinge etwas
zu sagen, zu b(>stiminen. ob da ein isolirtes Symptom wirklich auf
Schädigung von Sympathicusfa.sem zu beziehen sei, aber möglich ist
dies immerhin und man kann sich ganz gut denken, dass ebenso wie
neben dem umschriebenen Gesichtsschwunde eine Läsion von Trigeiuinus-
fa.sern einhergehen kann, auch <lie nebenher laufenden Sympathicusfasem
getroflen werden. In dem vielcitirten Falle Brunners mag es .so ge-
wesen sein (St. Petersburger med. Wochenschr. N. F. II, S. 260, 1871).
Eine 27jührige Jüdin litt seit vier Jahren an umschriebenem Gesichts-
schwunde der linken Siute mit Schmerzen und Parästhesien : man faml
ausserdem Erweiterung der Lidspalte und der Pupille links. Vorstehen
des linken Auges, Blä.sse und Kühle der linken Gesichtshälfle, also die
Zeichen einer Reizung des Halssyrnpathicus.
e) Aiulenaeite nervöse Si/mj)tome bei umschriebenem Gesichtssrhirunde.
Natürlich kann der umschriebene Gesichtsschwund zufällig mit
anderen Krankheiten zu.sammentreffen, .so mit Tabes bei Jolly (Neurolog.
(’entnilblatt. X. 12, S. 382, 1891), mit progressiver Paralyse bei Graff
(Diss. inaug. Dorpat 1886), doch haben derartige Curiositäten nicht viel
Interesse. Nur dann, wenn Symptome, die nicht eine .selbständige Krank-
heit bilden, mit einer gewis.sen Ilüufigkeit neben dem um.schriebenen
Gesichtsschwunde gefunden werden, könnte man mit einigem Rechte an
einen ursächlichen Zusammenhang diuiken. Nun sind in der That ver-
hältnissmässig oll Zeichen gefunden worden, die auf eine ausgebreitete
Schädigung des Gehirns ileuten: so Hemiplegie bei der Kranken Parry's.
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Besprechung der Symptome im Einzelnen.
Geisteskrankheit bei der Kranken Bergson's, dem Kranken Delamare’s,
einer Kranken Mendel’s, Epilepsie bei der Kranken M. Meyer's, dem
zweiten Kranken Laude's (?). dem Patienten Buzzard's, dem Kranken
Hallager's (Scliwindelanfälle), dem Zeller's. der Kranken Merzeje wski's.
der Brunner's (Hysterie?), stammelnde Sprache bei einem Kranken
Fremy's, Flimmern und Ohnmaehtanwandlungen bei der 32jährigen
Kranken Einininghaus', endlich anatomisch michgewiesene Gehirn-
sklerose bei der ersten Kranken Jolly’s. Obwohl diese Angaben wahr-
scheinlich unvollständig sind, ist die Keilte doch lang genug, die cere-
bralen Störungen nicht als blossen Zufall erscheinen zu lassen. Ich be-
gnüge mich damit, hier auf die Thatsachen hinzuweiseu.
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Äetioloji^ischcs.
Dur umschriebene Gesiehtsschwuiui ist eine selir seltene Kiaiikheit.
Mau kennt ihn seit Uomberg allgemein und obwohl er so leicht zu
erkennen ist, dass er dem Auge des Arztes kaum entgehen kann, zählt
man dot-h bis jetzt nur etwa 100 Fälle. Fromhold-Treu zählt bis 126;
in mindestens 24 Fällen ist die Diagnose falsch oder zweifelhaft, einige
Fälle sind tlojipelt gezählt. Nun sind in der letzten Zeit einige weitere
Heobachtungen veröffentlicht worden, also werden es im (»anzen einige
mehr als 100 .sein.
Nation und Stand haben, soviel man weiss, keinen wesentlichen
Einfluss. Erbliche Verhältnisse spielen ebensowenig eine Rolle, weder
kehrt der um-schriebene Gesiehtsschwuiui bei Verwandten wieder, noch
ist bei diesen sonst von Krankhaftem viel die Rede. Natürlich sind in
einigen Fällen Krämpfe, Geistesstörungen u. s. w. bei V'erwandten vor-
gekominen fSteinert zählt sechs solche Fälle), aber unter 100 beliebigen
Menschen sind stets so und .so viele mit kranken Verwandten. Die Regel
ist, dass sowohl die Kranken vor dem Deginne des umschriebenen
Gesichtsschwundes gesund waren, als ihre Familien in <lem gewöhnlichen
Sinne des Wortes es waren. Der umschriebene Gesichtsschwund ist dem-
nach zweifellos eine e.\ogene Krankheit.
Dreierlei heben alle Autoren mit Recht hervor: da.ss die Krankheit
in der .lugend beginnt, da.ss viel mehr Weiber als Männer unter den
i'atienten sind, diuss die linke Seite häufiger betroffen wird als die rechte.
Schon früher habe ich gesagt, dass nicht ein einwurfsfreier Fall bekannt
ist. in dem der umschrielpene Gesichtsschwund nach dem 30. Jahre
begonnen hälti-. Immer handelt es sich um falsche Diagnosen, genauer
gesagt um unberechtigte Ausdehnung des Begriffes des umschriebenen
Gesichtsschwundes. Steinert rechnet aus, dass von 88 Kranken nur 13
nach dem 25. Jahre erkrankt sind; unter den 13 befinden sich aber
eben die von mir beanstandeten Fälle. Von 75 Kranken, bei denen der
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Aetiolnginohi-d.
Hfffinn vor das 25. Jahr fiel, erkraiiklfii 29 vor dom 10. .lalire, 24 vor
d('in 20. Jahre, 10 iiafh dem 20. .lahrc, von 12 ist nichts Sicheres be-
kannt. Man hat deninacli das Reclit. den nmscliriebenen (lesichtsschwund
eine Kinderkninklicit zu nennen. Das weibliche (ie, schlecht scheint etwa
doppelt so oft wie das männliche l»etroffen zu werden. Steinert fand
unter 90 Patienten 60 weibliche. Unter 86 einseitigen Erkrankungen
waren .'IS auf der rechten, 53 auf der linken Seite.
AVenn wir auch mit der Bevomugung der Weiber und der linken
Seite nicht viel anzufangen wissen, so scheint doch die Beschränkung
auf die Jugend uns einen Fingerzeig zu geben. Die meisten Kinder-
krankheiten beruhen auf dem Eindringen eines tiiftes in den Körper,
und zwar tinden wir bald wie bei Masern. Bötheln, Scharlach vorwiegend
die äussere Haut, bald wie bei Diphtherie die Mandeln betrolTen. Es
rnüs.sen also die Haut und die Alandein liei Kindern sich anders ver-
halten als bei l'rw-aclisenen, und zwar scheint die kindliche Zartheit der
Mandeln ein offenes Thor fllr Infectionen zn .schaffen, während die Zart-
heit der Haut nicht nur den Schädlichkeiten leichten Durchgang gestattet,
.sondern auch anderweit eingedrungenen üiflen eine Stätte ihrer Wirk-
samkeit in der Haut bereitet. Wir müssen wohl annehinen. da,ss auch bei
der Hautkrankheit, die wir als umschriebenen (iesichtsschwiind bezeichnen,
die kindliche Beschaffenheit der Haut die erste Bedingung sei, in dem
Sinne, dass Haut und Schleimhaut den Feind leichter einlassen und dem
eingedrungenen weniger Widerstand entgegensetzen. Der Kürze wegen
will ich gleich von vorneherein sagen, dass es sich meiner Meinung nach
um das Eindringen einer örtlich wirkenden Schädlichkeit von aus.scn
handelt und dass die Eingangspforte theils die Alandein, theils andere
Haut- oder Schleimhautstellen sind. Ich will zunächst einige Bei-
spiele geben, wo dei- Zusammenhang besonders leicht erkennbar ist. Die
Patientin J. Wolffs. die aus tubereulöser Familie stammte, erkrankte
mit sechs Jahren an Scharlach. Dabei »hatte sie eine heftige Halsentzündung
mit hochgradigen Schlingbe.schwerden und immer zunehmender Athem-
noth zu überstellen. . . Seit die.ser Zeit wurde sie jedoch stets von Schmeraen
im Halse, zumal der rechten Seite desselben . . . von Athemnoth . . . und stechen-
dem Schmerae der rechten Stirn und Schläfe belästigt.« Die Beschwerden
durch die »chronische Tonsillitis« wurden mit der Zeit .so arg, da-ss die
l’ntientin deshalb ins Krankenhaus kam, wo die Tonsillotomie vorgenommen
wurde. Beim Eintritte in die Klinik wurde bemerkt, dass die rechte
Oiesichtshälfte eingesunken und das Haar des rechten Scheitels dünner
war als das des linken.
Die Kranke Bergson's hatte sich mit 16 Jahren Scharlach zugezogen.
Es traten Geilem des Gesichtes und »locale Affectionen im Rachen ein,
die erst nach langer Zeit mit Abscedirung einer Tonsille und Entleerung
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Aeliulogischea.
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von EiU-r aus dmellx-ii ihren Abschluss fandeti«. Während der Ke-
convalesconz wurde das Einsinken der linken Gesiehtshälfle l)eobnehtet
und traten links neuralgische Zufiille ein. Bei der Unterstiehiing fand man
an der Stelle der linken Mandel nur eine betrüchtliehe Narbe. Der 26jäh-
riffe Kranke A. Bärwald’s (Deutsche Zeit.schr. f. Nervenheilkunde. V, 6,
S. 492. 1894) war mit 14 Jahren im Anschlüsse an eine linkseitige
Ton.sillitis mit Abmagerung der linken (iesichtshälfte (Kinn untl Lippe)
erkrankt.
Leider haben die meisten Autoren an einen solchen Ziisatninenhang
nicht gedacht. Es ist ja Sitte, die Anamnese gegenöber dem Status zu
vernaehläasigeu und gerade bei den Beobachtungen von umschriebenem
(iesicht-ssehwunde ist die Anamnese oft äu.sser.st dürftig. Zuweilen wird
angegeben, dass eine allgemeine Infectionski-ankheit dem Schwunde vor-
ausgegangen sei. Gewiss ist da oft als Zwischenglied eine Tonsillitis da-
gewe.sen. Schwalm erkrankte ein Jahr nach den Masern. Dreyer's
Kranker bemerkte den Schwund in der Reconvalescenz vom Typhus. Die
zweite von mir frülier beschrieliene Kranke mit doppelseitigem Schwunde
hatte nach einer schweren Pneumonie die iJicher im Gesichte bekommen.
Borei sah die Hemiatrophie nach acutem Gelenkrheumatismus, Rona
nach Typhus u. s. w.
Ausser der Tonsillitis werden entzündliche Zahnkrankheiten genannt,
so hat Banham’s 15jährige Patientin mit vier Jahren rechts einen Zahn-
abscess gehabt, seitdem war die rechte Seite sehmerzhatl geblieben und
einige Jahre .später war der Schwund in der ührgegend bemerkt wonlen.
Beschädigungen der äusseren Haut werden ziemlich oft erwähnt.
Einigemale wai' Gesichtserysipel vorausgegangen, so bei der Frau Kuhlicke.
Häutiger sind Traumata angegeben. Die erste Kranke Fromhold-Treu's
hatte im 24. Jahre einen Schlag auf das Jochbein erhalten: die Wange
schwoll stark an und nach einigen Wochen bemerkte die Patientin an
der Stelle der Verletzung einen weisslichen Fleck, von dem der Sclnvund
ausgiiig. Penzoldt’s Kranke hatte sich vor drei Jahren am linken äus.seren
Augenwinkel durch einen Stoss verletzt, l'/j Jahre später beständig
Schmei7.en und P’rieren in der linken Gesicht.shälfte, zwei Jahre später
weissliche Stellen auf der linken Wange und Einsinken der Haut: l'enzoldt
fand den stärksten Hautschwund am linken Jochbogen. .Meiner ersten
Kranken war im neunten Jahre durch eine Sichel da.s rechte Auge ver-
letzt worden, so da.ss es dauernd .schwachsichtig blieb; erst 14 Jahre
später Schmerzen tles rechten, dann auch des linken Auges, Enueleation
des rechten Auges, dann neuralgische Schmerzen in beiden Ob(‘rkiefern
und Schwund der Haut darüber. Stilling sagt von .seiner Patientin:
»Als Säugling fiel die Patientin vom Arme der Wärterin und .seit tier
Zeit datirt sich die V'eränderung des Gesichtes.« Bei dem Kranken
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Aotiologisrbt''^.
l)elainari''s lii-gann der Schwund micli einer Kopfverletzung. Der 20jährige
Patient Kolaczek’s hatte sich mit elf .Jahren am Kopfe beschädigt,
zwei .Jahre später begann der Schwund. Bei Anjel war ein Sturz vor-
ausgegangen. Hering's Kranke war als Kind gegen einen glühenden
Ofen gefallen. Es liegen noch mehrere ähnliche Angaben vor, aJier frei-
lich sind die Beziehungen zwischen Verletzung und Schwund nicht immer
mit der nöthigen Deutlichkeit dargethan. Von be.sonderem Interes.se ist
endlich eine Be<jbachtung S. K. Henscheirs (Nord. med. ark. XV, 1 ,
Nr. 4, 188S; referirt von W. Berger im Neurologischen Centralblatt.
II, S. 374, 1883). Der Kranke hatte mit 14 .Jahren eine Luxation des
linken Fus.sgeleukes erlitten, der eine bis zum Knie emfwrsteigendc Ent-
zündung folgte und später Atrophie. Im Beine bestanden heilige Schmerzen
und Parästhesieen, dann trat Kopfschmerz auf, die linke Oesichtshälfte
und die ganze linke KörperhälJle wurden atrophisch. Es bestanden typi-
scher umschriebener Gesichtsschwumi, atrophische Stellen links am Rumpfe,
am Arme und besonders am Beine, das bei Weitem die stärksten Ver-
änderungen zeigte.
Aus.ser Entzündungen und Verletzungen wird in einigen Fällen
auch Erkältung der später erkrankenden Gesiehtshälfle beschuldigt, so
bei der 16jährigen Kranken Hitzig's. die V 4 Stunden au einer zugigen
Stra.ssenccke gewartet hatte, dann mit Neuralgie der später atrophischen
rechten Gesichtshälfte erkrankte.
Ich stelle mir die Sache so vor, dass der umschriebene Gesichts-
schwund die Wirkung einer örtlichen Schädlichkeit s«*i, d. h., da.ss durch
die Schleimhaut oder die Haut ein Gift eindringe, das vielleicht an
Bakterien gebunden ist, viellei<-ht auch uiciit, und dass dieses langsam
vordringend die Haut zum Schwunde bringe, soweit es sie erreicht. Die
Theilnahme des Fettes, der Muskeln, der Knochen an dem Schwunde
findet man in gleicher Weise bei der Sklerodermie, hier wie dort ist
die Veränderung der Haut das Primäre und jedem bleibt es freigestellt,
sich den Zusaminenhang zwischen der primären und den secundären
VerändeiTingen vorzustellen, wie er will. Charakteristisch für die Ui-sache
des umschriebenen Gesicht.s.schwundes ist, dass sie amsser der Haut, ja
gewöhnlich noch vor ihr, die sensorischen Firseni beschädigt, d. h. Trige-
minusneuralgie verursacht. Zwischen der Trigeminusneuralgie beim um-
schriebenen (iesichtssch wunde und der gewöhnlichen Trigeminusneuralgie
ist wenig Unters<-hied zu linden. Auch die letztere schliesst sich gewöhn-
lich an örtliche perii)herische Schädigungen an, auch sie muss als M'irkung
eiiK's örtlich wirkenden Giftes gedacht werden, auch sie verläuft sehr
langsam und trotz der langen Dauer kommt es in der Regel nicht zu
tiefergehenden Schädigungen des Nerviui, die sich durch Anästhesie
u. s. w. kundgeben. Wie es kommt, dass bald nur umschrieliener Gesichts-
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ActiologiRche«.
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Schwund bestellt, bald dieser mit Trigeminusneuralgie, liald Trigeniinu.s-
neuralgie allein, das zu sagen, ist der Kliniker nicht im Stande. Eines
aber kann er mit gutem Grunde sagen, dass es nicht veniünftig ist. in
der Trigeminuserkrankung die Ursache des umschriebenen tiesichts-
■schwundes zu sehen. Wir wi.sseu genau, welche Wirkung die Beschiidigung
des Trigeminus hat: erst nur Schmerzen, dann Hyperästhesie und Par-
ästhesieen, dann Anästhesie mit Hornhauterkmnkung und den secundären
Veränderungen der Haut, der Schleimhaut, der Knochen (Zahnauslall
II. s. w.) und Kaiiimiskellähmiing. Es ist eine starke Zumiithung an den
\'erstand. da.ss der Trigeminus, der sieh jederzeit ganz gesetzmässig be-
trügt. mm mit einem Male etwas ganz Neues inacheii soll, das er sonst,
mag er durch dies oder jenes beschädigt werden, niemals fertig bringt,
nämlich den umschriebenen Gesichtssehwund. Ebenso knhn ist die Be-
hauptung. dass der imi-schriebene Gesichtsschwuud, obwohl er ohne irgend
eines der bekannten Trigeininussymptome Vorkommen kann, trotzdem
Wirkung einer Trigeminuserkninkung sei. Der Mediciner ist gewohnt,
nicht streng mit Hypothesen umzugehen, aber diese Hypothese ist lilr
den Unbefangenen denn doch zu stark. Dass sie durch anatomische Be-
funde in keiner Weise gesttltzt wird, geht aus dem Abschnitte über die
pathologische Anatomie hervor. Alles erklärt sich auf das Einfachste,
wenn man annimmt, dass der umschriebene Gesicht.sschwimd und die
Trigeminusveränderung coordinirte Wirkungen derselben Ursache seien.
Will man das nicht, so wäre es immer noch vernünftiger zu glauben,
der Hautschwund bewirke die Trigeminusveränderung, als jenen von dieser
abhängig zu machen. Denn an den Hautschwund sehlie.sst sich Atrophie
der Muskeln und der Knochen an. warum sollte sich iiicht auch Atrophie
von Trigeminusfa.sern mit .seciindürer Wucherung der Nervenscheide ihr
an.schliessen. Warum .sollte nicht der Trigeminus die.ser secundären
Schädigung unterliegen, während der Facialis frei bleibt, da doch auch
sonst beide Nerven gegen Schädlichkeiten verschieden reagiren. Niemand
hätte die Trigeminushypothese enisthafl genommen, wenn der umschriebene
Gesichüsschwund nicht par ordre du moiifti eine »Trojihoneurose« sein
müsste. Ist einmal von vorneherein beschlossen, dass ein Nerv an der
Geschichte schuld sein muss, dann ist freilich die Noth gross, denn
ausser dem Trigeminus ist keiner da. der hcrhalten könnte, wenn man
von der bodenio.sen Sympathieushypothe.se absieht und den unschuldigen
Facialis verschonen will. Weshalb aber mu.ss der umschriebene Gesichts-
schwund eine »Trophoneiirose« sein? Dass der Sidiwund sich innerhalb
einer GesichLshälfte an bestimmte Nervenbezirke hielte, das ist einfach
nicht wahr (ebenso wenig wie die Sklerodermie sich an solche Bezirke
bindet). Der einzige Grund, der etwa.s für sich hat. ist die That.sache,
da.ss in .sehr vielen Fällen der Sehwuind sich innerhalb einer Kopfhällte
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Aetiologisfhea.
hält, ja zuweilen geraih'Zu Kesiieet vor der Mittellinie zeigt. Froilieli
gibt es Fälle, in denen beide tiesichtshälflen erkranken, solehe, in
denen auch andere Kiirpersteilen befallen werden, ja sohdie, in denen
atrophische Stellen gerade in der Mittellinie sitzen. Aber in der Mehr-
zahl der Fälle handelt es sich um Hemiatrophie. Mir scheint die natör-
lich-ste Auffassung die zu sein, da.ss die Mittellinie auch filr nicht nervöse
Kraukheitsvorgänge eine Grenze bilden kann, da doch der Körper erst
aus zwei Hälften entstanden ist und auch beim fertigen Men.schen rechts
und links getrennte Ernährungsgebiete sind. Man vergleiche doch nur
ein Arterienpräparat mit den Hautschwundbildern und man wird linden,
dass der Schwund sozusagen den Gefässeii nachläuft, dass die Furchen
den Arterien entsprechen. Am deutlichsten ist das an der Stini ( Aa. frontalis
und supraurbitidis I, aber auch oberhalb (A. zygom.) und unterhalb des
.lo<-hbogens (A. transversa faciei) und am Unterkiefer und Kinne ( Aa.
submentalis und labialis inf., Superior). Ist man mit die.ser Erklärung nicht
zufrieden, .so mag mau eine andere suchen. Auf jeden Fall aber Ist es
mehr als gewagt, auf Gnind der häufigen Halbseitigkeit des umschrie-
benen Gesiclitsschwundes eine neue Classo von Krankheiten, die »Tropho-
neuro.sen«, aus der Erde zu stampfen und die »trophischen Nerven«, tiir
die im Uebrigeii nichts, rein gar nichts spricht, ttlr ein l’ostulat der
Vernunft zu et klären.
Nimmt man an, dass die Arterien, obwohl sie selbst nicht
wesentlicli verändert werden, durch ihren V'erlauf dem Schwunde sozusagen
den Weg weisen, .so versteht man auch die halbseitige Hetheiligung der
Zunge. Heide Aa. linguales anastomosiren nicht. Wenn, wie es wahr-
scheinlich i.st, die Tonsille in der Mehrzahl der Fälle primär erkninkt.
so ist die Zunge ja überdem »die Nächste dazu«.
Wie durch den Process des umschriebenen Gesichtsschwundes sehr
oft Trigemiuusfasern beschädigt werden, so können unter Anderem auch
die mit jenen laufenden Sympathicusfasern leiden, daher die vereinzelten
Sympathicussymptome.
Denkbar wäre es auch, dass in einzelnen Fällen das ursächliche
Agens ins Innere des Schädels geriethe und dann das Gehirn beschädigte,
etwa das Hild der multiplen Sklerose bewirkte. So könnte man sich die
relative Häufigkeit cerebralerSymptoraebei umschriebeueniGesiehtssch wunde
erklären und .lolly's Befund deuten. Freilich ist das eine Vcrmuthung,
die vorläufig auf schwachen Fü.ssen steht, und ich verwahre mich da-
gegen, sie als Behauptung ausgesprochen zu haben.
Im Anschlüsse an die theoretischen Erörterungen möchte ich noch
darauf hinweisen, dass es eine halbseitige erworbene Gesichtshypertrophie
gibt, die ein Gegenstilck zum umschriebenen Gesichtsschwunde bildet und
offenbar wie dieser durch das F'ortkriechen einer von aussen eingedrun-
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Aeliologisclies.
31
gfiieii Schiidliehkeit entsteht. Kiii gnte.s Beisjiiel mit lehrreichen Abbil-
dungen hat 1). \V. Müiitgüinery (Philad. med. News, 8. LXIII, (tag. 01,
1893) initgethoilt. Es handelte sitdi um einen 31jährigen Mann, der im
nennten .Jahre einen Absces.s an der linken Wange gehabt h.atte; die
Hyiiertrophie begann mit dem elften .Jahre und wurde zuerst am Zahn-
fleische bemerkt; aihnälig war die ganze linke Ge.sichtshälfte hyper-
trophisch geworden, die Haut war rauh, verdickt, gewulstet, auch die
Knochen wanm verdickt. Die angeborene tiesichtshypertrophie hat natürlich
mit diesen Dingen so wenig zu thun, wie die angeborene (icsiehtsatrophie
mit dem umschriebenen (Jesichts.schwunde.
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Pathologisch-Aiiatomisrhes.
Ans ik‘ii Sectionsbefunden lernen wir wenig Neues. Die wenigen
Hericlite, die vorliegen, sind zum Theile unvollständig. Das hauptsäeh-
liehstc Doeument i.st der Berieht .Mendel's.
Der .älteste Befund ist der Pissling's (Zeit-scbr. d. Ge.s. Wiener
Aerzte. 1852, S. 496), Ober den ich nach Froiuhohl-Treu berichte.
Die Kranke, die 55 .Inhre alt starb, hatte mit achtzehn .lahren einen
Schlaganfall erlitten und war nachher auf der ganzen rechten Seite ge-
lähmt gewesen. Die üesichtshällle blieb dauernd gelähmt und wurde
allmälig atrophisch, so dass sie »wie ein mit Haut fiberzogenes Skelet
erschien«. Der Tod war offenbar durch Horzlähmung bewirkt, da ein
\ltiurn cordis und allgemeines Anasiirka gefunden wurden. An der inneren
b'läche der Dura Ober der Convexität wurde ein rundliches, drei Linien
im Durchmesser grosses, eineinhalb Linie dickes Neugebilde gefunden.
Es ist ersichtlich, dass, abgesehen von den Bedenken, die die Entstehung
des Schwundes erregt, der Sectionsbefund nichts lehrt, da die Neubildung
»von eineinhalb Linie Dicke« ein zufälliger, ganz bedeutungsloser Fund ist.
Die zweite Beobachtung riihrt von .lolly und Recklinghausen
her (Archiv f. Psych. u. Nerveukr. III, S. 711, 1872). Bei der 1841
geborenen Kranken war im 26. Jahre die rechte Gesichtshälfte stark ab-
gemagert. Schon ein Jahr später waren die Zeichen einer schweren
(iehirnkrankheit (Geistesstöning, Krämpfe, bulbäre Symptome u. s. w. )
aufgetreten. 1871 war die Kranke an Tiibercidose gestorben. Die Section
ergab herdförmige Hirnsklerose. Es ist ersichtlich, dass wir aus diesem
Befunde keine weiteren Schlüsse ziehen können.
Homen's Sectionsbericht (Neurol. fentralblatt. IX, 13, 14, 1890)
erwähne ich nur der Vollständigkeit wegen. Es handelte sieh um baside
Hirnnervenlähmung bei einem 39jährigen Manne, haupt-sächlich um 'lYi-
geminusläsion. Man fand ein von der Dura ausgehendes Endotheliom. Mit
dem umschriebenen Gesichtsschwunde hat der ganze Fall nichts zu thun.
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Pathologisi'h-Analoiiiisi-hi's.
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Auch mit dem Scctionsherichtc des Falles Graff, den Fromhold-
Treu gibt, kann man nicht viel anfangen. Bei einem 36jährigen Para-
lytiker bestand »angeblich .seit jeher« Ober dom linken Auge eine pig-
mentine Stelle mit rinnenlurmiger Atrophie der Haut und diffusem
Sidiwunde der ganzen Gesichtshälfte. Später trat Vereiterung des linken
Auges ein, ohne dass Trigeminussymptome vorhanden gewesen wären.
Bei der Section wurden die gewdhnlichen Wirkungen der progressiven
Paralyse gefunden. Der Obducirende glaubte wahrzimehmen, dass die
Hirnnerven auf der linken Seite etwas dünner seien, als auf der rechten
Seite |II — VIII). Die mikroskopi.sche Untersuchung fehlt.
Es bleibt nun noch MendersFall übrig (Neurol. Centralblatt, VH,
14, 1888). Es handelte sich um die Leiche der mehrläch erwähnten
Frau Kuhlicke, die mit fünfzig .lahren an Tutjerculose gestorben war.
Der Betund entsprach vollständig den EiTvartungen des Klinikers. Die
Epidermis der atrophischen Haut war nicht unwe.scntlich verändert, wie-
wohl etwas verdünnt. Die Papillen fehlten, die Bindegewebefasem ver-
liefen weniger wellig als auf der gesunden Seite, die Blutgefässe waren
spärlicher und enger, sie verliefen parallel zur Oberfläche, die auf der
gesunden Seite deutlichen aufsteigenden Zweige fehlten. Die Fasern der
»Gesichtsinuskeln« der kranken Seite waren einfach verdünnt (9 — 21p.
links zu 12 — 30 p. rechts), ohne Entartung, ohne Kernvennehnmg. Bei
Untersuchung der Nerven ergab es sich, dass der Facialis normal war,
der Trigeminus dagegen insofeme verändert war, als das Perineurium
verdickt war und von ihm aus Bindegewebezüge in das Innere des Nerven
zogen. Die Zahl der Nervenfaseni war an manchen Stellen deutlich ver-
mindert, die vorhandenen waren ganz normal. Am stärksten waren die
Veränderungen im zweiten Aste. Auch in der Brücke färbten die Färbe-
mittel die linke Trigeminusbahn .stärker als die rechte, die linke abstei-
gende 'l'rigeininuswurzel und die linke Substantia femiginea waren deutlich
verschmächtigt.
M ende l’s Eifer verleitet ihn, aus seiner Untersuchung zu schliessen,
das Ergebniss sei unzweifelhaft, »dass die Hemiatrophia facialis durch
eine Neuritis interstitialis prolifera nv. frigemini hervorgebracht« war.
Das heisst idwas schnell schliessen. Thatsache ist nur, dass bei einer
Frau, die an umschriebenem Gesichtssehwunde und an schwerer Trigeminus-
neuralgie gelitten hatte, nach dem Tode Hautschwuud einerseits um! Ver-
änderungen des Trigeminus anderers<“its gefunden wurden, die durchaus
dem entsprachen, was man bei einer schweren Neuralgie zu erwarten
hat. Man untersuche doch in anderen Fällen schwerer, langdauernder
Neuralgie ohne Hautschwund den Nerven, und man wird die gleichen
Veränderungen wie in Mendel's Falle finden. Mendel legt besonderes
Gewicht auf die seciiiidäre Atrophie der absteigenden Trigeminuswurzel
Mtlbtn», Dor utD«cbiiebene iJetlrbUwctiwDiid. 3
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Püthnlogiaoh-AnatouHSi'h^H.
und er meint, mit Beziehung auf zweifcdhafte Thierversuehe Merkel’s.
sich der Ansicht anschliessen zu sollen, naeli der die absteigende Wurzel
»die trophischen Fasern« enthält, lin Jahre 1884 habe ich auf (inind
klinischer Erwägungen die Meinung ausgesprochen, die absteigende Trige-
minuswurzel enthalte besonders die Fa.sern, die die Empfindlichkeit des
Auges vermitteln. Darauf hat man nicht geachtet. MendeTs Fall aber
bestätigt meine Ansicht durchaus, denn V'irchow .sagt ausdrücklich, da.ss
Frau Kuhlicke »hauptsächlich im Auge« anhaltende stechende Schmerzen
gehabt habe.
Nur anhangsweise sei noch über den Befund Mendel’s am N. ra-
dialis berichtet. Bei Frau Kuhlicke bestand, ausser im Gesichte, an Kumpf
und Arm Hautschwund. Dieser begann in der Mittellinie des Rückens
zwischen dem vierten und siebenten Brustwirbel, zog über die Fossa infra-
spinata zur Achsel und zog sich am Arme hinab, wo er an der Vorder-
seite (bis zum Kleinfinger hin) am stärksten war. ücberall war an die.sen
Stellen die Haut dünn und gelb, lag direct auf den bis »auf da.s
Aeusserste verkleinerten« ^luskeln. Merkwürdigerweise beschuldigen
Virchow und Mendel den N. radialis und Mendel fand in der That
im linken Radialis »eine Neuritis interstitialis prolifera«. Die anderen
Armnervenstäuime scheinen nicht untersucht worden zu sein. Im Rücken-
marke waren in der Höhe dos fünften Halsnerven die Zellen des Vorder-
hirns links an Zahl verringert und verkleinert. Die vorderen und hinteren
Wurzeln waren normal. Die Kranke hatte im Beginne ihres Leidens
auch im Vorderarme Schmerzen gehabt; R. Reinak sagt: »Schmerz und
Schwellung bestand nach dem Ijuife des Plexus brachialis. am Vorder-
arme war die Haut livide im Bereiche des Ulnaris.«
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Dia^ostisches.
Die Diagnosf des urasehriebencn Gesichtsscliwuiides ist leicht,
wenn man daran festhält. das.s um.schriehene Verdünnung der Haut dius
wesentliche Merkmal ist. da.ss fast stets die vertiünnte Haut auch verfärbt
ist. dass die Krankheit eine Jiigendkrankheit i.st. Wie auch ein Erwachsener
einmal die Masern bekommt, so könnte ja der umschriebene Gesichts-
schwund auch einmal nach dem 30. .Jahre beginnen, aber thatsächlieh
liegt kein einwurfsfreier Fall dieser Art vor und deshalb muss höheres
Alter höchst vorsichtig machen. Angeborene rnterschiede zwischen
beiden Gesiehtshälften. gleichmässige Abmagerung einer Seite wie bei
Svmpathieuslähmung, durch Muskelschwund bewirkte Hemiatrophie wie
Ijei Kaumuskellähmung, bei Facialislähmung .scheiden wir ohne weiteres aus.
Bei Trigeminuslähmung kommt au.sser dem Kaumuskelschwunde auch
eine allgemeine Abmagerung und eine Verdünnung der anästhetischen
Haut vor, aber umschriebener Hautschwund fehlt. Bei alter, in der Kind-
heit entstandener Facialislähmung erscheint zuweilen die ganze Gesichts-
hülfte verkleinert, aber eine einigennassen aufmerksame Betraehtung
zeigt, dass die Muskeln gelähmt sind, die Haut jedoch nonnal ist. Wahr-
scheinlich kommt zuweilen auch bei cerebraler Hemiplegie und Facialis-
parese am Gesichte Schwund vor, wie er auch au den Gliedern auf uns
unbekannte Wei.se entsteht, aller auch in diesen Fällen würde eine Ver-
wechslung mit umschriebenem Ge.sichtsschwuude kaum möglich sein.
Am schwierigsten kann die Unterscheidung zwischen Sklerodermie
und umschriebenem Gesichtsschwunde werden. Freilich die allgemeine
Sklerodermie, wie sie gewöhnlich verkommt, ist so charakteristisch, dass
sie Niemand verkennen kann, aber die selteneren Fälle umschriebener
Sklerodermie sind schwerer zu beurtheilen. Eulen bürg hat darauf auf-
merksam gemacht, dass offenbar nahe Beziehungen zwischen Sklerodermie
und umschriebenem Gesichtsschwunde bestehen. Auch ich glaube, dass
beide Krankheiten sehr nahe verwandt seien und dass eine principielle
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ViTlauf und Prognugo.
Trennung Oberhaupt nielit angebracht sei. Sollte eircuniscripte Sklerodermie
sich ini Gesichte zeigen, so wird oft die stärkere Infiltration der Haut,
die sie hart und »einer Speek.sch warte ähnlich« macht, fllr Sklerodermie
und gegen uiuschriebenen Gesichtsschwund entscheiden. Es kann aber
wahrscheinlich die Infiltration auch weniger ausgeprägt sein, sie kann
im Liufe der Zeit wietler verschwinden und dann wird das Restdtat dem
umschriebenen Gesichtsschwunde sehr ähnlich sein. Umgekehrt .scheint
die.sera, wie früher bemerkt wurde, zuweilen im Anfänge eine
Schwellung der Haut zu bestehen. Rosenthal (Berliner klin. VVochensclir.
XAV'!, 34. 1889) hat einen »Fall von partieller Sklerodermie mit Ueber-
gang in halb.scitige Gesichtsatrophie, combinirt mit Alopecia areata«
beschrieben, Fromhold-Treu erwähnt eine russische Beobachtung, in
der von »skierodermischen Flecken der Haut der rechten Gesichtshälfte
und am Rücken rechterseits« die Rede ist (vgl. Xeiirol. Centmlblatt, X.
S. 467, 1891), endlich sei eine Beobachtung Nixon’s (Sclerodemia,
Hemiatrophia of face and limbs. Dublin .louni. Febr. 1891; Neurol. Central-
blatt, X, S. 468, 1891) erwähnt. Da mir eigene Beobachtungen fehlen,
.sei auf die.se Dinge nur hingewiesen.
Verlauf iiml Progiio«*.
Wenn es iuich Regel ist. dass nach einigen .lahren der Schwund
stillsteht, so wird im einzelnen Falle es doch kaum möglich sein, etwas
be.stimmtes über den Verlauf vorauszusagen. Wie frtlher beschrieben
worden ist. ist die Ausdehnung des Schwundes sehr verschieden, denn
zuweilen beschränkt er sich dauernd auf eine oder einige Furchen,
während er in anderen Fällen nach und nach die ganze Gesichtshälftc.
Ja unter Umständen auch die andere Hälfte ergreift. Ob die Sache so
oder .so verlaufen wurd, d.as dürfte man im Anfänge kaum bestimmen
können. Auch ist die Dauer des Fortschreitens .sehr wech.selnd, inanchiual
scheint schon nach verhältnissmässig kuraer Zeit der definitive Zustand
erreicht zu werden, manchmal vergehen darüber ziemlich viele ,lahre.
Auf jeden Fall alwr kann man Voraussagen, da.ss der Schwund nicht
ins Unbegrenzte fortsehreiten wird, dass früher oder später der Process
abgelaufen .sein und der Patient dann nur noch desisen Reste zeigen
wird. Es scheint nicht, dass ein Verhältniss zwischen dem Schwunde
und den Trigeniinussymptomen derart bestände, dass Fehlen oder Klein-
heit der Schmerzen frühes Aunioren des Schwundes bedeutete, denn z. B.
bei Schwalm scheinen jene keine Rolle gespielt zu haben und doch
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BHmndlung.
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gewann bei ihm der Sc-hwund grosse Aiisdelmung. Elier kann man
vielleicht aus der Stärke und Dauer der Neuralgie eine relativ ungünstige
Prognose ableiten.
Eine Heilung ist bisher nie beobachtet worden. Auch von einer
Hesserung kann man kaum sprechen. In l'enzoldt's einem Falle z. H.
wird angegeben, dass in den Monaten vor der Untersuchung »die ab-
gemagerte Gesiehtshälfte wieder wesentlich voller geworden sei«. Auch
in Penzoldt’s zweitem Falle gaben die Kranke und ihr Mann an, die
Backe sei wieder voller geworden. Bärwinkel (Archiv der Heilkunde,
IX, S. 158; Deutsches Archiv für klin. Medicin, XII, S. 608) sagt von
liem einen Patienten, »eine Besserung des ErnährungszusUmdes in den
Weichtheilen sei nicht zu verkennen«, und in dem anderen Falle habe
die Mutter von Besserung berichtet. Auf die Aussagen der Angehörigen
ist wohl nicht viel zu geben, da diese oft Wunsch und Wirklichkeit
verwechseln. Aber auch du. wo ein Ai-zt spricht, ist nicht gesagt, dass
die atrophischen Stellen sich zum Bes-seren verändert hätten, sondern nur,
dass das Gesicht im Ganzen voller geworden .sei, das heisst, dass das
Fett zugeuommen habe. Dieses aber kann von einer Hebung des Niveaus
der Gesundheit überhaupt abhängen. Auch kann, wie ich früher sagte,
bei einem temporären oder endgiltigen Still.stande des Processes der
secundäre Fettschwund sich zum Theile aiisgleichen. Dass die einmal
atrophisch gewordene Haut wieder normal werde, ist ja unter keinen
Umständen anzuiiehraeu. Auch versichern die Autoren fast alle, dass sie
von einer Besserung nichts wahrgenoramen haben.
In dem Befinden der Kranken bedeutet das Aufhöreu der Schmeivam,
der Kaumuskelkrämpfe u. s. w. eine wesentliche Besserung. Man darf
ihnen dies wohl mit Bestitumtheit in Aussicht stellen, obwohl auch hier
eine genaue Zeitangabe kaum möglich i.st.
Allgemein wird angegeben, dass der allgemeine Gesundheitszustand
durch den umschriebenen Gesichtsschwund gar nicht leide. Sollte es
sich bestätigen, dass die relativ häutigen cerebralen Symptome in irgend
einem causalen Zusammenhänge mit dem umschriebenen Gesicht.s.schwunde
stehen, so würde natüiiieh auch in Beziehung darauf die Voraussage
vorsichtig .sein mü.ssen.
Die Beliaiulliiiig.
-Man kann kurz sagen: Es gibt bi.sher keine Behandlung. Die
Kranken sind natürlich elektrisirt. luassirt, eingerieben worden, aber ge-
holfen hat es ihnen nichts.
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Die ik'handtiinK.
Ulj mau in Zukunft «ine Behandlung finden wird, das steht daliin.
Sollte es sicdi iMjwähren, dass ein örtlich wirkender Giftstoff den Schwund
verursacht, so wäre ja ein Gegengift denkbar. Nntilrlich wtlrde ein .solches
auch nur den Proeess aufhalteu. nicht das Zerstörte repariren können.
Bei dem jetzigen Stande der Dinge muss man sich fragen, ob man
nicht etwa im ersten Beginne des Leidens etwas thun könnte. Da in
einem Theile der Fälle die erste Veränderung eine Tonsillitis zu sein
scheint, so wäre es gerathen, jede Tonsillitis sorgfältig zu behandeln.
beziehungswei.se die kranke .Miuuiel so frtlh wie möglich zu entfernen.
Besonders dann, wenn im Anschlüsse an eine Tonsillitis Trigeminus-
schmerzen eintreten, wäre ein Versuch mit der Tonsillotomie zu machen.
Der umschriebene Gesichtsschwund kommt ja äusserst .selten vor. aber
gewiss sc,hlies.sen sich manche hartnäckige Trigeminusneuralgien an
Tonsillitis an und es wäre immer möglich, da.ss deren Ausdehnung und
Dauer durch die Operation beschränkt werden könnten. Diese Erwägungen
tinden natfirlich entsprechende Anwendung bei Zahnabsce.ssen und anderen
Mundkrankheiten.
Ist anzurichmen. dass der Proeess von aussen beginne, wenn etwa
nacli einer örtlichen Verletzung an einer kleinen Stelle die Haut atrophisch
wird, so könnte man daran denken, durch E.vcision der kranken Stelli>
den Proeess aufzuhalten.
Wenn Trigeininusneundgie besteht, so muss diese behandelt werden.
Dass die gewöhnlichen Mittel viel helfen werden, ist nicht gerade wahr-
scheinlich und aus den Krankengeschichten gewinnt man auch nicht
den Eindruck, als ob sie geholfen hätten. Es wäre daher vielleicht auch
hier früh« ein operatives Eingreifen angezeigt und es müsste die Erfahrung
lehren, ob etwa die Keinektomie nicht nur die Trigeminussyinptome be-
seitigte, sondern auch die ganze Entwicklung der Krankheit beeinflusste.
Wenigstens müssten dies die erwarten, die eine peripherische Trigeminus-
erkrankung für die wesentliche Veränderung halten.
o
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( Ül NTWAV UBRAKY
lllllllll
HC SWS Z
I
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